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Elliphant will eine süße Pop-Prinzessin sein

Aber bloß nicht auf die klassische Art. Die schwedische Schönheit wird als Nachfolgerin von M.I.A. gehandelt und glaubt an Aliens.

Fotos: Christoph Voy

Wenn es nach der 27-jährigen Schwedin Elliphant ging, wäre sie gern eine Pop-Prinzessin. Aber nur manchmal. Und vor allem nicht auf die klassische Art. Ellinior Olovsdotter hat das Gesicht und den Körper einer typisch schwedischen Schönheit, setzt aber alles daran, diese Schönheit ein klein wenig zu brechen. Mit zerzausten Haaren, verschmierter Mascara und ständigem Rülpsen, verhält sie sich bei unserem Interview eher wie ein Prolet als eine Prinzessin und springt auf den Tisch, um für die Kamera zu posieren. Manchmal will sie aber einfach nur süß sein, vor allem, wenn es um Liebe geht. Das genaue Gegenteil von Katy Perry. Von der glaubt sie nämlich, dass sie zwar das süßeste Mädchen der Welt ist, es beim Sex aber bestimmt total hart mag. Dreißig Minuten, viel Bier und einige Zigaretten später, hatte ich noch mehr von ihr, als die Fantasien über Katy Perry erfahren. Dass sie an Aliens glaubt, zum Beispiel oder wie ihr krassester Drogentrip abgelaufen ist—irgendwo im Norden von Goa, an einem verlassenen Strand.

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Klassisch süß ist die schwedische Newcomerin, die bei Dr. Luke unter Vertrag steht, also vielleicht nicht, aber auf der Bühne energiegeladen und verdammt cool. Vielleicht macht er sie ja doch zur nächsten Pop-Prinzessin.

YNTHT: Stimmt es, dass du mit Fünfzehn die Schule abgebrochen hast?
Elliphant: Ja, das stimmt. (lacht)

Wieso?
Oh Mann, das war wirklich eine schlimme Zeit damals. In Schweden herrscht eigentlich Schulpflicht bis du Siebzehn bist. Weil ich aber so schlechte Noten hatte, sollte ich die Schule wechseln. Dabei sind der Verwaltung irgendwie meine Papiere verloren gegangen. Für einen kleinen Moment, hatte ich keine Schule, auf die ich gehen konnte. Ich habe dann einfach meine Chance ergriffen und weg war ich.

Was hast du stattdessen gemacht?
Ich habe angefangen in der Küche eines Restaurants zu arbeiten, das einem Freund meiner Mutter gehörte. Sie hatte komischerweise früher viele Dates mit Köchen. Die Arbeit dort hat mich sehr verändert. Ich war früher in der Schule total aggressiv, keiner mochte mich. Zum ersten Mal habe ich dann etwas gut gemacht und Leute waren stolz auf mich. Zwei Jahre später bin ich nach Indien.

Wie hast du dich seitdem weitergebildet?
Das Leben hat mich weitergebildet. Und meine Mutter—auch wenn sie viele Drogen und Alkohol konsumiert und zu viele Partys gefeiert hat, als ich klein war. Ich glaube ihr Problem liegt darin, dass sie einfach zu hübsch ist. Eine extrem hübsche Frau, die ohne einen Vater aufgewachsen ist. Die Geschichte wiederholte sich dann bei meiner Schwester und mir, als Kinder hatten wir auch keinen Vater. Gerade deswegen war meine Mutter uns gegenüber immer sehr offen—das war so viel „Schule“ für mich. Sie ist meine Heldin.

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Du bist viel gereist, oder?
Ja, es waren sehr lange Reisen. Meistens Asien. Thailand, Laos, Kambodscha, Myanmar, Indonesien und immer Indien. Für mich war es der Start in ein neues Kapitel und der Beginn der Person, die ich heute bin. Ich habe eine neue Identität erschaffen, eine ganz neue Person, eben Elliphant. Das ist echt hart, wenn du in einer kleinen Stadt wie Stockholm lebst und versuchst, dich selbst zu finden. Da sind deine Freunde, deine Familie, all das beeinflusst dich. Um wirklich herauszufinden, wer man ist und was man will, muss man weg. Weit, weit weg von allem. Das habe ich dann gemacht und wurde ein anderer Mensch.

