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Fünf beschissene Fragen, die man als Deutschrap-Hörer immer wieder beantworten muss

Musik ist eine tolle Sache, rechtfertigen für Musikgeschmack nicht so. Hier die fünf häufigsten Fragen die man als Rapfan immer wieder beantworten darf.

So, ich habe ein Problem, beziehungsweise kein Problem—ich bin genervt. Richtig genervt. Wäre ich ein Mädchen, dass nur Indie oder Pop hört, dann würde ich wahrscheinlich diesen Artikel nicht schreiben können, und wäre auch nicht genervt. Ich mag aber auch Deutschrap. Und das sage ich auch, wenn man mich fragt, was ich höre. Und wirklich fast immer werde ich mit einer dieser Fragen konfrontiert. Falls du so ein Mensch bist, merke dir: Rechtfertigungen für einen Musikgeschmack zu verlangen, ist drei Stufen über der Schlauheit vom Lugner. No joke. Andere Musik, nur weil du sie nicht magst oder vielleicht sogar nicht verstehst, fertig zu machen ist einfach—wow, ich könnte noch vier A4-Seiten darüber schreiben, wie abgespaced dumm das ist.

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Ich habe meine eigene Art entwickelt, sie zu beantworten. Ich gebe mein Wissen hier ungefragt weiter. PS: Alle Metal-Hörer und andere Subgenre-Hörer, die permanent mit billigen Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert werden: I feel ya.

Übrigens: Die Videos kann man als eine Art Gegenbeweis sehen.

1) Du hörst Deutschrap? Wie kannst du so etwas Frauenverachtendes/Sexistisches hören?

Die Frage ist deppat, weil: Ich kann bei meinen Kumpels beobachten, dass sie diese Frage nie beantworten müssen, wenn sie sagen, sie mögen Rap. Weil sie, wenn Sido „Schlampe“ sagt, ja nicht gemeint sind. Aber wer sagt denn, dass ich gemeint bin? Wer sagt denn, dass Rap nur sexistisch slash frauenverachtend ist? Ich kann auf Anhieb fünf wirklich gute Rapper nennen, die nicht sexistische oder frauenverachtende Texte rappen. Mit dieser Verallgemeinerung zeigst du nur, wie wenig du dich auskennst.

Meine Antwort: Ich kann mich identifizieren. Habe leider eine sehr schwierige Beziehung zu meiner Tante zweiten Grades. Ich möchte nicht darüber sprechen.

Meine gedachte Antwort: Hawi. Ich schaffe es, mich von den Texten nicht persönlich angesprochen zu fühlen—wenn er von Schlampen redet, sehe ich mich nicht als Teil dieser Gruppe. Wenn du Musik hörst, um dich in jedem Text zu identifizieren—keep going, ich werde dir niemals reinquatschen. Ich finde eh auch, dass Rihanna meine emotionale Lebenswelt besingt. Aber ich höre Musik auch, weil sie mich z.B mit Überzeichnungen unterhält oder weil für mich das transportierte Gefühl wichtiger ist. Oder weil der Beat einfach super ist. Und nicht, wie du es mit dieser Frage suggerierst, es mir ein erfüllendes Gefühl gibt, mit Schlampe angesprochen zu werden. Jeez.

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2) Oh wow, Deutschrap? Das ist doch eher was für so Asoziale, findest du nicht?

Die Frage ist deppat, weil: Zugegeben, natürlich sind auf einem Kool Savas-Konzert viele Gemeindebaukinder und Schulabbrecher. Aber, na und? Warum ist es schlecht, asozial zu sein und vor allem, wer definiert asozial? Und ganz ehrlich: Auf Konzerten wie diesen sind die jungen Herren stets höflich, sehr freundlich und offen. Gut, vielleicht sind sie betrunken und benutzen öfters Fäkalausdrücke. Aber ich kann seit 2007 immer mehr Studenten auf Konzerten beobachten, es vermischt sich also. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich selber eine Studentin bin. Aber: Wenn ich mich auf eine EDM-Party stelle und die Wirtschaftsstudenten mit ihrem Vodkabottles und ihrer Weltansicht vor mir habe—asozial kann man in verschiedenste Richtungen definieren.

Meine Antwort: Bruda, pah, ich komme aus Slowakei. Ghetto, heast.

