DJs, Partygänger und Tontechniker: Was macht guten Sound aus und was ist schlecht fürs Gehör?

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DJs, Partygänger und Tontechniker: Was macht guten Sound aus und was ist schlecht fürs Gehör?

Wir haben mit Menschen aus der österreichischen Musik- und Clublandschaft gesprochen.

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Earwear entstanden.

Wenn die Party am nächsten Tag im Gehörgang weitergeht, ist das nicht zwingend ein Zeichen dafür, dass sie gut war. Vor allem Musiker, DJs und Partygänger kennen es: Man verlässt nach einem Konzert oder sechs Stunden auflegen den Club und—um es mit den Worten Beethovens zu sagen—die "Ohren, die sausen und brausen, Tag und Nacht fort."

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Aber nicht nur Menschen, die regelmäßig extremer Lautstärke ausgesetzt sind, laufen Gefahr, ihr Gehör dauerhaft zu schädigen. Manchmal reicht schon ein einziger Abend, ein zu lautes Konzert oder eine schlecht eingestellte Anlage auf einer Party, um dauerhafte Probleme zu entwickeln. Nicht jeder hat dabei dasselbe Empfinden—manch ein Ohr ist mehr, manches weniger empfindlich und für stressbedingten Tinnitus anfällig. Laut dem Österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ist ab einer Lautstärke von 80 Dezibel das Tragen von Gehörschutz verpflichtend. 80 Dezibel sind übrigens ungefähr so laut wie Verkehrslärm oder das Arbeiten in einem Großraumbüro.

Für viele Konzertgeher und Clubbesucher kommt ein Gehörschutz aber nicht in Frage, auch wenn dort schon mal Lautstärken jenseits von 100 Dezibel herrschen. Musik muss man schließlich spüren—je lauter, desto besser. Blickt man aber auf die Wiener Clublandschaft, so ist der Großteil der Anlagen darin gesetzlich limitiert und darf eine bestimmte Lautstärke nicht überschreiten. Das führt dazu, dass sich manche Clubbesucher über zu leisen oder durch die Limitierung zu breiigen, höhenlastigen Sound beschweren, der wiederum eine Gefahr für die Ohren sein kann—vor allem für DJs und Musiker. Viele haben sich an den dauerhaften Tinnitus im Ohr gewöhnt und merken erst spät im Leben, wie beeinträchtigt sie sind.

Wir haben mit verschiedenen Menschen aus der österreichischen Musik- und Clublandschaft gesprochen: Was macht guten Sound aus? Welche Rolle spielt dabei die Anlage und wie gefährlich kann sie fürs eigene Ohr sein?

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"Viele beschäftigen sich mit dem Thema Soundqualität prinzipiell nicht, unterbewusst wirkt das aber auf jeden Menschen. Was viele aber annehmen, ist, dass vor allem Lautstärke guten Sound ausmacht. Eine Anlage muss aber nicht primär laut, sondern klar sein. Wenn die Anlage limitiert ist, man am DJ-Pult aber lauter dreht, dann klingt der Sound breiig und schlecht. In den großen Clubs ist das auch weniger ein Problem, da sie gut ausgestattet sind. Ein kleiner Club braucht aber keine Mega-Anlage, die in erster Linie Bass hat—sie muss vor allem richtig eingestellt sein und DJs müssen wissen, dass es keinen Sinn macht, immer nur lauter zu drehen. Ab einer bestimmten Höhe wird's nämlich gefährlich für die Ohren—hauptsächlich bei elektronischer Musik. Heutzutage werden Anlagen in Clubs so eingestellt, dass MP3s am besten klingen, weil die meisten DJs damit auflegen. Und die sind schon um einiges höhenlastiger als beispielsweise Vinyls oder CDs. Ich habe irgendwann ein Gefühl dafür entwickelt, was mein Ohr aushält und was zu viel ist. Heißt nicht, dass es immer klappt: Wenn man sechs Stunden alleine auflegt, hat man am nächsten Tag das Surren in den Ohren, ob man will oder nicht. Ich kenne viele Musiker, die Gehörschutz verwenden und sich daran gewöhnt haben. Die tun sich damit sicher einen Gefallen."

