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Lauryn Hill versus The World

Die ganze Affäre um nicht gezahlte Steuern ist nicht das erste Mal, dass sie mit dem System in Konflikt gerät. Lauryn hat noch mehr auf Lager.
Ryan Bassil
London, GB

Wir ihr wisst, hat Lauryn Hill gerade ein bisschen Stress wegen nicht bezahlter Steuern. Mit „ein bisschen“ meine ich, dass es ziemlich ernst ist, denn wie es aussieht, wird sie die nächsten drei Monate hinter Gittern verbringen, was ziemlich kacke ist, weil der Sommer gerade erst beginnt.

Aber völliges Chaos in ihrem Leben zu schaffen, ist für Lauryn nichts Neues. Seit sie als Teenager das erste Mal bei It‘s Showtime at The Apollo auftauchte, stiftet sie unablässig Streit. Es war schon immer Lauryn Hill versus The World. Lasst uns ein paar ihrer bekanntesten Herausforderungen checken.

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Lauryn Hill versus Das Finanzamt

Steuerbehörden haben das Ziel, mich daran zu erinnern, wie viel meines Lebens sie mir wegnehmen werden, wenn ich mich weigere sie an meinem erbärmlichen Hungerlohn aus den mühsam zusammengekratzten Auszahlungen meiner freiberuflichen Arbeit, Teilhabe zu lassen. Sie sind wie eine anhängliche Ex-Freundin, die einen unentwegt wegen des vergessenen Pullis zutextet. Der einzige Unterschied ist, dass die Leute beim Finanzamt Männer in Anzügen sind, die mir meinen Fernseher und meine liebgewonnene erste Ausgabe von Harry Potter und der Feuerkelch wegnehmen können.

Lauryn hat es wohl bevorzugt, die Schreiben des Finanzamtes unter den Kühlschrank fallen zu lassen und so zu tun, als hätten diese nie existiert, denn in den Jahren 2005-2007 hat sie es versäumt, Steuern auf ein Einkommen in Höhe von einer Million Pfund zu zahlen. Als sie das erste Mal verhaftet wurde, bezog sie auf ihrer Tumblr-Seite Stellung und behauptete, dass sie immer ihre Steuern zahlte als sie regulär arbeitete. Sie hörte damit erst auf, als sie ein „Klima von Feindseligkeit, falschen Beschuldigungen, Manipulation, ethnischen Vorurteilen, Sexismus und Altersdiskriminierung“ in der Mitte der Gesellschaft spürte und öffentlich gegen dies protestieren wollte.

Wider Erwarten hat sich diese „Ich hab da keine Lust drauf“-Entschuldigung nicht wirklich ausgezahlt. Sie versuchte vor dem Gericht den nächsten Gang einzulegen, indem sie die Sklaven-Karte ausgespielte: „Ich bin ein Kind ehemaliger Sklaven, denen ein System auferlegt wurde. Mir wurde ein ökonomisches System auferlegt.“ Boom! Dagegen kann man einfach nicht argumentieren, es sei denn man ist ein Rassist.

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(Na gut, eigentlich kann man dagegen doch argumentieren, weil es einfach dämlich ist. Lauryn wurde zu drei Monaten Haft verurteilt und weitere drei Monate unter Hausarrest gestellt.)

Wer hat das Match gewonnen?

Das Finanzamt natürlich, weil es immer gewinnt.

Lauryn Hill versus Die katholische Kirche

Hills christlicher Glaube ist eines der zentralen Themen ihrer Werke. So kombiniert ihr Debütalbum The Miseducation Of Lauryn Hill zum Beispiel Elemente des Rastafari-Kults und der äthiopischen orthodoxen Kirche mit Songtexten, die direkt von den Korinthern übernommen wurden. Das Album geriet in den Fokus einiger wissenschaftlicher Artikel über Religion und Kultur, die u.a. „Keine Kirche in der Wildnis: HipHop-Theologie und -Mission“ oder „Glaube mir, das Pimp-Spiel ist sehr religiös: Zu einer religiösen Geschichtsschreibung des HipHop“ hießen. Nachdem das Album veröffentlicht wurde, hing sie ein Jahr mit irgendeinem spirituellen Guru namens Brother Anthony ab, den sie als Mann beschreibt, „der wie niemand anderes in meinem Leben die Bibel versteht“. Im Grunde macht ihr kaum einer was vor, wenn es um die Kirche geht – wenn sie diese dennoch attackiert, dann ist das schon eine ziemlich krasse Angelegenheit.

