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You Need to Hear This

,Marshall Mathers LP 2‘ ist das Album, auf das alle Eminem-Stans gewartet haben

Es ist die lebendige, atmende Autobiografie, eines außergewöhnlichen und komplexen Künstlers.
Ryan Bassil
London, GB

Auf Eminems neuem Album Marshall Mathers LP 2 gibt es einen Track namens „Legacy“. Der Refrain ist eine eloquente Wiederholung der Zeile „This is my legacy“—und Eminem rappt: „You don’t respect the legacy I leave behind, y’all can suck a dick / The day you beat me, pigs’ll fly up my ass in a flying saucer full of Italian sausage“.

Das ist die perfekte Quersumme eines Albums, das sowohl ich-bewusst und introspektiv, als auch zornig und, auf eine clevere Weise, sogar humorvoll ist. Das Album, das die Fortsetzung der Marshall Mathers LP sein soll, ist eigentlich gar kein Nachfolger. Es ist die Autobiografie eines Marshall Mathers 2.0, eines 27-Jährigen der 41 geworden ist, und dessen Erbe.

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Von allen Rap-Giganten hat Eminem die schwierigste Phase hinter sich. Vor zwei Wochen habe ich geschrieben: „Er wird niemals ein experimentelles Ausrufezeichen wie Yeezus veröffentlichen, und er wird auch keinen zweiten „Real Slim Shady“ erschaffen, denn dann wäre dieses Format ja nicht mehr einzigartig. Er hat seinen Kampf zurück zur öffentlichen Wichtigkeit einfach verloren.“ Stattdessen knüpft das neue Album an das an, was Eminem am besten kann. Es gibt große Pop-Singles, instinktiven Zorn, technische Schockstarren, von Rock beeinflussten Rap, schwarzen Humor und eine Schippe Selbstreferenz. Keines dieser Elemente überwiegt das andere, was ein ausgewogenes Grundgerüst der Arbeit zum Ergebnis hat, die eine Momentaufnahme der Marshall Mathers Story ist—soweit.

Das Album beginnt mit „Bad Guy“, einem siebenminütigen Knall, der sich im Grunde als Referenz auf „Stan“ zusammenfassen lässt. Der Song ist unglaublich selbstbezogen, und erzählt aus der Perspektive des 6-jährigen Matthew, wie er „six hours in the blistering cold“ gewartet hat.

„It's just me, you and the music now, Slim, I hope you hear it, we're in the car right now, wait, here comes my favourite lyric. I'm the bad guy, who makes fun of people that die, and hey here's a sequel to my Mathers LP just to try to get people to buy.“

Es ist ein brutaler Song, der unmittelbar die missliche Lage, in der sich Eminem befindet, heraufbeschwört. Er rappt: „Last album now cause after this you'll be officially done / Eminem killed by M&M / Matthew Mitchell, bitch, I even have your initials”, als ob er sagen wollte, dass die zu viel erwartenden Fans und seine selbsterschaffenen Alter Egos seine Karriere umbringen werden. Aber, “one last time, [he’s] back, before it fades to black and it’s all over… Here goes a wild stab in the dark / As we pick up where the last Mathers left off“. Und damit treibt er das Statement seiner letzten Mission nach vorne.

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Diese Rückbezüge auf sein eigenes Leben finden sich auf dem ganzen Album wieder. „So Much Better“ endet mit der Zeile „I’m just playing bitch, y’know I love you” aus dem Lied „Kill You“. „Asshole“ bezieht sich auf die Zeile „Thanks for the support asshole“ aus „My Name Is“. „Rap God“ samplet „Remember Me“. Diese kleinen Hinweise werden die schwer unterzukriegenden Eminem Fans im Alleingang befriedigen.

Dieses Album ist aber mehr als nur der feuchte Traum derer, die bei Rap Genius angemeldet sind. Es ist von vorn bis hinten überraschend und progressiv.

