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You Need to Hear This

Was macht eigentlich Aaron Carter?

Er arbeitet an einem Album namens Aaron's Party 2, tritt in mexikanischen Restaurants auf und ist noch immer eine Diva—gefangen im Körper eines kleinen, weißen Jungen.

Schon mit 25 hatte Aaron Carter ein bisschen was von Mickey Rourke. Er war zwar seit über acht Jahren nicht mehr auf Tour, glaubt aber fest an seinen Moment. Seinem Twitter Account zu Folge, hat er gerade eine neue Single veröffentlicht: „Where Do We Begin“. Außerdem arbeitet er an einem neuen Album, das Aaron’s Party 2 heißen soll, er ist ja auch HipHop-Künstler. Um seine neuen Aktivitäten an den Mann zu bringen, begann Aaron die The After Party Tour. Eigentlich ein ziemlich trauriger Name für eine Tour eines Künstlers, dessen größter Erfolg ein Song mit dem Namen „Aaron's Party“ war. Naja, traurig sein, war immerhin jahrelang ein sehr großer Teil der Marke Aaron Carter.

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Aaron unterzeichnete bei Trans Continental Records, einem Label, das vom berüchtigten Gauner Lou Pearlman geführt wird. Pearlman wurde wirklich von fast jedem Künstler, den er unter Vertrag hatte, verklagt. Dann kam die Pubertät, Aarons Karriere war zu Ende und seine eigene Mutter schrieb in einem Klatschblatt über ihn. Da Aaron die letzten acht Jahre keinen Hit mehr hatte, war sein letzter Kontakt mit der Pop-Kultur seine Rolle in der kurzweiligen Show House of Carters. Hierfür lebte er mit seinem Bruder Nick (berühmt durch die Backstreet Boys) und seinen drei drogenabhängigen Schwestern in einer typischen Hollywood Villa, stritt sich mit Nick um Paris Hilton, weigerte sich, die Zähne zu putzen und feilte fleißig an seinen Karriereplänen als Rapper. Eine Diva, gefangen im Körper eines kleinen, weißen Jungen.

Ach, was solls. Es gibt doch nichts Besseres als komplizierte, leicht verwirrte Popstars—Blackout-Britney war schließlich auch tausendmal interessanter als Circus-Britney—und weil ich finde, dass jeder eine zweite Chance verdient hat, habe ich Aaron angerufen. Er erzählte mir, dass er sein Leben komplett geändert hatte, nachdem seine Schwester Leslie letztes Jahr an einer Überdosis Xanax starb. Diese zweite Chance verdanke er Gott. „Das ganze letzte Jahr über habe ich jeden Abend gebetet: Lieber Gott, bitte lass mich wieder auf Tour gehen können und ein guter Mensch sein. Ich ändere mich auch, ich werde die Menschen um mich herum respektieren und sie mehr wertschätzen. Nun, da ich erhört wurde, muss ich wirklich diese Person werden oder meine Chance ist verstrichen“, sagte er.

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„Ich werde dich nicht enttäuschen“, bekräftigte Aaron noch einmal, als ich ihm sagte, ich würde mir das bevorstehende Konzert von ihm anhören. Er behauptete sogar, er werde in Zukunft so gut sein, wie 'N Sync bei den VMAS waren. Diese Ansage klang so interessant, dass ich meinen kompletten Zeitplan umstellte und ein Konzert von Aaron in einem mexikanischen Restaurant (typischer Veranstaltungsort für kleinere Konzerte) in Teaneck, New Jersey besuchte. Auf dem Weg zum Restaurant erblickte ich außerhalb des Veranstaltungsorts einen kleinen, ziemlich verbeulten Lieferwagen. In der Türe des Anhängers stand Aaron, mit weißem Shirt und rauchte eine Zigarette.

„Aaron!“, schrie ich. (Er zeigte auf mich.)

„Hey Mann!“

„Ich habe dich doch vor ein paar Tagen interviewt.“

„Du warst der mit der 954 Nummer, oder?“ (Er sprang aus seinem Anhänger und rannte auf mich zu.)

„Ja, woher wusstest du, dass es eine Ortsvorwahl ist? Kommst du aus Florida?“

„Ich bitte dich!“, entgegnete mir Aaron, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, dass er aus Florida kommt.

Und auch wenn sein Manager betonte, Aaron habe keine Zeit, sich vor der Show mit mir zu unterhalten, stimme er einem Foto zu.

Aaron und ich sehen aus, als wären wir ein Pärchen.

Nächste Seite: Wie Aaron all seine Fans verschreckte.

