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Noisey Blog

Von Cum Shot bis Chuck Norris—Wir haben die Famous-Shots im Travelshack getestet

Beim „Cum Shot” spritzt dir der Kellner seinen Eierlikör ins Gesicht.

Sünde hat einen Namen und sie heißt Travelshack. Die Bar am Wiener Gürtel ist dafür bekannt, dass man sie nicht nüchtern verlässt. Und oft auch nicht alleine—sie ist ein typischer Aufreißschuppen für Studenten und junge Touristen.

Wir wollten dem Travelshack auf den Grund gehen und mal schauen, ob das Travelshack wirklich so furchtbar ist, wie man es von manchen hört. Wir haben für euch einen Abend lang teilnehmend beobachtet und dabei einige Schmerzen in Kauf genommen—und damit meine ich nicht nur den Hirn zersetzenden Kater am nächsten Morgen. Travelshack: Der Beginn einer Hassliebe.

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Donnerstag, 23:30, Wien Mariahilf. Nach einem katastrophalen Einparkversuch der Frederika F. steigen wir mit viel Adrenalin im Blut aus dem Car2go aus. Die Polizei muss stehen bleiben und uns Tipps geben. Wir nähern uns dem Lokal. Der heimelige Geruch von abgestandenem Zigarettenrauch weht uns durch die Abluft an der Seitenwand entgegen.

Wir manövrieren uns an einem Türsteher vorbei und drängen uns zwischen die Leute. Es ist verdammt eng, stickig und knallvoll mit Menschen, aber das macht nichts. Denn wir wissen, dass es uns wahrscheinlich bald egal sein wird. Der Plan: Jeden „Famous Shot“ auf der Karte vom Travelshack ausprobieren. Menschenrechtler würden bei dieser Karte aufschreien. Warum? Manche sind nur dafür designt, dir weh zu tun. Seelisch oder körperlich. Wir haben es deshalb nur fast geschafft, alle auszuprobieren.

Special Shots im Travelshack

Das Travelshack ist eine Art Erlebnisbar. Es werden ständig Saufspiele gespielt und verschiedene Special Shots mit angsteinflößenden Namen wie „Chuck Norris“ oder „Nipple Taser“ angeboten. Wegen der äußerst liberalen Alkoholpolitik, bekommt man sogar einen gratis Shot, wenn man seinen alten BH abgibt. Die hängen dann an einer Leine über der Bar. Es scheint, als hätten hier schon einige durstige Mädchen ihre Seelen für den ein oder anderen Tequila verkauft.

Wir sehen uns um. Das Publikum ist heute zwischen 18 und höchstens 30 Jahren und hat einen Durchschnitt von 1,5 Promille. Wir stellen fest, dass wir wohl auf einer Würstchen-Party gelandet sind. Das Klientell ist überwiegend männlich und überwiegend angeheitert. Wir fühlen uns wie ein Stück Fleisch, umgeben von hungrigen Hyänen. Alles drinnen ist sehr international gestaltet. Man muss auch alles auf Englisch bestellen, denn die Kellner können großteils kein Deutsch. Hie und da hören wir ein bisschen Vorarlberger Dialekt und andere Fremdsprachen.

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Hängende BHs: Eine Ode an den Feminismus. Für jeden alten BH, den man abgibt, bekommt man einen gratis Shot. Also Mädels, bevor ihr das nächste Mal beim Kleiderkasten Ausmisten eure durchgeschwitzten, verwaschenen H&M-Teile loswerden wollt, schmeißt sie nicht weg, sondern stattet lieber dem Travelshack einen Besuch ab und macht sie zu Geld. Oder zu Vodka.

Absinth

Jeder Special-Shot kostet drei Euro. Wir bemerken, dass wir gar kein Bargeld eingesteckt haben. Die Rettung: Man kann mit dort an der Kassa abheben. Gegen einen Aufpreis von drei Euro. Es spielt Break My Heart“ von Taio Cruz, gefolgt von Sugar" von Robin Schulz, als wir den ersten Shot ordern. Absinth. Ohne Zucker, dafür mit Wasser gestreckt. Burn, Motherfucker, burn. Er ist trotzdem noch der humanste aller Special-Shots.

