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You Need to Hear This

Tone ist der Vater des Battlerap

Tone verdient neben der Musik sein Geld inzwischen mit Hundeausführen. Doch die Hunde müssen jetzt erst mal ein bisschen warten, denn heute erscheint sein neues Album.

Mit dem Legendenstatus bei Musikern ist das so eine Sache. Entweder sind sie schon tot, und werden quasi posthum als Heilige ausgesprochen, oder sie haben den Weg geebnet und haben sich dann aus dem Spiel verabschiedet. Bei Tone ist es Gott sei Dank letzterer Fall:

Als Mitglied von Konkret Finn erfand der Frankfurter Anfang der 90er Jahre Battlerap. Vor Westberlin Maskulin, vor Samy und vor Aggro. Songs wie „Ich Diss Dich“ sind echte Evergreens des deutschen HipHops geworden. Wie das aber bei solchen Wegbereitern nun mal so ist, folgte irgendwann die künstlerische Sinneskrise. Als Konkret Finn sich 1997 auflöste, tingelte Tone als Feature-Partner durch die deutsche Raplandschaft und graste nahezu jeden Rapper ab, der Rang und Namen hatte: Azad, Curse, Stieber Twins, Samy Deluxe… Doch jene Sinneskrise, in der erst ein Mal geklärt werden musste, welchen Weg der Battlerapper Tone auch als Musiker gehen konnte, gepaart mit einem Verfall in die Alkoholsucht, sorgten dafür, dass es acht Jahre dauerte, bis das erst Soloalbum kam.

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Heute, mit 39, veröffentlicht er seine dritte Platte T.O.N.E. (The Orbit Never Ends). Wir haben Tone angerufen, und er hat uns im sympathisch hessischen Akzent erzählt, wie das mit dem HipHop Anfang der 90er war, wie sich seine Einstellung zur Musik verändert hat und welchen großartigen Job er heute macht.

YNTHT: Du bist schon seit über 20 Jahren im HipHop-Geschäft dabei. Kannst du erklären, wie du Ende der 80er mit Rap angefangen hast?
Tone: Die erste Berührung kam mit der Breakdance-Welle, die ich als Kind im Fernsehen verfolgte und super fand. Mein erster Move war im Kunstunterricht eine große Raupe auf dem Tisch, bei der ich mir gleich eine Gehirnerschütterung holte, danach war das ziemlich schnell gegessen. Mein eigentlicher Einstieg war dann Beatboxing mit meinem Kumpel Iz. Das war eine Zeit lang unser Ding, bis er gemeint hat, dass wir mal auf Deutsch rappen sollten. Irgendwann haben wir Konkret Finn gegründet.

Du giltst als einer der Väter des Battleraps. Wie war damals die Reaktion der jungen HipHop-Szene auf so eine Art zu rappen?
Wir waren damals schon ziemliche Raubeine, wir haben so geredet, wie uns das Maul gewachsen ist. Manchen hat das natürlich verschreckt, aber schon damals haben wir mit Humor den Leuten die Sprüche gedrückt, sodass die auch über sich selbst lachen konnten. Wir haben das aber schon gemacht, bevor es wirklich eine Deutschrap-Szene gab. Das kam dann nach und nach dazu.

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Was ist passiert, als Konkret Finn sich auflöste? Dann wurde es erst ein Mal still um dich, hattest du keine Lust mehr auf HipHop?
Die Trennung von Konkret Finn ging einher mit einer Komplettwandlung in meinem Leben, in der ich mich in einer Negativspirale befand. Auch mit dem Alkohol—Reim, Rausch und Randale (Anm. d. Red.: das 2001 erschienene Album mit Konkret Finn) war ja unser Motto. Die Sache mit dem Alkohol hat sich so sehr hochgejubelt, dass ich einen kompletten Strich ziehen musste und daraufhin eine Phase der kompletten Neufindung als Mensch, aber auch als Musiker einsetzte. Das Kapitel Rap war für mich aber noch nicht beendet. Es hat aber eine Selbstfindungsphase benötigt, bis ich mich als neuer Tone finden konnte.

