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You Need to Hear This

Mode Moderne wollen mit ihrer Musik schöne Frauen und Schwule erreichen

Leider erreichen sie eher alte Plattensammler-Nerds. Was die kanadische Band sonst noch für Eigenarten hat und wie sie Europäer verwirren wollen, haben sie uns im Interview erzählt.

Foto: Aljoscha Redenius.

Mode Moderne sind professionelle Kreative. Sie sehen ihren Bandalltag gern wie einen 9-to-5 Job, mögen den laissez-faire Arbeitsstil der meisten Musikerkollegen nicht und planen strikt, wann sie Zeit für neue Ideen haben. Nämlich immer mittwochs. Das scheint vielleicht seltsam für Künstler zu sein, aber die vier Kanadier nehmen ihren Job eben sehr ernst und das zeigt sich in ihrer Arbeitsweise. Kreativität wird durch diese Organisation aber nicht eingebüßt, Mode Moderne haben Anfang des Jahres ihr drittes Album Occult Delight veröffentlicht und das strotzt nur so vor einfallsreichen Lyrics, satten Synthesizern und Gitarren und, wie so oft beschrieben, schwarzen Nagellack-Glow. Wir haben uns mit der Band während ihrer Europatour in Berlin getroffen und mit ihnen über mögliche Tattoos, Verwirrungen und neue Projekte gesprochen.

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Noisey: Stimmt es, dass in euren Tourvan eingebrochen wurde?
Clint: Ja, mein Reisepass wurde geklaut. Sie haben meine Lederjacke geklaut, was lustig ist, weil ich sie gerade erst gekauft habe. Eigentlich habe ich meinen Reisepass immer dabei, er ist immer in meiner Jackentasche ist, aber an dem Abend habe ich meine Jacke im Bus vergessen. Irgendein Typ hat die Scheibe eingeschlagen und alles genommen, was er bekommen hat. Wir mussten eine Show canceln, weil es so lange gedauert hat, einen neuen Reisepass zu bekommen. Das kanadische Konsulat ist Bullshit.
Sean: Das Gute war, dass wir all unser Equipment am Veranstaltungsort gelassen haben. Sie haben also nur ein Navigationssystem, eine Lederjacke und einen Reisepass bekommen.
Phillip: Aber wenn das Navi weg ist, merkst du erst, wie abhängig du davon bist. Wir wissen nie, wo wir hinfahren müssen.

Das klingt sehr aufwühlend.
Nein, nein, abgesehen davon ist die Tour super.
Clint: Es muss immer einen schlechten Teil geben. Und der ist bei uns innerhalb von 24 Stunden passiert.
Phillip: Wir wurden auch von der tschechischen Polizei aufgehalten und angeblich war die Zulassung unseres Autos abgelaufen. Also sollten wir Strafe zahlen, und zwar bar! So ist das in Kanada nicht. Das ist für mich total komisch, weil ich mich dann frage, ob das eine Bestechung ist. Ich finde, die Polizei sollte nicht mit Bargeld umgehen. Will er sich jetzt nur eine Packung Kippen kaufen? Aber sie haben uns eine Quittung gegeben, also war es wohl okay. Das war aber alles an einem Tag, der Rest der Tour war großartig. Gestern hat ein Promoter zu uns gesagt, er hatte noch nie so viele Leute an einem Wochentag in seiner Location. Alle waren stoned und betrunken. Müssen die nicht arbeiten? (lacht)
Clint: Es sind sehr viele junge Leute da, das ist in Europa anders. Hier nehmen sie das mit dem Alter nicht so ernst, dass junge Leute in Bars kommen oder trinken.

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Meint ihr, eure Musik hören eher junge Leute?
Nicht wirklich, aber bei einer Show war es sehr extrem.
Phillip: Ich müsste Google Analytics fragen.
Sean: Ich sehe viele unterschiedliche Menschen, die unsere Musik hören, vor allem alte Plattensammler. Aber mit dieser Band wollten wir eigentlich wunderschöne Frauen und Schwule erreichen. Diese Leute sollen meine Band mögen.
Phillip: Aber leider sind es nur alte Plattensammler. (lacht)

Ich habe gelesen, dass euer Aufnahmeprozess beim zweiten Album ganz anders war, nämlich recht standardisiert und professionell im Studio, und euch das nicht gefallen hat, weswegen ihr bei diesem Album wieder zurück zu den Anfängen gegangen seid.
Phillip: Der Schreibprozess war mehr wie beim ersten Album, der Aufnahmeprozess war komplett anders, weil wir mit einem neuen Produzenten im Studio waren. Unsere ersten beiden Alben haben wir mit einem der ursprünglichen Bandmitglieder als Produzent aufgenommen, aber er ist jetzt nicht mehr in der Band. Also haben wir diese Platte mit einem ganz neuen Produzenten aufgenommen. Wir waren mit dieser Band immer mit der gleichen Person im Studio. Es war also seltsam, mit einer neuen Person zu arbeiten, aber wir sind sehr stolz darauf. Es hat gut funktoniert.