Meine gedachte Antwort: Nein, finde ich nicht, lieber Mitmensch. Ich finde nicht, dass Musik nur für bestimmte Alters-, Bildungs- und Einkommensschichten ist. Es gibt natürlich erkennbare Tendenzen der Kernhörerschaft, aber Musik ist noch immer Geschmackssache. Und hat ein Rich-Kid Bock auf Mäcci-Essen, dann wäre es doch blöd, weiter am Kaviar zu knabbern, nur weil im Mäcci „Asoziale“ abhängen.

3) Ich weiß nicht, warum muss es da immer um Drogen gehen?

Diese Frage ist deppat, weil: Oida. Leute sollten einfach aufhören, mit ihrem Viva-Charts-Musikwissen alle anderen zu nerven. Selber Fall wie sexistisch: Nicht alle. Und wenn: Überzeichnung. Und wenn keine Überzeichnung, auch dann: Na und? Warum muss es bei Adele immer um ihre schlecht verarbeitete Trennung gehen? Warum muss es bei Andreas Gabalier immer um irgendwelche Alm-Dinge gehen? Worum geht es eigentlich bei David Guetta?

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Meine Antwort: Vier Zwanzig Blaze it! Aber nein du hast Recht, schon ein großes Thema, das Kiffen und so. Stört mich manchmal eh auch. Wann gehen wir jetzt am Wochenende so richtig fett saufen? Muss mich mal wieder biss'l zum Mond schießen.

Meine gedachte Antwort: Du Trottl.

4) Warum hörst du so etwas Gewaltätiges und Aggressives?

Diese Frage ist deppat, weil: Das fragen die UFC-Schauer, das fragen mich die Ego-Shooter-Zocker, das fragen mich Frauen, die gerne aus Spaß Beziehungen und Freundschaften sabotieren. Jeder braucht sein eigenes Ventil. Wer am Abend laufen geht, super, ich finde dich toll. Ich gehe halt nicht gerne laufen. Ich hör mir lieber Aggro-Rap an. Lass mich bitte, dann fange ich auch nicht an, zu fragen: „ Du weißt aber schon, dass es auf die Knie geht—wie kannst du deinen Körper so abnutzen? Stört dich das nicht?!“

Meine Antwort: Ich haue gelegentlich Mitmenschen in die Goschen. Wie dachtest du sonst, dass das geht, also das ganze Raphören?

Meine gedachte Antwort: Jeder Mensch kennt Aggressionen, Wut und Enttäuschung. Jeder hat seine eigenen Strategien entwickelt, um damit umzugehen. Manche schreien herum und schimpfen, andere treiben Sport, wieder andere hören harten Rock, um sich abzulenken. Ich finde jede Strategie hat ihre Berechtigung – so lange sie keinem Unschuldigen schadet. Also herumschreien und schimpfen, finde ich schon prekär. Rap hören? So what?! Wenn es mich davon abhält, Menschen wie dir, den Schädel abzureißen—dann tut es uns doch beiden gut, oder?

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5) Das ist ur unweiblich. Außerdem ist es ja keine Musik in Wirklichkeit, rappen kann jeder.

Diese Frage ist deppat, weil: Das hier ist ein Stock. Das ist ein Topf. Schlage mit dem Stock rhythmisch auf den Topf. Gratuliere, du machst Musik. Du findest sie nicht cool? He, auch ohne deine Bestätigung, auch dann ist es ein musikalisches Geräusch. Auf unweibliche und weibliche Musik gehe ich nicht näher ein, das ist nochmal ein ganzes Level über dem hier vorgestellten Trotteltum. Wenn du ein Mensch bist, der Musik ein Geschlecht gibt: Stell dir langsames Klatschen und ein verwundertes Kopfschütteln vor.

Meine Antwort: Ja eh, im Rap geht es ja eher so um Abhandlungen über Thematiken der Welt, weil ansonsten würden sie ja singen, nicht reden. Ich hoffe sie gehen alle später in die Politik. Oder in die Wissenschaft. Jedenfalls muss der philosphische Input irgendwo hin. Wer hat dir eigentlich gesagt, dass Rap Musik sein soll?

Meine gedachte Antwort: Dann stehe auf und rappe. Und werde damit erfolgreich. Viel Spaß. Trottl. Außerdem hast du mit dieser Aussage gerade keinen Unterschied zwischen Moneyboy und Tupac gemacht. Ich kenne Orte auf der Welt, da würde man dich dafür körperlich züchtigen. In meinem Block zum Beispiel. Yo!

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