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Das Goldene Zeitalter der Musikfestivals ist vorbei

Festivals haben die grundlegenden Aspekte ihrer eigenen Kultur—Gemeinsamkeit und Hedonismus—gegen Komfort, Luxus und Sicherheit eingetauscht.
Ryan Bassil
London, GB

Menschen haben schon immer verstanden, dass das Musikfestival eine der unangefochtenen Bastionen kultureller Unterhaltung darstellt. Genau wie Demokratie, sportliche Wettkämpfe und Olivenöl lässt sich der Ursprung dieser Eventform zurück bis in das antike Griechenland verfolgen. Schon zu den Pythischen Spielen entstaubten junge Griechen ihre schicksten Sandalen und traten in Gesangswettbewerben gegeneinander an, die dort zur Ehrung Apollons, dem griechischen Gott der Musik und generell mythologischem Schlitzohr, abgehalten wurden. Im Laufe der nachfolgenden Jahrhunderte sind auf der ganzen Welt ähnliche Events aus dem Boden gesprossen—von hindustanischen Musikfestivals in Indien bis hin zum ersten Karneval in Trinidad.

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Natürlich hat sich das Konzept des Musikfestivals seitdem weiterentwickelt. In antiken Aufzeichnungen lässt sich keine Passage darüber finden, dass Menschen in Neoprensärgen geschlafen, fragwürdige Kleidung getragen oder Falafel aus einem motorisierten Vehikel gekauft hätten, das wie ein psychedelisches Raumschiff dekoriert ist. Aber natürlich liegt es auf der Hand, warum die Musikfestivals von heute so anders aussehen—wir leben schließlich in einer anderen Zeit. Die alten Griechen hatten einen leichtbekleideten Mann, der entspannt auf seiner Panflöte rumdudelte; wir haben David Guetta, der sich auf dem Tomorrowland so hart gibt, dass er sich nur mit größter Mühe an die Realität klammern kann, während sich seine innere Erde diametral zu unserer dreht.

Einige Veränderungen im sensorischen Bereich sind auf Musikfestivals natürlich auch zu erwarten: Modetrends, Musikgenres, Drogen—das sind alles Dinge, die gewissen Popularitätsschwankungen unterliegen. Im Gegensatz zum Wechsel von Schlaghosen zu hochgekrempelten Skinny-Jeans, Heavy Metal zu Deephouse oder LSD zu Lachgas betrifft die Veränderung, die nun schon seit einigen Jahren in Gang ist, allerdings die grundlegende Semantik dieser Veranstaltungen selbst. Es geht um viel mehr als einen bestimmten Sound oder Dresscode. Und anhand dieser Veränderungen lässt sich sagen, dass das Goldene Zeitalter der Musikfestivals vorbei ist.

Bevor du jetzt aber deine rostigen Zelt-Heringe zückst und damit auf den Laptop-Bildschirm losgehst: Ich hab schon verstanden! Das Musikfestival wurde schon mehrmals für tot erklärt. Zum ersten Mal wohl als Bob Dylans E-Gitarre einen lärmenden Haufen auf die Folk-Fans des Newport Folk Festival pflanzte und damit die Atmosphäre des Festivals für immer veränderte. Und dann starben die Festivals ein weiteres Mal, als Sponsoren sich unübersehbar auf den Indie-Veranstaltungen der Generation X breitmachten und den Veranstaltungen einen kommerzielleren Anstrich verpassten. Natürlich gab es da noch diesen großen Grabgesang bei der Geburt des EDM, durch den sich Rockpuristen auf er ganzen Welt in ihrer Vorstellung von dem, wie auf ein Festival auszusehen hat, bedroht fühlten—Gitarren wurden durch gecrackte Traktor-Versionen ersetzt, statt fetten Riffs gab es den monotonen Beat der Clubmusik. Die Ankündigung vom endgültigen Ende des Musikfestivals ist also oftmals nicht viel mehr als ein Fall von generationsbedingter Borniertheit, wenn ein alter Sack nicht akzeptieren kann, dass sich die Welt weiter dreht und statt Creedence Clearwater Revival jetzt Caribou auf der Bühne steht. In diesem Text geht es allerdings um etwas anderes.