Erinnert mich an Alexander Supertramp.
Alexander Supertramp?

Ja, der Typ aus Into The Wild.
Ach klar, stimmt. Jetzt hab ich es verstanden! Ich mag den Film. Hoffentlich geht meine Geschichte nicht so traurig aus, wie seine. Das einzige, was er am Ende erkennt, ist, dass du nichts ohne die Menschen um dich herum bist. Aber da hat er ja Recht.

In so ziemlich jedem Artikel über dich steht, dass du dich wie M.I.A. anhörst. Magst du den Vergleich oder nervt das?
Ja, ist mir auch schon aufgefallen. Beides ein bisschen, glaube ich. Das Gute ist, dass sie mir die Türen für das, was ich heute mache, geöffnet hat. Hätte es sie nicht gegeben, wäre ich wahrscheinlich nicht dort, wo ich jetzt bin. Aber sie ist anders als ich. Sie ist sehr politisch—und das bin ich nicht. Also nicht auf ihre Art. Außerdem wurde ich nie wirklich von ihr inspiriert oder so, falls das alle denken. M.I.A. ist schon echt cool, aber musikalisch inspiriert haben mich die B-52’s, Rage Against the Machine oder The Prodigy. Ich höre eigentlich überhaupt keine neue Musik, sondern nur 90er. Ich liebe die 90er einfach. Das war eine geile Zeit.

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Wo siehst du den größten Unterschied zu heute?
Heute macht das Musik machen keinen Spaß mehr. Es stirbt sogar aus. Wenn du heute Musik machst, gehst du ins Studio und nimmst etwas auf. Danach werden die Beats in Kanada gemacht, in Schweden kommen dann noch ein paar Vocals dazu und am Ende wird das Ganze zu einem Mixer in New York geschickt. Du verdienst zwar dein Geld damit und gehst auf kommerziellen Erfolg. Aber das wars. Ich glaube, das war noch nicht immer so. Nehmen wir die B-52’s zum Beispiel. Wenn ich diese Musik höre, kann ich richtig spüren, wie viel Spaß sie damals gehabt haben. Sogar als ihr Drummer damals gestorben ist. Da haben sie dann dieses Lied gemacht, den Lobster-Song. Ich möchte zwar nicht die gleiche Musik machen, aber es ist ihre Einstellung, die mir gefällt. So möchte ich auch sein. Das passt viel besser zu mir, als M.I.A., ich bin viel mehr Popstar als sie. Ich mag es einfach zu singen und will manchmal auch süß sein (grinst und legt den Kopf schief). Auf meinen neuen Liedern werde ich mehr singen, als früher.

Als süße Pop-Prinzessin hätte ich dich jetzt nicht gerade eingeschätzt.
Doch, manchmal will ich das sein. Aber nicht auf die klassische Art, das war schon immer so. Ich war ehrlich gesagt nicht gerade ein hübsches Kind. Auch nicht, als ich dann etwas älter wurde. Mit vierzehn hatte ich keine Augenbrauen und niemand stand auf mich. Richtig hübsch wurde ich erst ziemlich spät, vor ein paar Jahren erst. Dann wurde mir auch klar was für eine Macht dir das gibt—du musst sie nur richtig einsetzen.

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Wie setzt du deine Schönheit richtig ein?
Ich finde Schönheit, die nicht auf den ersten Blick sichtbar ist, viel interessanter und vollkommener, als diese klassische Modepüppchen-Schönheit. Das ist auch der Grund, wieso ich manchmal einfach abgefuckt aussehe. Ich bin total stolz auf das Video zu „Make It Juicy“, weil ich da einfach so dreckig und krass bin. Ich mag eben gebrochene Schönheit abseits von diesen Girly-Sachen. Ich glaube, dass ist auch der Grund, wieso Männer mich so gern haben.

