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Auch „edgy" Techno-Labels müssen sich der Kritik stellen

Ein kleines Londoner Label steht wegen seinem Artwork in der Kritik. Zu Recht?

Das Label Berceuse Heroique ist eines der zahlreichen kleineren Londoner Labels, das es in den letzten Jahren mit einem etwas härteren Sound—quasi dem Gegenpol zur EDM-isierung der elektronischen Musik—zu einer gewissen Bekanntheit in der Szene gebracht hat. Nicht zu Unrecht, erschienen dort doch seit der Gründung 2013 einige „Bretter“, wie man es in Ermangelung von besseren Beschreibungen gelegentlich sagt. Und auch die konsequente Anti-Haltung vom Mann, der hinter dem Label steht und sich Gizmo nennt, ist in einer Welt, in der wir alle viel zu oft Dinge tun, die wir lieber lassen würden, zumindest mal sympathisch. „Der Grundton von BH ist hart (…) und auch sonst stimmt die Underground-Attitüde: Kleinstauflagen, No-Repress-Politik, prädigitales Agitprop-Artwork, und rotzige, aber nicht unsympathische Ansagen“, wie es die Kollegen von Das Filter in einem Label-Porträt ausdrückten.

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Seit zwei Tagen nimmt die Kritik an Berceuse Heroique allerdings zu. Nämlich dort, wo auch sein Erfolg geboren wurde: in den sozialen Netwerken. Es geht dabei vor allem um das Artwork, das sich Bildern des dritten Reichs und anderer schockierender Elemente bedient. Das hat zwar schon vorher für gelegentliche Fragen gesorgt, die Gizmo mit Sätzen wie „There is no message or solution in our shitty artwork. It is just either my mood at the time or a picture of everyday life on this god-awful planet.“ abtat. Aber jetzt ist offenbar der Moment gekommen, in dem die Kritik (innerhalb einer Blase) viraler wird.

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i see that quite a few of you share Berceuse Heroique stuff, their releases and podcasts. recently a quote under one of…

Posted by

Michail Stangl

on

Wednesday, 16 September 2015

Wie viele Leute danach ausführten, scheint Gizmo wohl tatsächlich ein zumindest kleineres Arschloch zu sein, das aggressiv auf Kritik reagiert und noch dazu eine eher seltsame Haltung gegenüber Frauen an den Tag legt, wie ein mittlerweile gelöschter Tweet von vor ein paar Tagen beweist. Nein, sowas ist nicht lustig. Es promotet genau eine Umgebung, in der sich Frauen im Nachtleben nicht sicher fühlen können.

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Screenshot via Facebook

Die Kritik am Artwork ist schon schwieriger einzuordnen. Der Einsatz von provokativen Bildern ist grundsätzlich legitim. Und es ist meiner Meinung nach auch nicht per se illegitim, sich Zeichen der Apartheit oder des dritten Reichs anzueignen. Es war immer ein Teil der Ästhetik von bestimmten Richtungen im Punk und der elektronischen Musik, vor allem im Industrial. Und nur Idioten würden Laibach oder Rammstein vorwerfen, Nazis zu sein.

Meines Erachtens liegt der Schlüssel vor allem woanders: im bewussten Umgang damit. Es ist ein Problem, wenn ich Fotos von Schädelvermessungen auf meine Veröffentlichungen packe und so tue, als hätte ich mir nichts dabei gedacht, wenn mich jemand darauf anspricht. Es ist auch ein Problem, wenn ich ein Burzum-T-Shirt anziehe und so tue, als hätte ich von der Diskussion nie etwas mitbekommen.

Nein, Gizmo, ein Schulterzucken reicht da nicht aus. Das läuft so nicht. Niemand von uns hat immer recht, niemand von uns hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Natürlich auch nicht die Kritiker per se. Wenn du mir erklärst, warum du das jetzt genauso machst, muss und kann ich damit leben. Auch wenn ich es scheiße finde. Oder sag halt „Fuck, da hab ich einfach nicht ordentlich nachgdacht.“ Passiert jedem, niemand ist fehlerlos. Aber stell dich der Kritik, verdammt nochmal. Wenn du dich in die Öffentlichkeit begibst, hast du meiner Meinung nach nicht das Recht, dich der Reflektion zu entziehen.

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