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Noisey Blog

Das Bonsoir schliesst auf Ende Mai 2018

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.
Foto: Instagram

Seit 2009 wird in der Aarbergergasse 33/35 jedes Wochenende, sobald die Sonne untergeht, das Licht gedimmt und die ersten Beats gespielt. Damit ist es jetzt vorbei: Das Bonsoir, ein fester Bestandteil des Berner Kulturlebens, wird auf Ende Mai 2018 nach neun Jahren seine Pforten schliessen. Doch es ist kein Ende, sondern ein neuer Anfang!

Über die Jahre bereicherte der Club das Nachtleben der Hauptstadt mit einer internationalen Künstlerauswahl und einer hochstehenden Barkultur. Bis 2016 strahlte das Bonsoir wie ein Stern in der europäischen elektronischen Musikszene – auch weil der Club ein Treffpunkt lokaler DJs war. Einige Künstler wie beispielsweise Round Table Knights, Trinidad oder 3hunna6 starteten hier ihren Karriereweg von Bern in Richtung Ausland. Neben durchtanzten Nächten bereicherte das Bonsoir das Kulturangebot mit diversen Lesungen, Talks, Performances, Flohmärkten, Bar-Workshops, Comedy- und PingPong-Abenden – ein bisschen alles, was das Herz begehrt. Selbst mit der Kommunikation schritt der Club mit kreativen Konzepten voran und gewann 2010 den Swiss Nightlife Award für "Best Innovation". In der jüngsten Vergangenheit verankerte sich das Bonsi auch in der HipHop-Szene. Es stellt eine bedeutende Homebase für Konzerte von aufstrebenden HipHop-Künstlern aus dem In- und Ausland dar, wie Little Simz, Joey Bada$$ oder der Genfer Superwak Clique.

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Aber wie sagt man so schön: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Also haben die Inhaber beschlossen, dem Stern den Stecker zu ziehen. Ende Mai 2018 ist es Zeit, sich vom Bonsoir zu verabschieden. Kein Hauptgrund für die Schliessung des Clubs aber trotzdem mitentscheidend, ist die Entwicklung des Clubgeschäfts – es sei ein hartes Pflaster und seit Jahren würden die Umsätze und die Möglichkeit schwinden, Sicherheiten und Investitionsgeldern für Weiterentwicklungen anzulegen, schreiben die Bonsoir-Betreiber in der Pressemitteilung zur Schliessung. Primär wird der Club aber geschlossen, weil die Inhaber das Potenzial des Lokals für sich ausgeschöpft haben. Sie sehen keine Möglichkeit, sich unternehmerisch, gastronomisch und clubkulturell weiterzuentwickeln. Nachdem sie sich lange die Fragen stellten, was ein Club heute sein soll und kann, kamen sie schlussendlich zum Resultat, dass ein Club, der den Bonsoir-Inhabern gefällt, nur ausserhalb ihrer Komfortzone existieren kann. Deshalb schliessen sie das Bonsoir Ende Mai 2018, um etwas Neues aufbauen zu können.

Mit Biru Bee (Round Table Knights) und Arci Friede haben uns zwei der Mitinhaber des Bonsoir die Gründe für das Aus des Clubs und ihre Zukunftspläne erklärt:

Biru Bee (Booking):