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Heutzutage sind die Dinge, die ein Musikfestival zu einem guten Musikfestival machen, so lahm, dass die Festivalkultur auf eine Art mutiert, die weder etwas Aufregendes noch Außergewöhnliches bietet. Nein, wir haben es hier nicht mit einer Veränderung zu tun, die so schnell voranschreitet, dass wir sie noch nicht ganz verstehen können. Ganz im Gegenteil ist diese Veränderung von einer grotesken Langeweile geprägt. Das liegt zu einem Teil daran, dass die Veranstaltungen immer ähnlicher werden: Egal, ob Reading und Isle of Wight oder amerikanische Events wie Coachella und Bonnaroo, die Festival-Experience hat sich immer mehr zu einer zusammengemanschten und käuflichen Version von ein und derselben Idee entwickelt. Überall kannst du jetzt einen Elektro-DJ, eine Rockband und einen HipHop-Act sehen, bevor du dich für fluoreszierende Körperbemalung und einen Erdbeer-Cider anstellst. Oder wie die New York Times es kürzlich in einem Artikel geschrieben hat: "Du willst LCD Soundsystem sehen? Die spielen beim Coachella, Bonnaroo, Panorama und Way Home. Major Lazer? Coachella, Sasquatch, Firefly und Panorama. ASAP Rocky? Coachella, Firefly und Panorama. Gary Clark Jr.? Coachella, New Orleans Jazzfest, Governor’s Ball und Way Home."

Festivals in Großbritannien werden von einer ganz ähnlichen Plage heimgesucht. Die größten Veranstaltungen existieren dort in dem gleichen Mengendiagramm, wo sich jedes einzelne wie eine eigene Version von Täglich grüßt das Murmeltier anfühlt—nur mit lauwarmen Burritos und einer mittelgroßen Bühne mit Jack Garratt als Headliner oder Moderatoren aus dem Dunstkreis von BBC Radio One. Die Topographie der einzelnen Festivals unterscheidet sich dann allerdings doch noch ein wenig: Auf dem Wireless finden sich mehr Nike Messsenger-Bags und Rap-Acts als auf jedem anderen Festival; das Latitude bedient verwirrte Musikfans, die sowohl auf Mogwai als auch Paolo Nutini stehen, und Bestival ist der Liebling aller druffen Studenten. Aber auch wenn jedesdieser Veranstaltungen eine gewisse Eigenständigkeit behält, so hat die Gleichschaltung eine ehemals einzigartige Erfahrung in etwas verwandelt, das eher einem eingepackten Möbelstück zum selber aufbauen gleicht. Zu den Bauteilen gehört eine Mainstage, ein Dance-Zelt, ein Stand von Squarepie, ein paar bunte Mülleimer und ein Verkäufer für hässliche Kopfbedeckungen. Gerade auch weil diese Vorstellung eines modernen Musikfestivals so allgegenwärtig ist, ist es auch so einfach geworden, sie zu kopieren. Das ist aber auch nur ein Teil eines wesentlich größeren, kommodifizierten Ganzen.

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Foto: Carys Lavin

Nachdem das Festivalgeschäft Mitte der 2000er einen Boom erlebt hatte und diese Blase in den frühen 2010ern wieder geplatzt war (mehrere Festivals wie Truck oder Big Chill mussten Konkurs anmelden), wurde es für die größeren Veranstaltungen notwendig, größere Menschenmassen anzusprechen und damit mehr Tickets zu verkaufen. Deswegen finden sich zwischen allen Festivals eine gewisse Schnittmenge. Und diese Überschneidungen haben auch durchaus ihre positiven Seite. Sie brachten manche Festivals dazu, sich den viel weniger von Genregrenzen eingeschränkten Hörgewohnheiten dieser Generation anzupassen und wirkten Anschuldigungen entgegen, dass die Veranstaltungen von Langeweile infiziert seien und überhaupt den Kontakt zum eigenen Publikum verloren hätten. Indem die Festivals inklusiver wurden, wurden sie gleichzeitig auch exklusiver. Bei den Veranstaltungen von heute geht es kaum noch um Kultur, um Zusammenhalt, Hedonismus und eine unvorhersehbare (und bisweilen äußerst schlammige) Erfahrung. Es dreht sich alles viel mehr um Komfort, Luxus und Sicherheit: Jurten, Duschen, Sterneköche, ausgewiesene Flächen für den Alkoholkonsum, Tipis, Handyladestationen, Bungalows, Yoga und die Abgrenzung vom gemeinen Festivalbesucher.