Cum Shot

Arme, naive Fredi.

In der nächsten Runde bestellt Frederika den „Cum Shot“. Dabei wird Eierlikör in einen kleinen Plastikpenis gefüllt. Eierlikör. Got it? Der Kellner spritzt dir dann in den Mund. Und weils ja sonst nicht so einprägsam wäre, wird der letzte Rest im ganzen Gesicht und den Haaren verteilt. „Der kommt immer“, erklärt uns der Kellner. Das war der offizielle Beginn unseres Walk of Shame.

Überraschung Nummer 1: Eierlikörwichse im Gesicht.

Der Sozialporno wirkt. Wir spüren lüsterne Blicke von unserer betrunkenen Umgebung auf uns. Ein torkelnder Typ nähert sich auf drei Uhr. „War's schön?“, will er wissen. Er bekommt dafür 10 von 10 Punkten auf der miese-Anmachspruch-Skala. Slowclap. Unser Niveau ist leider noch zu hoch.

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Rusty Nail

Für mich gibt's einen „Rusty Nail”. Warum dieser Name? Er hat nicht nur die selbe Farbe wie ein rostiger Nagel, er schmeckt auch so. Besser gesagt schmeckt er wie eine Mischung aus Chilli und einem rostigen Nagel. Er kriecht sofort wieder den Rachen hinauf, weil er so scharf ist.

Wir ziehen uns erstmal wie angeschossene Rehe in den anderen Raum des Travelshack zurück und versuchen vor besoffenen Anmachversuchen zu fliehen. Man kann in diesem zweiten Raum nicht nur rauchen, sondern auch wuzzeln, Billard spielen und Fotos mit einem Automaten machen. Ein Paradies für die berauschte Studentenseele. Der perfekte Ort, um Menschen kennenzulernen. Hier ist alles ein wenig ruhiger, man kann sich angenehm unterhalten. Zudem ist es viel dunkler. Eine Diskokugel funkelt einsam in einer Ecke, darunter ein Screen, der die schönsten Momente des Travelschack abspielt. Also die peinlichsten Rauschfotos von ehemaligen Besuchern.

Musikalisch scheint das Travelshack auf Songs zu setzen, die jedes 80s- und 90s-Kind auf dieser Welt kennt. Und bei denen man mitgrölen kann. Das gewährleistet immer eine Stimmung, bei der dir alles egal ist und deine Konsumlust steigen lässt. Wir lassen uns von John Newman „Love Me Again" auf einer YOLO-Welle davontragen und unterhalten uns mit ein paar Salzburgern, die uns auch Tirolerisch beibringen wollen (oder es zumindest versuchen).

Chuck Norris-Shot

Fredi, bevor sie mir eine reinhaut. Könnt ihr den Hass spüren?

Die erste alkoholinduzierte Sinnkrise stellt sich ein. Ich bin müde und frage mich, was ich hier unter der Woche eigentlich mache und beginne mein Leben zu analysieren (der Absinth scheint jetzt zu wirken). Nach einer kurzen Erholpause entscheide ich aber dann doch, uns den „Chuck Norris“-Shot zu bestellen. Der Name ist berechtigt. Man muss dem armen Trottel, der ihn bestellt hat, eine schmieren, bevor er trinken darf. Socializing im 21. Jahrhundert, Ladys and Gentlemen.

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Slowakische Hand in meinem Gesicht. Jetzt lacht sie noch. Ich hab aber auch für sie einen „Chuck Norris“ bestellt.

Vendetta. Wer austeilt, muss auch einstecken. Das Gleichgewicht ist wieder hergestellt. Fredi findet es nicht so lustig.

Snuff Shot

Der „Snuff”-Shot. Das Attribut „Fun“ hat er sich nicht so verdient. Man hält seine Nase über die Querstrebe dieses selbstgemachten Holzgeräts. Danach wird Schnupftabak in die Nase geblasen. Man muss die Nase zu einem Wedel aus Holz halten, der sich dreht und die Nase putzt. Dann erst trinkt man den Shot: eine Mischung aus Vodka und Sprite. Danach tanzen wir zu „I Like The Way You Move” von den Bodyrockers und haben einen 20-minütigen Lachanfall. Naja vielleicht war das doch dem Snuff-Shot zu verdanken. Oder zumindest seinem Alkoholgehalt.

