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You Need to Hear This

Scheiß auf Musiktheorie. Dieser Typ behauptet, dass man Musik am besten mit dieser App lernt

Mit Hilfe emotionaler Reaktionen, Farben und Lernspielen will Meludia dir beibringen, Musik zu verstehen.

Ein Screenshot von Meludia

Wenn du dich jemals daran versucht hast, Musik- und Notenlesen zu lernen, weißt du, wie viele Bücher, verbitterte Klavierlehrer und monetäres Grundkapital es braucht, um die Einzelheiten jeder Note auf der hexatonischen Tonleiter zu verstehen.

Bislang waren die billigeren Alternative, entweder (A) als Genie auf die Welt zu kommen oder (B) auf Ultimate-Guitar.com zu gehen, Tabs zu lesen und mit etwas Geduld und Spucke dann eines Tages vielleicht so weit zu kommen, dass man die immer gleichen drei Songs von Green Day, Oasis und Radiohead nachspielen kann. Diese Zeiten könnten aber vielleicht schon bald der Vergangenheit angehören. Ein neues Lernspiel für Musik mit dem Namen Meludia möchte die Musikerfahrung für Anfänger und Experten vereinfachen. Wie das? Es lässt das kryptisches Gekritzel und die enervierende Wiederholungen von „Für Elise“ einfach bei Seite und ersetzt sie mit etwas, das Synästhesie recht nahe kommt—inklusive bunter Farben und sich verändernden Formen.

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Knapp formuliert lautet das Ziel von Meludia, Menschen durch emotionale Reaktionen etwas beizubringen, anstatt sie mit musiktheoretischem Fachjargon zu Tode zu langweilen. Das sieht in der Praxis in etwa so aus: In einer Lektion geht es darum, einzuschätzen, ob eine Note höher oder tiefer auf der Tonleiter sitzt—eine recht einfache Methode, um den tatsächlichen Klang von Noten zu lernen—und in einer anderen lernt man, welche Noten genau einen Akkord ausmachen. Die Aufgaben fangen leicht an, werden mit der Zeit aber anspruchsvoller. In den fortgeschritteneren Übungen bekommt man es dann mit obskuren Taktangaben und Aufgaben zu tun, bei denen man disharmonische Noten herausfinden muss. Das sind die entfernten Cousins der Musik und haben bislang auch die gewieftesten Musiker verwirrt.

Ich habe mich mit Paul von Meludia darüber unterhalten, wie Menschen durch Emotionen lernen können und warum die App versucht, allen Menschen von Profi bis Poser beizubringen, was Musik ist.

YNTHT: Was hat dich dazu gebracht, etwas wie Meludia entwickeln zu wollen?
Paul: Abgesehen von der Tatsache, dass Musik eins dieser wenigen universellen Merkmale ist, das alle Gesellschaften in der Menschheitsgeschichte miteinander verbindet, herrscht diese Vorstellung, dass musisches Können eine gegebene Begabung ist, über die nur wenige Menschen verfügen. Meludia will zeigen, dass wirklich jeder ein Musiker sein kann.

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Wie hat die Geschichte von Meludia begonnen?
Eigentlich fing alles schon vor 25 Jahren mit dem Komponisten und Musiklehrer Vincent Chaintrier an, dem Gründer von Meludia. Vincent hat in seinem Leben schon über 3.000 Musiker unterrichtet.

OK, und wie ist daraus dann eine Geschäftsidee geworden?
Vor vier Jahren hat Bastien Sannac, ein Musiker mit Business-Hintergrund, bei Vincent Kompositionsunterricht genommen und war von der Effizienz von Vincents Methode begeistert. Zusammen haben sie dann entschieden, Vincents Philosophie in ein Online-Spiel zu verwandeln. 2012 haben sie eine Alpha-Version von Meludia erstellt und sie an 300 Menschen getestet: Nicht nur Freunde, Familie und Nichtmusiker, sondern auch professionelle Musiker und Musiklehrer. Eine neue Version von Meludia wurde dann Ende 2013 veröffentlicht.

