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The Foreign Exchange führen eine erfolgreiche musikalische Fernbeziehung

Ihre Internet-Beziehung war nie eine romantische, sondern eine musikalische: Ein Interview mit The Foreign Exchange.

Phonte und Nicolay haben jahrelang eine intensive Fernbeziehung geführt. Doch wer jetzt glaubt, dass die beiden ihre Zeit damit verbracht haben, sich über Skype Luftküsschen zu schicken, liegt falsch: Ihre Internet-Beziehung war nie eine romantische, sondern eine musikalische. Während der in North Carolina hausende Phonte noch dabei war, sich 2001 mit Big Pooh und dem Produzenten 9th Wonder als respektierter Spitter in der Rap-Crew Little Brother einen Namen zu machen, lernte er den niederländischen Produzenten Nicolay über ein Forum kennen und gründete das Nebenprojekt Foreign Exchange. 2004 veröffentlichten sie ihr Debüt Connected, ohne sich jemals vorher gesehen zu haben. Vier Jahre später folgte Leave It All Behind, welches sogar für einen Grammy nominiert war. Später trennte sich Little Brother wegen kreativer Differenzen und Foreign Exchange wurde vom Neben- zum Hauptprojekt. Mittlerweile haben die Jungs mit Love In Flying Colors bereits ihr viertes Album veröffentlicht und vor kurzer Zeit ihre Europa-Tour in Amsterdam abgeschlossen. Nichts scheint die Verbindung der beiden mehr trennen zu können, auch die Distanz nicht. Schließlich wohnt Nicolay mittlerweile auch in North Carolina. Zusammen im Studio arbeiten Phonte und er aber noch immer nicht.

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Noisey: So oft bekommt man euch in Europa wirklich nicht zu sehen. Wie war die Tour?
Nicolay: Unglaublich. Wir bekommen aber leider wirklich nur selten die Chance, durch Europa zu touren. Deshalb genießen wir es umso mehr.
Phonte: Ich freu mich, dass es vorbei ist (lacht). Nein, so eine Tour kann man nicht toppen. Es war super, aber natürlich mit sehr viel Arbeit verbunden.

Jetzt bekommt ihr euch wenigsten regelmäßig zu Gesicht. Das war ja nicht immer so.
Nicolay: Stimmt. Phonte und ich lernten uns damals über Okayplayer kennengelernt. Wir waren beide große Fans von The Roots, Common und D’Angelo und haben über einen längeren Zeitraum häufig unsere Meinungen zu Rap und R’n’B-Themen über das Message-Board des Forums ausgetauscht. 2001 habe ich auf dem Forum einen Beat von mir hochgeladen. Damals war das produzieren wirklich nur ein Hobby, da ich eigentlich als Berater für einen Internet-Provider tätig war. Doch ausgerechnet Phonte, der damals knapp 5000 Kilometer vom mir entfernt lebte, hörte den Beat, packte ein paar Verses drauf und schickte mir den fertigen Track nur wenige Wochen später zurück.

Foreign Exchange im wahrsten Sinne des Wortes.
Nicolay: Genau das war es. Ich habe an meinen Instrumentals immer so lange gearbeitet, bis ich wusste, dass Phonte verstehen wird, in welche Richtung es gehen soll. Ich arbeite lieber alleine in einem Raum, ohne, dass mir Leute über die Schulter gucken und mir das Gefühl geben, dass ich irgendwas nicht richtig mache.
Phonte: Ich hab keine Ahnung, warum die Chemie so krass gestimmt hat, aber so war es nun mal. Wir mussten dafür nicht im gleichen Raum sitzen.

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Trotzdem würde ich mal behaupten, dass ein Treffen nach dem Release von eurem Debüt Connected nötig war, oder?
Nicolay: Absolut. Wir haben uns nach dem Release in Amsterdam getroffen.

Was erzählt man sich denn bei so einer ersten Begegnung?
Phonte: Es war echt witzig, weil wir einfach da weitergemacht haben, wo wir Online aufgehört hatten. Ich dachte nur „Okay cool“. Das Treffen war jetzt kein riesen Ding, schließlich hatten wir schon einen gute Connection über’s Internet entwickelt.

Irgendwann bist du, Nicolay, von Utrecht nach North Carolina gezogen. Habt ihr denn dann zusammen im Studio gearbeitet?
Nicolay: Nein. Die Art zu arbeiten blieb immer die Gleiche, wir sind da fast schon abergläubisch. Warum kann ich nicht genau erklären. Wir touren zwar zusammen, die Musik wird aber weiterhin getrennt entwickelt.

Also weiter über Chat, Telefon und Messaging?
Genau.

Da fällt mir gerade ein: Connected feiert 10-jähriges Jubiläum–herzlichen Glückwunsch! Hättet ihr gedacht, dass euer Run so lange geht?
Niemals. Es war damals für uns beide ein Nebenprojekt. Vor allem haben wir uns nach unserer ersten Begegnung vier Jahre nicht gesehen und hatten auch nur sehr wenig Kontakt. Erst als ich 2008 nach North Carolina zog hatte ich die Offenbarung: Ich wollte mich von dem ganzen HipHop-Ding ein bisschen fernhalten…

…und hast du mit der Produktion von Leave It All Behind begonnen, mit dem du als einer der wenigen niederländischen Künstlern eine Grammy-Nominierung eingesackt hast.
Jap, das war unglaublich. Ich glaube, es gibt nur fünf oder sechs Künstler aus den Niederlanden die für einen Grammy nominiert wurden.