Lylit, Musikerin

"Eine gute Anlage ist für mich als Musikerin essenziell. Natürlich kommt es bei einem Konzert auf viele Parameter an: die Stimmung, das Publikum, die Räumlichkeiten. Aber je besser das Übertragungsmedium Anlage ist, desto weniger Distanz herrscht zwischen Publikum und Künstler. Guter Sound definiert sich für mich durch Transparenz, Druck und Wärme. Nichts ist für mich schlimmer als schriller, hallender und verwaschener Klang. Die Lautstärke finde ich aber ebenso wichtig. Damit Dynamik wirklich wirken kann, muss es auch einmal laut werden dürfen."

Benjamin Zangerl, Tontechniker

"Die Anlage ist sehr wichtig, es kommt aber sehr auf die Musikrichtung an. Man kann generell sagen, dass hauptsächlich das Fundament—sprich der Bass—die Leute bewegt. Eine Anlage ist dann gut, wenn sie satt klingt, aber nicht so laut ist, dass es in den Ohren weh tut. Vor allem bei Besuchern gilt aber oft die Devise: Je lauter desto besser. Die ganze Signalkette—vom DJ Pult bis zum Lautsprecher—ist aber sehr komplex. Deshalb ist es auch immer schwierig die Anlage in einem Club aufgrund eines Abends zu bewerten. Was man meiner Meinung nach nicht außer Acht lassen darf, ist die Qualität, die vom DJ kommt. Womit wird aufgelegt? Vinyl? CD? Serato oder Traktor? Und wenn Serato, woher bezieht der DJ seine Files und in welcher Auflösung sind sie? Dann gibt es da noch das liebe Amt. In fast allen Clubs wird die Lautstärke mit externen Geräten, sogenannten Limitern, begrenzt. Die haben die Eigenschaft, dass sie ab einer bestimmten Grenze den Sound zusammendrücken. Das klingt dann einfach nicht gut und kann zu einem breiigen Klang führen."

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Sabine Reiter, Make-Up & Hairartist (mit Tinnitus)

Foto: Laura Karasinski

"Ich habe seit drei Jahren einen Tinnitus, der bei einer Party ausgelöst wurde. Dort war es einfach viel zu laut—meine Freunde und ich haben dann sogar DJs und die Veranstalter darauf aufmerksam gemacht, die daraufhin die Lautstärke herabgesetzt haben. Leider sind meine Ohren seitdem sehr empfindlich auf Lautstärke und Lärm—auch lautes Klatschen ist extrem unangenehm. Aber da ich vorher nie Probleme und Erfahrungen in dieser Hinsicht hatte, dachte ich mir an dem Abend nicht viel dabei. Ich habe zwar nun das Gefühl, jetzt mehr zu hören, als zuvor, da mein Gehör nun empfindlicher auf Geräusche reagiert—darauf könnte ich aber gerne verzichten. Gerade am Beginn, als ich den Tinnitus bekommen habe, habe ich mich extrem aus dem Gleichgewicht gefühlt. Das wieder in den Griff zu bekommen, war eigentlich das Schwierigste. Seitdem trage ich beim Ausgehen immer Ohrstöpsel, weil es für mich wichtig ist und nicht anders geht. Natürlich habe ich davor schon darüber Bescheid gewusst, wie sich zu laute Musik auf das Ohr auswirken kann, aber man denkt leider immer, dass einem selbst nichts passieren kann."

Wolfgang Sauter, Spezialist für Beschallung & Akustik (Pro Performance):