Wie funktioniert es?
Der Ablauf ist sehr einfach: Zuhören, Erkennen und Wiederholen. Das Programm nutzt die vorhandenen Fähigkeiten deines Gehirns aus und erleichtert den Lernprozess. Es verändert außerdem unsere Sicht auf Musik: Dir wird es noch viel mehr Spaß machen, deine Lieblingslieder zu hören, wenn du die Theorie dahinter verstehst. Bevor wir uns aber in die Theorie stürzen, sprechen wir die musikalische Praxis über Sinne und Emotionen an. Es ist wie bei Sprachen: Es ist viel natürlicher, erst zuzuhören und etwas zu sprechen, bevor man anfängt, die Grammatik zu lernen.

Das macht Sinn. Wie kann man aber durch Emotionen lernen?
Die Frage sollte eigentlich lauten, wie es möglich sein soll, Musik zu lernen, ohne Emotionen, Freude und Kreativität anzusprechen?

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Ernsthaft …
Vincent hat herausgefunden, dass alle Musikgenies zwei Dinge gemein hatten: Ein sehr gutes Gehör für die grundlegenden Elemente der Musik und einen starken, inneren, emotionalen Antrieb. Wir haben einen universellen Weg kreiert, um sich diese beiden Elemente anzueignen.

Gut, aber es nicht sehr einfach, ein musikalisches Genie zu sein, auch wenn man diese App nutzt.
Ja, wir haben noch niemanden gesehen, der die schwersten Meludia-Übungen gemeistert hat—selbst professionelle Musiker nicht. Unsere höchsten Schwierigkeitsstufen sollen dabei helfen, dass „musikalische Hirn“ weiter zu ermächtigen, indem sie Fortschritte und Kreativität freisetzen. Alle Musiker wissen, wie viel diese Arbeit im Hintergrund ausmacht.

Von wem hat Vincent denn gelernt?
Vincent begann mit klassischer Musik, bevor er dann zum Jazz wechselte. Er hat mit berühmten Jazzmusikern wie Kenny Barron, Michel Sardaby und Bernard Maury zusammengearbeitet und zusammen mit Bill Dobbins Arrangements studiert. Sein ganzes Leben lang hat er die wichtigsten Einflüsse der Musiktheorie studiert, darunter Jean-Philippe Rameau, Hugo Riemann, Hermann Von Helmholtz, Erno Lendevaï und Heinrich Schenker.

Was denkst du, in welche Richtung sich Musik und Technologie in Zukunft bewegen wird?
Wir gehen davon aus, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre eine neue musikalische Ära eingeleitet wird. Die Zahl der Musiker wird dramatisch ansteigen. Das ist zuvor schon mit Video, Fotografie und der Schriftstellerei passiert: Die Demokratisierung in Form von zugänglichen Produktions- und Veröffentlichungsmöglichkeiten hat dazu geführt, dass unzählige neue Schaffende auf der Bildfläche erschienen sind. Das gleiche wird auch mit Musik passieren.

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OK.
Anhand des Erfolges von Software wie Garageband und Plattformen wie Soundcloud können wir jetzt schon die Vorläufer davon sehen. Und wir planen, in der kommenden Revolution eine wichtige Rolle zu spielen, indem wir allen die Möglichkeit geben, ihre Werke zu verwirklichen.

Was, meinst du denn, hat bislang gefehlt? Was ist die geheime Zutat, die Meludia jetzt bereitstellt?
Bei uns steht Freude und Kreativität im Zentrum des Lernprozesses. Das macht einen riesen Unterschied, wenn du dich als Neuling mit etwas beschäftigst. Wir verändern allerdings auch die Reihenfolge des Lernprozesses. Wir fangen nicht mit Notenlesen oder Solfége an—auch wenn es dann später auftaucht. Stattdessen fördern wir in den ersten Übungswochen Komposition und Improvisation. Es ist wichtig, dass die Leute schnell anfangen, „mit Musik zu spielen“. Anstatt also die abstrakten und theoretischen Aspekte schon zu Beginn zu lernen, konzentrieren wir uns lieber auf das sinnliche Erkennen der grundlegenden Elemente. Auf diese Weise können die werdenden Musiker ein besseres und tieferes Verständnis erlangen.

Dan Wilkinson ist bei Twitter - @KeenDang

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