Waren die Gründe immer unterschiedlich, dass du deine Alben nur im Vier-Jahres-Rhythmus rausgebracht hast?
Ja. Beim ersten Album war es ein bewusstes sich Zeit nehmen. Bei Phantom waren es eher strukturelle Schwierigkeiten wie der Wechsel der Produzenten kurz vor Abgabe. Vom aktuellen Album hatte ich schon 70 Prozent Ende 2009 aufgenommen, weil ich sehr euphorisch ohne Konzept heran gegangen bin. Dann kam aber wieder eine Phase, wo ich mich neu orientiert habe und Leute finden musste, die meine Vision teilen.

Du hast im 16 Bars-Interview gesagt, dass du deine Einstellung bezüglich der geschäftlichen Seite der Musik verändert hast. Jetzt übernimmst du viele Dinge selbst. Gab es einen bestimmten Punkt, an dem dir das bewusst wurde?
Das war in der Phase, wo ich viele Songs gemacht und mich dabei ausgepowert habe. Und dann lagen die da. Ich hatte immer das Bild eines Staffelläufers im Kopf. Ich renne mir den Arsch ab, gebe den Staffelstab ab und niemand rennt mit dieser Intensität weiter. Da ist mir bewusst geworden, dass ich in jedem weiteren Schritt Verantwortung übernehmen muss.

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Das scheint auch logisch zu sein, wenn das Album T.O.N.E. heißt und viel von dir drinsteckt.
Das kann ich so unterschreiben. Ich habe mich auch bei den Graphiker- und Video-Leuten eingebracht. Das ist eine Ebene weiter, als nur Beats zu picken und Reime zu schreiben.

Worum geht es für dich inhaltlich auf dem Album?
Vom Titel her beschreibt es den Prozess, den ich durchlebt habe. Die Liebe zur Musik hat mich gezwungen, mich weiterzuentwickeln. Ich habe es für mich ein Stück weit als Erwachsenwerden wahrgenommen, weil man, wenn einem etwas am Herzen liegt, auch die endgültige Konsequenz und Verantwortung übernehmen muss.

Ist die Schwierigkeit für Battlerapper größer, ein konzeptionell gutes Album zu machen, als für Künstler, die zum Beispiel nur ihr Innenleben nach außen tragen?
Ich muss sagen, dass ich mich nicht nur als Battlerapper sehe, obwohl ich damit groß geworden bin. Ein komplettes Album muss natürlich auch thematische Songs beinhalten. Bei den Battlesongs ist es wichtig, dass man vom Sound her einen roten Faden findet und eine Atmosphäre kreiert. Du braucht etwas Eigenständiges.

Meinst du auch den Einschlag von Housemusik, den du auf dem Album hast?
Ich bin durch den Albumtitel darauf gekommen, dass alles sphärisch und weit rüberkommen muss. Bei den ersten 30 Songs, die ich aufgenommen hatte fürs Album, waren ein, zwei dabei, die so geklungen haben. Als mir die Richtung des Albums bewusst wurde, habe ich dann noch mehr solcher Songs aufgenommen.

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Stimmt es, dass du jetzt neben der Musik dein Geld mit Hundeausführen verdienst?
Ja, das stimmt. Im Moment bin ich wegen des Albums da etwas flexibler, aber ja, das mache ich.

Ich kann mir ehrlich gesagt keinen besseren Job als Ausgleich zum Musikerleben vorstellen.
Das ist echt latscho. Im Endeffekt sitzt du als Musiker in irgendwelchen Studios und Kellerverliesen und kommst sonst nicht raus. Das ist ein super Ausgleich.

T.O.N.E. erscheint bei Go Jimmee! Records.

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