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You Need to Hear This

Miriam Bryant hat keine Angst mehr

In Schweden sagt man sich, Miriam Bryant sei die neue Adele. Wir wollten es von ihr selbst wissen, wie es so ist, mit der derzeit größten Sängerin des Planeten verglichen zu werden.

Miriam Bryant ist eine in ihrer Heimat Schweden bereits alles abräumende Newcomerin mit jeder Menge Soul in der Stimme und jeder Menge elementaren Infos in ihrem Wikipedia-Eintrag. An oberster Stelle ist da zu lesen, dass ihre Stimme Ähnlichkeit mit der von Adele aufweist und ihr Äußeres dafür eher an Lindsay Lohan erinnert. Aha.

Und tatsächlich, bislang kommt die Musikwelt da draußen auf kaum eine andere Idee, als sie mit Adele zu vergleichen. Dass sie aber doch noch etwas mehr zu bieten hat, das erzählt Miriam auf ihrem Debüt Raised in Rain. Und sie erzählte es uns, als wir sie vor kurzem nach einem Auftritt in Stockholm besuchten.

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YNTHT: Du hast dein Album Raised in Rain betitelt. Man könnte denken, du hattest eine nicht so leichte Kindheit.
Miriam Bryant: Ja, das könnte man denken, haha. Ich wollte, dass der Albumtitel andeutet, was auf dem Album passieren wird. Der Titel sollte das Grundgefühl des Albums vermitteln. Das ist eigentlich der einzige Grund für diesen Titel.

Wie war denn deine Kindheit tatsächlich? In deiner Familie treffen verschiedene Nationalitäten aufeinander. Wo fühlst du dich eigentlich zuhause?
Also mein Vater kommt aus England, meine Mutter aus Finnland, aber meine Heimat ist Schweden. Meine Geschichte ist aber auch mit England und Finnland verknüpft, ich bin mit den jeweiligen Landestraditionen, mit dem Essen und solchen Sachen vertraut und diese Einflüsse haben mich definitiv geprägt.

In welchem Land isst du am liebsten?
Ganz klar in Schweden. Das Essen in England ist Scheiße, ganz einfach. Hier in Stockholm kann man gut essen gehen, es gibt all diese verschiedenen Küchen, es ist sehr multikulturell.

Die meisten Songs auf diesem Album zeigen dich in melancholischer oder wütender Stimmung. Entsprichst du dem Songwriterklischee, das beschreibt, dass man sich zum Songschreiben hinsetzt, wenn es einem nicht gut geht?
Es ist vielleicht ein Klischee, aber letztendlich auch wahr. Songs schreiben sich leichter, wenn man etwas auf dem Herzen hat. Traurigkeit und Wut waren schon immer gute Motive. Sie inspirieren viele Leute.

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Auf deiner Facebookseite steht, dass du während des Songwritings für dein Album die heruntergebrannten Überreste deines Familienhauses besucht hast. Warum um alles in der Welt ist euer Haus abgebrannt?
Das war mein Bruder. Kennst du diese Show „Dexters Laboratory“? Das läuft auf Nickelodeon. Es geht da um diesen kleinen Kerl, der Experimente macht. Er hat eine nervige Schwester, die ständig seine Experimente sabotiert. Jedenfalls spielte mein Bruder mit Streichhölzern herum, tja und dann brannte eben unser Haus nieder. Das war vor zehn Jahren. Sie haben es vor kurzem wieder aufgebaut und bevor die Bauarbeiten losgingen, war ich noch einmal dort und bin noch einmal durch diese Ruine geschlendert. Es klingt jetzt aber auch dramatischer als es war. Das Zitat stammt aus einem Interview mit einem schwedischen Magazin und sie wollten über etwas reden, was nichts mit Musik zu tun hat, also habe ich ihnen etwas von unserem abgebrannten Haus erzählt.

Und deine Eltern haben deinem Bruder dann das Leben zur Hölle gemacht?
Nein, nein, überhaupt nicht. Es war uns wichtig, dass wir ihm keine riesigen Schuldgefühle machen. Es haben damals auch Psychologen mit uns geredet, die meinten, man dürfe nicht zu hart zu ihm sein. Er war ja noch sehr jung und das hat ihn auch so schon genug belastet. Shit happens. Häuser brennen halt manchmal nieder.