Foto: Gernot Ebenlechner

"Wir haben unter anderem das Soundkonzept für die Grelle Forelle, das Flex, die Auslage, das Chaya Fuera, das Sass und zum Beispiel auch die Hinterhof Bar in Basel, die für ihren guten Sound bekannt ist, erstellt. Auch die beste Anlage kann kein herausragendes Ergebnis liefern, wenn, zum Beispiel, die Lautsprecher nicht auch unter Miteinbeziehung der raumakustischen Gegebenheiten ausgewählt, entsprechend installiert und auf den Raum eingemessen werden. In der Grellen Forelle haben wir ein hocheffizientes Basskonzept entwickelt, das nur funktioniert, weil wir die gesamte Rückwand des Clubs als Bassabsorber gestaltet haben. Die Anlage selbst muss imstande sein, die Dynamik der Musik bei hohen Pegeln und ohne Einschränkungen wiederzugeben und damit auch das Hörgefühl zu vermitteln: laut ja, aber "gut" laut—ohne Ohren belastende Verzerrungen. Konventionelle Hochtöner produzieren bei zu hohen Pegeln Verzerrungen, die die Ohren belasten und das berühmte "Klingeln" in den Ohren hervorrufen. Wichtig ist eine gewisse Durchhörbarkeit des Sounds: Auf dem Dancefloor sollten Gespräche noch möglich sein, trotz des genannten hohen Pegels. Dieser Aspekt wurde anfänglich vom Publikum kritisiert (nicht wirklich 'laut' …), inzwischen als Qualitätsmerkmal für guten Sound hoch geschätzt—und ja, weiß Gott, laut genug."

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Troy Savoy, Booker, Veranstalter, DJ

"Als Promoter, DJ und Musiker sind mir beide Seiten sehr wichtig. Als Performer ist man das Bindeglied zwischen Publikum und dem Sound, mit dem man seine Zuhörer bespielt. Diese Connection kann nur funktionieren, wenn beiden Seiten eine hochqualitative Schallquelle zur Verfügung steht—sprich genügend Schalldruck, damit immer noch angenehme Lautstärke erzeugt werden kann. Worst Case sind zu laut eingestellte Systeme, die nur wenig Druck erzeugen. Da gibt's dann das berühmte Sausen in den Ohren und man macht sich auf Dauer sein Gehör kaputt. Ich geh zum Beispiel nicht gerne in einschlägige Nachtclubs, weil es in den meisten Fällen viel zu laut ist und man es ohne Gehörschutz und viel Alkohol nicht lange aushält."

Samuel Colombo, Fotograf (Optical Engineers)

Foto: Greta Springsfeld

"Es gibt nichts Schlimmeres, als fieses Feedback von den Monitoren oder aber auch beispielsweise MCs, die sich auf der Bühne nicht vernünftig hören und dadurch ein wenig seltsam aus dem Takt kommen. Natürlich soll es auch, je nach Musikrichtung, laut sein. Der Druck müsste aber über dem gesamten Tanzbereich gleichmäßig verteilt sein. Guter Sound im Club wäre vor allem auch dann garantiert, wenn der Tontechniker den DJs auch mal drüberfährt, wenn sie im Mixer übersteuern—gerade bei den Headlinern. So ein lauter Club ist eine ziemliche Belastung für den Menschen. Man beschädigt nicht nur sein Gehör, sondern den ganzen Körper. Deswegen trage ich inzwischen fast immer Gehörschutz. Wenn ich mal keinen habe und die Anlage unangenehm laut ist, tut es zur Not auch Klopapier. Wenn ich in Clubs oder auf Festivals als Fotograf arbeite, versuche ich immer Gehörschutz zu tragen, da man dabei den Monitoren oder den Anlagen deutlich näher als sonst kommt. Privat im Club kommt es ganz darauf an, ob es eben eine laute Veranstaltung ist oder nicht."

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Dauerhaft hohe Lautstärke ist der Feind des guten Sounds. Das Gehör braucht auch Pausen zum Entspannen, um dann den nächsten Lautstärkeschub genießen zu können. EARWEAR bietet Profi-Musikern, Feierabend-Schlagzeugern oder Sängern verlässlich Schutz und sorgt dafür, dass sie den perfekten Sound genießen können.

Jedes Produkt ist ein Unikat und wird genau an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst. Wenn es schnell und preiswert gehen muss—etwa wenn das nächste Festival ansteht—gibt es auch die Möglichkeit auf die Intro Line zurückzugreifen. Diese ist mit unterschiedlichen Filtern ausgestattet, passt perfekt und man kann sie jederzeit online bestellen.

Header: Lylit, Musikerin. Foto: Severin Koller.

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