Im Jahre 2003 wurde Lauryn Hill vom Vatikan dazu eingeladen, eine Rede zu halten. Sie nutzte die Chance, um die medial hoch gehandelten Fälle von sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch US-amerikanische Priester zu thematisieren. Nur wenige Meter von fünf der ranghöchsten Kardinäle der römisch-katholischen Kirche entfernt stehend, fragte Hill:

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„Was kannst du über die Leben sagen, die du zerstört hast? Was ist mit den Familien, die Gott erwartet haben, aber vom Teufel betrogen wurden? Wer hat Mitleid mit ihnen, den Männern, Frauen und Kindern, die psychologisch, emotional und mental von ihren Peinigern, denen sie Glauben schenkten, vergewaltigt wurden? Der heilige Gott ist Zeuge dieses Missbrauchs von Führungskraft, dieser Ausnutzung und dieser Korruption, die nicht für die Geistlichen spricht. Es gibt keine akzeptable Entschuldigung mit der man die Kirche verteidigen könnte.“

Dies war nicht nur eine sehr starke Geste. Hill stellte damit auch eine sehr heikle Frage, denn damals haben Mitglieder einer der größten Religionen der Welt Sünden begangen, die einer öffentlichen Verhandlung wert gewesen wären, wenn sie von einem BBC-Moderator oder einem walisischem B-Promi begangen worden wären.

Wer hat das Match gewonnen?

Lauryn Hill. Wenn du mit Kinderfickern streitest, dann kann es nur einen Gewinner geben, selbst wenn du aus der Öffentlichkeit verschwindest.

Lauryn Hill versus Die Öffentlichkeit

Nach dem Release ihres Debütalbums hat Lauryn entschieden, dass sie es hasst, wenn sie beim Einkauf von Leuten zwischen den Gemüseregalen erkannt wird. Was macht man also? Sie hörte auf, Interviews zu geben, Fernsehen zu gucken und Musik zu hören. Sie feuerte auch ihr komplettes Management und hat sich lieber fünf Tage die Woche in den Bibelunterricht gesetzt.

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Im Grunde war sie damit im selbstauferlegten Exil, frei von all den Verunsicherungen „in einer westlichen Kultur schwarz, jung und talentiert zu sein“. Irgendwie ist ihr Verschwinden aus der Öffentlichkeit schon nachvollziehbar. Ich kann mir gut vorstellen, wie unglaublich nervend es sein muss, unvorbereitet auf ein Haufen Fans auf der Straße zu treffen, die fest dazu entschlossen sind, deinen Tag zu ruinieren, wo du doch einfach nur eine Packung Milch kaufen willst. Auf der anderen Seite ist es aber ziemlich traurig, dass die Öffentlichkeit mit Lauryn Hill eine nicht nur gute, sondern auch interessante Musikerin verloren hat. Bevor sie verrückt wurde, konnte Hill klar und offen über Religion, Ethnie und Politik reden und das häufig mit gutem Humor. Man müsste schon von jemandem gezwungen werden, um so etwas heute über einen der Rap-Stars aus der ersten Liga zu sagen.

Wer hat das Match gewonnen?

Keiner! Wir haben kein zweites Album bekommen und Lauryns Leben geriet außer Kontrolle.

Lauryn Hill versus Wyclef Jean

Wer hat das Match gewonnen?

Lauryn Hill.

Lauryn Hill versus Die Kritiker

In den letzten paar Jahren hat Lauryn angefangen, irgendwelche abenteuerlich ausgewählten Bühnen und Länder zu bespielen, und das fast ohne irgendeine Form von Promotion. Sie kam teilweise bis zu zwei Stunden zu spät zu ihren eigenen Auftritten, spielte diese ganz entsetzlich und veranlasste ihre Fans letztlich dazu, früher zu gehen und Rückzahlungen einzufordern. Kein Wunder, dass die Kritiker sie nun als wandelnde Zielscheibe sehen und ihre Shows als „unabwendbare Katastrophe, der es genauso schlimm war zuzusehen, als auch zuzuhören“ oder sie selbst als „Künstlerin, die ihren eigenen Nachruf auf der Bühne schreibt“ (The National Post) titulieren.