Du schreibst deine Songs mit einem Freund, den du schon seit deiner Kindheit kennst. Wann habt ihr festgestellt, dass ihr in dieser Form zusammen arbeiten solltet?
Er hatte dieses Schulprojekt, in dem er so eine Art Künstlerprofil entwickeln sollte. Er rief mich an und fragte mich, ob ich diese Künstlerin sein möchte. Das klang nach Spaß, also bin ich zu ihm gefahren, wir schrieben drei Songs, nahmen sie auf und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

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Es heißt, du hättest in der Schule Probleme gehabt, vor der Klasse zu singen. Stimmt das?
Ja, das stimmt schon.

Wenn diese Leute, vor denen du dich damals geschämt hast, wenn die heute hier wären, würdest du vor ihnen singen?
Aber klar.

Was hat sich seit damals geändert?
Ich bin einfach drüber weg gekommen. Ich hab mich einfach damit abgefunden, dass ich eine gute Sängerin bin, haha. Ich hab es mir immer wieder eingeredet: ‚Du kannst das, du kannst das.’ Mir hat damals das Selbstvertrauen gefehlt, so ist das nun mal, wenn man jung ist.

Klar, aber Singen vor der Klasse? Da gibt es doch härtere Jugendprüfungen. Sogar ich hab vor meiner Klasse gesungen und ich singe furchtbar.
Naja. Die Sache ist die: Ich habe Komplimente für meine Stimme bekommen und ich wollte, dass die Leute weiter denken, ich sei eine gute Sängerin. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Also sang ich immer weniger und am Ende gar nicht mehr, weil ich so auch nicht versagen konnte. Etwas schräg, ich weiß.

Um mal gleich bei diesem Themenkomplex zu bleiben. Du sollst auch Flugangst haben. Konntest du die auch überwinden?
Ja, so langsam wird’s. Ich zwinge mich zum Fliegen und so nach und nach werde ich entspannter. Vor einer Woche bin ich nach Finnland geflogen und ich durfte vom Take-off bis zur Landung im Cockpit sitzen. Das war sehr hilfreich, zu sehen, wie das alles funktioniert. Ich stellte ihnen all diese Fragen über die Dinge, die mir Angst machen und die Piloten saßen nur ganz entspannt da, tranken Kaffee und genossen die Aussicht.

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Wer hat die beste Stimme im Musikgeschäft?
Oh, es gibt so viele. Justin Bieber ist wirklich gut, er kriegt dafür nicht genug Anerkennung. Leute, die auf ihn herabsehen, sollten sich wirklich mal seine Musik anhören. Das Kerlchen kann singen! Ich steh auch sehr auf Bon Iver. Es gibt so viele gute Stimmen …

Wer hat die abscheulichste Stimme im Musikgeschäft?

Ich mag Anastacias Stimme nicht. Wenn ich mich für eine Person entscheiden müsste, dann sie.

An deinem Fall sieht man deutlich, wie faul die Musikpresse wirklich ist. Es gibt kaum einen Artikel, in dem du nicht mit Adele verglichen wirst. Gib uns drei Gründe, warum du nicht die nächste Adele bist?
Also zunächst mal: Meine Musik hat elektronische Einflüsse. Hat die von Adele nicht. Zweitens: Unsere Stimmen sind total unterschiedlich. Sie ist eine Wahnsinnssängerin, aber ich sehe keine großen Ähnlichkeiten in unseren Stimmen. Und drittens: Wenn du ehrliche Lyrics magst, dann findest du einfach ganz andere Geschichten in meinen Songs.

Du hast diesen Song „Etched in Stone“. Welche Zeile oder welches Wort ist es denn Wert, in Stein gemeißelt zu werden?
Also du meinst, was könnte für die Ewigkeit sein? So wie ein Tattoo? Ich hab eins.

Was denn?
Eine Rose. Eine Tribut an meine Familie. Das schwedische Wort für Rose ist Rosen. Und die Anfangsbuchstaben meiner Eltern und meiner drei Geschwister sind R-O-S-E-N. Und das bleibt bis ans Ende meines Lebens.