Und der Schreibprozess?
Für die erste Platte haben wir versucht, einen Song pro Woche zu schreiben. Wir haben versucht, das zu regulieren, also: Wir treffen uns am Mittwoch, haben eine Idee und schreiben einen Song. Bei der zweiten Platte schien es, als würde es wirklich lange dauern, weil wir uns selbst keine Deadline auferlegt haben. Es war sehr laissez-faire. Bei dieser Platte wollten wir das nicht, deswegen haben wir gesagt: Schreiben wir einen verdammten Song, schreiben wir noch einen Song und noch einen.
Clint: Es war auch seltsam, weil der Typ, der uns vorher aufgenommen hat und in unserer Band war, noch andere Bands hatte und sehr beschäftigt war. Deswegen hat die zweite Platte so lange gedauert, weil er auf Tour war. Es war auch seltsam, weil er zwar in der Band war, aber uns auch zur Seite schieben konnte. Aber wir sind Freunde, deswegen konnten wir nicht sauer sein und außerdem war es sein Studio, in dem wir aufgenommen haben. Und obwohl wir auch mit Josh, der dieses Album aufgenommen hat, befreundet sind, ist es anders. Es war Business. Deswegen müssen wir auch pünktlich sein.
Phillip: Ja, und wir haben ein ganzes Jahr lang keine Show gespielt und nur aufgenommen.

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Und das funktioniert zu sagen, am Mittwoch haben wir eine Idee?
Also ich habe unter der Woche eine Idee, okay? Dann spiele ich ein bisschen damit, rufe Sean an und hinterlasse eine Nachricht auf seiner Mailbox. Ich singe ihm dann was vor, wie ein Gute-Nacht-Lied. (lacht) Und dann treffen wir uns mittwochs und er sagt: Okay, ich habe deine Nachricht bekommen, was hältst du davon? Und dann schreiben wir einen Song.
Clint: Ich arbeite immer mit dem Handy unter dem Ohr und der Gitarre in der Hand. Wirklich, ich habe mich schon oft so erwischt. Ich muss immer seine Melodiefolgen instrumental erfassen. Und weil Phillip nicht Gitarre oder so spielt, müssen wir dann den Takt und die Melodie zusammenbringen. Aber wir bekommen so immer eine Idee zusammen. Aber so machen wir es.
Sean: Ich mag diese Art auch. Besonders weil er nur singt und kein anderes Instrument spielt, bekommt man so einen anderen Blickwinkel auf Takt- und Zeitvorgaben, was ich gut finde. So stehen Clint und ich vor einer Herausforderung, die einzelnen Sektion auszuarbeiten. Er singt natürlich in einem Rhythmus und es ist immer interessant zu sehen, in welche Richtung das geht. Es gibt viele Vorteile.
Clint: Ja, der Aspekt, dass Phillip nur ein Sänger ist, ist sehr interessant und vorteilhaft für uns. Es macht Spaß, seine Ideen zu nehmen und sie zu formen.

Schreibt ihr schon während der Tour für das nächste Album?
Wir schreiben noch keine richtigen Songs, aber wir sammeln Ideen und wenn wir zurückkommen, machen wir es wieder so.
Phillip: Ja, ich habe schon einige Ideen.

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Nicht nur mittwochs?
Nein, nicht nur mittwochs. (lacht) Früher hatte ich tatsächlich immer dienstags Ideen. Aber im Ernst, so ist das reguliert, weil du dich an einem bestimmten Tag triffst, und damit das funktioniert, musst du eine Idee haben. Du musst ja nicht am Mittwoch eine Idee haben, aber für Mittwoch. Ich mag das. Es ist wie zur Arbeit gehen. So ist es auch auf der Tour, jeden Tag zu spielen. Du alberst nicht nur rum, es gibt dem Ganzen einen professionellen Rahmen. Ich bin hier auf Tour und will jeden Abend spielen. Natürlich würde ich auch gern länger in Berlin abhängen, aber das mache ich ein anderes Mal. Ich gehe hier zur Arbeit, jeden Abend. Und so ist es auch mit dem Schreiben. Es hat mich damals so frustriert, wie laissez-faire es war und wie lange es gedauert hat.

