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Was sagen die Linzfestbesucher zum Bettelverbot

Linz hat ein Bettler-Problem. Das sehen aber nicht alle so.

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Der rote Bürgermeister von Linz, Klaus Luger, macht sich mit seiner Politik in der letzten Zeit nicht nur Freunde. Wenn es nach ihm und der FPÖ geht, soll das Linzfest abgeschafft werden. Seiner Meinung nach wäre es überholt und kämpfe mit schwindenen Besucherzahlen. Trotz dem regnerischen und kalten Wetter waren trotzdem 35.000 Menschen dieses Pfingstwochenende beim Linzfest.

Schwindende Besucherzahlen sehen anders aus. Über die Programmierung lässt es sich streiten. Vor intelligenter Tanzmusik von Ages eine Rock´N´Roll-Band mit Mundharmonika-Einlagen wie Black Dog Ćubik auftreten zu lassen, ist nicht gerade ideal. Singer-Songwriter-Gedudel vor dem Obergangster Nazar wird dem teilweise guten Booking auch nicht gerade gerecht. Einfach ist es jedoch nicht den musikalischen Spagat bei einem Stadtfest zu schaffen. Der Altersdurchschnitt der Besucher zeigt aber, dass das Linzfest ein bedeutendes kulturelles Ereignis vor allem für junge Linzer und Linzerinnen ist.

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Das seit Anfang Mai wirksame und umstrittene sektorale Bettelverbot in Linz wurde ebenfalls von Luger und seiner Stadtpartei mitgetragen. Demnach darf in den Bereichen der Landstraße, des Hauptplatzes, des Schillerparks und des Hauptbahnhofes kein Betteln stattfinden. Verstöße werden von der Polizei mit Strafen geahndet. Wir haben die Menschen am Linzfest dazu befragt.

Chris, Promotion-Mitarbeiter

Du bist aus Linz?
Ja, ich bin hier aufgewachsen.

Was sagst du zu dem sektoralen Bettelverbot?
Prinzipiell finde ich es dumm, wenn man die Bettler von den Hauptstraßen vertreibt, denn was passiert außerhalb dieser Zonen? Tümmeln sich dann da die Bettler? Das finde ich auch nicht sinnvoll. Gleichzeitig ist es aber so, dass es oft Banden sind. Die Leute spenden und dann geht einer durch und sammelt das Geld ab. Das finde ich natürlich beschissen und dem gehört Einhalt geboten. Was ich ganz schlimm finde ist, wenn Leute mit Kindern Spenden sammeln. Ich finde das geht gar nicht. Was kann ein kleines Kind dafür, dass die Mutter sich entscheidet sich so Geld zu besorgen.

Wie hat sich das Bettlerwesen aus deiner Sicht entwickelt in den letzten Jahren?
Es ist absolut mehr geworden. Sie gehen auch mehr in Gruppierungen. Sie gehen durch und wenn du dann stehen bleibst und versucht mit ihnen zu reden, dann kommt meistens auch immer gleich ein Zweiter dazu, der dann versucht zu übersetzen, je nachdem, ob sie dann die Sprache verstehen. Früher hat es drei oder vier Stadtbettler gegeben, die hat man gekannt und haben immer den gleichen Platz gehabt.

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Wie stehst du ganz allgemein zum Betteln?
Mich persönlich stört es nicht. Wenn ich etwas habe, dann gebe ich das gerne her. Bettler hat es schon immer gegeben und ich finde das gehört zu eine Großstadt dazu. Ich sehe deshalb auch keinen Sinn dahinter Zonen zu schaffen, in denen sie nicht sein dürfen.

Flo, Linzfest-Besucher

Was hälst du vom Bettelverbot?
Wieso sollte man Leute, die eh nichts haben die letzte Würde wegnehmen. Ich finde das beschissen.

Eines der Hauptargumente für die Maßnahme ist, dass vor allem die organisierten Bettler-Banden zugenommen haben. Kannst du das nachvollziehen?
Nein, das kann ich nicht. Mir ist auch dahingehend nichts aufgefallen. Ich glaube man muss da etwas tiefer gehen und sich die gesellschaftlichen Verhältnisse anschauen. Generell muss man die Ungleichheit bekämpfen und nicht nur an der Oberfläche irgendwelche Schuldzuschreibungen machen und ein Problem von einem Ort an den anderen verlegen. Ich finde das ist ein grundlegendes gesellschaftliches Problem, über das man sich Gedanken machen und nicht mit einer Schnellschussreaktion regeln sollte.

Wie würdest du das Problem angehen?
Ich würde ein Treffen veranstalten mit den verschiedenen Interessensgruppen beispielsweise von der Polizei, der Politik oder den Betroffenen, damit man nicht über Leute redet, sondern mit ihnen. Nur wenn man miteinander redet, kann man gemeinsam eine Lösung finden. Ich glaube niemand bettelt aus Jux und Tollerei. Ich glaube es ist doch sehr entwürdigend, wenn man auf den guten Willen von irgendwelchen Menschen angewiesen ist. Ich glaube das ist keine Gaude. Umso schlimmer ist es, wenn man über diese Menschen redet, ohne dass man irgendeine Ahnung hat, wer die sind, was die machen. Es werden einfach Annahmen getroffen, aber da stecken Menschen dahinter.

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Klara, halbherzige Linzfest-Besucherin

Klara looking at things

Wieso schaust du denn so entsetzt?
Diese Band. Das ist echt richtig langweilig.

Danach ist aber Nazar.
Ja eh, wenn ich nur nicht arbeiten müsste.

Aber was sagst du eigentlich zum Bettelverbot?
Ich finde das Bettelverbot gut, weil ich die Greenpeace-Leute endlich weghaben will.

Haha, OK. Aber jetzt for real?
Ich bin dagegen. Wenn einem Armut so sehr stört, dann sollte man aktiv etwas dagegen tun. Das Prinzip aus den Augen aus dem Sinn verstehe ich nicht. Nur weil die Bettler weg sind, heißt es nicht, dass das Problem gelöst ist.

Frederike, Linzfest-Besucherin

Frederike wollte sich nicht fotografieren lassen. Hier ein Blick auf die Bühne im Donaupark.

Hat Linz ein Bettlerproblem?
Ich glaube, dass es in Zukunft noch schlimmer wird, alleine mit dem ganzen Flüchtlings-Movement. Es hört sich natürlich total arg an, wenn ich das sage, aber ich sehe es selber in Lokalen beispielsweise, das viele Leute da sind, die Sachen klauen und Unruhe stiften. Was das Betteln betrifft, werden auch Probleme auftauchen, das kann man einfach nicht abstreiten. Man merkt es jetzt schon. Vor allem weil sich auch Gruppierungen bilden, was ich vor ein paar Jahren nie mitbekommen habe. Ich will nicht, dass es schlimmer wird. Ich sehe das Problem, aber ich glaube auch nicht, dass ein Bettelverbot die Lösung ist. Ich kann nicht sagen, dass es mir Angst macht. Angst macht es mir nicht. Es stört mich einfach, wenn es mehr wird. Ich möchte einfach nicht, dass die ganze Stadt wurlt von Leuten, die nur mehr betteln. Ich befürchte aber, dass es darauf hinausläuft.

Kasun ist auf Twitter: @kasunjee

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