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Das ändert sich beim Fortgehen, wenn du nicht mehr Student bist

Die Studienzeit ist eine leiwande Zeit, leider währt sie nicht ewig.

Meine Studienzeit neigt sich langsam dem Ende zu. Also, ich werde schon weiter studieren – aber ich habe jetzt einen Job, die ersten Falten und sonstige Verantwortungen, die ich lieber nicht hätte. Mein Studieren wird nicht mehr das klassische Studieren. Ich studiere dann so, wie Erwachsene es tun: Nebenbei, mit wenig Zeit und vielen Augenringen.

Früher habe ich meinen Stundenplan nach der Devise "So viel wie möglich an einem oder zwei Tagen in der Woche, keine Morgenkurse, Freitag fix frei" erstellt. Und sogar dann habe ich es regelmäßig geschafft, die Kurse komplett restfett, betrunken oder gar nicht aufzusuchen. Diese Devise hielt ich auch lange Zeit für genial und einzigartig, bis ich merken musste, dass jeder, der kein Streber-Problem jenseits des Gymnasiums hat, so studiert. Diese Zeit ist vorbei.

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Ich nehme ab der Master-Periode Kurse, die sich hoffentlich in mein Arbeits- und Privatleben so halbwegs integrieren lassen – womit wir bei den Samstag-Kursen wären. Außerdem habe ich Termine, Meetings und das Wort Burn Out ist nicht länger ein lustiges Märchen, sondern eine Mischung aus echtem Leistungsdruck und Existenzangst. Kurz gesagt: Ich bin erwachsen. Ich studiere nicht mehr.

Dieses Faktum macht mich fertig. Ich bin das typische Musterbeispiel für ein Peter-Pan-Syndrom. Mit 21 Jahren habe ich mir sogar Peter Pan tätowieren lassen. Älter werden war immer ein Märchen für mich, das Leben war immer geil. Vor allem im Sommer. Ich war ständig pleite, aber who cares. Ich wollte nicht erwachsen werden – ich habe auch nie so studiert, als wollte ich jemals aufhören. Deshalb rede ich mir heute noch Freitag bis Sonntag ein, dass ich young, wild und free bin. Aber wie es so ist im Leben: Die Partys erinnern am meisten daran, wie sehr die Zeit vorbei ist, die früher Mal da war. In diesem Text behandle ich den typischen Studenten – betrunken, leichtsinnig und jung. Ich weiß schon, jaja, es gibt auch andere Studenten.

Du fühlst dich schlecht, wenn du mehr als einmal in der Woche fortgehst

Wenn man als Individuum die Hauptrolle Student hat, der maximal zwei Mal die Woche jobbt, dann fühlt man sich schlecht wenn man nur einmal die Woche fortgeht. Dieser Umstand ändert sich drastisch, wenn die Studenten-Rolle abgelegt ist. Dein Körper macht den Verfall nicht mehr leichtfertig mit, sondern er lässt dich für jede lustige Nacht mit zwei höllischen Tagen zahlen. Diese Zahltage hattest du als Student auch, nur warst du an einem der Folgetage wahrscheinlich wieder betrunken. Und dein Körper war einen gewissen Alkoholismus mit schlechtem Alkohol gewohnt. Wenn du nach deinem Studium nicht arbeitslos und Alkoholiker bist, dann wirst du dich ab zwei Partys in der Woche anfangen schlecht zu fühlen. Gesundheitlich schlecht. Psychisch schlecht. Einfach schlecht.

Unter der Woche fortgehen wird ein rares Einzelphänomen

Fotos von der Autorin

Früher bist du fast nur unter der Woche fortgegangen. Jeder Tag war Wochenende, außer ein oder zwei Tage, an denen du gejobbt hast oder wirklich mal nüchtern in einem Kurs sein solltest. Und wenn jeden Tag Wochenende ist, fällt das tatsächliche Wochenende und dein selbsternanntes Wochenende eigentlich sehr selten zusammen. Überhaupt ist alles voll, g’schissn und teuer. Nicht so unter der Woche.

Wenn du aufhörst Student zu sein, dann wird sich unter der Woche fortgehen oft nicht ausgehen. Solltest du einen Vollzeit-Bürojob haben, wird sich unter der Woche fortgehen nie ausgehen. Es sei denn, der nächste Tag ist ein Feiertag. Dann stürzen sich aber alle Nicht-Studenten auf die unter der Woche-Party, um ihre Jugend noch ein mal zu spüren. Oder, du belügst deinen Arbeitgeber, sagst du bist krank und stirbst nicht nur an deinem Kater, sondern auch an deinem Gewissen und den Selbstvorwürfen. Raute: Fun.

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Du suchst nicht nach der billigsten Bar der Stadt

Wie oben beschrieben, hast du jetzt einfach nicht mehr jeden Tag Wochenende. Deine Zeit ist kostbar und meistens gehört sie auch nicht dir. Wenn sie mal dir gehört, dann weißt du es zu schätzen. Weil sie so kostbar ist und du automatisch weniger auswärts säufst, bist du wahrscheinlich reicher als damals. Deshalb wird dir die Idee, an deinem Freitag in die ein Euro Bar saufen zu gehen, schrecklich vorkommen.

Erstens schmeckt der Alkohol dort beschissen und es ging dir schon als Student am Tag danach wirklich schlecht. Und zweitens reißt du dir dort sicher niemanden auf, weil es die ein Euro Bar ist. Du bist bereit für deinen Tequila (den du wahrscheinlich sowieso nicht mehr trinkst), volle drei Euro zu bezahlen in einer Umgebung, in der potenzielle Sexualpartner abhängen. Wenn das zwei Euro Zuschlag für Qualität und die Aussicht auf Sex sind, dann zahlst du sie liebend gerne.