Schau nur auf die größten Festivals in Großbritannien und du wirst sehen, dass fast jedes einzelne von ihnen sich dahingehend schuldig gemacht hat, das wahllose Zusammengewürfeltsein auszuhöhlen, das mal ein elementarer Teil jener Festivalerfahrung war. Das Reading bietet dieses Jahr extra Tickets für einen exklusiven "Seat of Luxury" an (quasi ein Privatklo), den man laut Eigenbeschreibung nur mit "wenigen Privilegierten" (ihre Worte, nicht meine) teilen muss. Beim V Festival kannst du dir ein Ticket für die luxuriöse VIP-Area kaufen. Dort erwartet einen "eine große Auswahl exklusiver Essens- und Getränkestände", ein Friseur und ein Kosmetiker. Beim Wireless bekommst du für 220 britische Pfund die "Premium Club Experience", eine exklusive Option, die einem Zugang zu dem Bereich direkt vor der Bühne garantiert. Das Latitude hat "Luxuriöse 6-Bett-Anhänger" im Angebot, 4.440 britische Pfund das Stück; das Tipi-Village des Glastonbury kostet knapp unter tausend Pfund und Bestival verfügt über eine "VIP Area für den anspruchsvollen Festivalbesucher, der unser viertägiges, futuristisches Abenteuer mit Stil erleben möchte." Dann gibt es da noch das Wilderness, ein Festival, das sich "Relaxation and Revelry", als in etwa "Entspannung und Ekstase", auf die Fahne geschrieben hat. Dort wird ein "wahrhaft opulentes" Zelt für 10.320 Britische Pfund (zzgl. Festivaltickets) angeboten, in dem sich Gäste entspannen können, nachdem sie den Nachmittag mit Reiten, Schwimmen im Wildbach oder Einweichen im ufernahen Spa verbracht haben. Egal, wo man hinschaut, Exklusivität und Luxus scheinen momentan die angesagtesten "Buzzwords" zu sein.

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Natürlich mag jeder eine warme Dusche, der Gang aufs Klo macht wesentlich mehr Spaß, wenn man die semifesten Reste mit duftendem, vierlagigen Klopapier abwischen kann, und ein luxuriöser Trailer hat definitiv mehr Grundfläche als ein Zelt. Diese exklusiven Anlagen werden von vielen gewünscht, deswegen existieren sie auch. Blöderweise sind Dinge wie Exklusivität und Luxus bei einem Festival nur von Natur aus langweilig. Sie sind geprägt von Sauberkeit, einem angenehmen Grad an Sicherheit und einem Weg, um sich selbst von der Welt um einen herum abzugrenzen. Das soll jetzt nicht heißen, dass Festivals unbedingt dreckige, gefährliche und bedrohliche Orte sein müssen, aber mit dem Anbieten einer abgegrenzten Erfahrung, die sich irgendwo zwischen prätentiösem Hipster-Hotel und zahmer Natursimulation bewegt, wird ein wichtige Komponente aus den großen Musikfestivals entfernt.

Festivals sind immer Orte gewesen, zu denen Menschen gingen, um an der euphorisierenden und oftmals transzendentalen Kraft der Musik teilzuhaben—und das lässt sich immer noch am effektivsten inmitten einer gigantischen Zuschauermenge erreichen. Oder wie in den letzten zwanzig Jahren, nachdem man sich etwas eklig schmeckendes MDMA einverleibt hatte. Und vielleicht noch ein paar Pilze. Es ist diese Vorstellung des Miteinanders, die sich wie ein roter Faden durch das historische Fundament aller Musikfestivals zieht—egal, ob barbusige Hippies in Woodstock oder die Horde besoffener Supermarkt-Punks, die zu einem großen Pissebecher-werfendem Ganzen wurden, als Daphne and Celeste 2000 die Bühne des Reading Festival betraten. Das Aufkommen dieser VIP und VVIP Pakete zeigt allerdings, dass dieses Gefühl des Miteinanders, das früher einmal den Kern der Erfahrung ausgemacht hat, verlorengegangen ist. An deren Stelle ist jetzt ein Absperrgitter gerückt, das die Wohlhabenden von den Besitzlosen trennt. Oder, um weniger trivial zu sein: Der Teil des Publikums, der einstmals von den wahnsinnigsten aller Musikfans ausgemacht wurde, die den ganzen Tag über vor der Hauptbühne ausharrten und schwere Blasenprobleme riskierten, nur damit sie beim Headliner in der ersten Reihe stehen, wird jetzt bei einigen Festivals von den Besserverdienern gestellt, die sich den Zugang zum exklusiven Bereich vor der Bühne leisten können.

