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You Need to Hear This

Eine Hypnose-Sitzung mit Dinner

Statt nur über seine Musik zu reden, besuchte mich der dänische Musiker Dinner, um mich zu hypnotisieren.

Fotos: Aljoscha Redenius.

Das erste, das ich gefragt werde, als ich erzähle, dass der dänische Musiker Dinner zu mir nach Hause kommt, um mich zu hypnotisieren, ist: „Ist noch jemand dabei, um auf dich aufzupassen?“ Erst danach wird gefragt, warum er mich eigentlich hypnotisieren will. Anders Rhedin aka Dinner hat gerade ein Hypnose-Mixtape veröffentlicht, A Dream Journey - Guided Meditation, und will anstatt nur darüber zu sprechen, seine Meditations- und Hypnosekünste persönlich vorführen.

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Also kommt Dinner eines Abends bei mir zu Hause vorbei, um Gesagtes in die Tat umzusetzen. Eines steht sofort fest: Er hätte mich auch ohne einen anwesenden Fotografen hypnotisieren dürfen. Die zweite, größere Frage—das ‚Warum‘—wird dagegen erst später beantwortet. Als erstes aber klären wir, ob ich irgendwelche Ängste oder Phobien habe. Auch wenn Dinner diese Art von Hypnose erst seit kurzem praktiziert, ist es nicht sein erstes Mal. Eine Freundin von ihm hatte mal eine sehr unangenehme Erfahrung, da sie große Angst vor Vögeln hat und während der Hypnose ein paar Vögelchen begegnet ist.

Nachdem geklärt war, dass ich kein Problem mit Vögeln habe, erklärt er mir noch, dass er mich nicht wie ein Huhn durch die Gegend rennen lassen wird, diese Art von Hypnose betreibe er nicht. Er nennt es „Stage Hypnosis“: Die Art, bei der Magier auf der Bühne jemanden aus ihrem Publikum auswählen und sie wie eine Marionette herumkommandieren. Er wird mir auch nicht das Rauchen abgewöhnen können, das sei Hypnosetherapie. Bei seiner Art von Hypnose gehe es darum, eine kleine Reise zu unternehmen, sich zu entspannen und im besten Fall, eine angenehme Erfahrung daraus mitzunehmen.

Auf seinem gerade erschienenen, 15-minütigen Mixtape A Dream Journey führt Dinner mit seiner tiefen, eindrucksvollen Stimme durch ein Drone-lastiges Soundgebilde. Bevor es los geht, weist eine weibliche Stimme darauf hin, während des Hörens nicht Auto zu fahren oder andere schwere Maschinen zu bedienen. Ähnlich läuft unsere Hypnose auch ab—zwar ohne Sicherheitshinweis, aber mit der gleichen Musik im Hintergrund. Ich muss mich in die Mitte des Zimmers setzen, um mich herum stehen ein paar Kerzen und Dinner läuft mit einem brennenden Duftholz im Kreis um den Sessel und brabbelt irgendetwas auf Dänisch. Danach legt er seine Hände auf meinen Kopf und spricht—ähnlich wie auf dem Mixtape—zu mir. Körperteile entspannen, loslassen, relaxen. Okay.

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Als ich tiefenentspannt bin, soll ich mir vorstellen, eine Treppe herunterzugehen, an einem Strand zu sein, auf einem Felsen zu stehen und dann irgendeinem Licht hinterher zu fliegen. Meine Vorstellungskraft reicht leider nicht so weit, dass ich den letzten Teil verstanden hätte. Stattdessen frage ich mich die ganze Zeit, ob er will, dass ich in das Licht gehe und mich umbringe. Ich denke angestrengt darüber nach, wie dieses Licht denn aussehen soll.

Dass ich aufgrund meiner mangelnden Spiritualität wahrscheinlich ein harter Fall für ihn werde, habe ich Dinner vorher nicht gesagt. Aber er hatte zum Glück auch nicht die Ambition, mich zu beherrschen. Als ich ihm nach der Hypnose sage, dass ich mich jetzt seltsam fühle, sagt er, das sei ein gutes Zeichen.

In meiner eigenen Definition würde ich die Hypnose eher als eine Meditation bezeichnen, damit hätte Dinner wahrscheinlich kein Problem. Er meditiert seit neun Jahren täglich und hat einst auf einem Berg in der Algarve die Kunst des Qigong erlernt. Letztes Jahr hatte er dann auf einem seiner Konzerte in Berlin die spontane Idee, eine Massenhypnose in die Show zu integrieren. Dinner sagt, es funktioniere gut, auch wenn es immer einen gebe, der gelangweilt in der Gegend rumsteht. Aber das störe ihn nicht. Stolz erzählt er, dass ein Freund seine Shows als „Pop-Ritual“ bezeichnet.

Tatsächlich ist der Gedanke, dass Popmusik und Meditation, Hypnose oder andere spirituelle Erfahrungen nicht weit voneinander entfernt sind, nicht so abwegig. Musik kann dich ebenso in einen Trance-artigen Zustand versetzen, deine Stimmlage ändern oder dich in Gedanken verlieren lassen—auch wenn das weniger bewusst passiert, als wenn du dich hinsetzt und dir vornimmst zu meditieren. Natürlich hatte ich während der Hypnose keine lebensverändernde Erfahrung, die mich alles in einem anderen Licht sehen lässt, wie es so manch einer erwarten mag. Aber wer sagt denn, dass man so eine Erfahrung braucht, um zu wissen, dass man gerade etwas Spirituelles oder Übersinnliches erlebt hat? Es gibt auch keine Definition dazu, ab wann der Zustand einer Trance beginnt—wenn du verträumt in die Gegend starrst, wenn du vertieft in Gedanken bist oder sogar wenn du Musik hörst.

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„Es hat viel mit Musik zu tun, es geht um Transzendenz“, sagt Dinner „Wenn du einen guten Song hörst—egal aus welchem Bereich—kann es deine Art, wie du etwas siehst oder aufnimmst, verändern … wenn auch nur ein bisschen.“ Eben das ist auch die Motivation hinter seiner Hypnose. Im besten Fall möchte er den Horizont erweitern. In allen anderen Fällen die Art ändern, wie man etwas aufnimmt oder erlebt—auch wenn es nur die wenigen Minuten sind, in denen man mit ihm „auf einer Reise“ ist. Oder eben die wenigen Minuten danach, in denen man sich komisch fühlt. Und wenn auch nur ein kleines bisschen.

A Dream Journey - Guided Meditation gibt es hier zum Anhören und Downloaden.

Dinner bei Facebook und Soundcloud.

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