Tun sie das? Erzähl mal.
Nein, nicht so wie du denkst (lacht). Für Männer bin ich eher der Kumpeltyp. Ich bin nicht die Art Frau, mit der sie zusammen sein wollen oder die sie später mal heiraten—ich bin ihre Freundin oder die Schwester, die sie nie hatten. Deswegen mögen sie mich. Aber ich fände es schön, wenn Männer mir etwas offener gegenüber wären. Ich finde es so schwierig was mit einem Kerl anzufangen—das passiert so gut wie nie bei mir.

Bist du gerade vergeben?
Nein, ich bin Single (lacht und gibt mir ein High Five). Aber ich habe eine ziemlich harte Trennung hinter mir. Wir waren vier Jahre zusammen, das Ganze war wirklich hart für mich. Es war meine einzige und große Liebe, bis jetzt. Ich habe mich damals unsterblich verliebt. Er war der erste, der mich „Baby“ nannte. Nach meinen Shows rief er mich an und meinte einfach nur „Baby, alles okay?“. Genau das brauche ich. Es muss eben ausgeglichen sein, manchmal muss auch ich zur Ruhe kommen. Vor allem wenn es um Liebe geht, da entdeckt man ganz neue Seiten von sich selbst. Ich wette jemand, der nach außen so hart wirkt, wie zum Beispiel Keith Flint von The Prodigy, ist zuhause total der Softie und fragt seine Freundin mit einer Samtstimme, „Süße, was willst du heute essen, Gemüse oder Fleischbällchen?“. Oder Katy Perry—das süßeste Mädchen der Welt—sie mag es bestimmt total hart beim Sex. So ist das auch bei mir, nach außen bin ich krass und provokant, aber innerlich bin ich ein Softie. Mittlerweile weiß ich aber gar nicht mehr wie sich Liebe anfühlt. Also nein, ich habe keinen Freund gerade. Das ist wirklich das Allerletzte, was ich gebrauchen kann.

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Wir haben ja vorher festgestellt, dass du eigentlich eine Pop-Prinzessin bist. Würdest du deine Musik als Pop bezeichnen?
Was wir machen ist Provocative-Pop, Pro-Pop. Ich sage auch gerne Wild-Wild-West-Pop dazu—also ja, irgendwie schon.

Und worum geht es in deinem Wild-Wild-West-Pop?
In meiner Musik geht es vor allem um zwei große Themen: das Gefühl auf der Tanzfläche haben und die Drogen, die wir nehmen.

Berlin ist wahrscheinlich der perfekte Ort, um das zu erklären, denn eine Sache, die mich wirklich beschäftigt, ist die unendliche Liebe der Menschen zu Techno. Ich finde, man darf diese Musikrichtung nicht nur als „Lärm“ bezeichnen. Die Leute brauchen das einfach. Wir haben keine Stammesrituale oder ähnliches in unserer modernen Welt. In einem Techno-Club stehen da hunderte von Leuten, mit Blick auf diesen einen Typ. Man kann ihn nicht mal richtig sehen, er ist versteckt hinter diesen verdammt geilen Maschinen und kreiert Musik. Musik, zu der sich dann all diese Leute bewegen, zusammen. Das ist so unfassbar gut, weil die Menschen es einfach brauchen—so war es schon vor über tausend Jahren. So etwas hat man eben gemacht, um Spaß zu haben. In meinen Texten geht es sehr oft um dieses Gefühl in der modernen Welt gefangen zu sein, denn in seiner Natur ist jeder Mensch noch genauso wie vor tausenden von Jahren, glaube ich zumindest. Die meisten verdrängen das natürlich und kommen auch gut damit klar, wie es heute ist. Aber viele auch nicht, das sind dann diejenigen, die im Drogensumpf oder auf der Straße enden. Die eigentlich „guten“ Menschen. Wir sollten uns mehr um sie kümmern.

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Wie stehst du denn selbst zum Thema Drogen?
Ich bin ziemlich offen, wenn es um dieses Thema geht und stehe auch dazu.