Eure Musik wird oft mit schwarzem Nagellack beschrieben. Welche Kosmetikprodukte trägt eure Musik noch?
Clint: Strümpfe, Lederjacken und Cardigans.

Das sind keine Kosmetikprodukte.
(lacht) Scheiße, stimmt.
Sean: Guyliner.

Hast du dir das Wort gerade ausgedacht?
Nein, das sagt ein Freund immer. Eyeliner für Jungs. Ich habe aber keinen mitgebracht. Als ich in der Band angefangen habe, habe ich immer Guyliner getragen. Und ein Cape. (alle lachen)

Ich frage nicht gern nach Bandnamen, aber ich verstehe euren einfach nicht. Soll das französisch sein? Ist das englisch?
Clint: Es sind französische Wörter. Eigentlich bedeutet es moderne Fashion auf Französisch, aber das soll nicht unser Bandname sein. Es gab mal ein französisches Elektroalbum. Wie hieß das noch mal?
Phillip: Es war diese Band namens Mathématiques Modernes. Wir dachten uns einfach, lass uns ein e an ,modern‘ anhängen und die Europäer verarschen. (lacht) Ich sage dann immer: „Erzähl mir gefälligst nicht, wie ich meinen Bandnamen aussprechen soll. Es heißt ,modern‘.“—„Aber da ist ein e am Ende von ,modern‘!“—„Na und? Fuck you!“

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Weißt du was, genau so habe ich gedacht. Das hat mich verwirrt.
Ja, ich verwirre gern Leute.
Clint: Außerdem ist es eine kleine Herausforderung, den Namen auszusprechen. Und wenn Leute es nicht richtig aussprechen können, dann sind sie aufmerksamer und merken sich den Namen.
Philip: Aber vielleicht gibt es bald eine ganz große Namensveränderung. Alles wird anders.
Clint: Naja, wir starten ein neues Projekt. Mode Moderne wird immer Mode Moderne bleiben, aber wir machen wahrscheinlich etwas Neues, wenn wir nach Hause kommen.

Habt ihr schon angefangen?
Ja, in unseren Köpfen.

Und wollt ihr darüber sprechen oder ist das noch top secret?
Ja, noch ein bisschen.
Phillip: Ja, vielleicht sollten wir noch nicht darüber sprechen. Das ist alles noch nicht ganz klar. (lacht)

Okay. An welchem Tag werdet ihr Ideen haben?
Das wissen wir eben noch nicht. Wann passt es dir?
Clint: Naja, ich ziehe ja nach Los Angeles, also werde ich zurückfliegen müssen, um was aufzunehmen. Aber wahrscheinlich werden wir es genauso machen wie bisher. Internet, Email und so weiter.

Ihr lebt noch alle in Vancouver?
Ja, aber ich heirate und ziehe nach L.A. Aber ich sehe kein Problem für die Band darin. Der generelle Prozess des Songschreibens wird der gleiche bleiben.
Phillip: Ja, wir sind keine Jam-Band. Wir treffen uns nicht, um zu jammen. Ich bin zu dumm, um zu jammen. Oder vielleicht bin ich auch zu schlau, um zu jammen.
Clint: Besonders weil du kein Instrument spielst. Es wäre etwas schwer, dich dazu zu zwingen, irgendwelche Texte zu singen. Lyric-technisch muss man etwas konzentrierter an die Sache herangehen, er will ja nichts Dummes sagen. Wir sind keine Garage- oder Punkband. Wir stecken viel Arbeit in die Kraft des Songs—ob ihr es glaubt oder nicht.

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Ich lese in jedem Artikel über euch über dieses eine Mädchen, das sich eine Songzeile tätowieren lassen hat.
Ja und es gibt jetzt auch noch einen Typen in Salt Lake City. Welche Zeile hat er?
Philip: „Real Goths Don‘t Dance“.

Was würdet ihr empfehlen?
Clint: Ich mag „Occult Delight“. Oder nur „Occult“.
Philip: „She, Untamed“ ist auch gut, ich denke, das ist etwas für eine wilde Frau. Vielleicht nehmen wir noch einen Song auf. Ich schreibe extra dafür einen Song, in dem jede einzelne Zeile ein Tattoo sein könnte. So in etwa: „Pizza, Beer, Party“.

Das würde ich mir sofort stechen lassen.
Perfekt.

Occult Delight ist bei Light Organ Records erschienen. Holt es euch hier oder bei iTunes.

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