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You Need to Hear This

Olli Banjo war nicht immer ein Pferde-Fan

Zu seinem neuen Album ‚Dynamit‘ ballert Olli Banjo jede Menge hochklassiger Videos raus. Doch womit hat alles angefangen? Wir haben uns durch seine Videografie gearbeitet.

Mit Dynamit hat Oliver Otubanjo gerade sein fünftes Soloalbum veröffentlicht und ist dabei vor allem durch seine mittlerweile vier Videoauskopplungen in aller Munde, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Während Typen mit fragwürdigem Familienhintergrund in „Ecstasy“ Frauen auf der Toilette vergewaltigen, covert Olli für „Ich Hoffe Der Papst Glaubt An Gott“ in Las Vegas „Unfinished Sympathy“ von Massive Attack und wenn ich ehrlich sein soll, ist mir nach wie vor nicht ganz klar, was in „Mein Baum“ mit Xavier Naidoo passiert. Der mit Abstand schönste der neuen Clips ist allerdings „Träumer“. Während Savas in einem dunklen Keller zurückgelassen und außerdem seiner Kopfbedeckung beraubt wurde, lässt sich Olli auf einem Pferd herumführen—was vom Coolnessfaktor her ungefähr einem Westcoast-Gangstarap-Video entspricht, in dem du im Lowrider heraumschaukelst und dabei aber nur auf dem Beifahrersitz hängst.

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Doch mit welchen eindrucksvollen Bildern hat Banjo Balboa seine Karriere begonnen? Wir haben uns durch seine visuelle Vergangenheit gewühlt und präsentieren euch jetzt die Meilensteine aus Olli Banjos Videografie. Film ab.

„2 McRip Bitte“, 2000

Banjo hat mit „2 McRip Bitte“ schon zu Beginn seiner Karriere einen der wohl absurdesten und einzigartigsten Rapsongs überhaupt abgeliefert und dem Begriff des Storytellings einen leicht… fischigen Beigeschmack gegeben. Das Video liefert—nach etwas fadem Einstieg—dann auch die perfekte Kulisse für die Reise durch die „Killer-Vagina“ und eigentlich stellt sich gerade auch nur eine Frage: Wie viele Rapfans sind davon noch heute so traumatisiert, dass sie sich nie in den Intimbereich einer Frau gewagt haben? (Wer von euch kranken Schweinen sich gerade im Schritt berührt: Einfach mal „Unbirth“ googlen. Die dunkle Seite des Internets wird sich eurer annehmen.)

„Dein Arsch“, 2003

Nach dem unvergessenen „Du Und Mein Penis“ und der bereits beschriebenen Hamburger-Muschi beendete Olli seine Trilogie der menschlichen Unterleibs-Anatomie mit einem weiteren Klassiker. „Dein Arsch“ ist ein fantastischer Track, der auch visuell alles aufgreift, in dem Herr Otubanjo gut ist: Frauen nachpfeifen, sich selbst ordentlich auf die Schippe nehmen und wilde HipHop-Gesten in eine Kamera machen.

„Wie Ein Schuss“, 2005

Auf seinem Album Schizogenie befand sich ein Song, der auch heute noch die Massen vom Splash! bis zum HipHop Open zum Ausrasten bringt: „Pistole“. Leider gab es dazu nie ein Video, stattdessen entschied man sich, das thematisch ähnliche „Wie Ein Schuss“ zu drehen. Leider ist das wiederum ziemlich langweilig geworden und offensichtlich habe nicht nur ich, sondern auch die Leute im Video vor der Bühne nicht verstanden, warum Olli jetzt plötzlich ein Rockstar sein möchte.

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„Tagesschau“, 2007

Es stürzt mich gerade in eine mittelschwere Depression, dass der Release von Banjos drittem Studioalbum Liveshow schon ganze sieben Jahre her ist, weil ich noch genau weiß, wie ich am ersten Releasetag in den Laden gerannt bin. Auf der Platte zeigte sich Olli deutlich nachdenklicher—was ihm auf Albumlänge zum einen musikalisch gut geglückt ist, ihm zum anderen aber des Elements beraubt hat, dass ihn über die meisten seiner Rapkollegen weit erhoben hat: Technisch beeindruckend vorgetragener Wahnsinn. „Tagesschau“ war eine sehr eingängige, aber auch ein bisschen dröge Single und bis heute habe ich nicht verstanden, warum er in den Tränen aller leidenden Menschen der Welt sitzen muss, um Betroffenheit zu signalisieren.

„Vögel“, 2009

Ich habe 4 Fäuste für ein Halleluja, das Kollabo-Album von Jones und Olli, für meinen damaligen Arbeitgeber rezensiert und war am Ende meiner mentalen Kräfte. Um sämtlichen Raubkopier- und Filesharing-Aktivitäten vorzubeugen, wurde nämlich im Abstand von geschätzt 30 Sekunden immer wieder der Name des Chefredakteurs der jeweiligen Musikplattform wiederholt. Stellt euch also vor, mitten in einem Song wie „Vögel“ wiederholt Jonesmann mit leerer, toter Stimme „Rezensionsexemplar für Marcus Staiger“ sagen zu hören und ihr habt eine Vorstellung von meinem ganz persönlichen Tinnitus. „Vögel“ ist schlussendlich trotzdem noch ein optisch recht ansprechendes Video geworden—vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass alles, was schamlos von „Sin City“ abgekupfert ist, gut aussieht, weshalb ihr ALLE SOFORT DAMIT AUFHÖREN SOLLTET, ALTER!

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„Randale in der Sonderschule“, 2010

Rein vom Feeling her erinnern Song und Video wieder frappierend an die Anfangstage des Aschaffenburger Rapmonsters, allerdings hat Olli seine wiederentdeckten Wurzeln zeitgemäß mit einem Instagram-Filter aufgepimpt. Throwback-Thursday? Vielleicht. #instamusic #latergram #tbt #yolo #tattoos

“Sie Will Ein Freak Sein”, 2012

Mit seinem Wunderkynd-Alter Ego hat Olli Banjo weder sich noch der Welt einen Gefallen getan und auch das Video zu „Sie Will Ein Freak“ sein, wirft jede Menge Fragen auf. Lasst es mich so zusammenfassen: Wenn 500 Leute vor einer Leinwand in einer Galerie stehen und niemand versteht, was der Künstler damit sagen will—wessen Schuld ist es dann? Sind wir alle zu dumm oder war das Ganze vielleicht doch ein etwas zu erzwungenes Kunstprojekt?

„Das Mädchen aus den Slums“, 2014

Und schon sind wir in der Gegenwart angekommen. Zu seinem aktuellen Album „Dynamit“ haut der 37-Jährige ein Video nach dem anderen raus und alle scheinen geradezu dafür prädestiniert, auf Tumblr- und Lifestyle-Blogs geteilt zu werden. Ob sich Olli Banjo auf seiner Reise in Richtung Hipster-Konformität irgendwo auf halbem Weg selbst verloren hat oder man mit Ende 30 einfach ein anderer Mensch ist—wer weiß das schon so genau. Wo es früher Anette, die „geldgeile, brünette Schlaftablette“ war, wird jetzt eben eine „Böhse Mädchen“-Kopie bar jeglichen Humors abgeliefert. Nichtsdestotrotz bleibt Herr Otubanjo einer der begnadetsten Rapper, die HipHop-Deutschland jemals erleben durfte und wer Dynamit nicht feiert, hört dann eben noch mal „Nashorn“.

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Olli Banjo live:
22. Mai Frankfurt - Nachtleben
23. Mai Köln - Underground
24. Mai Koblenz - FH Koblenz

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