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Noisey Blog

6 Gründe, warum du auch als Zürcher in Winterthur Party machen solltest

Ja, Zürich ist wunderbar – aber wag dich doch mal wieder aus deiner Komfortzone. Wie wär’s mal mit Winterthur?

Ja OK, ich gebe es zu: Zürich hat wirklich wunderschöne Flecken und auch ziemlich wunderbare Menschen. Aber als Winterthurerin ist Zürich extrem gefährlich und verwirrend: Da fahren Trams, es gibt mehr als 16 Buslinien, für die Clubs musst du anstehen und am Hauptbahnhof habe ich schon Dinge erlebt, die schlimmer waren als die letzte Staffel Game of Thrones. Zudem bin ich irgendwie zu langsam, zu arm und eindeutig zu wenig cool für diese Stadt. Ich weiss, liebes Zürich, wahrscheinlich liegt es nicht an dir, sondern an mir. Mein Herz gehört halt einfach schon Winterthur, aber wir führen eine offene Beziehung. Und ich mag die Limmatstadt ja wirklich gerne, zwischendurch, so für eine Nacht oder so.

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Umgekehrt darfst du Winterthur gerne auch mal für eine Nacht ausprobieren. Nein, du sollst sogar. Wenn du dafür Gründe brauchst, hier meine Liste warum du Winterthur auch mal eine Chance geben solltest:

Uns ist egal, woher du kommst

Was sagt es über uns aus, dass sogar die lokalen Rapcrews, die bekanntlicherweise Beef haben sollten, sich zusammentun und gemeinsam einen Track produzieren? Winti verbindet alles, egal ob du es liebst, zu feiern, zu schreiben, zu malen, zu rappen, Fussball oder ein Instrument zu spielen. Hate ist ein Fremdwort für uns und die #Wintilove kommt nicht irgendwoher. OK, ich habe noch nicht ganz verarbeitet, dass Phumaso & Smack unsere schöne Stadt schon "Winterthurgau" genannt haben. Aber wenigstens nehmen wir die flüchtenden Menschen aus dem Apfelkanton auf, weil wir eben ein grosses Herz haben. Wir sind nicht wählerisch, solange du nicht gemein bist. Bei uns musst du auch nie lange anstehen, um irgendwo reinzukommen. Und du musst dir auch keine Sorgen machen, abgewiesen zu werden, ausser du benimmst dich wie eine irritierende Mischform aus Donald Trump und Charlie Sheen, oder definierst die Farbe Blau neu.

Unser Clubangebot ist überschaubar, aber vielseitig

"Hange i Pärk, bange im Werk, […] s’hät Salz i dä Luft und ihr fühled dä Groove, d’Chraft vom Feld hört nöd uf", rappt MC Flexxa und meint damit: Egal welche Musik du magst, Gaswerk, Albani, Kraftfeld und Salzhaus ergänzen sich so gut, dass für jeden etwas dabei ist. Ob Party oder exklusives Schweizer Konzert, so ziemlich jeder findet bei uns etwas. Du darfst auch ungeschminkt und in den Kleidern vom Vortag rausgehen, ohne dass dich jemand anpöbelt. Du darfst sogar nackt rumlaufen, sofern sich niemand beklagt. Dein Freund muss auch nicht Klaus heissen, damit du in einer schönen Stube landest. Wir sind ziemlich gastfreundlich. Nicht nur Thurgauer sind willkommen, sondern auch internationale Gäste. Wir pflegen eine intensive Fanfreundschaft mit dem FC St.Pauli und auch FC United of Manchester durften wir schon empfangen.

Wir sind erstklassig zweitklassig

Unser Lieblingsclub hat drei Buchstaben und ja, es gibt nur einen FCW: Da wo die Toranzeige noch von Hand gewechselt wird, du eine Wintiwurst essen kannst und nach jedem Match "Always look on the bright side" läuft. Weil es definitiv nicht ums Gewinnen geht, sondern ums Dabeisein – wie früher am Sporttag oder am Grümpelturnier. Und wenn du auf der Schützenwiese Bier trinkst und rumjohlst, erinnert die Stimmung mehr an ein Openair als an einen Fussballmatch. Ein FCW-Match eignet sich auch hervorragend zum Vorglühen. Ausserdem verfügt die Schützenwiese (das einzige echte Fussballstadion im Kanton) über den Salon Erika: Die kleinste Kunstgalerie innerhalb eines Fussballstadions, in der du Prosecco im grossen Becher bekommst und dafür nicht mal so viel bezahlst. Und den Aufstieg könnten wir uns eh nicht leisten, denn:

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Bei uns kannst du sparen üben

OK, dieser Punkt ist halt nur mittelgeil. Winti ist quasi das Griechenland der Schweiz. Das mit den Zahlen können wir noch nicht so gut, auch wenn wir besser werden. Uns ist halt Liebe wichtig. Aber hey, das Bier kostet bei uns weniger als acht Franken und ist sicher nie Heineken. Wir haben eine grossartige Bierkultur, und nein sicher nicht Chopfab! Sondern Stadtguet oder Euelbräu. Letztere haben sogar extra für das Kraftfeld ein eigenes Bier produziert. Welcher Zürcher Club hat das? Zudem wissen wir, dass wir einander unterstützen müssen, denn unsere bisher relativ bürgerliche Regierung kürzt gerne mal bei Bildung, Integration und Kultur. (Ausser es ist mal wieder Tanzdemo, dann ist da plötzlich ganz viel Geld für das Polizeiaufgebot.)

