Musikvideos nach Schema F: Kinder

Schemata müssen nicht immer mit ekligen Klischees einhergehen, sie können auch aus einer guten Idee entstehen, die eben mehr als nur einer hatte. Wenigstens in Musikvideos und wackligen Videodokumentationen von vernarrten Eltern ist es immer eine gute Idee, Kinder zu filmen. Nicht nur, weil die kleinen Dinger so süß sind, sondern auch, weil sie einem unabsichtlich vor Augen führen, wie bescheuert sich Erwachsene manchmal aufführen. Alles wird mit einem anderen Licht beleuchtet, wenn Kinder Erwachsene nachahmen—denn meistens sieht es nicht mal unnatürlich aus.

In dem neuen Video von Coma aus Köln spielen ein Junge und ein Mädchen nicht nur mit Instrumenten, sondern auch mit allem möglichen anderen imaginären und realen Zeug, das sie so finden konnten. Der Song „Missing Piece“ und die darin vorkommenden kindlichen Vocal-Parts sind geradezu prädestiniert dafür, Kinder in Szene zu setzen, aber auch wenn die Musiker selbst, anstatt der Kinder in dem Video aufgetaucht wären, würde sich wahrscheinlich niemand, der sich ab und zu im Glitzer-Feier-Paradies bewegt, über das Verhalten wundern.

In „Grown Up“ sehen wir eine Miniaturversion von Danny Brown selbst. Und während der aktuelle Danny Brown alles andere als süß ist und sich sein unreifes Verhalten eher auf Drogenkonsum beschränkt, ist der Mini Danny wirklich zum Dahinschmelzen. Da wünscht man sich, dass Danny Brown niemals up-ge-grown wäre.

Wie gewohnt halten sich Is Tropical nicht an die gängigen Spielregeln für Musikvideos und brechen lieber ein paar Tabus. Ob sie nun wie in ihrem Video zu „Dancing Anymore“ einen pubertierenden Jungen zu einer animierten Schönheit masturbieren lassen oder kleine Kinder in den Krieg schicken, wie in dem Video „The Greeks“. Es sieht so aus, als könnte sich die Band gut in die Gedankenwelt kleiner Jungs versetzen, um dann allen möglichen Fantasien in ihren Videos freien Lauf zu lassen. Zumindest dieses Video wurde mit Sicherheit aus einem vergangenen Traum der Bandmitglieder inspiriert.

Wer kennt das nicht? Du kommst zu einem angesagten Club und vor der Tür musst du das Schild ‚Kids only‘ lesen. ‚Ladies Night‘ war schon gestern, sorry!

Kinder werden immer schneller erwachsen. Oder es kommt uns nur so vor, weil wir früher nicht zu den coolen Kids gehörten, die sich nachts auf der Straße herumgetrieben, Erwachsene verprügelt und Geldtransporter überfallen haben, wie im Raveonettes „Curse The Night“-Video. Aber das liegt wohl daran, dass sich jene Kinder ganz schnell in die Karibik abgesetzt haben.

In dem Video zu dem Song „Us Placers“ aus Kanyes Mixtape Can't Tell Me Nothing werden die Beteilligten—Lupe, Kanye und Pharrell—durch Kinder ersetzt. Die wichtige Frage, die sich hier stellt, ist nicht etwa „Kanye hat Thom Yorke gesampelt?“, sondern „Wie viel Zeit hat Kanye wohl am Set verbracht und den kleinen Jungen angeschrien, der ihn darstellen soll?“ und „Wie lange hat Kanye wohl die Outfits für Mini-Kanye ausgesucht?“.

Bei M 83's „Midnight City“ denke ich sofort an Kinder—aber nicht an die Kinder aus dem Video, sondern an die Kinder, die bei den Konzerten immer das Synthie aus dem Song mitgrölen und dabei durchgedreht sind. Falls ihr so eine Erfahrung noch nicht gemacht habt, könnt ihr eure Assoziationen zu dem Song jetzt mit den Kindern aus dem Musikvideo verknüpfen—eine deutlich angenehmere Erfahrung, trotz Laseraugen und übrnatürlichen Fähigkeiten.

Natürlich darf das berühmte „Kids“ von MGMT nicht fehlen. In dem Video sehen wir passenderweise auch Kinder, aber zur Abwechslung spielen diese Kinder sich selbst, Kids, und zeigen das harte Leben und die erschreckende Umgebung, die du als nicht ausgewachsene Person erleben musst.

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