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You Need to Hear This

Siriusmo ist ein fauler Enthusiast

Siriusmo steht nicht gern auf der Bühne, aber am Samstag wird er auf der YNTHT-Bühne auf dem Open Source Festival spielen.

Siriusmo war einst der Grund dafür, dass Modeselektor sich entschlossen haben, Monkeytown zu gründen. Eine ziemlich große Ehre, doch in seinem jetztigen Schaffen spielt das keine Rolle mehr. Allgemein wirkt er sehr reflektiert im Umgang mit seiner Kunst. Die Füße fest auf dem Boden, doch die Musik ganz weit oben. Es gibt einige, die ihn zu den kreativsten Produzenten aus unserem Land zählen. Auch in Übersee macht sein Name die Runde. Schade nur, dass seine Bühnenangst verhindert, dass wir ihn nicht öfter in den Clubs und auf den Bühnen dieses Landes sehen. Das hindert ihn aber nicht daran, immer weiter Musik zu machen. Jetzt hat er sein zweites Album Enthusiast veröffentlicht und es ist so vielseitig, wie sein Musikgeschmack selbst.

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YNTHT: Was ist in dem Zeitraum zwischen deinem letzten und deinem aktuellen Album passiert?
Siriusmo: Ich mache eigentlich die ganze Zeit Musik, tue mir aber schwer damit, Dinge fertig zu machen. Irgendwann bist du verloren und kannst selbst nicht mehr einschätzen, was eigentlich gut und was schlecht ist. Mosaik war ja mein erstes Album, auch wenn ich schon ewig Musik mache und dann kam ein gewisser Druck hinzu, irgendwas geiles anderes zu machen. Irgendwann habe ich drauf geschissen und habe einfach die Sachen fertig gemacht, die sich gut angefühlt haben.

Wieso fällt es dir so schwer, Dinge fertig zu machen?
Ich mache immer wieder was Neues. Ich mag den Prozess des Rumspielens und es ist auch Faulheit. Bei dem Song „Liu” war das ganz krass. Ich habe mir einen Rhythmus gebaut, war aber immer zu faul, das Piano aufzunehmen. Wenn ich im Studio war, wollte ich immer was Neues machen und mir nicht die Mühe machen, das Ding am Stück einzuspielen.

Wir hätten das Album gerne mit dir zusammen angehört, das war dir aber nicht so recht. Hast du ein Problem damit, anderen Leuten deine Musik zu zeigen?
Ich glaube, das geht vielen Leuten so, die Musik machen. Wenn man alleine Musik macht, verläuft man sich auch gerne mal, also mir geht es zumindest so. Du denkst dann die ganze Zeit, der Song ist der Oberknaller und wenn man es anderen vorspielt, kommt der Moment der Wahrheit. Vielleicht will man den rauszögern. Beim Vorspielen fällt einem dann auch oft auf, dass das noch ein bisschen dünn ist und im seltensten Fall steht man da und sagt: „Ist doch fett, oder?”

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Ist das im Umkehrschluss dann auch wieder der Grund dafür, dass man dich kaum live sieht?
Ja, das hat aber auch mit Bühnenangst zu tun.

Und wie gehst du mit Lob um?
Applaus ist des Künstler täglich Brot. Man bekommt ja oft auch eher gesagt, dass etwas gut ist und schweigen bedeutet dann, dass es nicht so gut ist. Aber Mutti sagt mir immer direkt ins Gesicht, dass sie damit nichts anfangen kann.

Du hast viele instrumentale Stücke auf deinem Album, aber auch ein paar mit Vocals. Wo liegt der Unterschied beziehungsweise der Reiz, Vocal-Tracks zu machen?
Es fetzt auf jeden Fall mit einer Stimme zu arbeiten und ich arbeite mit einer Stimme wie mit einem Instrument. Ich mache keine richtigen Clubtracks, sondern eher einen strukturierten Song. Eine Stimme macht den Song interessant und vermittelt ein gewisses Gefühl.

Gab es für dein Album einen roten Faden?
Nee, ich verfolge immer irgendwelche Ideen und dann arbeitet man die Ideen aus, die einem in dem Moment am meisten ansprechen. Wenn du Glück hat, liegst du richtig, weil du dann natürlich wieder mehr Zeit investierst, die Songs zu produzieren. Viele Künstler haben eine bestimmte Phase, in der sie ihr Album machen, das kann auch geil sein, dann ist alles aus einem Guss. Ich mache eben immer Musik und möchte einfach nur schöne Stücke machen, die mich selber ansprechen.

Dein Album ist also quasi dein Best-of des letzten Jahres?
Ja, manchmal verfolgt man natürlich auch Ideen, die fünf Jahre alt sind, weil die Melodie irgendwie cool ist, aber die Sounds nicht mehr so frisch sind. Dann setzt man sich da nochmal dran und versucht, es neu zu machen. Im Moment habe ich wieder viele Sachen, bei denen ich mir denke: „Gleich fertig machen fürs nächste Album.” Aber in einem halben Jahr finde ich das dann vielleicht wieder alles kacke. Kann auch sein, höchstwahrscheinlich sogar.

