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Blutende Ohren und fröhliche Penisse—Die besten Reaktionen zum „Freiheitssong“ der SVP

Wir haben uns nicht nur die patriotische Schunkel-Tortur ein Dutzend Mal gegeben, sondern uns auch noch durch alle Comments gelesen.
Foto von Sebastian Sele

Letzte Woche haben wir die Schweizer Musikszene dazu aufgefordert, in ihrem Schaffen etwas öfter politisch Stellung zu beziehen. Wir stehen zwar noch immer zu dieser Aussage, doch nur zwei Tage später wurden wir daran erinnert, dass dieser Wunsch auch auf ungewollte Art in Erfüllung gehen kann: In Form eines patriotisch-seichten Schlager-Stampfers, in dessen Refrain die versammelte SVP-Fraktion von Blocher bis Maurer den vaterländischen Ski-Hütten-Gaudi-Chor gibt (was ihr euch hier zu Gemüte führen könnt).

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Mit ihrem einen Tag vor dem 1. August veröffentlichten „Freiheitssong", auch bekannt unter der Ohrwurm-Zeile „Wo e Willy isch, isch ou e Wäg", hat die grösste Partei des Landes wieder einmal einen Aufmerksamkeitscoup hingelegt. Mit 80.000 Views auf Youtube bleibt zwar immer noch etwas Luft nach oben, gerade für die an alle Haushalte Propaganda-Zeitungen schickende Milliardärs-Partei, doch hat sich in den letzten Tagen wohl keine anderer Song—gewollt oder nicht—in mehr Schweizer Ohren festgekrallt als dieser. Und nicht wenige der Besitzerinnen und Besitzer ebenjener Lauscher danach zum Kommentare schreiben bewogen.

Von verstört über verständnisvoll, von entgeistert bis begeistert ist alles dabei. Wir haben für euch die Besten zusammengestellt und dabei auch noch die eine oder andere Hintergrund-Information zum (leider) potenziellen Schweizer Sommerhit 2015 aufgeschnappt.

Die Versteher

Auch aus einem wirklich schlechten Song und einem wirklich schlechten Video können manche Menschen noch etwas rausholen: Erkenntnis. Zum Beispiel Ethnologische:

Foto: Watson

… oder die Erkenntnis, dass es um die Schweiz gar noch nicht so schlecht steht, wie alle denken:

Foto: Youtube

… zum Beispiel, daß es doch noch Menschen gibt, die Gutes tun in ihrem Leben:

Foto: Youtube.

… oder einfach froh sind, wenn es doch noch zum Happy End kommt:

Foto: Youtube.

Die Geschändeten

Man musste kein Prophet sein und auch kein Wetterschmöcker, um den zu Kommentaren gewordenen Kotzschwall mancher User vorauszusehen. Die SVP und Schlager—für sich allein genommen sind die beiden Dinge für viele Menschen bereits ein Gräuel. Zusammen grenzt das für manchen gar an Körperverletzung.

Foto: Youtube

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Andere hingegen sind eher um das kulturelle Wohl der Allgemeinheit besorgt und wittern bereits den Untergang:

Foto: Youtube

… und zwar immer tiefer…

Foto: Youtube

… bis zum absoluten Grund:

Foto: Youtube

Die Euphorischen

Tatsächlich gibt es aber auch andere: die Fans. Mit einem Wähleranteil von rund 30 % hat man natürlich Anhänger. Trotzdem fällt es uns doch ziemlich schwer, zu glauben, dass tatsächlich jemand aufrichtig Spass an dieser Nummer haben kann und so sind wir uns ehrlich gesagt immer noch nicht ganz sicher, ob bei diesen Kommentaren nicht doch etwas Ironie mitschwingt. Wir wären froh drum.

Foto: Facebook

Die Sprachbegabten

In erster Linie ist Willy einfach mal ein Name. Zum Beispiel kann ein das gelobte Land namens Schweiz rettender Hund so heissen oder ein darüber ohne Rücksicht auf deine Ohren musizierender „VolksRocker", wie sich Willy Tell selber bezeichnet. Oder ein bekannter amerikanischer Hausmeister mit schottischen Wurzeln:

Foto: Twitter

Ausserdem gibt es noch ein anderes Tier, das schon in den 90ern einen Freiheitskampf führte:

Foto: Youtube

Oder man versteht darunter nur ein Stück, genauer das beste Stück eines Mannes. Dass sich da sowohl Fantasie als auch Kreativität selbstständig machen versteht sich von selbst, gerade bei dem, sagen wir mal, klassischen Rollenbild, das in den Köpfen der SVP-Strategen noch immer in bunten Farben (zum Beispiel in Form eines Blumen-Musters auf Küchenschürzen) leuchtet.

Mittlerweile sollte zwar bekannt sein, dass der Zuger SVP-Mann Markus Hürlimann keine K.O.-Tropfen in den Wein von Grünen-Politikerin Jolanda Spiess-Hegglin hat, aber:

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Foto: watson.ch

Auch andere Politiker könnten aber Pate gestanden haben. Erinnert sich noch jemand an den letzten Sommerloch-Polit-Skandal?

Foto: Twitter

Andere hingegen, zum Beispiel der Satiriker und Autor Patrick Frey, verstehen die Lyrics nicht anders, sondern falsch, was dann irgendwie auch wieder richtig ist, wie ein Blick auf Christoph Blochers Haus via Google Earth klarstellt:

Foto: Twitter

Die Informativen

Vor allem als Journalist, aber auch sonst sollte man sich nicht mit fremden Federn schmücken. Deswegen wollen wir euch nicht vorenthalten, dass wir auch einiges aus unserem Studium des digitalen Diskurses gelernt haben. So zum Beispiel, dass der gezopfte Heidi-Verschnitt aus dem Clip alles andere als das unschuldige Mädchen von der Alp ist:

Foto: watson.ch

Aus Perlen der Erwachsenen-Unterhaltung wie „Piss-Party", „Monster Mösen—Es wird immer perverser … " oder „Stosszeit im Autohaus Pervers" mag den einen oder anderen Paula Styles bekannt sein. Ob man ihr Engagement für die SVP nun als Auf- oder Abstieg bewerten soll, wollen wir an dieser Stelle jetzt mal offen lassen. Dasselbe gilt für eine andere Entdeckung:

Foto: Youtube

Wir müssen zugeben: Ein wenig enttäuscht sind wir darob schon. Dass die SVP gerne auf Altbewährtes setzt, ja sich damit rühmt, das Bestehende vor neuen, schädlichen Einflüssen beschützen zu wollen, ist bekannt. Dass die Partei, die ansonsten nicht gerade bekannt ist für ihren Einsatz in Sachen Umweltschutz, mittlerweile aber sogar neun Jahre alten Songs einen zweiten Verwendungszweck zukommen lässt, hätten wir jetzt nicht gedacht.

Und was wir sonst noch gelernt haben? Dass Blocher & Co. Leider eben doch am Besten wissen, wie man für werbewirksame Schlagzeilen sorgt. Und dass man Musik und Politik vielleicht doch nicht immer kombinieren sollte.

Sendet Daniel Kissling eure eigenen Reaktionen auf den räudigen Willy via Twitter.

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