Musik wird ein Auswahlgrund

Die Zeiten, in denen du zu Rock, Pop, 50s, Grunge, Ballermann, Goa, Tekk, Techno und was weiß ich fortgegangen bist, sind endgültig vorbei. Das hat vorrangig zwei Gründe. Erstens, hast du in deinen Nächten so etwas wie einen Geschmack und auch ein Gespür entwickelt. Du weißt jetzt, welche Musik welches Partyvolk anzieht. Und durch die Zeit, die du nicht mehr so hast, ist es in deinem Interesse eine Party zu besuchen, die dich tendenziell am wenigsten ankotzt.

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Zweitens, passiert nach dem Studium etwas Furchtbares mit der Psyche. Eine Beziehung erscheint dir nicht ganz so realitätsfern und bescheuert wie davor. Wenn man einen geregelten Alltag führt, dann findet man die Vorstellung, am Abend müde zum Partner ins Bett zu kriechen, Sex abzustauben und bemitleidet zu werden, nicht mehr komplett beschissen. Schon noch beschissen genug, um nicht aktiv zu suchen, aber auch nicht so. Deshalb sucht man unterbewusst nach Sexpartnern mit Beziehungspotenzial. Also die Zeit, in der du unsympathische Kotzbrocken vögelst, einfach nur damit du vögelst, ist endgültig vorbei. Dein Körper und deine Seele sind dir jetzt mehr wert. Außer du schaffst nach wie vor drei Promille. Dann ist alles möglich. Aber ansonsten: Verabschiede dich. Sag Tschüss. Tschüss, jugendlicher Leichtsinn!

Auf Studentenfesten fällt dir auf, wie sehr du nicht hingehörst

Wenn du dich nach deinem Studium zu einem Fest deiner Fachschaft oder deines Ganges bewegst, dann selbst Schuld und kein Mitleid. Warum machst du das? Bleibe zuhause. Diese Feste sind für Menschen da, die eben dieses Fach studieren. Die sind sehr jung, sehr motiviert und sehr betrunken. Außerdem reden sie zusammen über Prüfungen, die du nicht mal mehr kennst, weil der Plan sich geändert hat. Deine Kernpartie besteht nun mehr aus zwei Menschen, die im drölften Semester sind und ganz bestimmt nicht so bald erwachsen werden müssen. Die jüngeren Semester, die du kennst, sind jetzt alte Semester mit ihrer eigenen Kernpartie. Weil kein Job, und so. Genauso verhält es sich mit Erasmus-Studentenpartys, oder gar, einer Studentenheim-Party. Du gehörst da nicht hin. Höre hin, worüber Studenten so beim Saufen reden. Hörst du? Gehe. Fliehe.

Andere Studenten kannst du nicht mehr ganz so ernst nehmen

Auch wenn du es versuchst. Der Sprung von "Pubertierender" zu "Student" ist ein klassischer "Ich bin jetzt über dir"-Sprung. Der Sprung vom Studenten zum Nicht-Studenten ist nicht so drastisch. Du kannst dich ja noch erinnern, wie es damals für dich war. Damals, als dein Lebensinhalt irgendwelche Prüfungsstoffe und Halbsätze eines Tinder-Dates waren. Leider macht die Erinnerung die Lebenswelt eines klassischen Studenten nicht weniger lächerlich. Zumindest verglichen mit deiner jetzigen Lebenswelt. So wie Studenten Maturanten betrachten, so betrachtest du Studis jetzt.

Du hast fast keinen schlechten Sex mehr. Uni-Probleme sind vergänglich und du weißt das. Menschen, die sich ihren Alltag zahlen lassen, findest du bescheuert. Menschen, die wirklich nichts anderes im Kopf haben, außer Saufen und Ficken auch. Menschen, die ihr Studium aufschieben um ewig jung zu bleiben, ebenso. Obwohl du selbst mal genau so einer warst. Deshalb versuchst du das nicht zu zeigen, spürst aber bei jedem Treffen, wie wenig du noch mit deinen Studienfreunden gemein hast.

Wenn du ihnen von deinen Problemen erzählst sagen sie so Sachen wie: " Arbeite nicht zu viel. Das kann ja nicht gut sein." Oder: "Du brauchst mehr Sex. Triff doch mal jemanden!" Das man einfach keine Energie und Zeit für den ganzen Scheiß hat, den man eben damals auch so gemacht hat, verstehen sie nicht. Sie verstehen auch nicht, dass dein aktuelles Projekt gerade dein Lebenszentrum ist, weil dir Aufstiegschancen winken. Und es dir auch Spaß macht. Sie verstehen es nicht wirklich, wenn du dich über das schlechte Klima in der Firma beklagst. Deshalb lernen arbeitende Menschen auch selten Studenten kennen und befreunden sich dann mit ihnen. Deshalb wirst du Orte meiden, an denen sie die eindeutige Zielgruppe sind. Stichwort: Travelshack.

Aber gewisse Dinge ändern sich nie: Das gelegentliche Umhacken bleibt. Auch die dramatischen Probleme, die man betrunken bespricht. Genauso wie der Hass auf Hörsaal C. Nur passieren sie nicht mehr so häufig. Und wir jungen Erwachsenen betrachten den klassischen Studenten so, wie uns Jung-Eltern betrachten.

Auch auf Twitter wird Fredi älter (aber nicht unbedingt klüger): @schla_wienerin

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