"Ich habe das gesamte Booking und Programm des Bonsoir gemacht. Der Club spielte auch für meine eigene Karriere eine wichtige Rolle und hat diese vorangetrieben. Einerseits konnte ich Gäste einladen und die Musik, welche wir selber machen, promoten. So sind viele Sachen entstanden – zum Beispiel, dass Künstler bei Labels gesigned wurden. Es war mein zweites Zuhause und ich habe ein paar Tränen vergossen, weil es jetzt zugeht. Andererseits ist es die richtige Entscheidung, im Mai zuzumachen. Es ist schön, wenn wir abschliessen können, solange wir die Macht haben und nicht gezwungen sind, auch wenn es super war und echt 'gefegt hat'. Es ist klar, dass wir das letzte halbe Jahr nochmal Gas geben und mit Leuten zusammenarbeiten, die uns über die Jahre begleitet haben, egal ob national oder international. Ich war jetzt neun Jahre fast jedes Wochenende im Bonsoir und auch unter der Woche immer mit dem Betrieb beschäftigt. Das fehlt mir ab Mai. Was ich dann mit meinem Leben anfange oder wohin mein Weg führt, über das habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Doch ich bin der Überzeugung, wenn eine Tür zugeht, geht irgendwo eine andere auf. In dieser Location haben wir alles ausgereizt, was geht, und die Energie und das Wissen können wir nun woanders investieren, um dort neue Energien zu wecken. Wir haben ja auch noch das Restaurant Kung Fu Burger und andere Locations sowie ein Musikprojekt nebenbei am Laufen. Wir werden uns also weiterhin in diesem Business bewegen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir gleich im nächsten Sommer eine neue Location eröffnen werden – doch wer weiss. Das Berner Nachtleben ist aus verschiedenen Gründen ein hartes Pflaster, das war es schon immer. Ich habe schon für fast jede Location in Bern, wie dem Dachstock oder Gaskessel, gearbeitet, daher kann ich das ein wenig beurteilen. Die Leute, die gerne motzen, gibt es immer, doch wenn ich in den Kalender schaue, läuft in Bern schon ziemlich viel. Die meisten, die motzen, gehen trotzdem nie in den Ausgang und so geht die Rechnung der Clubs nicht mehr auf. Es gibt auch viele Veranstaltungen, die funktionieren und dann auf einmal nicht mehr. Es ist schwer zu verstehen, es ist halt eine tricky Stadt und das wird sie auch immer sein. Die Berner sollten auf ihr eigenes Zeug stolz sein, anstatt zu jammern, dass nie was läuft und dass es woanders besser ist."

Arci Friede (Kommunikation)

"Das Bonsoir ist ein Daheim für ganz viele musikinteressierte Leute in Bern und es erfüllt mich mit Stolz, dass ich über die Jahre ein Teil dieses Ortes sein konnte. Trotzdem fühlt sich die Schliessung extrem gut an: Sie bietet Platz, um etwas Neues zu machen. Es ist der richtige Moment und so gut es auch war, freuen wir uns und es ist zu 100 Prozent die richtige Entscheidung. Was mit dem Ort passiert, wissen wir gerade noch nicht. Nach der Medienmitteilung werden wir mit Interessenten, die uns ihre Projekte vorstellen, Verhandlungen führen, um einen Übernahmepreis zu bestimmen. Wir wissen auch nicht, was wir jetzt machen. Es war die Idee, uns den Boden unter den Füssen wegzureissen, um etwas Neues zu machen. In welcher Form das sein wird, ist noch relativ offen, aber es wird sicher nächstes Jahr ein neues Projekt kommen. Ich glaube, das Nachtleben verändert sich in Wellen. Immer wenn es hiess, dass Bern tot ist, musste man drei Jahre warten und es hat wieder geboomt. So geht es jeder Stadt, es ist eine Dynamik. Auch sind die Behörden dieses Jahr extrem locker mit Bewilligungen für Veranstaltungen im freien Raum umgegangen. Den ganzen Sommer fanden überall in Off-Locations Events statt. Man kann nicht der Stadt die Schuld geben, weil genau das Gegenteil der Fall ist. Wenn man wirklich Gründe für das Ende des Bonsoir sucht, ist es wohl eher das Überangebot in Bern. Es gibt gar nicht genug Leute, um alle Clubs und Off-Locations zu füllen. In ganz Europa gibt es keine vergleichbare Stadt mit dieser Grösse und so einem kulturellen Angebot. Das ist aber auch das Problem: Die Clubs fressen sich gegenseitig auf. Wir hatten nie auf unserer Agenda, Bern zum Zentrum der Clubkultur zu machen, aber die Stadt hat grosses Potenzial. Viele Leute, die in Zürich feiern oder auch auflegen, haben ihre Wurzeln in Bern, man könnte viel machen, wenn alle diese Leute in Bern bleiben würden. Wir wollen aber einfach das machen, worauf wir Lust haben."

Bis Ende Mai 2018 soll dem Stern nochmal inhaltlich und kommunikativ die letzte Ehre erwiesen werden. Alte Bekannte aus dem In- und Ausland werden zu Gast sein und auch die anderen Facetten des Bonsoir sollen noch einmal aufleben. Die Geschichte des Clubs soll ein Comeback erleben.



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