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Thump

SMS an die Ex? Tattoo? Firmengründung? Warum du deinen besoffenen Ideen trauen solltest

Es reicht! Wir haben uns lange genug geschämt für all die blöden Einfälle im Rausch. Denn viele sind tatsächlich genial.
Sarah Schmitt

Das besoffene Ich, es genießt einen arg schlechten Ruf. Was hat es einem nicht auch bereits alles angetan? Beinah-Schwangerschaften (ungewollt), Ruf-Ruinierung (allgemein), den Kauf der Schlumpfen-Compilation Tekkno Ist Cool Vol. 1 auf Amazon letztens im Morgengrauen und diese teuren Vorderzahn-Implantate hat man sich ja auch nicht beim Bücherlesen geholt.

Auf den ersten Blick möchte man daher meinen, Besoffen sein sei kein guter Ratgeber für den nächtlichen Alltag und sicher niemand, der darüber hinaus für einen auch noch Lebensentscheidungen treffen sollte. Daher bereuen wir ihn unermüdlich und regelmäßig, wollen am Tag danach nichts mehr von dieser extrovertierten Sau wissen.

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Raus aus der Schuld, auf zum Würschtler

Bei so viel Schuld und Reue wurde also das eigene Leben unter die Kontrolle der Nüchternheit und der Ratio gestellt. Aber schau dich doch einfach mal um. Wohin haben dich all deine Vernunftentscheidungen gebracht? In dieses Zimmer, in dieses Büro? Na, vielen Dank. Weißt du, wer größere Pläne für dich hat, als in dieser kleinen Kammer bzw. diesem Großraum hier zu vegetieren, nur um alle paar Minuten Facebook oder den Inhalt deines Kühlschranks zu checken? Genau: Vater Rausch. Und er sieht dich an einem besseren Ort! Aber wie kommuniziert der mit dir? Über die Schnapsidee.

Diese sollte man also nicht verwerfen, man sollte ihr huldigen! Sie will dich aus deinem Elend hier befreien und sie will definitiv, dass du viel mehr Sex hast. Wer meint es denn bitte nur annähernd ähnlich gut mit einem?

Psychologisch lässt sich das natürlich auch aufschlüsseln: Das Über-Ich löst sich in Alkohol, was zur Folge hat, dass der innere Zensor endlich mal still ist. Ein produktiver Zustand: Endlich mal denken dürfen, was man wirklich will.

Sehr gute Schnapsideen

Wer dennoch an der Brillanz solcher rauschhaften Einsagungen zweifelt, sollte mal genauer hinschauen bei The Social Network. Es gibt dort diese Szene, in der Jesse Eisenberg alias Mark Zuckerberg die Idee für Facebook entwickelt und sich halb notgeil in die Vision reinsteigert, man könnte das Leben seiner Freunde im Internet beglotzen und ihre leicht bekleideten Strandfotos einfach online frei Haus bekommen, in dieser Szene spricht er mit schwerer Zunge und hält ein Bier in der Hand. Tja, jetzt ist er so reich wie die Schweiz.

Sternstunde

Einzelfall? Nein, es gibt unzählige Beispiele. In dem Buch Sternstunden der Bedeutungslosigkeit von Rocko Schamoni beispielsweise beharrt ein durchgeknallter Freund der Hauptfigur auf folgender Idee: Er wolle Flyer für ein eigenes Restaurant in den umliegenden Briefkästen verteilen. Darauf enthalten seien ausschließlich Speisen von Restaurants der Nachbarschaft, die man für einen etwas höheren Preis anbietet. Das eigene Lokal gibt es nämlich gar nicht, braucht aber auch keiner wissen, denn wenn jemand anruft, bestellt man selbst das Gericht im "echten" Laden, holt es ab und bringt es dem Kunden.

Ob diese Idee Erfolg hat, verschweigt das Buch. Klar ist dagegen allerdings, das wäre einem nüchtern niemals eingefallen.

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Der Clou an der Geschichte: Fast ein Jahrzehnt nach "Sternstunden der Bedeutungslosigkeit" hat der Markt diese Idee tatsächlich aufgestöbert und jetzt sind beflissene Start-Ups wie Lieferando, Deliveroo oder Foodora das Boom-Segment der Stunde.