Später dann im Restaurant, hingen überall Papierfahnen von der Decke. Hier hatten sich etwa vierzig Mädchen versammelt, umgeben von einer kleinen Bühne und viele Familien, die bestimmt nicht für die After Party da waren, sondern einfach, um mexikanisch zu essen. Der einzige Tisch, bei dem ich mir sicher sein konnte, dass er nur für Aaron hier war, war der eines weinerlich aussehenden 8-jährigen, der seine Eltern mit ziemlicher Sicherheit zum Essen in GENAU dieses Restaurant geschleppt hat, um einen Popstar aus dem Jahr 2000 zu hören. Das ist ziemlich beeindruckend, wenn du bedenkst, dass dieser Junge gerade erst geboren wurde, als Aaron den Höhepunkt seiner Karriere hatte.

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Plötzlich zeigten zwei 30-jährige Frauen auf mich. „Hast du Aaron umarmt??!, rief eine von ihnen. Ich erklärte ihnen, dass ich von der Presse sei und Aaron interviewt habe. Sie stellten sich als Kelly und Tina vor und erzählten, dass sie über zwei Stunden draußen in der schwülen Hitze gewartet haben. Nur um Aaron zu treffen, welcher sich dann auf dem Weg ins Restaurant weigerte, ein Foto mit ihnen zu machen oder gar mit ihnen zu sprechen. Sie hätten nicht die vollen 65 Dollar für das VIP-Ticket bezahlt.

Tina: „Er sagte: Habt ihr VIP Tickets gekauft?“ Und ich sagte: „Nein“, und er dann: „Dann geht bitte zur Seite."

„Die V.I.P. Mädchen haben ihn alle gehabt!“, erzählt Kelly ganz aufgebracht. „Er hat sie geküsst und circa eine Million Bilder mit ihnen gemacht.“

Was wirklich ärgerlich war: die beiden Mädchen haben die Backstreets Boys hunderte Male getroffen, 98 Degrees mindestens acht Mal, aber nur Aaron war scheiße. „Wir hatten noch nie so eine schlechte Erfahrung—NIE“, sagte Tina, „und wir haben schon echt viele Promis getroffen. Und dann ist jemand wie ER unfreundlich? Wie viele Fans hat er? 20? Und dann vergrault er zwei davon?”.

Das allertraurigste an diesem Abend war wohl die Tatsache, dass es Tinas Jahrestag mit ihrem Verlobten war, der—mit ihren Worten—exakt wie Bruno Mars aussieht und ein echt toller Kerl zu sein scheint. Er machte ihr einen Antrag, indem er das Puppenhaus von „30 über Nacht“ nachbaute. Ich versuchte wirklich, mit Tina mitzufühlen, aber es war schwer, mit jemandem Mitleid zu haben, die ihren Jahrestag lieber auf einem 15-Dollar-Konzert in einem mexikanischen Restaurant mit Aaron Carter verbrachte als mit ihrem Verlobten.

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Ich machte dieses Bild von Tina und Kelly.

Die V.I.P. Mädels erzählten mir später, dass sie es toll fanden, wie sexuell Aaron während des Meet & Greet war. „Es war großartig“, erzählte Rachel, eine von ihnen. Ihre Freundin Sabinne unterbrach uns: „ Es war eine unglaubliche Erfahrung, er war so einfühlsam und sehr sexy, ich habe es total genossen. Er sagte, er wolle sein Gesicht zwischen meine Brüste stecken und dass ich wunderschön bin.“ Aaron sagte außerdem, dass er sogar seine aktuelle Freundinnen vor einer Show getroffen habe. Sie hat 65 Dollar bezahlt, um ihn vor der Show zu treffen. „Ich habe sie getroffen, wir blieben in Kontakt und etwa einen Monat später lud ich sie nach Florida ein, als ich ein bisschen Pause zwischen den Auftritten hatte. Ich hatte eine tiefe Verbindung zu diesem Mädchen, sie war ein echter Fan."

Nachdem ich die Fangirls interviewt hatte, hörte ich mir die vier Vorbands von der Galerie aus an. Dann hörte ich die ersten Klänge von „I Want Candy"…

Nächste Seite: Aarons Auftritt und wie ich anfing, wieder an Aaron zu glauben.

Aaron Carter hüpfte in einer schwarz-weiß karrierten Hose und einer Obey Cap über die Bühne. Er zog ein kleines Stück Lakritze aus seiner Hosentasche, aß die Häflte davon und warf den Rest ins Publikum. Drei schwule Männer fielen daraufhin zu Boden und kämpften um die Süßigkeiten. Ich war also wirklich auf einer Aaron Carter Party.

Oder sollte ich lieber sagen, auf einer Aaron Carter After Party? Obwohl Aaron seine alten Hits spielte, tat er das in einem neuen Stil. „I Want Candy“ wurde ein funkiger Party-Song. Er hat „I Want Candy“ in einen Song wie „Gimme More“ verwandelt—genau die Art von Party-Song, bei dem du einfach nur eine Flasche Wein trinken und abstützen willst. Er hüpfte dazu hin und her und traf jeden Ton, sogar ohne Lippensynchronisation wie bei Michael Jackson oder Britney Spears.