Auf „Rap God“ spricht Eminem darüber, dass er niemanden mehr schocken kann. Das ist eine nachvollziehbare Annahme, und schon wieder ein Beweis von Eminems Ich-Bewusstsein. Aber auch wenn das Thema allein nicht mehr als Beschleuniger für herunterfallende Kinnläden funktioniert, die pure Kreativität, der Mut und die streckenweise völlige Absurdität des Albums, stellt sicher, dass man ständig perplex ist.

Er flirtet mit schmucklosem Gesang auf „Stronger Than I Was“—ein Song der so schön ist, dass er als Soundtrack zum Abhängen auf einer Veranda, die von Mondlicht geflutet ist, gelten könnte: eine Szene, die sich in eine Collage aus einem lebensbejahendem Film aufdröseln lässt—mit Grillhühnchen amerikanischer Art auf „So Far“, bis hin zu von Rick Rubin beeinflusstem Rap auf „Bezerk“. Am erfreulichsten ist allerdings das Kendrick Lamar-Feature auf „Lovegame“. Es ist das genaue Gegenteil, von dem was man von einem Kendrick Lamar-Track erwarten würde. Anstatt diese Erwartungen zu erfüllen, wird Kendrick auf einer Hochzeit mit Tropical-Motto als Hochzeitssänger in Szene gesetzt.

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Es ist schön, vor allem, wenn man es neben Radio-Singles wie „Survival“ und „Monster“ oder andere Marshall-Mathers-Rückbesinnungen platziert, die auf die bipolare Natur dieses Albums verweisen. Es ist so sporadisch, wie ein Eminem Album sein sollte—also emotional entblößt.

Eminem ist bei diesem Album an seine Grenzen gegangen, und das nicht nur, weil er eines der am meisten erwarteten Gast-Features des Jahres in einen flamingofarbenen Erdbeer-Daiquiri verwandelt hat. „Headlights“ ist seiner Mutter gewidmet, und gehört zu den tiefgehendsten Songs, die jemals veröffentlicht wurden. Wenn man die Zeile „You selfish bitch / I hope you fucking burn in hell for this shit“ von „Cleaning Out My Closet“ mit der Zeile „I love you Debbie Mathers… And I'm mad I didn't get the chance to thank you for being my Mom and my Dad“, in Kontext setzt, geht das tief unter die Haut. Dieser Song steht stellvertretend dafür, wie weit Eminem als Künstler gekommen ist.

Das Album ist auch voller Unsicherheiten, er spricht beispielsweise über seine Angst vor neuen Technologien („So Far“), und wie ihm „Backstreet Boys to call out“ abgehen („Monster“). Aber Eminem braucht keine Angst zu haben und das weiß er auch. Auf „Evil Twin“ rappt er: „Fuck top 5, bitch, I'm top 4 / And that includes Biggie and Pac, whore / And I got an evil twin, so who do you think that 3rd and that 4th spot's for?“

Die sind für dich, Eminem, und für Slim Shady.

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Kein anderes Rap-Album hat es dieses Jahr geschafft, so kontinuierlich zu überraschen, wie Marshall Mathers LP 2 es tut. Die einzigen Songs die dem nahe gekommen sind, waren „Bound 2“ von Kanye West und „Numbers On The Boards“ von Pusha T. Ich glaube, dass mein Mund, während ich das Album gehört habe, die meiste Zeit offen stand, weil ich entweder laut lachen musste, mich gefreut habe oder schockiert war, und manchmal sogar emotional wurde.

In einem Interview mit dem Rolling Stone sagte Eminem: „Ich arbeite gerade wahrscheinlich härter als jemals zuvor in meinem Leben“. Das ist offensichtlich und es hat sich ausgezahlt. Das autobiografische Rückgrat des Albums lässt vermuten, dass man, um das Album wirklich würdigen zu können, die komplette Lebensgeschichte von Eminem und Marshall Mathers kennen und verstanden haben muss. Wir werden niemals eine neue Slim Shady LP, ein weiteres „My Name Is“ oder ein neues „Kim“ zu hören bekommen, und wenn wir darüber hinwegkommen, ist Marshall Mathers LP 2 das Bestmögliche, das Eminem hätte veröffentlichen können. Es ist sein Erbe.

Ryan auf Twitter @RyanBassil

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