Wir waren beim Blaulichtclubbing ... in der Bettelalm

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Wir waren beim Blaulichtclubbing ... in der Bettelalm

Viele Polizisten, die nicht wissen, wie man sich zu Helene Fischer und Gabalier bewegt und eine unbewachtes Tablett Welcomeshots, machten den Abend in der Bettelalm erstaunlich erträglich.

Benji

Es gibt Momente in meinem Leben, da bleibt mir nichts anderes übrig, als mich und alle meine Entscheidungen, die ich je getätigt habe, in Frage zu stellen. So zum Beispiel, als ich mich gestern mit einem Seiterl Bier in der Hand auf der leuchtenden Tanzfläche beim Blaulichtclubbing in der Bettelalm wieder finde.

Veranstaltet wird die Party von der AUF—der freiheitlichen Personalvertretung der Polizei. Die kümmern sich im Groben darum, dass die Polizisten gut bezahlt werden und kein Personalmangel herrscht. Manchmal posten sie aber auch auf Facebook, dass sie es "zweckmäßig" finden, wenn Jugendliche abgeschoben werden. So haben sie zum Beispiel den Fall um das Video kommentiert​​, das in den sozialen Medien kursiert und zeigt, wie ein Mädchen von mehreren Jugendlichen verprügelt wird. Dass so etwas den Kern des Problems völlig außer Acht lässt, ist da anscheinend erstmal nebensächlich.

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Das sollte aber nur am Rand bemerkt sein, denn obwohl die Party als "exklusiv für Polizei und Freunde" gebrandet ist, fragt niemand nach der Marke am Eingang. Wer im Keller der Bettelalm also gerne Jugendliche abschiebt, lässt sich nicht sagen. Was sich sagen lässt, ist, dass für eine Party an einem Mittwoch ganz schön viel los war und die Tanzfläche bereits ausgiebig genutzt wird, als wir ankommen. Ich war noch nie in der Bettelalm und ich weiß warum, aber als ich die blinkende Disco-Tanzfläche sah, wünschte ich mir irgendwie, doch öfter in solche Après Ski-Hütten zu gehen. Einfach nur, weil die Tanzfläche so lustig leuchtet.

Ich bin wirklich zu selten in solchen Absturz-Lokalen, darum musste ich erstmal mit den Leuten klar kommen, die sich an Mittwochabenden in der Bettelalm wegschießen und ich erwartete, dass ich dort in erster Linie für meinen "Hipster- oder vielleicht sogar "Emo-Look" (Wortlaut Fredi Ferkova) komisch angeschaut werde. Aber ich konnte mich nicht mehr täuschen. Kein einziges Mal wurde ich auch nur schief angesehen und jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ziemlich voreingenommen war. Vielleicht machen mich solche Aktionen ja doch zu einem besseren Menschen.

Nach einigen Seiterl Hausbräu, das es heute in Aktion gab, hatte ich genug vom Umgebung checken und wollte tanzen. Normalerweise schau ich mir ein paar Dancemoves von den Leuten ab, die den Hausbrauch schon kennen, aber ich ahnte nicht, dass Polizisten einfach nicht wissen, wie sie sich zu Top-Hits wie "Wieder alles im Griff" bewegen sollen. Die jüngeren stellten sich dazu im Kreis auf, die älteren nahmen die Standardtanz-Haltung ein, ein paar Mädels grindeten sich gegenseitig an der Poledancestange an.

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Ich blieb bei meinem vertrauten Two-Step, aber wünschte, mehr von den Songs mitgröhlen zu können. Leider sind Helene Fischer und Andreas Gabalier nicht unbedingt unter meinen Top 10 Spotify Künstlern, also hab ich einfach so getan, als würde ich die Songs kennen und hab ab und an meine hands in the air like i just don't care geworfen.

Samantha​

Ich war vor ein paar Jahren ab und zu in der Bettelalm. Aus dem einen Grund, warum Menschen eben so in die Bettelalm gehen. Vollzogen habe ich es aber nie wirklich. Das kann jetzt alles bedeuten, aber eine Gentlefrau genießt und schweigt—vor allem, wenn die Erinnerungen an diese Zeit sehr verschwommen sind. Damals hatte die Cousine von einem Ex-Gspusi einfach recht oft darauf bestanden, mit ihr die Nächte dort unsicher zu machen. Rituell haben wir das immer mit einer Packung Klopfer gestartet (in der sind 25 Fläschchen drinnen).

In der Regel haben sich am Wochenende auch immer ein paar gute Burschen beziehungsweise Männer dorthin verirrt. Die guten waren meistens welche, die aufgrund einer Firmenfeier oder Konsorten dort verenden mussten. Also nein, die Bettelalm ist nicht ein gar so furchtbarerer Ort—abgesehen von ihrer Vorliebe zu Helene Fischer und Gabalier.

