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Eine Handvoll Gedanken zum Amadeus 2015

Ein paar Anmerkungen hätten wir da noch. Und ja, es geht auch um Gabalier.

Gestern waren die Verleihungen zum Amadeus, Österreichs wichtigstem Musikpreis. Wie ihr vielleicht schon aus unserem Live-Ticker mitbekommen habt. Ich war sehr betrunken, habe die After Show Party im Volksgarten damit verbracht, mir mit Herbert Grönemeyer ein Battle der deutschesten Dance-Moves zu liefern und mir zum Schluss mit Teilen „der Band der Stunde", also Wanda, ein Taxi geteilt. Ich hatte wirklich Spaß und will kein Party Pooper sein. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, noch ein paar Dinge sagen zu wollen. Überschriften wie „x Dinge die ich dort und dort gelernt habe“ sind zwar zu Recht mittlerweile verboten. Aber es ist trotzdem ein bisschen das, was jetzt kommt. Nämlich Beobachtungen.

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Alle haben sich wieder lieb

Letztes Jahr haben alle auf den Amadeus geschimpft, heuer war das überhaupt kein Thema mehr. Eh klar, in Österreich spielt man Revolution ja eh nur, und hinterher haben sich alle wieder lieb. Wir sind ja auch gerade in einem Moment der österreichischen Musikgeschichte angekommen, wo alle kurz glauben, dass der Kuchen eh groß genug für alle wäre und man sich deshalb nicht anzicken müsste. Das ist natürlich nur halb wahr, weshalb der Burgfrieden vermutlich auch nur eine relativ kurze Halbwertszeit hat. Die Verteilungskämpfe werden schon wieder kommen, gestern wollte niemand so richtig die Österreich-Festspiele mit schlechter Stimmung vermiesen. Ich auch nicht, weshalb ich da auch nicht in der Situation bin, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Es gab ja eh auch Brötchen und Schremser.

Der Riss in der Musikszene ist noch da, aber woanders

Auch wenn das Verhältnis zwischen Ö3/den Majors/der „Industrie" auf der einen und „den Musikern" auf der anderen Seite aktuell ein bisschen notdürftig geflickt scheint, gibt es immer noch Konfliktpotential. Nämlich zwischen dem Teil der Musikszene, der sich selbst als cool ansieht, und dem, der wirklich Geld damit macht. Man hat an Andreas Gabaliers Dankesrede gemerkt, wie angepisst der gute Mann ist. Vor allem auf die Kollegen Gratzer/Duscher. Man kann das ja rational alles ein bisschen nachvollziehen. Da macht man jahrelang erfolgreich Musik, erobert Stadien im großen Nachbarland, und die Daheimgebliebenen wollen den Erfolg einfach nicht anerkennen. Dazu kommt natürlich, dass alles, was die Noiseys, FM4s und Seayous dieses Landes tun, aus Sicht eines Gabaliers winzig erscheinen muss. Von einem früheren Amadeus wird kolportiert, wie ein Schlagersänger zum Sänger einer Indieband backstage den schönen (und auch ein bisschen wahren) Satz gesagt hat: „Sauf und friss du nur. Meine Verkäufe zahlen das hier alles." Die Opferrolle, in die sich Gabalier da gerne begibt, beschreiben die Kollegen vom Kurier hier sehr schön.

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Ein Frauenmangel lässt sich nicht dadurch beheben, dass Schauspielerinnen die Preise überreichen

Die Geschlechterverteilung war schon bei den Nominierungen hart, bei den Preisen ist sie noch ein bisschen härter. Ja, das wissen wir alle. Manuel Rubey hat es dann eh mal angesprochen, sich dabei die schöne Grafik der Kollegen von The Gap ausgeliehen. Aber dieses „Ja, wir schämen uns alle so. Gibt es noch Schremser?" kann den Amadeus nicht aus der Verantwortung nehmen. Ein Problem, das man benennt, bleibt ein Problem.

Strache ist der lokale George Dubbleju Bush

Nazar, der gestern mit Recht sehr euphorisiert war, sagte auf der Bühne „Hurenkinder". Genau genommen: „In der österreichischen Politik, da sind ein paar kleine Hurenkinder dabei." Man muss da natürlich sagen, dass er damit auch nicht gerade auf feindlichem Terrain war. Schon Manuel Rubey holte sich vorher mit einem Strache-Diss relativ einfachen Applaus ab. Ja, der Zahntechniker hat das natürlich alles verdient. Und Nazar hat es sich genauso verdient, sowas rauszuschießen. Aber wir weißen, privilegierten Heteromänner sollten manchmal echt zweimal überlegen, ob wir mit dieser routinierten Strache-Kritik der Kritik nicht dauerhaft den Boden entziehen.

Haben jetzt wenigstens die Richtigen gewonnen?

Teilweise. Dass Tagträumer Band des Jahres werden, ist natürlich—bei allem Respekt für Tagträumer—ein bisschen Wanda mit dem Arsch durch's Gesicht fahren. Ein Troll-Move, aber auf so etwas steh ich ja. Sonst halt wenig Überraschungen. Ich freue mich für Julian Le Play (Album des Jahres), weil der Gute eigentlich nicht viel falsch macht und aus der Szene trotzdem Einiges einstecken muss. An Udo Jürgens (Künstler des Jahres) und Conchita Wurst (Künstlerin des Jahres) war kein Vorbeikommen. Gabalier ist mit Recht Live-Act des Jahres (muss man nicht mögen, aber anerkennen). „Rise Like A Phonix" ist als Song des Jahres voll OK. Dass 5/8erl in Ehr'n gewinnen, ist völlig richtig. Grundsätzlich zumindest in keiner Kategorie ein voller Griff ins Klo. Nur dass „Du warst der geilste Fehler meines Lebens" keinen Preis für's Songwriting bekommen hat, ist eigentlich ein Skandal.

Jonas leidet heute. Er ist auf Twitter: @L4ndvogt

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