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Foto via THUMP

Natürlich bieten Festivals diese VIP-Pakete an, weil sie ihnen eine Menge Geld einbringen—mehr als die ohnehin schon überteuerten Standard-Tickets, deren Preis schon vor der Inflation ordentlich nach oben gegangen war. Ihr Fokus ist davon abgerückt, eine Erfahrung zu bieten, die allen offensteht. Stattdessen bieten sie jetzt eine, die eine schwer zu begeisternde, bequeme und generell leblose Klasse von Menschen anspricht, die plumpe Vertrautheit auf dem Tablett serviert bekommen will. Es ist nicht schwer, eine Verbindung zwischen dem Aufkeimen gruseliger Rooftop-Partys—einer Welt, in der die harten und grenzüberschreitenden Kanten und Ecken einer Clubnacht durch frische Croissants, Mixologen, Sponsoring, Liegestühle und "Taste-Making-DJs" abgerundet werden—und der aktuellen Veränderung in Großbritanniens Festivalkultur zu ziehen.

Auch wenn die fade Ausbreitung von Pulled Pork Sandwiches den Anschein hat, als würde sie erst dann zum erliegen kommen, wenn jedes verdammte Dach in London seine eigene beschissene Party hat, hat diese Bewegung die Musikfestivals noch nicht ruiniert. Solange du das ignorierst, ist es weiterhin möglich, sich auf diese persönlichkeitsverändernde Mission zu machen, mit denen sich jene Sommerveranstaltungen einst gebrüstet haben. Die Musik ist schließlich immer noch da—genau so wie die Drogen. Nichtsdestotrotz wird man den Eindruck kaum los, dass Festivals immer weniger mit der Musikindustrie zu haben und stattdessen die Nähe zur Erlebnisindustrie suchen—also den gleichen Menschen, die dir einen Flug mit dem Heißluftballon oder eine Führung durch ein Fußballstadion ermöglichen. Und genau wegen diesen Menschen hat sich Atmosphäre bei Musikfestivals fundamental geändert—selbst, wenn du einen weiten Bogen um alle VIP-Bereiche machst. Indem sich nach einer Vorstellung von Spaß orientiert wird, die direkt aus dem Look-Book Festival-Ideen zu stammen scheint, sind diese Veranstaltungen nicht länger Orte der unbekümmerten Hemmungslosigkeit. In manchen Fällen ist es so, als wären sie absichtlich für einen Haufen Menschen erschaffen worden, der sich gekleidet in der Sommerkollektion von BooHoo bequem irgendwo hinzusetzen und entspannen möchte, während man dazu eine schöne Zeit bei schöner Musik hat.

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Indem sie sich dieser Baukasten-Experience anpassen, haben Musikfestivals augenscheinlich eine der wichtigsten Komponenten verloren, die sie mal spannend gemacht hat: Die Unvorhersehbarkeit von dem, was einen erwartet. Selbst ein großer Teil der Medienberichterstattung um Festivals ist nur mehr routiniert, langweilig und repetitiv. Wenn der einzige Unterschied zwischen den größten Veranstaltungen noch darin besteht, welche unterschiedlichen Premium-Angebote sie bereitstellen, was soll man da noch über sie berichten? Jahr ein, Jahr aus wiederholt sich das gleiche Spektakel. Das ist auch einer der Gründe, warum die New York Times angekündigt hat, dass sie dieses Jahr nicht über das Coachella oder das Bonnaroo berichten wird. Und wenn man bedenkt, dass die New York Times weiterhin einen nicht unerheblichen, kulturellen Stellenwert hat, dann ist diese Entscheidung der wahrscheinlich größte Indikator dafür, dass die Lichter für das Goldene Zeitalter der großen Festivals in den USA langsam ausgehen.