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Anders als Britney, konnte Aaron auch seine Gefühle zeigen. „Wir haben so viel durchgemacht und es wird noch mehr auf uns zukommen“, sang er bevor er sich hinsetzte und all den heißen Mädchen dankte, die immer hinter ihm standen: „Das hier geht an alle Mädchen, die gesagt haben, dass sie mich lieben. Ich will euch dafür danken“, hallte es durchs Mikro. Es war wirklich sehr bewegend. Und Aaron hatte recht: seine neue Show war besser als eine ganze 'N Sync Reunion.

Nachdem er die Frauen dieser Welt besungen hatte, fragte Aaron: „Wo sind eigentlich die Jungs? Vielleicht können sie sich ja ins nächste Lied einfühlen. Es geht um meine Ex-Freundin und wie ich sie betrogen habe.“ Das Publikum buhte ihn aus, doch Aaron ignorierte es. Er zog NOCH ein Stück Lakritz aus der Tasche, biss hinein und schrie: „I wanted that candy!“. Ich hoffte, er würde einen Adele-artigen Song singen, der ihn vielleicht etwas gut aussehen lässt, stattdessen sang er aber nur darüber, was für ein großes Arschloch er doch ist, und wirbelte dabei wild über die Bühne. Ich war mir ziemlich sicher, niemand liebt die Frauen mehr als Aaron Carter.

Es folgten ein paar Coversongs. Aaron hüpfte nun auf der anderen Seite der Bühne herum und zog langsam aber sicher sein Shirt aus. Jetzt bekommen die V.I.P. Mädels endlich den Lapdance, den sie sich für 65 Dollar verdient hätten, dachte ich mir. Dem war nicht so. Er zog sich nur um, trug nun ein O'Neal Shirt und performte „That's How I Beat Shaq".

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Aaron hatte kein Problem, den Fame seiner Vergangenheit zuzugeben, oder wie kaputt er danach war. Die ganze Show hindurch, wies er darauf hin, dass die Frau, die Fotos auf der Bühne machte, seine Schwester B.J. und keine professionelle Fotografin sei. Da sie nicht in Besitz einer professionellen Ausrüstung war, stand sie auf einem Stapel von Bühnentechnik Boxen neben mir. Sie trug Jeans und eine Sonnenbrille in ihrem blonden Haar. Ich lehnte mich zu ihr rüber und meinte, wie überwältigt ich von seiner Leistung und vor allem seiner Ehrlichkeit wäre. Sie deutete auf das Restaurant und die Leute um uns herum. „Er hat so hart gearbeitet“, sagte sie. „Das, was er da macht, ist wirklich echt."

Aaron schob seine Arme ins Publikum, berührte die Hände der Damen uns sagte: „Danke, danke!“ Immer wieder und wieder, bis er mich sah. Er sprintete über die Bühne, sprang über die Geräte-Boxen, und kletterte dann auf allen Vieren über die Boxen, um zu mir zu gelangen. Er beugte sich hinunter und gab mir eine High-Five. Dann fragte er mich, was ich von der Show halte. „Ehrlich gesagt“, meinte ich, „kam ich hierher, um mich über dich lustig zu machen, aber du warst verdammt nochmal unglaublich.“ Er stand auf, lachte und ging dann zu seinem typischen Verhaltensmuster über. Er packte meine Wangen mit beiden Händen und hielt mein Gesicht in seinen Händen. Für eine gefühlte Stunde, starrte mir Aaron Carter direkt in die Augen, und in diesen Augen sah ich alles: Lou Pearlman, den Tod seiner Schwester, die Bilder seiner Mutter, die sie an die Boulevardpresse verkauft hatte. Und plötzlich verstand ich ihn.

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Aaron ist vielleicht eine Diva im Körper eines kleinen Jungen und tritt in einem mexikanischen Restaurant, aber er ist immer noch einer der größten Pop-Acts der Welt, weil er einfach er selbst ist.

Er war schon nicht mehr erfolgreich, bevor er überhaupt rechtlich gesehen Zigaretten rauchen durfte, und verlor seine Schwester, bevor er alt genug war im Club 27 mitzumachen. Er ist nicht anders als jedes andere Kind in Florida, mit der Ausnahmen, dass er sich wie Britney Spears und Michael Jackson und all die anderen großen Pop-Acts in der Geschichte, ausdrücken und mit seiner Musik retten kann. Er verbreitet ein Stück Freude. Und das, auch wenn es eine ziemlich abgefuckte Freude ist, die nur etwa hundert Menschen in einem mexikanischen Restaurant erreicht.

Das nicht zu erwähnen, wäre nicht fair bei einem Aaron Carter Comeback. Die After Party Ära könnte auch einfach bedeuten: „Aaron Carter after the party ended“. Ich weiß zwar nicht, wie die Zukunft für Aaron aussieht, aber was ich weiß, ist, was auch immer Aaron für eine Party schmeißen wird, ich werde dort sein. In der ersten Reihe, und ihm zuhören.

Mitchell Sunderland ist auch auf Twitter—@mitchsunderland

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