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Was sagt dein Musikgeschmack über deine Mitbewohnerfähigkeiten aus?

"EDM-Hörer: An sich unternehmungslustiger Mensch, der gerne im Tel Aviv am Donaukanal chillt und auf Konzerten gerne mit Torte beworfen wird."
Header: Bild vom Autor

So sehr ich diesem Artikel mit professioneller Objektivität begegnen will, so sehr werde ich auch daran scheitern. Der Musikgeschmack sagt einiges über den Menschen aus, dem man die Smalltalk-Frage "Was hörst du für Musik?" stellt. In den seltensten Fällen stellt man diese Frage aus ehrlich gemeinter Neugierde. Viel häufiger ist das der Fall in folgenden Situationen:

Tinder Dates, bei denen man schon nach fünf Minuten weiß, dass sich die Gespräche intellektuell auf dünnem Boden bewegen werden. Sofort verpissen will man sich dann auch nicht, weil man entweder sauverzweifelt oder einfach nur sehr höflich ist.

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Oder man stellt die Frage auf überfüllten Homepartys, auf denen man niemanden kennt und nicht den ganzen Abend allein rumstehen will. Und irgendein Campino für Arme, der sich schon total umbetoniert hat und seine bisherige Anwesenheit mit "An Tagen wie diesen" oder "Teenage Dirtbag"-Gegröhle verbracht hat, legt schwitzend seinen Arm um dich und will wissen, ob du die Musikauswahl auch so "on point" findest. Aus Mangel an besseren Gesprächspartnern, muss dann halt der in den 90ern Hängengebliebene herhalten.


Hier sind Videos aus den 90ern, die euch verstören werden:


Oder eben bei WG-Castings von Wohnungen, bei denen man sowieso nicht einziehen will – auf der Straße zu landen, wär aber halt auch eher semi-optimal. Oder bei WG-Castings, bei denen ihr auf der langen Seite des Hebels sitzt. Es gibt noch ein Zimmer in der WG zu vergeben und deswegen habt ihr Tag der offenen Tür in eurem Eigenheim. Hier könnte die Frage nach dem Musikgeschmack dann aber doch plötzlich eine wichtige Rolle spielen.

Denn, wenn ihr die Auserwählten im WG-Recall vor euch sitzen habt und sich jeder versucht von seiner schokoladigsten Seite zu präsentieren, gibt euch die Frage "Was für Musik taugt dir eigentlich so?" die ehrlichsten Einblicke in die Verhaltensweisen eures Gegenübers. Ich habe für euch ein kleines, total bitterernst zu nehmendes Lexikon der Typen zusammengetragen, die auch mir schon ein paar Mal untergekommen sind, dann seid ihr auch bei eurem nächsten Casting darauf vorbereitet:

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Indie

Leichter Hang zur Verplantheit, aber eher in die Richtung "Hundewelpen, die die Welt erkunden". Kann ziemlich sicher "Wonderwall" auf der Gitarre spielen, aber das würde er niemals vor Publikum präsentieren. Spontan was zu unternehmen, kann sich auch recht kompliziert gestalten. Warum? Jeans, die man sich schnell anziehen kann, sind einfach nicht eng genug. Im Zusammenleben mit so einem Menschen kann sich sicher eine innige Freundschaft entwickeln, aber nur, wenn ihr mindestens das gleiche Level an romantischer Verplantheit mitbringt und das Mittelmäßige nicht ausstehen könnt. Fuck the System.

Foto: Lena Emslander

Fazit: Verbreitet eher das Konzept von "Ich lebe im Moment", soll heißen, ihr müsst dem Menschen wegen allem hinterherlaufen. Er verbreitet im Sommer gute Vibes, aber die Wintermonate sind geprägt von einem Mantel der Depression. Keine Blumen, keine Sonne und auf die Frage "Do you want to go to the seaside?" kommt nur ein leises Nein zurück. Langweilig wird's also nicht in eurer Wohnung.

Metal

Ich selber kann zwar absolut null Prozent mit dieser Musik anfangen, die Geräuschkulisse erinnert mich immer an mich selbst in jungen Jahren, wenn ich schon wieder nicht auf eine Party gehen durfte und brüllend in mein Zimmer gestürmt bin. Nur halt in erwachsen – unterlegt mit 327 Bass Drum Anschlägen pro Minute. Aber ich hab in meinem Leben noch nie einen Metalfan kennengelernt, der nicht unfassbar nett war. Die sehen alle nur so dunkel aus. Hinter den Kutten, den langen Haaren und den schwarzen Ledermänteln, ist immer ein kleiner Sonnenschein versteckt.

Siehst du, kleine Sonnenscheine. Foto via Flickr: Jon Shave | CC BY 2.0

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Gute Gespräche bei Bier und Zigarette sind echt immer drin. Und abseits davon, immer einen Trinkkumpanen zu haben, profitieren die Mädels in der WG noch oben drauf: Haarpflegeprodukte en masse. Im Zusammenleben sollte man sich nie Sorgen machen, das Bier im Kühlschrank könnte ausgehen. Aber sich das ein oder andere Paar Ohropax anzuschaffen, ist keine dumme Idee.

