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Das Wiener Welle-Festival in der Ottakringer Brauerei

Derzeit tut sich einiges am österreichischen Festivalmarkt. Hier ein weiterer Beweis dafür.

Foto: Dietmar Lipkovich

Es tut sich bekanntlich etwas am österreichischen Festivalmarkt. Auch in Wien. Nach Bekanntwerden des Rock in Vienna-Mainstream-Bombasts auf der Donauinsel und dem Einstieg von FKP Scorpio in die Arcadia-Hip-Hop-Gefilde kommen nun auch die Waves Vienna-Veranstalter von Comrades mit einem neuen Konzept daher. Man kann die ehemaligen Festival-Monopolisten von Skalar langsam fast ein bisschen weinen hören. Für alle Anderen ist das natürlich ein Grund zur Freude, denn je größer das Angebot an Konzerten in Wien und Österreich ist, desto besser für uns alle. Warum steht zum Beispiel hier.

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Wiener Welle heißt das am 8. und 9. Mai in der Ottakringer Brauerei stattfindende Fest. Eine gewisse Verbindung zum Waves Vienna lässt sich damit also schon einmal nicht leugnen. Aber nicht nur das. Es soll um Wien gehen, musikalisch, literarisch und kulinarisch. Das klingt auch ohne Kontext gleich super, aber der Zeitpunkt, Wien und seine Kultur in den Mittelpunkt des Festival-Geschehens zu rücken, könnte eigentlich kaum besser sein als jetzt. Schließlich befassen sich mittlerweile (und endlich) nicht mehr nur österreichische Medien mit österreichischer Musik. Der Musikexpress erklärte bereits im Dezember 2014 den Austropop für „auferstanden aus Ruinen“ und feierte Bilderbuch, Wanda, der Nino aus Wien und Conchita Wurst mit einer ziemlich großen Story. In der aktuellen Ausgabe gibt es erneut ein Vier-Seiten-Feature mit Bilderbuch und Wanda. Außerdem sendete das Bayern 2-Popformat Zündfunk erst letzte Woche eine Reportage über die „neue“ Wiener Popszene mit dem Titel „Auf dem Zentralfriedhof ist Stimmung“—zugegeben, eine nicht unbedingt geistreiche Anspielung auf Wolfgang Ambros und den Austropop. Aber hey. Das Ganze ist jedenfalls eine sehr erfreuliche Entwicklung.

Foto: Katsey

„In den letzten Jahren ist unter österreichischen Musikern ein größeres Selbstbewusstsein entstanden“, sagt Festival-Direktor und Comrades-Chef Thomas Heher. Acts wie Ja, Panik seien auch international zu role models avanciert und daher traue man sich mittlerweile, wieder auf Deutsch, Österreichisch und im weiteren Sinne schließlich auch auf Wienerisch zu singen. „Viele haben sich von der Utopie, von ihrer Musik leben zu können, verabschiedet und konzentrieren sich seitdem ganz authentisch auf ihr eigenes Schaffen, scheißen darauf, was andere sagen. Seltsamerweise ist genau diese Haltung eine, die auf internationaler Ebene wieder hochinteressant ist und auch kommerziell erfolgreich ankommt“, erklärt Heher den derzeit so spürbaren Hype um österreichische Künstler wie eben insbesondere Wanda, Bilderbuch und der Nino aus Wien.

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Dieses Spotlight auf Wien will man nun also auch für das Wiener Welle-Festival nutzen. Der Nino aus Wien wird zum Beispiel mit Ernst Molden das gemeinsame Album „Unser Österreich“ spielen. Außerdem aus dieser Riege: 5/8erl in Ehr’n, Skero & Müssiggang und die Strottern zusammen mit der fantastischen Jazzwerkstatt Wien. Passieren soll das alles jedoch in einem viel breiteren, Genre-übergreifenden Rahmen. Zusätzlich zur Musik, auf der aber doch der Fokus liegen wird, soll auch Literatur und Kulinarik aus Wien präsentiert werden.

Foto: Klaus Pichler

Grundsätzlich unterliegt das Festivalkonzept der simplen Idee, Tradition mithilfe von Pop quasi neu zu interpretieren. Das reicht eben vom Traditionellen, aber in die Gegenwart verfrachteten Wienerlied—es gibt eine Kooperation mit dem Wienerlied-Festival „Wean Hean“, das heuer von 16. April bis 11. Mai bereits zum 16. Mal das traditionelle wie moderne Wienerlied in den Fokus stellt—bishin zur Wiener Wirtshauskost, die sich nach Hehers Beobachtung dank fusion cooking und vegetarischer wie veganer Varianten wieder ganz neuer Beliebtheit erfreut. Es wird außerdem ein extra für das Festival kreiertes Wiener Welle-Bier geben. Das Rezept stammt aus den Archiven der Brauerei. Oha.

Aber auch die literarischen Darbietungen haben einen großen Bezug zu Wien, zu seiner Kultur und zu seinen Charakteren. So lesen etwa die Journalisten Amira Ben Saoud und Manfred Gram aus ihrer bald im Milena-Verlag erscheinenden Haiku-Sammlung „Wie man hassen soll“ vor. „Dieses Granteln, dieses Hassen ist ja auch so eine Wiener Eigenschaft“, lacht Thomas Heher. Matschgern nennt man das in Wien auch gerne. Das kann auch Clemens Haipl, der sich unter anderem für „Projekt X“ und die „Sendung ohne Namen“ verantwortlich zeichnet und letztes Jahr den eigenwilligen Wien-Führer „The Wiener takes it all“ veröffentlicht hat. Er wird mit seinem Kabarett-Programm „Was sie von Wien nicht wissen wollten“ auftreten.

Ganz leicht hat man es als Veranstalter dieser meta-thematischen Festivals, wie Heher sie nennt, natürlich trotz einem so schlauen Konzept nicht. „Wir machen ja keine herkömmlichen Festivals wie das Frequency, sondern es steckt immer ein idealistischer Auftrag dahinter. Das ist auch eine Motivation“, sagt er. Gut so, bitte weitermachen.

Am 10. März wird es übrigens eine nächste Pressekonferenz geben, bei der ein weiterer Act vorgestellt wird. Angeblich ist es ein ganz traditioneller Wienerlied-Interpret aus der üblichen Heurigen-Szene. Das bisherige Line-Up gibt es hier.

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