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Auf Leave It All Behind war kaum noch Rap zu hören, ein großer Unterschied zum Vorgänger Connected. Inwiefern hatte die Trennung von Little Brother damit zu tun?
Phonte: Bei den Aufnahmen zu Leave It All Behind war Little Brother noch intakt. Damit hatte es nichts zu tun. Ich folge einfach nur der Musik. Wenn Nic mir einen Track schickt, mach ich einfach das, was mein Bachgefühl mir sagt. Songwriting hat mir beigebracht, dass der erste Gedanke immer der Ehrlichste ist. Der Sound von Foreign Exchange ging einfach mehr in Richtung Gesang, das hat für mich dann auch am meisten Sinn gemacht.

Kann es denn sein, dass du dich in älteren Jahren einfach nicht mehr als Rapper siehst?
Ja. Wenn ich mit 60 rappe, dann muss es natürlich sein, und nicht, weil ich mich gezwungen fühle. Manche Rapper wollen einfach immer weiter rappen, bei mir ist das anders. Singen ist für mich eine logische Erweiterung ins Erwachsensein und passt besser zu mir.

Dabei gilt dein Solo-Rap-Debüt Charity Starts At Home zu den besten Alben aus 2011.
Das war auch ein sehr wichtiges Album für mich, weil es, wie du schon sagst, mein erstes Rap-Solo-Album war. Zu der Zeit hat es gepasst, ich wollte es machen und habe es gemacht. Das war’s aber auch schon. Ich finde nicht, dass man Musik machen sollte, nur um Musik zu machen. Sobald keine Message mehr in der Musik ist, verschwendest du die Zeit der Leute. Und ich würde niemals die Zeit der Leute verschwenden wollen.

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Viele Fans haben Foreign Exchange für die Auflösung von Little Brother verantwortlich gemacht.
Nicolay: Ja, ein paar von ihnen haben uns das echt übel genommen und das kann ich auch absolut verstehen. Ich war aber definitiv nicht Little Brothers Yoko Ono (lacht). Foreign Exchange wurde einfach zum Hauptprojekt als Little Brother sich trennte.

Wo wir gerade beim Thema Little Brother sind, wollte ich noch mal fragen, was es mit den Tweets von Questlove auf sich hatte, die letzten November im Internet kursierten. Gibt es Hoffnung auf eine Little Brother-Reunion?
Phonte: Ich liebe Questlove, er ist mein Homie, aber warum er das getweetet hat, kann ich mir nicht erklären. Ich kann mich da nur wiederholen: Es wird keine Little Brother-Reunion geben.

Kendrick Lamar hat letztens seine neue Single „I“ veröffentlicht und macht seit Good Kid, M.A.A.D. City ordentlich Lärm. Du kennst ihn noch aus alten Zeiten, Phonte, als er noch der Opening-Act für Little Brother war. Wie ist das für dich, diese Entwicklung zu verfolgen?
Riesig! Kendrick war 2009 bei ein paar Shows dabei, er wollte sogar, dass wir zusammen einen Track aufnehmen. Heute habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich damals nicht besonders kommunikativ war und einfach nur wollte, dass die Little Brother-Tour ein Ende nimmt. Kendrick muss gedacht haben, ich sei ein Arschloch, aber ich hoffe er weiß, dass ich kein Problem mit ihm hatte. Ich bin auf sehr stolz auf ihn.

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Also hat es mit der Zusammenarbeit nie geklappt?
Leider nein. Witzig ist aber, dass ich ein paar Hooks für Jay Rocks Album Follow Me Home gemacht habe. Er war der erste Rapper bei TDE. Sein Manager wollte, dass ich auf dem Song „All My Life“ einen Hook mache, am Ende haben sie aber den von will.i.am genommen.

Es gibt da noch einen anderen Rap-Kollegen, den ich gerne ansprechen würde: Drake. Schließlich hat er schon mit Little Brother zwei Tracks aufgenommen und in Interviews immer wieder betont, wie gerne er noch mal mit dir zusammenarbeiten würde.
Es ist leider nie passiert. Wir hatten fest geplant, zusammen an Take Care zu arbeiten. 9th Wonder hatte ihm meine Nummer gegeben, er rief mich an und sagte „Yo, ich will dich auf einem Song haben.“ Ich meinte „Cool, schick mir den Track“. Also schickte er mir den Song, ich habe meinen Verse draufgepackt und den Song zurückgeschickt. Da von ihm dann keine Antwort mehr kam, habe ich nachgehakt, ihn gefragt, ob er den Track bekommen hat und ob der Verse gut sei. Er meinte, der Verse sei dope, alles sei in Ordnung, Doch anscheinend gab es Probleme, weil der Producer den Beat schon an einen anderen Künstler verkauft hatte. Bei einem Major laufen die Dinge eben anders. Ich bin dennoch sehr dankbar, dass er immer wieder klarstellt, was für einen großen Einfluss Little Brother und ich auf seine Karriere hatten.

Jetzt ist eure Europa-Tour durch. Vor ein paar Monaten habe ich mich mit Schoolboy Q unterhalten, der sagte, er würde sich nach seiner Tour am meisten auf gutes Gras und Essen freuen. Worauf freut ihr euch am meisten?
Nicolay: Schwer zu sagen. Ich kenne beide Welten und fühl mich sowohl in den Niederlanden als auch in den Staaten wohl.
Phonte: Internet. Hier muss ich alles über WLAN machen, weil mein Vertrag in Europa nicht funktioniert. Wenn ich was tweeten will, muss ich manchmal mehrere Stunden warten. Das nervt.

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