Nun ist wieder Fredi an der Reihe. Ich überrede sie zu einem „Viennese Blood“. Man darf ihn erst schlucken, nachdem man ihn im Mund hin und her gespült hat. Dann muss man tief Luft holen und kann dann versuchen ihn runterzuwürgen. Er ist aber so wahnsinnig scharf, dass es an Selbstverletzung grenzt. Fredi hat das nicht bedacht. Ihr slowakisches Blut verträgt sich nicht mit „Viennese Blood“. „Ich hasse Sachen, die mir weh tun. Ergo mag ich dich nicht“. Haha. Teufelsemoji.

Jeffrey

„Jeffrey“. Was zum Teufel ist ein „Jeffrey“? Fredi denkt, sie sei in Sicherheit, als der Kellner einfach zwei Shots einfüllt und auch zu trinken beginnt. Wir lachen darüber und machen uns darüber lustig, wie unkreativ dieser Famous-Shot ist. Bei der Hälfte hört der Kellner jedoch auf zu trinken und schüttet ihr den Rest seines Glases ins ganze Gesicht. Und wieder mal in your face, Fredi. Das meinen sie also mit „Refreshing Surprise“. Ich kann nicht mehr vor Schadenfreude. Ich danke ihm heute noch für diesen Moment.

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Tequila Slammer

Aber auch ich habe wieder zu früh gelacht. Karma is a Bitch. Die Kellnerin bittet mich, einen Bauarbeiterhelm aufzusetzen und mich hinzuhocken. Sie schlägt mir mit einem Gummistock auf den Kopf. Erst dann darf ich den Shot trinken. Die Schmerzen machen aber irgendwie seltsam high. Dennoch habe ich mich selten im Leben so würdelos gefühlt. Hätte ich nicht dafür bezahlt, würde ich mir das Ganze ja noch irgendwie einreden lassen. Aus Sicherheitsgründen haben wir dann beschlossen, die nachfolgenden Shots auszulassen. Und weil wir dafür einfach nicht betrunken genug sein können.

Nipple Taser

Klingt schon sehr dubios. Wir haben nachgefragt. Der Kellner hält einen Kugelschreiber mit kleinem Elektroschocker vorne an den nackten Nippel, während man trinkt. Was für sadistische Scheiße. Meine Nippel von einem Fremden elektrisieren zu lassen war dann doch etwas zuviel des Guten.

Fire-Shot

Hier wird dir Alkohol in den Mund geschüttet, während du nach oben schaust. Du musst ihn drinnen behalten und den Mund ganz weit öffenen. Denn jetzt wird der Alkohol im Mund (!) angezündet und Zimt ins Feuer geleert. Man sieht dabei aus wie eine menschliche Wunderkerze. Gibt garantiert ein gutes Partyfoto.

Body Shot

Für drei Euro bekommt man zuerst eine Schlagobersmulde auf den Bauch gesprüht, aus der dann jemand anderes einen Shot trinkt. Das fordert jedoch schon ein hohes Level an Scheiß-drauf-Attitude und war keine Option für uns. (Ihr erinnert euch: Würstchenparty. Wir wären sonst niemals hier weggekommen.)

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Mousetrap

Der Shot wird in eine Mäusefalle eingespannt und das Teil schnalzt dir auf die Finger, wenn du das Glas daraus befreien willst. Wir haben uns das Gerät zeigen lassen, hatten aber nicht das Bedürfnis nach noch mehr körperlichem Selbstmissbrauch. Dreimal ist lustig, aber irgendwann verliert es einfach seinen morbiden Charme.

Fazit: Wer am Leid anderer Spaß hat oder selbst masochistisch veranlagt ist, wird hier ein neues Zuhause finden. Wer seine Würde für drei Euro verkaufen will, wird sich hier auch wohl fühlen. Wir gehören wohl zu dieser Sorte Mensch. Es hat nämlich wirklich Spaß gemacht. Außerdem findet man hier viele offene Menschen und kommt leicht mit ihnen in Kontakt. Ich habe zum Beispiel Tirolerisch gelernt. Leider habe ich es aber auch schon wieder vergessen.

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