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You Need to Hear This

Wie Musiker uns mit ihren recycelten Alben verarschen

Es scheint inzwischen zum Standard geworden zu sein, alte Alben neu aufzulegen. Ich als Fan komme mir dadurch benutzt und schmutzig vor.

Fans der leichten Popmusik—so wie ich—wollen ständig mit frischem, neuem Sound versorgt werden. Der Nachteil dieser eingängigen Musik ist, dass sie dich schnell wieder langweilen. Ein Album mit zehn Tracks von je drei Minuten hast du normalerweise bereits nach ein oder zwei Wochen satt. Und dann musst du wieder auf das nächste Album warten. Natürlich gibst du den Künstlern Zeit, damit sie zu sich finden und neue Musik aufnehmen können. Aber wer zu lange mit der Veröffentlichung von neuer Musik wartet, wird ganz schnell vergessen. (Tschüss, Christina Aguilera!)

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Die Musikindustrie nutzt unsere kurze Aufmerksamkeitsspanne und den unendlichen Hunger nach Neuem schamlos aus. Wir wollen ständig Singles und Videos, keine ganzen Alben. Der „Rapper“ Pitbull ist ein gutes Beispiel dafür. Während sein Hit „On The Floor“ mit Jennifer Lopez fast vier Millionen mal verkauft wurde und „Give Me Everything“ mehr als acht Millionen Mal weltweit heruntergeladen wurde—und damit eine der meistverkauften digitalen Singles aller Zeiten ist—wurde sein neuestes Album Global Warming nur 250.000 mal verkauft.

Plattenfirmen wollen ihre Musik in großen Mengen verkaufen. Lieber haben sie wenige Menschen, die einen Zehner für das Album bezahlen, als viele Menschen, die alle einen Euro für die Single ausgeben. Das wusste auch Def Jam und hat nachdem das Album Good Girl Gone Bad von Rihanna langweilig wurde, nur ein Jahr später eine Neuauflage unter dem Namen Good Girl Gone Bad: Reloaded herausgebracht. Es gab nur drei neue Songs, aber in den USA wurden durch diese Aktion ein paar hundert zusätzliche Exemplare verkauft.

Unter Pop-Diven scheinen recycelte Alben inzwischen zum Standard geworden zu sein. Ich als Fan komme mir dadurch schmutzig und benutzt vor. Auf den Neuauflagen ist nämlich oft das zu finden, was sonst nur für mittelmäßige B-Seiten gereicht hätte. Das Einzige, was getan wird, ist dem Erstwerk einen neuen farblichen Anstrich zu geben und ein Wort an den Titel zu hängen. Die Magie, die die Original-Alben einst hatten, verschwindet meiner Meinung nach somit gänzlich. So auch bei diesen berühmten Alben, die einfach dreist neu aufgelegt wurden.

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Ellie Goulding

Zeit zwischen erster Veröffentlichung und Recycling: Fast 11 Monate. Halycon kam am 5. Oktober 2012, Halcyon Days am 23. August 2013.

Neue Musik: Sieben neue Songs, darunter die Single „Burn“, und drei Cover. Eigentlich fast genug für eine ganzes neues Album, aber das wurde wohl nicht gewollt.

Veränderungen im Artwork und Titel: Das Schwarz-Weiß-Cover wurde farblich gestaltet und das Wort „Days“ wurde dem Titel hinzugefügt. Halcyon bedeutet so viel wie: heiter, unbeschwert, glückselig.

Möglicher Grund für das Recyceln: Die Hits „Anything Could Happen“ und „I Need Your Love“ (mit Calvin Harris) haben nicht für starke Zahlen ausgereicht, da der Rest von Halycon eher spirituell und…naja halcyon war. Auf diese Weise sollte das Beste daraus gemacht werden. Mission erfüllt, „Burn“—mit Leona Lewis—war Ellies erster Nummer-1-Hit in Großbritannien und kurbelte den Verkauf von Halcyon Days ordentlich an.

Lana del Rey

Zeit zwischen erster Veröffentlichung und Recycling: Fast zehn Monate. Born To Die kam am 27. Januar 2012, Born To Die: The Paradise Edition am 9. November 2012.

Neue Musik: Sieben neue Songs, darunter die Single „Ride“ und das Cover „Blue Velvet“, das für die für H&M-Werbung verwendet wurde. Unter diesen Lieder waren auch ein paar bisher unveröffentlichte Tracks aus Lanas Anfangstagen.

Veränderungen im Artwork und Titel: Paradise war eigentlich als EP gedacht, ist aber bald mit Born To Die verschmolzen und wurde so als Born To Die: The Paradise Edition veröffentlicht. Gleiche Typografie, aber in Gold, und mit einem neuen, luftigeren Foto. Hier siehst du die Veränderung des niedlichen Mädchen-Popstar, innerhalb von zehn Monaten.

