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Sehr wichtige Internetvideos

Die Badener Band One Sentence. Supervisor hat sich massenhaft YouTube-Klicks gekauft und reibt es allen unter die Nase

Und so einfach kommt ihr in die YouTube-Trends, Kinder: One Sentence. Supervisor zeigt der Videoplattform und der Gesellschaft ihre Makel auf.
Collage Noisey: Screenshot Youtube | Pressefoto Irascible

"Das kann einfach kein Trend sein…", lautet der Top-Kommentar auf dem neuesten Musikvideo von One Sentence. Supervisor. Ja, die kleine Badener Band erobert mit ihrem Song "Arrival of the Fittest" in Deutschland gerade YouTube und da ist schon mal etwas Verwirrung angebracht. Nicht etwa, weil die Jungs kein Talent hätten – sie sind für den "Album of the Year"-Award der Independent Music Companies Association nominiert – sondern weil der Inhalt des Videos selbst für Feuer in der Kommentarspalte und Dislikes sorgt. Wir haben das Video analysiert:

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Das Teaserbild: Würden wir die 80er-Retro-Götter nicht kennen, hätten wir wohl nie auf das Video geklickt. Es zeigt schlicht und einfach einen Typen, der sich in typischer Selfiemanier das Shirt hochzieht und sein Sixpack zeigt. Das passt so gar nicht in die Ästhetik der Band, die normalerweise auf Computer-Effekte und VHS-Retro-Stil zurückgreift.

Die Likes und die Klicks: Gerade zählt das Video knapp 100'000 Aufrufe, 130 Likes und 366 Dislikes. Hier sollten schon die Alarmglocken läuten. Nicht etwa, weil keiner das Material von One Sentence. Supervisor mag. Das Verhältnis von Reaktionen zu Aufrufen stimmt schlicht nicht überein. Normalerweise gibt es ein Like, beziehungsweise Dislike, pro 100 Aufrufe. Hier gibt es nur einen Daumen pro 200 Views.

Der Song: Dass "Arrival of the Fittest" mal zu einer Hit-Single wird, wie es in der Videobeschreibung heisst, wagen wir zu bezweifeln: Der Song ist nicht eingängig, es fehlt an einer guten Melodie. Böse Zungen behaupten sogar, dass "Arrival of the Fittest" als Skit bezeichnet werden könnte – wären die Badener nicht Synth-Tüftler sondern Rapper.

Das Video: Die Verbindung zum Skit ist nicht weit hergeholt: Das Video ist nur elf Sekunden lang. Theoretisch nichts aussergewöhnliches. Es könnte ja ein virales Video sein, in dem eine Katze etwas lustiges macht oder ein übergewichtiger Mensch mit einem Skateboard hinfliegt – was auch immer die YouTube-Gemeinde als lustig erachtet. Aber weit verfehlt. Das Video zeigt nur, wie jemand auf Google ins Suchfeld eingibt: "buy youtube views".

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Die Message: Hier lasse ich am besten gerade Donat Kaufmann, Frontmann der Indie-Band, reden: "Bei unserem Video handelt es sich nicht um einen Promo-Gag. Wir haben einfach nach der visuellen Entsprechung unseres Songs gesucht. Diese «Klickhörigkeit» und ihre absurden Auswüchse beschäftigen uns schon länger. In den Medien scheinen Klicks und Statistiken mittlerweile die einzig relevante Grösse zu sein. À la; wenn die Klicks stimmen, wird der Inhalt wohl auch ok sein. Umgekehrt sagen dir Veranstalter zum Teil: 'Du machst coolen Sound, hast aber zu wenig Klicks.' Gleichzeitig wird kaum darüber diskutiert, dass an jeder beliebigen Statistik geschraubt werden kann – und wird. Völlig egal ob Views, Plays, Likes oder Dislikes, ob YouTube, Spotify, Instagram, Twitter, Facebook oder Soundcloud. Das Problem ist nicht, dass es gemacht wird. Das Problem ist, dass es nicht deklariert wird. Das kann zu unschönen Missverständnissen führen."

Ein wahrlich gelungener Streich der Badener Band – besonders in Anbetracht der Fake-News-Debatte könnten sie hier einen Nerv getroffen haben. Schlussendlich empfiehlt mir Donat, ich solle Klicks kaufen, damit der Artikel mehr abgehe. Eine Überlegung ists Wert.

One Sentence. Supervisor kannst du am 16.12.2017 im Oxil live sehen. Tickets kriegst du hier.


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