Foto: Thomas Gerstendörfer/musikfestwochen.ch

Bei uns darfst du (gratis) tanzen

Und zwar an Konzerten, Festivals oder Raves und wirkst dabei nicht, als wärst du die eine Person, die schon zu viel hatte. Wo in der Schweiz kannst du bitte zehn Tage an Gratiskonzerte? Nur bei uns, denn wir haben die Musikfestwochen und das schon seit 1976. Ob Iggy Pop, Public Enemy, Die Ärzte, Massive Attack, Radiohead, Run DMC, DJ Koze, The Roots oder The Prodigy – irgendwie waren alle schon mal bei uns auf der Steinberggasse zu Gast. Zu dieser Zeit ist die ganze Stadt im Ausnahmezustand, denn alle helfen mit. Ohne freiwillige Helfer funktioniert in Winterthur nämlich nichts, ganz egal ob Kurzfilmtage oder Kulturmagazin oder eben die Musikfestwochen. Als Winterthurerin gehst du da einfach hin. Auch weil du überall Menschen triffst, die du schon lange nicht gesehen hast und die ausgelassene Stimmung ist sehr ansteckend. (Ausser deiner Lunge und Leber sind eigentlich alle voll zufrieden.) Ausserdem haben wir mehrere kleine Festivals, die mit lokalen Bands trumpfen. Die ehemalige Band Plankton aus Winterthur hat mal gesungen "die wo nöd chönd tschute, die mached e Band". Scheinbar können viele nicht Fussball spielen, denn die Winterthurer Musikszene ist vielseitig und gross. Ob Hathors, Jack Slamer, Useless oder Death of a Cheerleader, Neutral Zone, Soybomb, Eigänabou, Ikan Hyu oder Crew 5000. Wir haben alles und mehr.

Wenn Konzerte nicht so deins sind, kannst du immer mal wieder sonntags deinen Kater wegtanzen. Ebenfalls ohne dich finanziell zu ruinieren. Ob Sunday Mess (drinnen) oder Backstreet Noise (draussen). Wer zumeist zu internationalem Line-up tanzen will, darf das gerne tun. Das Kraftfeld (unser elektronisches Gewissen) weiss, wie man Raves organisiert und die Szene munkelt, dass es Ende Mai wieder soweit ist. Zudem haben wir lauter kleine Kollektive, die im Sommer gerne mal spontan Raves in der Umgebung veranstalten. Dort wo alles noch von Hand gemacht wird und Menschen mit Herz wochenlang an Dekoration basteln.

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Foto von der Autorin

Bei uns musst du nichts

Du musst keine Angst haben, etwas zu verpassen. So viel ist dann doch wieder nicht los. Du musst dir keine Sorgen machen, dass es überall überfüllt ist, denn es verteilt sich ziemlich gut. Du musst nicht nochmals Garderobe zahlen, wenn du deine Jacke nochmals kurz brauchst. Und du kannst sogar deine Drogen auf dem Tresen vergessen und das Barpersonal legt sie dir auf die Seite. Du kannst in der Thaibar Karaoke singen und musst keine Angst haben, dich zu blamieren, weil wir das alle auch tun. Wir geben uns ziemlich Mühe, aufeinander zu schauen und ich glaube, das merkt man. Wenn du dann dein Bier über die Gasse hast und irgendwo in der Altstadt sitzst, hast du schnell das Gefühl, in den Ferien zu sein. Irgendwie läuft in Winterthur alles ein bisschen langsamer und wird trotzdem nicht langweilig.

Du siehst, Winti liebt dich, bedingungslos, ohne Erwartungen. Du darfst gerne mal zu uns kommen. Und wenn du nicht lange bleiben willst, musst du dir keine Sorgen machen, dich auf dem Heimweg zu verirren, denn du wirst den Weg zum Bahnhof immer finden. (Und sonst hilft dir sicher jemand.)

Backstreet Noise (bei schönem Wetter) am Sonntag, 27. Mai 2018 im Kraftfeld, mit Lexx (Phantom Island), Trillion Tapeman (Unvague, Studio Mondial), Jauss (fromheretillnow)

Sommerbar im Salzhaus, 7. Juni - 7.Juli 2018

Musikfestwochen vom 8. - 19. August 2018 (mit Beginner, Tocotronic, Metronomy, Billy Talent, Ghostpoet, Big Thief, Von wegen Lisbeth uvm.)



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