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Konzert

Ein Requiem der Nähe – S O H N in der Wiener Arena

In der Wiener Arena gab S O H N gestern das erste Konzert seiner Tour. Aalglatter Perfektionismus, der die Erwartung erfüllt hat.

Header via Instagram | ____m_t

Am 13. Jänner erschien Rennen, das zweite Album des Briten Christopher Taylor, der dieserorts von Unwissenden lieber als Wiener bezeichnet und eher unter dem Namen S O H N wiedererkannt wird. Inzwischen hat er Österreich als Wahlheimat mit Kalifornien ausgetauscht und sein Homecoming war auch der KickOff seiner Tour.

Es ist akademisch nach 21:00 Uhr, vor der Arena ist keine Menschenseele mehr (was vor ein paar Minuten sicher noch anders ausgesehen hat) – dass hier in ein paar Minuten Keyboards die Wirbelsäule gerade biegen, ist schwer vorstellbar. Beim Reingehen sagt man mir, dass noch nichts passiert sei. William Doyle, der Support-Act, habe man mehr ertragen denn in den Abend getragen zu werden. Die Arena ist voll, die Luft mit jedem Meter unangenehmer – ein bisschen wie in den Schal zu atmen, bis er feucht ist. Das Publikum spiegelt die Zugänglichkeit S O H N S Musik recht gut wider. Alt, mittelalt, jung, kein Typ festzumachen.

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Foto von der Autorin

Dass ich Doyle nicht wie die anderen über mich ergehen ließ, bezahlte ich mit der ständigen Suche nach einem würdigen Platz. In den Konzertraum reinzukommen war ein netter Gedanke, aber halt auch nicht machbar. Oben sah ich nicht viel mehr als Hauben und zuckende Haarsträhnen von hinten, aber zumindest der Sound war bereit, sich in Mark und Glied zu bohren. Ich war auch bereit, aber aus dieser Bereitschaft wurde nichts. S O H N shuffelte sich durch Rennen, dazwischen flackerten noch Hits von Tremors auf, aber die Distanz blieb. Die Percussion, das Keyboard und Taylors Stimme funktionierten, eine Symbiose ohne Reibungen, aber am Ende eine langweilige Schönheit. Aalglatter Perfektionismus, an dem jede Emotion an einer gefühlten Glaswand irgendwie mit nickendem Kopf und zappelndem Bein verreckte.

Foto von der Autorin

Diesen High End-Sound muss man S O H N erstmal nachmachen, kein Ton, wo er nicht sein sollte und Taylors Stimme eine, auf die man sich verlassen kann und die jeder Erwartung gerecht wird. Das Konzert war wie der vermeintlich perfekte Partner, der neben dir sitzt, zu dem du Liebe suchst, der aber lieber den Display seines Handys starrt, um dort die Aufmerksamkeit zu suchen, die er von dir bedingungslos haben könnte – soll es geben. Der Tourauftakt in der Arena war eine unbefriedigende, perfekt arrangierte Affäre, die mehr Sehnsucht hinterlassen hat als man sie anfangs empfunden hat. Meine Erwartungen wurden also erfüllt.

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