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Manche deiner Songs vermitteln eine bestimmte Atmosphäre. Könntest du dir vorstellen, Filmmusik zu machen, um mit dieser Atmosphäre Bilder zu unterstreichen?
Absolut, ja. Musik mit Bildern zusammen hat natürlich eine noch viel größere Kraft. Ich wünsche mir solche Möglichkeiten natürlich auch und überlege seit Jahren, ob ich selber mal was probieren soll, selbst wenn es nur ein Video ist. Das ist bestimmt total geil.

Kommen deine Sounds alle aus dem Computer?
Nee, es ist eigentlich alles beim Alten geblieben. Ich habe ein paar Synthiesizer, einen Computer und ein Mikrofon. Dann kommt alles in einen Topf und wird umgerührt. Ich habe auch keine spezielle Arbeitsweise. Und auch keine Drummachine, aber viele Freunde und da leihe ich mir dann ab und zu mal was aus. Mit dem Computer heute geht ja auch alles viel schneller als früher mit dem Sampler. Da hast du viel mehr Zeit damit verbracht. Aber das war vielleicht auch nicht schlecht. Dazu kommt heute noch die Qual der Wahl in der riesen Auswahl, aber das ist auch interessant.

Ist es das Ziel für dich, von Musik zu leben?
Wenn es das Ziel gewesen wäre, müsste ich eine Psychotherapie machen und jedes Wochenende auflegen. Ohne das kann man auch nicht von der Musik leben. Darum lebe ich mein ganz normales Leben mit meinen Jobs, die ich immer schon gemacht habe. Wenn ich mal Auftritte spiele, ist das ein Plus. Davon fährt man dann mal in Urlaub.

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Monkeytown Records wurde für dich gegründet, spielt das noch eine Rolle für dich?
Ich war zwar der erste Künstler, aber dass ein Label auch andere Sachen veröffentlicht, ist ja normal. Ich hätte drauf bestehen müssen, dass nur ich auf dem Label veröffentliche (lacht). Mist, Chance verpasst. Wenn wir mal ehrlich sind, wäre das irgendwann auch ohne mich passiert. Die Jungs werden auch daran gedacht haben, ihre Musik irgendwann auf ihrem eigenen Label zu veröffentlichen.

Kommst du noch zum Graffiti sprühen oder nur noch beruflich?
Selbst da ist es mehr der Pinsel, das ist auch besser für die Gesundheit. Aber es ist natürlich immer noch ein schönes Tool. Wenn man auf Reisen ist und Leute trifft, dann malt man was zusammen. Natürlich auf keine U-Bahn, ich habe ja auch keine Lust in China im Knast zu sitzen.

Dein Name findet sich auch in den Credits vom Laing-Album. Wie ist deine Verbindung zu den Damen?
Nicola ist eine gute Freundin von mir und ich muss sagen, sie macht alles selber und weiß auch ganz genau, wo sie mit ihrem Sound hin will. Ich habe eher als Freund unterstützend mitgewirkt. Wir haben uns viel unterhalten und gelacht, und bei ein paar Songs habe ich ein bisschen mitproduziert. Aber das ist wirklich nicht der Rede wert.

Würdest du denn mehr auftragsmäßig produzieren?
Natürlich nicht. Ich habe zwar ein paar Beats nach Amerika geschickt, aber meine Erfahrungen sind bis jetzt nicht so großartig damit. Ist schon schöner, wenn man alles in der Hand hat und die Leute kennt, mit denen man Musik macht.

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Welche schlechten Erfahrungen hast du denn gemacht?
Wenn du mal ein bisschen in diesen Markt reingeschnuppert hast und siehst, wie das funktioniert, ist das teilweise sehr ätzend. Wenn du nicht drüben bist und mit den Leuten im Studio sitzt, dann hast du keine Chance, wirklich mit denen Musik zu machen. Es kann dir dann natürlich auch passieren, dass deine Beats kopiert werden oder besser gesagt, deine Sache werden zu einer Inspiration. Das sind meine Erfahrungen damit.

Hast du dann überhaupt noch Leute, mit denen du gerne zusammenarbeiten würdest?
Absolut, nach 2011 dachte ich, du musst nur anklopfen und alle Musiker, von denen ich Fan bin, werden mein Zeug lieben. Ich bekomme ja auch von Musikern viel Feedback, aber es war leider doch nicht so einfach. Ich hätte gerne mit Q-Tip zusammengearbeitet und habe auch gehört, dass er gut findet, was ich mache. Das hat dann aber nicht geklappt. Es gab auch noch weitere bei denen es leider nicht geklappt hat. Man weiß es nie, liegt vielleicht auch daran, dass ich nicht unterwegs bin. Ist natürlich schöner, die Leute mal persönlich getroffen zu haben. Dann kommt eine E-Mail über Umwege, ich kenne das ja selbst, und es passt halt gerade nicht. Wenn es passiert, passiert es. Wenn nicht, dann nicht. Das ist auch nicht so schlimm.

Siriusmo steht zwar nicht gern auf der Bühne, aber für uns macht er einen Ausnahme. Am Samstag, den 29. Juni, spielt er auf der YNTHT-Bühne auf dem Open Source Festival in Düsseldorf. Ihr solltet auf jeden Fall vorbeischauen.

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Seit dem 14. Juni gibt es Enthusiast und hier gibt es das Album.

Sascha auf Twitter: @DeutscheWorte

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