Was war die härteste Droge, die du je genommen hast?
Ich habe einmal DMT geraucht. Oh Mann, das war wirklich krass. Es war während einer meiner Reisen, ich saß gerade irgendwo im Norden von Goa am Strand und da kam ein Typ aus dem Dorf. Ich hatte ihn davor ein paar Mal gesehen, er wurde von allen „D“ genannt, ein Inder. Er erzählte mir, dass er gerade drei Wochen lang im Dschungel war und mir etwas mitgebracht hat. Er hat diese ganz besonderen Blumen gesucht, aus denen man pures DMT gewinnen kann und er hat sie wirklich gefunden. Es dauerte so lange, weil man ziemlich viele davon braucht, um genug für zwei Leute zu haben. Das Ganze war dann wie eine Zeremonie. Ein paar Minuten, die ich niemals vergessen werde. Ich habe mich selbst als Junge gesehen, wie wenn man einen Film sieht. Aber die Wirkung hielt nur sehr kurz an, ungefähr drei Minuten. „D“ erzählte mir, dass man dieses Gefühl eigentlich nur zwei Mal im Leben hat: In dem Moment wenn du geboren wirst, kurz bevor du das Schreien anfängst und in dem Moment, in dem du stirbst und diese Art Licht siehst.

Hast du Angst vor dem Tod?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe natürlich Angst davor, dass Menschen, die ich liebe, sterben. Aber nicht davor, selbst zu sterben. Wer weiß, was danach kommt.

Bist du denn religiös?
Ich fühle mich sehr religiös, ja. Aber ich glaube mehr an das Universum und die Evolution, als an Jesus. Ich glaube eher an Aliens, als an Jesus. Das Universum hat uns so viel gelehrt, finde ich. Ich sehe überall Magie, aber vor allem in den Sternen. Sternzeichen und sowas, das ist woran ich glaube.

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Welches Sternzeichen bist du?
Ich bin Waage. Und du bist… warte, ich errate es: Stier?

Leider falsch, ich bin Krebs.
Oh Mist, entschuldige. Dann lag ich ja voll daneben. Du bist also innerlich auch ein Softie, gib es zu! (lacht) Harte Schale, weicher Kern.

Auf der Bühne und in deinen Videos wirkst du total cool und selbstsicher. Ist das echt oder auch nur deine harte Schale?
Weißt du, ich war früher das klassische Bad Girl aus dem Film. Ich habe geklaut, ich bin oft auf die Schnauze gefallen, wurde verarscht, habe andere verarscht. Ehrlich gesagt, hatte ich nicht besonders viele Freunde früher. Bis zu Elliphant. Seit ich Elliphant bin, habe ich Freunde. Elliphant-Freunde. Eine wunderbare Crew, Menschen, die meine Musik gerne hören, Menschen, die ich stolz machen kann. Das hatte ich davor nie. Also jetzt, mit 27 Jahren, kann ich endlich von mir behaupten, dass ich Freunde und eine Crew habe, die hinter mir stehen. Für Auftritte und Videodrehs, reisen durch die ganze Welt und ich kann mich immer sie verlassen. Ich schätze das macht mich selbstsicher. Und cool.

Wie war der Videodreh zu „Down On Life“?
Es war supercool. Wir haben das Video in Island gedreht und waren eine sehr kleine Crew. Ich war Sängerin, Make-up Artist und Styling Guide in einer Person. Die zwei Mädchen, die im Video mitspielen, habe ich über Facebook ausgesucht. Eine von ihnen kommt auch aus Schweden und ich hab sie einfach angeschrieben und gefragt, ob sie Bock auf einen Videodreh mit mir hat. Es war echt kalt, aber hat total Spaß gemacht. Wir haben das Ding auch selbst geschnitten und all sowas. War teuer genug (lacht), aber ich mag es sehr.

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Letzte Frage, an was arbeitest du gerade?
Letzte Woche hat mich Skrillex angerufen. Ich kam gerade von einer Party als er anrief und meinte „Hey Elli, lass doch mal treffen und zusammen Musik machen“. Das haben wir dann gemacht. Wir waren eine Woche lang zusammen im Studio in Stockholm und haben ein paar Songs aufgenommen, sechs oder sieben Stück. Mit Dr. Luke habe ich vor kurzem auch ein paar Lieder gemacht. Und dann sind da noch viele kleinere Sachen am Laufen. Die Songs, die ich gerade spiele sind also „alte Songs". Es kommt bald Nachschub.

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