Es ist diese Kombination aus austauschbaren Line-Ups und immer mehr Premium-Angeboten, die auch das Ende des Goldenen Zeitalters für Festivals in Großbritannien besiegelt. Früher hatte man noch das Gefühl, dass jedes dieser Events für etwas stand, heute sind sie zu einem amorphen Großgebilde kondensiert, wobei kein Platz mehr für Einzigartiges oder Bedeutungsvolles zu bleiben scheint. Die Bands sind von ihren Auftritten dort gelangweilt und geben deswegen einen Scheiß. Gleiches gilt für die Menschen, die sich die Premium-Pakete kaufen—einen beschleicht nicht selten das Gefühl, dass viele von ihnen nur dort sind, um ihr Instagram-Profil upzudaten. Viel wichtiger ist allerdings, dass diese ganzen VIP-Angebote den Sinn für das Miteinander—dass Menschen aus allen möglichen Schichten zusammenkommen, um Musik zu hören—ausgelöscht haben. Auf Festivals siehst du jetzt die gleiche deprimierende Schichtung und Klassentrennung wie in der britischen Gesellschaft—und damit genau die eine Sache, der du durch einen Festivalbesuch eigentlich entfliehen willst.

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Foto: Pixabay

Und was machen wir nun? In aller Fairness muss man sagen, dass Großbritanniens größte Festivals sich dieses Jahr relativ verschiedene Headliner sichern konnten: Adele spielt beim Glastonbury, Justin Bieber beim V Festival, Kygo beim Wireless, die Foals beim Reading und Leeds, etc. Aber wenn diese ganzen Großveranstaltungen ihr intrinsisches Feeling verloren haben, dann wird auch der Headliner verhältnismäßig irrelevant. Vielleicht ist das Glastonbury die einzige Veranstaltung ihrer Art, die sich etwas Abenteuer erhalten hat. Dort hat man zumindest noch die Chance, etwas zu entdecken.

Kultur verfügt über diese Eigenschaft, dass man zwischendurch an einen Punkt gelangt, wo man das dringende Bedürfnis bekommt, alles auseinanderzupflücken und von vorne anzufangen. Und so fällt unser Augenmerk auf kleinere Events. Diese Orte haben sich ihren Sinn für das Miteinander und starke, musikorientierte Line-Ups erhalten, die spezifische Fangruppen ansprechen und innerhalb derer es noch möglich ist, etwas Spannendes zu erleben. Vielleicht ist es in diesem Fall auch an uns, diese tiefgründig zu erkunden, anstatt uns immer wieder und wieder auf den gleichen ausgelatschten Pfaden zu bewegen. Es sind diese Orte, die weiter auf dem ursprünglichen Konzept eines Musikfestivals entstehen und wachsen. Selbst mit dem Entstehen neuer Events ist es unmöglich, die einfache, wenn auch zentrale Qualität des Zusammenhalts von Musikfestivals für immer zu verbannen. Diese Veranstaltungen sind schließlich im Kern ein Zusammentreffen von Menschen. Ohne Menschen ist ein Musikfestival nur ein Feld oder eine Wüste voller Essensstände, unbenutzter Dixis, Sicherheitspersonal und gewiefter Eisverkäufer.

Das Musikfestival wird nicht sterben—jedenfalls nicht in naher Zukunft. Solange es Musik gibt und Menschen, die sie hören wollen, werden sie weiter existieren—egal, ob in ihrer primitivsten Form, gesponsert von Monster Energy, oder als eins von fünf möglichen VIP-Paketen. Es liegt einfach in der menschlichen Natur. Während also der Wandel bei den größten Festivals nicht von der Hand zu weisen ist und ihre grundlegende Idee in etwas verdreht wurde, was Exklusivität feiert und eine zahme, austauschbare Erfahrung birgt, wird es immer irgendwo etwas geben, das es nicht erwarten kann, dieses ermüdende Trauerspiel zu durchbrechen. Das Goldene Zeitalter der großen Musikfestivals mag vorbei sein, aber die Tore stehen weit offen und warten nur darauf, dass etwas anderes durch sie hindurchströmt.

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