Gestern jedoch hat der Eventname schon ein—na ja—gewisses Programm garantiert. Blaulichtclubbing. Jap, ein Abend, dessen Rahmenprogramm für und vermutlich von Polizisten gestaltet wurde. Ich bin mit dem Benji (dem Emo-Typ) hingegangen.

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Kaum angekommen, konnte mein detektivisch-schlaues Auge ziemlich schnell ausmachen, wer wohl Freund und Helfer war und wer nicht. Also die, die doppelt so alt waren wie ich und auf der Tanzfläche zu "Atemlos" ihre Körper bewegten, waren sie wohl nicht. Die gut auftrainierten Herrschaften, die sich gegenseitig begrüßten als hätten sie gerade irgendein Match gewonnen (vielleicht auch eins auf Tinder​) schon.

Einer ist sogar mit Freundin reinstolziert. Nein warte, eigentlich ist sie nur reinstolziert als wäre sie die neue First Lady (sie hat auch so ausgesehen, ein bisschen)—da ist mir auch gleich bewusst geworden: Die Freundin von einem Polizisten zu sein, muss unheimlich fancy sein.

Also war dies meine Mission für den Abend: Einen Polizisten dazu zu bewegen, mich in absehbarerer Zukunft zu ehelichen. Ich muss ja auch gestehen, dass ich Polizisten scharf finde, und dies auch meine wahre Motivation zu dieser Geschichte war. Mein Objekt der Begierde—pardon, Recherche—war recht schnell ausfindig gemacht und ich hab all meinen Mut in Form von Bier​ zusammengenommen, um ihn anzusprechen:

"Bist du auch wegen dem Blaulichtclubbing hier?"

"Ja."

"Bist du Polizist?"

"Ja."

Ab da hatte er übrigens seinen skeptischen und analytischen Polizisten-Blick aktiviert, hatte nur mehr ein Notizblock in seiner Hand gefehlt.

"Cool, ich versuche gerade zu erraten, wer Polizist ist und wer nicht…", und ich wäre bei ihm draufgekommen, weil er so sportlich aussieht—Schwarzenegger​-Kalieber-mäßig nämlich. Dann hat er gefragt, warum und ich hab leider die Wahrheit gesagt, denn er ist ja ein Polizist. Ich hätte doch nie den Schneid gehabt, ihn anzulügen.

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Na wie dem auch sei, er war nicht sehr glücklich über die Tatsache, dass Noisey meine täglichen Suppen finanziert. Hat sich aufgeregt, dass gewisse Vorurteile der Polizei gegenüber bestehen und dass er auch nicht rechts sei. Darauf habe ich gesagt, dass er genau dasselbe gerade mit mir macht und mir gegenüber Vorurteile hat. Ich wollte doch nur wissen, wie Polizisten feiern. Ob ich mir nicht vorstellen kann, dass sie genau wie jeder andere privat auch feiern gehen, fragt er. "Na ja, wie ein Raver würdet ihr wohl eher nicht feiern, was?", habe ich gemeint.

Ich hab auch gesagt, dass es nicht meine Absicht sei, dieses Event zu zerreißen. Aber das hat alles nicht mehr geholfen—es war wie bei Romeo und Julia. Ich war aus dem Hause Noisey und er aus dem Hause Polizei. "Ich wünsch dir noch einen schönen Abend", beendete er die Konversation. Es sollte also nicht sein, die Hürde doch zu groß. Oh Schlangenherz, von Blumen überdeckt!

Kann aber natürlich auch sein, dass er mich gänzlich unattraktiv fand. Ich werde es wohl nie erfahren—adieu Romeo, adieu!

Der liebe Voki. Nicht im Bild: sein Vokuhila

Ansonsten: Die Bettelalm hat mich nicht überrascht, sie hat sich nicht verändert. Ich bin auch mit Benji ganz heftig zu den Spice Girls und Backstreet Boys abgegangen. Diese Kombination gab es zweimal in dieser Nacht. Die Schlager-Musik spielen sie nach wie vor dort—ist übrigens auch nach wie vor nicht so meines. Die Welcome-Shots und das Bier, sowie "Coco Jambo" von Mr President haben dennoch einen wertvollen Beitrag zur Erhellung meiner Stimmung beigetragen.

Ich hatte dann noch eine liebe Unterhaltung mit einem Oberösterreicher namens Voki. Ich nenne ihn so. Ich war nämlich unhöflich und habe nie nach seinem Namen gefragt. Er roch aber sehr angenehm nach Aftershave. Und er hatte einen kessen Vokuhila. Er kommt immer mittwochs und donnerstags her, er mag die Bettelalm und privat hört er Ö3. Ob ich vom ORF bin, hat er mich gefragt. "Natürlich nicht!", habe ich ihm versichert. Ach, Voki. Ich wünsch dir ein ganz ein liebes Schlagertanz-Mäuschen an deiner Seite. ​

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