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Auf Festivals sind immer mehr gefälschte Drogen im Umlauf

Eine Gruppe junger Leute hat eine Doku gedreht, die die Zunahme gefälschter Drogen auf amerikanischen Festivals aufzeigen soll.
Ryan Bassil
London, GB

Seit Jahren strecken Leute Drogen. Das Problem ist allerdings, dass es schwer zu sagen ist, ob der Dealer das MDMA mit Mephedron, Koffeintabletten oder irgendwelchem merkwürdig aussehenden Glas, das er auf dem Boden gefunden hat, gestreckt hat. Du kaufst einfach immer weiter den gleichen unbekannten Mist. Du telefonierst freitagabends im Minutentakt rum und gibst deinen ganzen Wochenlohn für irgendein Zeug aus, das dir ein Typ gibt, von dem nur den Vornamen weißt.

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Viele Leute machen dabei mit. Aber der deregulierte Markt—und die Tatsache, dass synthetische Substanzen höhere Gewinnmargen haben—bedeutet, dass beliebte Drogen ganz einfach mit einer Vielzahl an psychoaktiven und potentiell gefährlichen Substanzen ersetzt werden können.

Todesfälle im Zusammenhang mit Drogen bei Festivals sind in den letzten Jahren an der Tagesordnung. Um solche Dinge zu verhindern, ist eine Organisation namens „The Bunk Police“ auf ein paar Festivals gefahren. Indem sie unter den Festivalbesuchern Test-Kits verteilt haben, sollte diesen ein Einblick gewährt werden, was sie tatsächlich einwerfen. Nur dass die Festivals sie oft nicht reingelassen haben. Sie haben ihren Besuchern die Möglichkeit verwehrt, herauszufinden, ob sie das ganze Wochenende auf MDMA oder auf Rattengift sind.

An diesem Punkt hat die What’s In My Baggie-Crew beschlossen, eine Dokumentation zu machen. Viele junge Leute nehmen Drogen. Beim Bestival in England wurden Drogen im Wert von über 30.000 Euro beschlagnahmt. Natürlich tut das Gesetz hier nichts zur Sache—Teenager werden weiterhin Drogen nehmen und es sollten Maßnahmen ergriffen werden, damit die Festivalgäste in Sicherheit sind. Ich habe Jeff Chambers aus dem Doku-Team angerufen, um darüber zu sprechen, warum es sowohl bei einer positiven als auch einer negativen Einstellung gegenüber gelegentlichem Drogenkonsum eine ehrliche Herangehensweise geben muss.

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Noisey: Ihr hattet vorher gar keine Erfahrungen mit Dokumentationen. Ihr seid bei einem Festival auf die Bunk Police getroffen, habt ein Mädchen gesehen, das einen Anfall hatte, nachdem sie etwas genommen hatte und habt beschlossen, den Film zu machen. Aber woher kam die Motivation?
Jeff Chambers: Uns war diese Sache wirklich wichtig. Wir sind 2012 beim Bonnaroo auf die Bunk Police gestoßen und waren einfach sprachlos, wie viele Leute in das Test-Zelt kamen und falsche Drogen hatten. Die meisten Leute haben gesagt, dass sie Badesalz bekommen haben, von dem sie dachten, es wäre MDMA oder merkwürdige Forschungschemikalien, von denen sie dachten, sie wären LSD.

Richtig.
Erstens hat niemand erlaubt, dass die Test-Kits bei den Festivals verkauft werden und zweitens hat niemand die Tatsache erkannt, dass dies eine wichtige Angelegenheit ist, der man sich annehmen muss. Also haben wir beschlossen, dass wir uns mit der Bunk Police auf den Weg machen und sie zu allen Musikfestivals begleiten, auf die sie gehen—und sie dabei filmen, wie sie die Test-Kits dort verteilen.

Wie habt ihr von der Bunk Police erfahren?
Wir hatten vorher noch nie von ihnen gehört. Ich habe 2012 beim Bonnaroo etwas gekauft, von dem ich dachte, es sei LSD und bei dem sich dann rausstellte, dass es eine Chemikalie namens 25I-NBOMe war. Ich habe morgens zwei Dosen genommen, da der Typ mir gesagt hatte, dass es ziemlich schwaches Zeug wäre. Aber innerhalb von 20 Minuten hatte ich die intensivste visuelle Erfahrung meines Lebens—ich konnte kaum noch drei Meter weit gucken.

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Scheiße.
Drei Stunden später hat uns einer unserer Nachbarn erzählt, dass jemand um die Ecke Test-Kits verteilt, die dir zeigen, welche Drogen du besitzt. Wir haben die Bunk Police getroffen und während unseres 24-stündigen Trips sind wir immer wieder hingegangen und haben immer mehr Fragen gestellt. Wie er angefangen hat, warum die Festivals ihn die Kits nicht verkaufen lassen, solche Sachen.

MDMA wird gelb, wenn es fake ist, und schwarz, wenn es echt ist.

Warum dürfen die Test-Kits bei den Festivals nicht verkauft werden? Es ist komisch, dass die Festivals ihren Besuchern die Möglichkeit verwehren, sicherer zu sein—besonders wenn dadurch jeden Sommer Leute sterben.
Das ist wegen eines Gesetzes, das glaube ich 2003 von Vizepräsident Joe Biden verabschiedet wurde. Es heißt „Rave Act“ und besagt, dass die Veranstalter keine Drogen auf ihren Festivals konsumieren lassen dürfen, da das so interpretiert wird, als würden sie einen Ort für den Drogenkonsum bieten. Indem sie den Verkauf von Test-Kits zulassen, gestehen sie ein, dass es Drogenkonsum gibt und dass sie nicht präventiv handeln, sondern die Folgen versuchen abzuschwächen.

