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You Need to Hear This

Vom Genetiker zum Beatkünstler: Max Cooper

Wir erkunden menschliche Emotionen und Klang in 4D mit dem irischen Produzenten Max Cooper. Hör dir seinen exklusiven Mix an.

Während einige ihre Kohle damit verdienen, deine wöchentliche Ration Wurstwaren durch den Kassenscanner zu ziehen, ist Max Cooper ein echter Wissenschaftler. Seine Produktionen aus zerhackten Noisefetzen gepaart mit Electronica sind nämlich ebenso beeindruckend wie sein Ph.D.-Abschluss in Bioinformatik, einem Fachbereich der Genetik. Das macht sich wirklich schön in jedem Lebenslauf. Sein gerade erschienenes Debütalbum Human erforscht die Untiefen menschlicher Interaktion mittels einer angemessenen Dosis Glitch und ungeschminkter Emotion. Wir empfehlen auch den Mix anzuhören, den der Ire für uns zusammengestellt hat.

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YNTHT: Wie ich hörte arbeitest du gerade an einer ziemlich abgefahren Sache?
Max Cooper: Ja, ich tüftle gerade an so einem 4D-Soundprojekt. Das ist eine spezielle Installation in Amsterdam, die aus einer Anordnung von Lautsprechern in verschiedenen Höhen, Breiten und Tiefen besteht. Man kann sich dann frei zwischen diesen Lautsprechern bewegen und eine Software sorgt dafür, dass Klänge aus allen Ecken des Raums auftauchen.

Ich versuche mir vorzustellen, wie abgefahren so etwas für Filme wäre …
Eins unserer Projekte versetzt dich inmitten eines riesigen Sturms. Das ist schon etwas gruselig, weil du die Blitzeinschläge und das Tosen von allen Seiten mitbekommst.

Schon mal über Texas Chain Saw Massacre in 4D nachgedacht?
Um genau so etwas geht es. Es könnte auch bei Computerspielen eingesetzt werden und dich dazu bringen, dass du dich komplett in der virtuellen Welt verlierst.

Das erinnert mich an die eine Folge von The Gadget Show, als sie diesen Battlefield 3-Simulator bauten, der es dem Spieler ermöglichte, mit dem ganzen Körper in das Spiel einzutauchen.
Die sind da also physisch rumgelaufen?

Genau, und die Bewegungen der Personen wurden an das Spiel übermittelt.
Ja, so etwas kann auch mit Sound in dem 4D-Projekt gemacht werden.

Darf ich die Pilotversion deiner Erfindung dann auch mal ausprobieren?
Klar, ich schreib dich auf die Liste.

Wunderbar! Jetzt aber zurück zu deiner Musik: Human wurde letzten Montag veröffentlicht.
Ich war zwischenzeitlich auch viel auf Tour und habe auch schon an ein paar neuen Sachen gearbeitet. Schwer beschäftigt wie immer …

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Inwiefern hat sich die Arbeit an einem kompletten Album von der an deinen Singles und EPs unterschieden?
Ich musste mich nicht mit den ganzen Einschränkungen herumschlagen, die ich sonst immer habe. Dance-DJs brauchen Tracks, die sie gut in ihren Sets unterbringen können. Also muss zum Beispiel der Anfang und das Ende für Übergänge brauchbar sein. Mit dem Album konnte ich jetzt die Songs schreiben, wie ich sie wollte—und lauter komische Sachen einbauen, ohne dass ich mir Sorgen machen musste, wer das auflegen möchte.

Gibt es ein Konzept hinter dem Album?
Jeder Track behandelt einen unterschiedlichen Aspekt davon, was es bedeutet, Mensch zu sein. Es gibt zum Beispiel den Track „Automaton“, in dem es darum geht, dass Menschen wie Roboter sind. In dem Song gibt es viele abgehackte Soundschnipsel, wie halt bei einem Roboter, und die Vocals wiederholen immer „I can’t stop it“. Es sind alles Konzepte, die jeder Mensch nachempfinden kann, aber du musst auch nicht alles verstehen, um das Album genießen zu können. Es funktioniert auch einfach als Musik, egal ob du dich mit den Inhalten beschäftigst oder nicht.

Wird es davon auch eine 4D-Version geben?
Ich habe eine Show mit der Anlage gemacht, aber das Problem ist einfach, dass du es nur in 4D hören kannst, wenn du auch da bist. Es gibt nur eins von diesen 4D-Systemen, weil es ein sehr experimentelles Projekt ist. Eine Möglichkeit, wie du etwas in der Art machen könntest, wären binaurale Aufnahmen. Dazu steckst du dir Mikrophone in deine Ohren und fängst so ein, wie Sound in 3D aufgenommen wird, anstatt wie üblich in Stereo. Ich habe das auf dem Album verwendet. In dem ersten Track hörst du ein par Field Recordings, die ich im Foyer des Natural History Museum gemacht habe.

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Gehören Field Recordings zum Standardrepertoire bei deinen Aufnahmen?
Ich habe sie in mindestens drei Tracks verwendet, alle wurden binaural aufgenommen. Es geht also auch um die Idee, dass du als Hörer eine überzeugendere Sounderfahrung bekommst.

Wenn du dir irgendeinen Sound aus dem Universum aussuchen könntest, welchen würdest du aufzeichnen?
Der Urknall wäre wohl der ultimative Sound.

Epischer geht’s auch nicht … Welche Software/Hardware-Kombinationen hast du für die Albumaufnahmen verwendet?
Ich habe fast alles mit Ableton aufgenommen. Ich verwende viel von dem Native Instruments-Zeug und einen Moog Minotaur auf einem der Tracks, aber im Großen und Ganzen war alles digital. Die Streicher und das Klavier habe ich selber mit Samples komponiert. Dann gibt es da natürlich noch die Sänger und die Field Recordings, die für mich dem Ganzen ein natürliches menschliches Gefühl geben. Es ist immer noch in meinem üblichen Stil gehalten, aber fügt ihm eben noch eine menschliche Ebene hinzu. Das ist etwas, dass ich schon immer verfolgt habe, diese Kombination von Computern und echten Emotionen.

Und du hast ja auch diesen wissenschaftlichen Hintergrund in der Genetik. Kombinierst du die beiden Sachen noch?
Ich habe jetzt seit drei oder vier Jahren nicht mehr in der Genetik gearbeitet. Seitdem mache ich Vollzeit Musik aber vorher lief beides parallel. Ich kam aber zu dem Punkt, an dem ich mich entscheiden musste, einer von den beiden Sachen wirklich zu 100% geben. Ich habe mich für die Musik entschieden, also ist die Genetik leider auf der Strecke geblieben. Ich lese zwar noch viele wissenschaftliche Arbeiten, aber ich betreibe keine richtige Forschung mehr.

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11.04. Hamburg - Uebel & Gefährlich
25.04. Ravensburg - Druckpunkt

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