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Andererseits ist The Miseducation Of Lauryn Hill noch immer eins der meist gefeierten HipHop-Alben aller Zeiten. Es war das erste Rap-Album, das je einen Grammy für das Album des Jahres erhielt und erscheint regelmäßig in all den Best-Of-Listen, die Leute wie wir so gern kompilieren. Am Tag ihrer Verurteilung veröffentlichte Lauryn noch schnell den Track „Neurotic Society (Compulsory Mix)“. Auf ihrer Tumblr-Seite sagte sie Folgendes: „Hier könnt ihr ein neues Stück von mir runterladen, was ich schnell veröffentlichen ‚sollte‘, aufgrund der bevorstehenden gesetzlichen Deadline.“ Im Prinzip heißt das eigentlich: „Hi. Ich muss ins Gefängnis und hab ein Haufen Schulden, die ich abbezahlen muss, also kauft bitte meine neue Platte und rettet mich. Lol.“ Der Song war trotzdem gut genug, so dass er von der ganzen Kritiker/Blog-Maschinerie überall im Netz gepostet wurde.

Wer hat das Match gewonnen?

Lauryn Hill, aber nur um Haaresbreite.

Lauryn Hill versus Die Kläger

Obwohl Lauryns Debütalbum in großen Teilen kollaborativ entstand, hat ihr Label sie offensichtlich unter Druck gesetzt das „Prince-Ding“ zu machen, was bedeuten soll, dass ihr im Booklet alle Credits zugesprochen werden ohne Berücksichtigung der Hilfe anderer Musiker. Als man Lauryn danach fragte, konnte sie gar nicht anders als komplett unfair zu klingen: „Wir lieben uns alle. Hier geht es nicht um Dokumente. Diese Platte ist gesegnet.“ Aber scheinbar hatten sie sich doch alle nicht so besonders lieb, denn die Musiker, die auf der Platte zu hören sind, reichten eine 50-seitige Klage gegen Hill ein, die in einer außergerichtlichen Einigung in der Höhe von $5 Mio. endete. Ich könnte wetten, dass sie sich heute wünscht, die Namen damals in den Credits, die eh niemand liest, veröffentlicht zu haben, so dass sie heute ein paar Pfund mehr hätte, um ihre Steuern pünktlich zu zahlen.

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Das war jedoch nicht das einzige Verfahren, dass gegen Lauryn angeleiert wurde. Im Jahre 2011 hat ihr früherer Gitarrist Jay Gore sie auf $20.000 Schadensersatz verklagt, nachdem sie regelmäßig Mitglieder der Tour-Crew schikaniert und um ihr Geld betrogen hat. Den Berichten zufolge hat sie nach den Shows mit den Musikern und dem Tour-Personal gerne mal jeweils ein Gespräch unter vier Augen geführt und eines Tages diesen Satz hier rausgehauen: „Ich kann es gar nicht glauben, dass ich euch Idioten überhaupt bezahle. Ihr solltet mich bezahlen!“

Des Weiteren lief vor ihrer aktuellen Festnahme gegen Lauryn ein Gerichtsverfahren mit drohender Zwangsräumung, weil sie die Miete für ihr Haus in New Jersey nicht zahlte. Wie auch immer, das Haus war eine Villa und sie wohnte seit 2009 dort, also sollte man doch annehmen, dass wenn sie die Miete nicht hätte zahlen können, sie einfach umgezogen wäre oder so.

Wer hat das Match gewonnen?

Lauryn hat hart gekämpft aber letztlich gegen das Gesetz den Kürzeren gezogen und mehrere Millionen Dollar verloren.

Nicht schlecht Lauryn! Du hast dich gut geschlagen und gegen den Rest der Welt gewonnen. Aber ins Gefängnis musst du trotzdem, sorry.

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