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Rudis Brille

Die Abschaffung der Vergnügungssteuer aus Sicht der Veranstalter

"Gestern waren alle ganz narrisch und wollten schon Sektflaschen köpfen. Ich selbst bin da noch ein wenig zurückhaltend."

Die Vergnügungssteuer wird, wenn alles gut geht, mit 1.1. 2017 Geschichte sein. Wie und ob die Stadt dieses gigantische Steuerloch von acht Millionen Euro—also ein Furz im Universum—kompensieren will, bleibt vorerst noch offen.

Auf jeden Fall waren gestern alle ganz narrisch und wollten schon Sektflaschen köpfen. Ich selbst bin da noch ein wenig zurückhaltend. Klar, es wird passieren, es wird die Vergnügungssteuer in dieser Form bald nicht mehr geben und wenn man der Pressekonferenz mit Renate Brauner (SP Vize in Wien) Glauben schenken darf, dann erwartet sich die Stadtregierung Impulse für die Wirtschaft und Entlastung für Clubs, Discos (die Urahnen der Clubs) und Veranstalter (also die, die nix gelernt haben). Die werden diese Entlastung auch dringend brauchen, denn die letzten Jahre hatten so manchen Veranstaltern und Clubbetreibern das Weiße aus den Augen gesaugt—diverse Schließungen der letzten Zeit könnten damit indirekt zusammenhängen.

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Alle Fotos: Isabella Khom

Wer "nur" Veranstalter war, drückte gepflegt 15 Prozent vom Partyumsatz an die Stadt ab, der Club—beziehungsweise die Location—musste darauf noch 8 Prozent auf jedes Getränk zahlen. Das Ganze wurde regelmäßig geprüft und man durfte sich seit der Erneuerung des EDV-Systems keine Fehler beziehungsweise Zahlungsverzüge erlauben, sonst bekam man Hausbesuch.

Einziges Zuckerl: Einmal im Jahr kostete es "nur" zehn Prozent—dafür mit zumeist garantiertem Besuch der humorbefreiten Herren, die selbst die einfliegenden Gelsen als Besucher mitklickten (zugegeben, das mit dem Humor wurde im letzten Jahr etwas besser, man lachte ab und an auch zusammen).

Nun soll das also Geschichte sein? Vergnügen wird frei sein (außer das Mini-Mikro-Glücksspiel, das es noch gibt, wo auch immer) und man muss nicht mehr den schwer zu definierenden Unterschied zwischen Tanzveranstaltung und Konzert mit Publikumstanz erklären, der zuletzt zu einigen Skurrilitäten geführt hatte—siehe Parov Stelar.

2017 also Durchatmen?

​Nun, es ist auf jeden Fall eine gewaltige Entlastung, wenn diese Abgaben nun quasi als Impuls für die Veranstaltungen und die Locations zur Verfügung stehen. Inwiefern Locations und Clubs diese frei werdenden Beträge in die Verbesserung der Infrastruktur verwendet werden, kann ich nicht beurteilen. So schnell wird es jedenfalls nicht gehen und einige—siehe Forelle—renovier(t)en ohnehin gerade.

Die Lieblingsfragen an den Promoter gestern waren: "Werden diese Millionen Lire nun auch auf die Besucher übertragen?", "Werden Partys billiger?", "Werden Getränke billiger?" Nun, Partys mit internationalem Booking werden wohl kaum billiger. Die Gagen sind teilweise zu stark und unverschämt gestiegen. Der Satz der internationalen Topbooker "Wir müssen jetzt für unseren DJ Heinzi 1.000 Euro mehr nehmen" ist sehr häufig.

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Das Problem ist: Wir Veranstalter waren auch schon davor mit den Eintritten am Limit. Für einen Spitzenact mehr als 15 Euro zu verlangen, traute sich ohnehin niemand, da sonst, ob solcher Unverschämtheit, beim Eingang Hysterie ausbrach. Ich kenne genug Fälle, wo nach Abzug ALLER Steuern, trotz einer vollen Hütte, nichts übrig blieb. Das wird also schon eine Entlastung sein, mit der sich einige wieder eine kleine Portokasse anlegen können, um weiterhin hohes Niveau zu halten.

Wegfallen wird auf jeden Fall der "Gästelisteneuro" beziehungsweise deren Auswüchse in manchen Schickerialäden, wo man für die Gästeliste bis zu fünf Euro bezahlen musste—ein absoluter Schwachsinn, denn diese Vorgabe gab das Magistrat nie. Dies wird mit Sicherheit Schnee von gestern sein. Ich würde auch die Prognose wagen, dass man ein, zwei Jahre lang auch keine Eintritte erhöhen wird, beziehungsweise erhöhen sollte, doch die Gagenerhöhungen der letzten zehn Jahre übertrafen die Inflationsanpassung beim Eintritt ohnehin um ein Vielfaches.

Kleine Lokalpartys könnten dafür sehr wohl billiger werden. Doch die meisten fanden auch bisher in Locations statt, die gar nicht vergnügungssteuerpflichtig waren—auch so eine Ungerechtigkeit aus der alten Zeit. Auch bei den Getränken wird sich in Zeiten der Registrierkasse keine Verbilligung ausgehen, doch könnte sich die nächste Verteuerung ebenso lange Zeit lassen.
Und, es sollten die Bundesländer (in denen Spaß was kostet) mitziehen, denn in Innsbruck gibt es beispielsweise noch höhere Vergnügungssteuersätze.

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Gestern war auf jeden Fall ein guter Tag, der sein Ergebnis auch der Initiative rund um Michael Palliardi verdankt. Beharrlich wurde hier mittels stetem Tropfen der Stein gehöhlt—auch keine Selbstverständlichkeit in Zeiten des permanenten Geldmangels.

Dass im Netz natürlich sofort spöttische Bemerkungen auftauchten, wie: Man solle gewisse Veranstaltungen mit fragwürdigem Musikinhalt weiter besteuern, musste ja sein in der freundlichsten Stadt der Welt mit den freundlichsten Bewohnern. Gemeinsam freuen wir uns höchstens, wenn es überall Freibier gibt.

Ob es nun auch endlich zur angestrebten Entrümpelung der Gewerbeordnung kommt, gilt abzuwarten. Ein erster Dominostein wäre mal umgefallen und diesmal ist es nicht der Reissack in China—es sei denn, es fällt noch jemandem etwas Schlechteres ein.

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