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Interview

Gramatik ist der erste Künstler, der dich durch Blockchain direkt an seinem Umsatz beteiligt

Der slowenische DJ und Produzent lanciert am Donnerstag in Zürich seine eigene Kryptowährung – weil das so kompliziert ist, liessen wir ihn das gleich selbst erklären.
Foto: Pressebild Creative Artists Agency 

“Blockchain ist die Technologie der Stunde”, teaste das m4music eine Gesprächsrunde an der diesjährigen Konferenz des Musikfestivals an. Während der Hype um die Kryptowährungen, die aus der Blockchain entstehen können, vor allem in der Technologie- und Internet-Branche längst zum grossen Konsens gehören, sind sie in der Musikbranche weitgehend ein Fremdwort, über das allerhöchstens die abgebrühtesten Nerds reden. Nun legen sich aber die ersten Pioniere in der Musikwelt die Blockchain sinnbildlich um den Hals.

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Erst Anfang Oktober kündigte Björk – wer hätte es gedacht – an, in ihr zehntes Studioalbum Utopia eine Blockchain zu integrieren und ihre eigene Kryptowährung zu erschaffen. Mit dieser können sich ihre Fans zum Beispiel Limited Editions ihres Album kaufen. Einen Schritt weiter geht der slowenische DJ und Produzent Gramatik: Er wird sein gesamtes geistiges Eigentum in Blockchain-Tokens umwandeln. Heisst: Du kannst dir mit diesen Tokens einen Teil des Urheberrechts von Gramatik kaufen. Im Gegenzug erhältst du einerseits Tantieme (z.B. Einnahmen für das Abspielen von Gramatik-Songs im Radio) und andererseits Zugriff zur GRMTK-Token-Community auf der Blockchain-Entertainment-Plattform SingularDTV, wo der DJ Musik und Projekte teilt. Am Donnerstag lanciert er im Zürcher X-Tra mit einer Party diese GRMTK-Tokens.

Alles etwas kompliziert, ich weiss. Deswegen habe ich mir Denis Jašarević, so Gramatik bürgerlich, und SingularDTV-CEO Zach LeBeau geschnappt, damit sie ihr Vorhaben gleich selbst erklären.

Du wirst dein geistiges Eigentum als GRMTK-Tokens vertokenizen – was heisst das?
Denis: Zum ersten Mal haben meine Fans – und die Fans von anderen Künstlern – die Chance, sich auf einen Weg, den es niemals zuvor gab, in den Prozess des Musikmachens zu involvieren. Es funktioniert ähnlich wie bei einem Crowdfunding-Projekt; doch anstatt dass du für deine Geldspende zum Beispiel ein T-Shirt oder Stickers erhältst, wirst du einen Teil meines geistigen Eigentum mitbesitzen. Das ist unglaublich viel besser und bringt mir als Künstler und dem Fan, der mich supporten will, mehr.

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Also werden deine Tantieme an deine Fans gehen, anstatt an ein Plattenlabel?
Denis: Genau. Es ist eine direkte symbiotische Partnerschaft zwischen mir und meinen Fans.

Wie werden denn die Tantieme verteilt?
Zach LeBeau: Die Tantieme werden direkt in die Tokens integriert. Sobald Geld über sie generiert wird, wird es im Token erscheinen und der Besitzer kann diesen Betrag sparen oder abheben. Jeder Token widerspiegelt denselben Prozentsatz an Rechten und Tantiemen. Die Fans, welche die ersten 25 Prozent der GRMTK-Tokens, die wir jetzt herausgeben, besitzen, erhalten 25 Prozent der Tantieme. Es basiert alles auf pro rata (anm. d. Red. Ausschöpfung im Verhältnis des Anteils).

Du wirst in Zukunft also kein Label mehr brauchen?
Denis: Für die letzten drei, vier Jahre habe ich meine Musik sowieso schon auf meinem eigenen Label veröffentlicht und mich mit Touren komplett selbstständig gemacht. Aber die GRMTK-Tokens bringen das Ganze noch einen Schritt weiter. Ich kann die Fans, die wollen, dass ich weiterhin Musik mache und Projekte realisiere, in meine Selbständigkeit als Künstler involvieren – wodurch sogar noch grössere Projekte möglich werden. Sie profitieren dafür finanziell von meinem Erfolg.



