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You Need to Hear This

Dieser Typ kann W-Lan hören und es klingt nach Minimal

Und es klingt nach Minimal.

W-Lan ist oft nicht leicht zu finden. Wir stehen herum und suchen verzweifelt nach offenen Netzwerken, ganz egal wie dubios die Namen auch sein mögen. Wir haben uns so sehr an Wi-Fi gewöhnt, dass wir in Momenten, wo unser Handy keines findet, automatisch von einer technischen Störung ausgehen. Jetzt, wo die wissenschaftlichen Möglichkeiten gelegentlich unsere feuchten Träume überholen (Indoor Skydiving!), hat jemand ein Gerät entwickelt, das dir hilft, W-Lan in der Nähe zu finden—indem du es hörst.

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Ihr werdet jetzt sagen, dass ihr euch eh jeden Tag die Geräusche der Stadt anhören müsst. Und dass ihr jetzt sicher nicht auch noch den Sound des Internets ständig um euch herum haben wollt. Das ist eine legitime Meinung, gilt aber nicht für jeden: Entwickelt wurde das Ganze vom Wissenschaftsjournalisten Frank Swain, der langsam aber sicher sein Gehör verliert und ein Hörgerät tragen muss, seitdem er 16 ist. Als er eines Tages sein Hörgerät anschaute und darüber nachdachte, wie es bestimmte Frequenzen verstärkte und andere wegschneidet, kam ihm die Idee, dass man das selbe ja eigentlich auch für Wi-Fi machen könnte.

Das Projekt trägt den Namen Phantom Terrains und ist eine Kollaboration zwischen Frank und dem Soundkünstler Daniel Jones. Es funktioniert über einen Empfänger, der Signale von Wireless-Netzwerken empfängt und sie über Franks iPhone an sein Hörgerät weitergibt. Sie haben nach sechs Monaten Arbeit gerade den ersten Prototypen getestet und eine Soundprobe veröffentlicht, die nach Minimal klingt und hier von euch angehört werden kann. Ich persönlich hätte mir eher Glitch Step als Minimal gewünscht, aber man kann ja nicht alles haben.

Ich habe mich mit Daniel über den Sound von Wi-Fi unterhalten. Und darüber, ob jemand das Ganze eigentlich wirklich braucht.

Noisey: Wie ist das Projekt zustande gekommen?
Daniel: Phantom Terrains basiert auf der Frage, ob sich Franks Hörfehler in einen Vorteil verwandeln lässt. Er muss sein Hörgerät jeden Tag tragen—wir wollten ihm die Möglichkeit geben, Sachen zu hören, die nicht jeder hören kann. Wir wollten diese hochempfindlichen, technologischen Geräte als Interface benutzen, um damit Informationen über die Welt um Frank herum anzuzeigen. Die Möglichkeit, Wi-Fi-Netzwerke zu hören ist die erste Fallstudie.

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Warum sollte man überhaupt W-Lan-Netzwerke hören wollen?
Zuerst einmal sind sie ein Teil unserer Umgebung. Sie haben jeden Quadratzentimeter des öffentlichen Raums erobert, wir nehmen sie aber trotzdem erst dann wahr, wenn wir online gehen. Netzwerke haben, ähnlich wie eine Stadt, eine ganz eigene Topographie: Manche Plätze sind in der Realität leise, in Sachen Wi-Fi aber laut und überfüllt; Andere Orte—die U-Bahn zum Beispiel—sind in der Realität laut, von den Netzwerken her aber eher still. Mit einem Interface, das dir das anzeigt, ist es fast ein bisschen so als würdest du durch eine unsichtbare Stadt gehen, die jemand über die „richtige“ Stadt gelegt hat. Es gibt aber auch ganz praktische Anwendungsbereiche: Zum Beispiel kann man man einen Ton aussenden, wenn es ein offenes Netz an einem Ort gibt.

Wie seid ihr das Ganze rein praktisch angegangen?
Wir wollten kein zusätzliches Riesen-Equipment, sondern hauptsächlich das nutzen, was Frank eh schon jeden Tag mit sich herumträgt. Wir haben also eine App für sein iPhone entwickelt, die ständig die Umgebung nach Netzwerken scannt und die Audiosignale per Bluetooth an sein Hörgerät sendet.

Musstet ihr dafür hacken?
Leider ja. Apple erlaubt keine Apps in diese Richtung, also mussten wir das iPhone jailbreaken.

Wie habt ihr den Sound selbst entwickelt?
Am Anfang sind wir in London herumgelaufen, haben tonnenweise Daten über die verfügbaren Netzwerke gesammelt und sie in großflächige Geo-Visualisierungen verwandelt. Dann haben wir geschaut, wie wir diese am besten in Soundmaps umwandeln können. Was sollte man dabei am klarsten hören, was kann völlig draußen bleiben? Wir haben einen Algorithmus entwickelt, der kontinuierlich die empfangenen Daten filtert und in Sound verwandelt.

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Lässt sich das Projekt in den Body Modifikation-Trend einordnen?
Es geht darum, Sound konsequent präsent zu machen und in die tägliche Routine einzubauen Wenn etwas immer da ist, verändert es unsere Art, Dinge wahrzunehmen. Es wird quasi ein neuer, sechster Sinn erzeugt.

Wie würdest du den Sound beschreiben?
Es war schwierig sich da zu entscheiden, weil es ja ein immerwährender Sound sein sollte. Also sollte er einerseits nicht ablenken oder zu abrupt wechseln, aber andererseits auch vielfältig genug sein, um die Änderungen in der Verfügbarkeit von W-Lan-Netzwerken richtig anzuzeigen. Nach einigen Versuchen haben wir uns für einen minimalistischen, elektronischen Zugang entschieden. Weit entfernte Netzwerke hört man als Klicken, das häufiger wird, je näher man ihnen kommt. Das Ganze klingt sphärisch, als würde man sich durch den Cyberspace bewegen.

Kann man hören, wie gut oder schlecht ein W-Lan ist?
Wir haben uns auf bestimmte Eigenschaften konzentriert, die ein Netzwerk ausmachen: Seinen Namen, seine Netzstärke, seine Sicherheitseinstellungen. All das kann man mit Phantom Terrains hören.

Was kann man noch aus dem Projekt mitnehmen?
Das ist jetzt die erste Fallstudie, in der wir schauen, wie gut sich die Umgebung mit kontinuierlichem Sound abbilden lässt und welche Auswirkungen es darauf hat, wie ein Mensch seine Umwelt wahrnimmt. Grundsätzlich gibt es keinen Grund, warum sich etwas um uns herum nicht als Sound darstellen lassen sollte. Dan Wilkinson schreibt ständig über Nerd-Zeug und ist auf Twitter.

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