Das ist trotzdem merkwürdig. Auf Festivals gibt es Anbieter von Legal-Highs, Head Shops, die Bongs und Grinder verkaufen—was ebenfalls impliziert, dass den Veranstaltern bekannt ist, dass es Drogen auf ihren Festivals gibt.
Beim Bonnaroo gibt es Leute, die Pfeifen, Grinder, Bongs und was auch immer verkaufen. Niemand verkauft Legal-Highs. Aber ja, es ist merkwürdig, dass sie das erlauben, aber nichts, was wirklich Leben retten kann.

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Welche Festivals hast du besucht?
Wir sind zum Sasquatch in Washington, Wakarusa in Arkansas, Bonnaroo in Tennessee, Firefly in Washington DC, Electric Forest in Michigan und Lightning in a Bottle in Südkalifornien gefahren.

Am Anfang der Dokumentation sagt der Erzähler, in 100 Prozent der Fälle, in denen er MDMA getestet hat, habe sich herausgestellt, dass es eigentlich Badesalz ist. Was ist die Gefahr dabei, Badesalz für MDMA zu halten?
Der Begriff Badesalz ist ein Sammelbegriff für Forschungschemikalien, die als synthetische Cathinone bekannt sind. Die Effekte, die sie auf deinen Körper haben, können denen von MDMA sehr ähnlich sein, aber weil es eine weniger erforschte Chemikalie ist, kennen die meisten Leute die richtige Dosierung nicht oder die Maßnahmen, um nicht zu dehydrieren und die Hitze des Körpers zu regulieren. Viele unbekannte Variablen kommen hier ins Spiel.

Das Äquivalent in Großbritannien ist Mephedron, richtig? Es scheint, als wäre viel von dem MDMA, das die Runde macht, hauptsächlich Pflanzendünger.
Richtig. Und bei so einem feinen weißen Pulver ist es schwer zu unterscheiden, ob du pures MDMA hast oder MDMA, das mit etwas gestreckt wurde oder irgendwas komplett anderes.

Was sind ein paar der schlimmsten Substanzen, die dir über den Weg gelaufen sind?
Ein paar Mal konnte uns das Test-Kit nicht zeigen, was drin war. Manchmal hat es gar nicht reagiert, es hätte ein Tütchen Kochsalz oder irgendwas anderes harmloses sein können. Oder eine der 250 neuen Drogen, die seit 2009 entdeckt wurden und die bei der Bestimmung keine Reaktion zeigen. Wir haben gesehen wie synthetische Cathinone als MDMA verkauft wurden, eine ganze Palette an Forschungschemikalien, die als LSD verkauft wurden—wie 25I, 2CB. Fast jede Kokain-Probe, die wir getestet haben, war etwas anderes, meistens Amphetamine oder Methamphetamine. Wir haben gesehen, dass Ketamin durch Methoxphenidin ersetzt wurde, was eher ein Derivat von PCP ist.

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Die Test-Kits sind ein wirklich zuverlässiger Schutz davor, etwas Gefährliches zu nehmen. Warum denkst du, dass die Regierung versucht, die Bunk Police zu stoppen.
Weißt du, es ist die Geschichte einer Drogenpolitik, die eher einen Ansatz der Kriminalisierung und des Verbots verfolgt als einen proaktiven Ansatz der Gefahrenreduktion. Niemand will zugeben, dass Drogenkonsum überhaupt verbreitet ist—geschweige denn, sichere Maßnahmen dafür ergreifen.

Richtig.
Bei der sexuellen Aufklärung erzählen wir unseren Kindern, dass der sicherste Weg, keine Geschlechtskrankheiten zu bekommen, ist, abstinent zu sein, aber wir sind realistisch und geben vernünftige Maßnahmen mit auf den Weg, um es sicher zu tun. Die Herangehensweise beim Drogenkonsum in Amerika ist das komplette Gegenteil.

Wenn die Festivals die Bunk Police aufgrund der Rechtslage keine Kits verkaufen lassen können, wie sollten sie ihre Gäste besser über Drogenkonsum aufklären?
Ehrlich gesagt sollten sie die Test-Kits verteilen. Wenn nicht durch einen lizensierten Anbieter wie die Bunk Police oder Dance Safe dann selbst in den Medizinzelten. Wenn du die Handbücher der meisten Festivals liest, weißt du, dass sie eine Verschwiegenheitspflicht haben, wenn es darum geht, dass du einem medizinischen Offiziellen sagst: „Ich habe diese Droge genommen, sie hat negative Effekte.“ Sie rufen nicht die Polizei oder deine Eltern, sie wollen einfach nur wissen, was du genommen hast, damit sie dir helfen können. Wenn sie diesen proaktiven Ansatz schon haben, warum nicht einen Schritt weiter gehen und tatsächlich diese Test-Kits verteilen.

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Ich stimme dir zu. Den Leuten sollte die Möglichkeit gegeben werden, zu verstehen, was sie ihrem Körper zumuten.
Nicht, dass ich da voreingenommen bin, aber wenn sie helfen wollen, die Nachricht zu verbreiten, dann sollten sie die Doku beim Festival zeigen. Wenn sie die Test-Kits den Leuten nicht in die Hand geben können, dann sollten zumindest Leute da sein, die darüber aufklären können.

Schau dir hier die ganze ‚What’s In My Baggie’-Doku an.

Folgt Ryan bei Twitter: @RyanBassil

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