Fazit: Wer nichts gegen Patschuli-Geruch und hämmernde Schlagzeug Beats hat, der sollte diesen Spaßgiganten auf jeden Fall aufnehmen. Wegen dem gigantischen Spaß, haha. Laut kann's schon mal werden. Laune macht's nicht immer. Witzig ist es aber eigentlich meistens schon – nach dem siebten Bier auch für Leute, die lieber naschen als moshen. LEL.

Techno

Wirkt vielleicht im ersten Moment echt sympathisch, aber kann sich schnell zum arrogantesten Stück Kanye West entwickeln. So nach dem Motto "Techno forever" und wenn du mit der Musik nichts anfangen kannst, wirst du auch nicht als ebenbürtiges Gegenüber betrachtet. Techno hört man auch nicht leise, da kommt das Ganze dann nicht rüber, verstehst du das nicht? Wie, du musst lernen und die Leute im Wohnzimmer stören dich? Wer die sind? Keine Ahnung, hab die heute in der Früh beim Feiern kennengelernt, aber es sind die besten Menschen überhaupt.

Über die Hälfte der Leute hab ich noch nie davor gesehen, die nächsten 24h haben wir trotzdem gemeinsam verbracht. Foto vom Autor.

Fazit: Von Mutter Theresa bis Nero – die Techno-Szene hat sie alle. Es ist wirklich jede Sorte Mensch vertreten. Da kann zwar der liebste Mensch in eure Wohnung spazieren, aber wer jetzt nicht wirklich techno-affin ist, sucht sich aus Sicherheitsgründen lieber jemand anderes.

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"Ich hör eigentlich alles"

Räumt immer recht ordentlich auf. Geht verlässlich in jede Vorlesung. Am Abend dann ins U4 oder das Dick Macks, weil da ist es immer so verdammt witzig und billig. In seiner Bewerbungsmail steht, dass er total gerne kocht und abends für ein Glas Wein oder Bier zu haben ist. Aber seine Privatsphäre ist ihm schon wichtig und er will sich mal abkapseln können. Das respektiert er dann bei allen anderen auch.

Fazit: Vielleicht nicht der spannendste Zeitgenosse, aber die Miete ist eigentlich immer pünktlich überwiesen und Stress mit den Nachbarn gibt's wegen ihm sicher nicht. Quasi der Andreas Seidl der Mitbewohner – total nett, wird überall eingeladen, aber leiden kann ihn eigentlich keiner so richtig. Wuhuuu Confetti.

EDM

Ja gut, wie formulier ich das jetzt? Reiht sich im zwischenmenschlichen Umgang bei dem "Ich hör eigentlich alles" Typen ein. Wer das Tomorrowland für ein geniales Festival hält, hat die Liebe seines Lebens gefunden. An sich sehr unternehmungslustiger Mensch, der gerne im Tel Aviv am Donaukanal chillt und auf Konzerten gerne mit Torte beworfen wird. Man sollte sich nicht gestört fühlen durch konstante Poltergeräusche, die mit dem neuesten David Guetta-Ausdünstungen unterlegt sind. Die neuen Shuffle Moves für das nächste Electric Love lernen sich schließlich nicht von selbst.

Fazit: Wer sich von den ganzen Promo-Videos der EDM-Festivals angesprochen fühlt, sollte unbedingt zuschlagen. Bei den immer gleichen Dur-Melodien herumzuspringen und sich von einem DJ billigen Champagner ins Gesicht spritzen zu lassen, klingt wie ein feuchter Traum von dir? It's a Match. Ach ja, und übrigens, ihr kennt alle die Aufnahmen von der Mainstage, bei denen Leute während des Hauptacts in die Kamera lächeln und dann gefühlvoll die Augen schließen? Die sind nicht glücklich, glaubt mir. Und ihr werdet es auch nicht, wenn ihr bei den gerade gelesenen Zeilen keine Freude verspürt habt. Lasst ihn lieber zum nächsten WG-Casting weitershufflen.

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Keine Musik

Heimschicken. Sofort. Komischer Typ.

Fazit: Ich habe mich noch nie mit solchen Menschen länger als 23 Sekunden beschäftigt, ein bisschen auch aus Angst. Wer keine Musik hört, ist mir immer ein wenig suspekt. Genauso suspekt wie Erwachsene auf City-Rollern, was soll das? Davon hält man sich lieber fern, sonst färbt das vielleicht noch ab. Kann nur Vermutungen anstellen, wie sich das Zusammenleben mit so jemandem gestaltet. Laut ganz bestimmt nicht. Interessant auf jeden Fall, vielleicht nicht unbedingt schön. Interessant.

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