Wieso machst du jetzt diesen Schritt?
Denis: Ich glaube, die Blockchain-Technologie ist jetzt am technologischen Punkt, an dem dieser Schritt überhaupt möglich wird – auch dank Plattformen wie SingularDTV. Sie verfolgen das Ziel, die erste dezentralisierte Entertainment-Plattform auf der Blockchain zu werden. Das wird Künstlern die Möglichkeit geben, ihr Werk zu tokenizen, so zu selbstfinanzierenden Krypto-Wirtschaften zu werden und sich mit ihrer Fanbase zu verbinden. Ich glaube aufrichtig, dass das die Zukunft für die Kreation in der Film- und Musikindustrie sein wird. Sobald die Technologie perfektioniert und in einem grossen Rahmen verwendet wird, wird Blockchain jede andere Finanzierungsmethode ersetzen. Und von dieser Revolution will ich ein aktiver Teil sein.
Zach LeBeau: Dazu muss man noch sagen: Wir glauben, dass Blockchain ein Movement ist. Das Schöne daran ist, Denis glaubt auch an dieses Movement. Hier geht es nicht zwingend um eine Geschäftsbeziehung, sondern vielmehr darum, Künstler mit mehr Tools zu ermächtigen, sich unabhängig zu verwirklichen.

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Zach, wieso redest du von einem Movement und weniger von einem Finanzierungsmodell?
Zach: Weil es weniger um Geld geht, sondern darum, neu zu definieren, was Wert ist. Wir leben in einer Zeit, in der es zu oft darum geht, wie viel etwas kostet. Dabei sollte es doch um den Wert von etwas gehen. Das Revolutionäre hier ist, dass Gramatik eine neue Art Interaktion mit seinem Publikum haben wird – eine wechselseitige Interaktion. In GRMTK-Tokens selbst ist sein geistiges Eigentum enthalten und dadurch alle Nutzungsrechte, Umsätze und Tantieme. Gleichzeitig repräsentieren die GRMTK-Tokens seinen Ethos und seine Philosophie der künstlerischen Freiheit. Ich will damit sagen, dass wir neu definieren müssen, was Wert ist. Letztendlich ist unser Ziel, eine nachhaltige Entertainment-Industrie zu schaffen, die durch Gramatiks Fans und deren Nachfrage angetrieben wird, damit Gramatik für den Rest seiner Karriere nicht mehr vor finanziellen Hürden oder Vermittlern steht, um nach der Berechtigung zum Kreieren fragen zu müssen. Er geht direkt zu seinem Publikum für diese Berechtigung.



Wie viel Geld muss ich mindestens in die Hand nehmen, um GRMTK-Tokens zu kaufen?
Zach: Das ist komplett dir überlassen. Du kannst sogar einen Bruchteil von einem Cent investieren.

Denis, ich nehme an, das ist ein grosser Schritt für deine Karriere. Glaubst du, du musst deine Bemühungen und deinen Output jetzt verstärken, dass deine Fans, die deine Tokens kaufen, happy sind?
Denis: Es ist weniger, dass ich mich dazu gezwungen fühle. Ich will vor allem kreieren, ohne mich um den finanziellen Aspekt sorgen zu müssen – und das wiederum wird sowieso alles besser machen, was ich veröffentliche. Ich lade gleichzeitig nicht die gesamte Welt ein, um bei meinen Tokens mitzumachen. Das ist für meine Fans, die treu genug sind, um auf diesem Level Teil von Gramatik zu werden. Ich glaube, diese Fans haben sich sowieso schon immer über das gefreut, was ich veröffentlicht habe. Die Tokens geben ihnen eine Option, um die Tradition des Fantums weiterzuführen.

Hast du bereits neue Projekte im Kopf, die du nun realisieren kannst?
Denis: Ich habe erst gerade die Recoil Pt. 1-EP releast und der zweite Teil ist gerade in der Mache. Das wird das erste Projekt sein, das erscheint. Ausserdem habe ich einen Kurzfilm in der Pipeline, bei dem Anfang Dezember die Dreharbeiten beginnen.

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