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Möglicher Grund für das Recyceln: Born To Die war eines der am meist erwarteten Debütalben des Jahres. Diese EP/Recycling war ein Weg, die Aufmerksamkeit der Fans zu halten, während Lana an ihrem Follow-up-Album arbeitet—im Wissen, dass die Erwartungen für dieses möglicherweise noch höher liegen.

Katy Perry

Zeit zwischen erster Veröffentlichung und Recycling: Ganze anderthalb Jahre. Teenage Dream war am 24. August 2010 in den Läden, Teenage Dream: The Complete Condection wurde am 23. März 2012 veröffentlicht.

Neue Musik: Drei neue Songs, darunter die Singles „Part of Me“ und „Wide Awake“, zwei Remixe, ein Megamix all ihrer früheren Hits und eine akustischen Version von „The One That Got Away“.

Veränderungen im Artwork und Titel: Hinter dem Titel stehen jetzt die großen Worte: The Complete Confection, bezogen auf ihr zuckersüßes Bild. Es wurde ein komplett neues Artwork gestaltet, anstatt einfach ihr altes zu nehmen. Aber nur ein altes, freistehendes Foto zu suchen und eine Krone auf den Kopf zu photoshoppen, scheint auch nicht besonders viel Arbeit zu sein.

Möglicher Grund für das Recyceln: In den USA kamen fünf Singles aus Teenage Dream auf Platz 1, was zuvor nur Michael Jackson mit Bad geschafft hatte. Wenn Katy keine Neuauflage herausgebracht hätte, wäre sie fast drei Jahre musikalisch weg vom Fenster gewesen, bis ihr neues Album Prism Ende Oktober dieses Jahres veröffentlicht wird. Der Triumph musste natürlich fortgesetzt werden, und ist mit dieser Neuauflage auch gelungen.

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Lady Gaga

Zeit zwischen erster Veröffentlichung und Recycling: Ein Jahr und drei Monate. The Fame kam am 19. August 2008, The Fame Monster am 18. November 2009 heraus.

Neue Musik: Acht neue Songs, darunter die drei Monster-Hits „Bad Romance“, „Alejandro“ und „Telephone“ (mit Beyonce).

Veränderungen im Artwork und Titel: Zwar gibt es wieder nur ein zusätzliches Wort im Titel, doch das Artwork ist diesmal ganz anders. Hier gibt es tatsächlich ein neues Konzept, ein neues Foto-Shooting und eine neue Perücke.

Möglicher Grund für das Recyceln: Lady Gaga hat gesagt, dass dies kein Re-Release, sondern eine eigenständige EP in einem völlig anderen Stil sein soll. Trotzdem wird The Fame Monster auch als Doppelalbum verkauft. Wie auch immer, nur dank dieser Neuauflage gibt es den Spitznamen Little Monsters für Lady Gaga-Fans—den diese kleinen Kakerlaken auch verdient haben.

Nicki Minaj

Zeit zwischen erster Veröffentlichung und Recycling: Acht Monate. Die Veröffentlichung von Pink Friday: Roman Reloaded war am 2. April 2012. Pink Friday: Roman Reloaded—The Re-Up kam am 19. November 2012.

Neue Musik: Acht Songs, darunter die drei Singles „High School“ (mit Lil Wayne), „The Boys“ (mit Cassie) und „Va Va Voom“.

Veränderungen im Artwork und Titel: Das Artwork ist völlig anders, und die Titel der Alben sind sehr verwirrend. Der Vorgänger von Pink Friday: Roman Reloaded war Pink Friday, wodurch jedes Album eine Neuauflage oder ein „Re-Up“ zu der letzten Auflage wird. Jetzt wird es nur spannend wie die Neuauflage von Pink Friday: Roman Reloaded—The Re-Up heißen wird.

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Möglicher Grund für das Recyceln: Ach, keine Ahnung. Ich bin froh, wenn ich überhaupt verstehe, was diese Frau singt, rappt oder sagt. Und ob sie von Karriereplanung eine Ahnung hat, ist auch fraglich.

Cro

Zeit zwischen erster Veröffentlichung und Recycling: Ein Jahr. Cros Debütalbum Raop erschien am 6. Juli 2012, Raop +5 fast genau 12 Monate später am 5. Juli 2013.

Neue Musik: Wie der Titel schon sagt—denn man möchte die Fans ja nicht verarschen—sind fünf neue Tracks auf Raop +5 und damit weniger als auf den Neuauflagen jeder einzelnen Popdiva aus dieser Liste.

Veränderungen im Artwork und Titel: Das Cover ist exakt das Gleiche, nur die Farbe ist von orange zu pink gewechselt und der Schriftzug „+5“ wurde an den Albumtitel angehängt.

Möglicher Grund für das Recyceln: Cros Fans sind eben genauso hungrig nach neuer Pandamusik, wie die kleinen Monster nach Lady Gaga. Also wirft man ihnen ein wenig Futter hin, das freut alle Beteiligten.

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