Sieben Bier für die Miete

Auch geil das Leben der Jungs und Mädchen des Vollplayback-Theaters aus Wuppertal, bei ihnen geht es um Jugendhörspiele wie TKKG, John Sinclair, Drei Fragezeichen, Hanni & Nanni u.ä. Sie stellen sich auf die Bühne, die Kassette läuft ab, sie machen sie die Mundbewegungen zur Tonspur und überführen mit lustigen Requisiten das Erzählte in eine Show.

Was als Einfall einigermaßen wahnwitzig anmutet, geht bald ins 20. Jahr seines Bestehens, fährt regelmäßig auf große Tourneen und ernährt sechs Leute. Fragt man einen Gründer, den mit dem bereits angetrunken klingenden Namen Supa Knut, wie es zu der Nummer eigentlich gekommen ist, sagt er: "Die Idee klang echt bekloppt. Aber nach dem siebten Bier haben wir sie uns geglaubt – und jetzt zahlt sie die Miete."

Wer aber aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen keinen Alkohol trinkt, soll natürlich trotzdem nicht leer ausgehen. Hier ist eine Eins-a-Schnapsidee eigener Produktion, die bis heute auf Verwirklichung wartet:

Das Vitamin-Bier

Man schüttet sich 18 davon den Abend über rein, aber die Nachwirkung des Alkohols (im Volksmund Kater genannt) werden bereits durch zugesetzte Vitamine, Alka-Seltzer und Antibiotika völlig konterkariert. Man fühlt sich nach dem Saufen besser als vorher. Und das Reinheitsgebot bei Bier dürfte ja längst gefallen sein – wie anders konnte man sich sonst Schöfferhofer Grapefruit erklären?

JA OK, wer jetzt immer noch Schwierigkeiten hat, sein Besoffski-Alter-Ego als Lebensberater zu verstehen, für den gibt's hier jetzt sofort eine kleine Guideline in den kreativen Rausch. Wir präsentieren:

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Die Roadmap zur guten Schnapsidee

1. Besorge einen Kasten Bier und lass dich von ihm mit auf eine Reise nehmen.

2. Da ist ja schon die erste, sehr gute Idee: Rauchen!

3. Deine innere Stimme klingt bereits beschwipst, sie sagt: "Du bist unbesiegbar und attraktiv, wie konntest Du je daran zweifeln?" Glaub ihr jedes Wort.

4. Mit so viel Attraktivität geht die Verpflichtung einher, sie mit anderen teilen. Suche im Nachtleben Freunde auf.

5. Keine Freunde aufzutreiben, beziehungsweise: Du hast gar keine? Egal, setz dich einfach irgendwo dazu! Vergiss nicht: Du bist der Allergeilste. Wer hätte nicht gern eine neue Bekanntschaft wie dich?

6. Um mit diesem wahllos zusammengestellten Think Tank der Nacht auf interessante Gedanken zu kommen, gilt es, ein paar gute Themen aufzumischen. Wie wäre es mit: gesellschaftliche Interdependenz, Umsatzsteuervoranmeldung, Hauptstädte Südamerikas?

7. Okay, jetzt habt ihr euch lange genug angeschwiegen, versuchen wir es mit Griffigerem: "Arschloch-Sommer!", "Heinzi muss weg!!" "Hofer raus!!!"

8. Na, also. Geht doch. Und kein Problem, wenn du deine Gegenüber ständig unterbrichst und nie ausreden lässt. Bedenke immer, was der Rausch ohnehin schon weißt: Du bist das Genie – die anderen können dir dankbar sein.

9. Unbedingt mal wieder neue Drinks bestellen.

10. Weitere Themen: Scheide, Penis, die Wiederwahlen.

11. Immer noch keine überzeugende Geschäftsidee aufgepoppt? Verabschiede dich aus dem Schuppen mit den berühmten Worten: "Mich habt ihr hier zum letzten Mal gesehen!"

12. Trinken, Tanzen, Torkeln, Pissen, Labern, Filmriss.

13. Endlich im Bett oder zumindest am Boden. Irgendwann die Ernüchterung: Die einzige Idee war mal wieder, dem oder der Ex eine Kurzmitteilung mit dem Inhalt zu senden: "ow bisdd du?!" Keine Sorge, es kann nicht jedes Mal klappen. Sei einfach wachsam und versuche es in zwei, drei Tagen erneut. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis du der oder die nächste Mark Zuckerberg wirst. Glückwunsch im Voraus – und alle Macht der Schnapsidee!

PS: Was immer du machst: Sauf dich nicht besinnungslos und lass so oder so das Auto stehen.

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