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Sorry, aber Lo & Leducs "079" ist leider sexistisch

Lo & Leduc sehen die Sache etwas anders.

21 Wochen thronten Lo & Leduc unangetastet mit "079" auf Platz eins der Hitparade. Solange, dass der Sommerhit mittlerweile der erfolgreichste Song in der Schweiz ist – aller Zeiten. Darin rappen Lo & Leduc:

"'0-7-9', het sie gseit
'Du weisch immer no nüt', het sie gseit
Nidmau tschüss het sie gseit, ey
Und i frage sie ob ig ihri – 'tüt tüt tüt', het sie gseit, 'tüt tüt'"

"079" hat jedoch nicht nur musikalisch eingeschlagen, der Song ist auch ein medialer Hit: Es wurde ausgerechnet, wie viele Nummern der Protagonist gewählt hat, Hochrechnungen betrieben, wie viel Lo & Leduc mit dem Song verdient haben, und Parodie um Parodie aufgenommen. Niemand scheint etwas an "079" auszusetzen zu haben. Bis zum Tag, an dem Lo & Leduc von der Eins verdrängt werden.

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Nun mimt Juso-Präsidentin Tamara Funiciello einmal mehr bewusst die Spielverderberin: Gegenüber Tele Bärn kritisiert sie den Songtext von "079" als sexistisch. Sie störe, dass der Protagonist kein "Nein" akzeptiere und immer wieder nach der Telefonnummer der Frau frage. "Wir müssen uns fragen, ob wir solches Verhalten in unserer Gesellschaft wollen oder nicht und auch, wo solches eigentlich hinführt", sagt die Jung-Politikerin.

"I lüte jede Tag ar Uskunft aa
U möcht ihri Nummer ha

Und jitz bini sit Jahre
Immer fautsch verbunde"

Im Grunde hat Funiciello Recht: Die Figur aus Lo & Leducs Song ruft über Jahre jeden Tag bei der Auskunft an, um die Angestellte nach ihrer Nummer zu fragen. Das ist Stalking. Und Stalking ist ein sexistischer Mechanismus: Laut dem eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann zeigen Erhebungen, dass etwa jede 6. Frau aber bloss jeder 20. Mann mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von Stalking geworden sind.


Lo & Leduc kommentieren Kommentare zu "Jung Verdammt":


"Als wir das Lied geschrieben haben, stand bei uns im Vordergrund, wie sich zwei Menschen kennenlernen und wie das gegenseitige Interesse spielerisch bekundet wird", sagen Lo & Leduc zu den Vorwürfen von Funiciello. So hätten sie mit dem Refrain zeigen wollen, wie sie ihn also nicht abblitzen lasse, sondern auf Augenhöhe die Spielregeln vorgebe. "Er setzt alles daran, das Rätsel zu lösen. Und zwar genau nach Regelwerk: Er probiert alle denkbaren Nummern aus und kontaktiert sie für sechseinhalb Jahre auf keinem anderen Weg."

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Gleichzeitig finden Lo & Leduc es aber gut und wichtig, dass Themen wie Sexismus, Gleichberechtigung und Respekt diskutiert würden. "Wenn unser Schaffen zu einer konstruktiven Debatte beitragen kann, freut uns das", sagt das Duo. So verstünden sie, dass das Lied sich aufgrund seiner Bekanntheit als Vehikel für solche Themen anbiete. Ihnen sei es aber wichtig, dass eine Diskussion über den zweifellos vorhandenen Sexismus in unserer Gesellschaft geführt werde. "Unserer Meinung nach wäre es sehr schade, wenn man nun bei der Frage stehen bleibt, ob '079' sexistisch ist oder nicht."

Zwei Verbündete scheint Tamara Funiciello also in den kritisierten Künstlern gefunden zu haben. Gleichzeitig trifft die Diskussion aber auch auf Unverständnis. "Die Welt ist voll mit Songtexten, über die man wirklich diskutieren kann und muss", schreibt SRF 3-Moderator Gregi Sigrist in einem Facebook-Post. "079" hingegen sei laut Sigrist eine Geschichte über einen schwer verknallten Typen, der sich in die Stimme der Dame von der Auskunft verliebt hätte, aber harmlos sei. "Ihrem Image und ihrem extrem wichtigen Anliegen tun Sie damit keinen Gefallen – finde ich", richtet sich Sigrist an Funiciello.

Aus ganz anderen Rohren schiesst wiederum einmal mehr die Junge SVP. Ihr Präsident Nils Fiechter sieht Funiciellos Kritik an "079" als direkten Angriff auf alle Hörer und Fans des Songs. "Die Juso verunglimpft alle", sagt er gegenüber Tele Bärn. Und ganz ihrem politischen Stil entsprechend fügt er einen persönlichen Angriff an: "Wir von der Jungen SVP fragen uns, ob Frau Funiciello nicht besser auch auf die letzte Passage des Liedes hören und sich professionelle Hilfe suchen sollte. In dem Sinne '144 heimer gseit'."

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Mit der Jungen SVP muss man also auch 2018 nicht über Sexismus und Musik reden. Dafür ist es aber umso begrüssenswerter, dass Lo & Leduc so konstruktiv mit Kritik umgehen. Für viele wird es aber wohl eine Interpretationssache bleiben, ob der Song nun sexistisch ist oder nicht – schön wäre es allemal, wenn durch den Anstoss von Funiciello eine Diskussion über Sexismus entsteht.


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