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You Need to Hear This

Dexter scheißt auf Gold und Platin

Dexter hat zusammen mit Cro und Casper schon zwei goldene Schallplatten abgestaubt. Das bedeutet ihm aber relativ wenig.

Viele werden den Namen Dexter jetzt vielleicht das erste mal hören. Der junge Herr ist ein begnadeter HipHop-Produzent. Beats auf dem Casper- und Cro-Album haben dafür gesorgt, dass er jetzt eine Gold- und eine Platinscheibe zuhause hat. Er ist ein Beatmaker, vielleicht einer der besten, den dieses Land hat. Beim Beatfight hat er das eindrucksvoll bewiesen, indem er dort zwei mal gewonnen hat. 2010 hat er The Jazz Files veröffentlicht und sich durch unzählige Jazz-Platten gediggt, um Samples zu finden und Beats zu bauen. Am Freitag ist sein neuestes Instrumental-Album The Trip erschienen, diesmal hat der sich dem Psychedelic Rock verschrieben und sich durch die Platten der späten 60er Jahre gehört. HipHop-Fans sollten jetzt aber nicht erschrecken, mit den Beats bleibt Dexter sich treu und es ist einiges zum Kopfnicken dabei. Für YNTHT stellt sich Dexter vor und erzählt von der Entwicklung des Albums.

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YNTHT: Seit wann baust du schon Beats?
Dexter: 1999 hat es angefangen, wir haben in meinem Freundeskreis viel Wu-Tang gehört und dann kam der Drang, das selbst auszuprobieren. Wir sind damals relativ blauäugig in einen Musikladen gegangen und haben gesagt: „Wir wollen Beats machen—wie geht das, was brauchen wir?” Der hat uns dann Micro Logic angedreht, eine abgespeckte Version von Logic. Damit habe ich dann rumprobiert und es hat sehr lange gedauert, bis dann mal was Amtliches zustande gekommen ist.

Also alles Learning by Doing, gab es keinen, der es dir gezeigt hat?
Nee keinen. Ein Kumpel von mir, der zeitgleich mit mir angefangen hat, hatte Cubase und konnte mir auch nicht weiterhelfen, und der hat auch selbst nicht so viel geblickt. Zu dem Zeitpunkt gab es einfach keinen anderen. Klar, später hat man über Connections Leute kennengelernt und sich ausgetauscht.

Wann hast du dann angefangen, Platten zu diggen?
Das hat schon vor dem Beats bauen angefangen. Eigentlich wollte ich immer auflegen, hatte aber nur so billige Plattenspieler. Da war zu Schulzeiten einfach nicht mehr drin. Am Anfang habe ich dann die ganzen HipHop-Sachen, die ich schon auf CD hatte, auf Platte nachgekauft. Irgendwann hat man gemerkt, wie sie das machen und dass das nur Samples sind. Ich hatte den Vorteil, dass mein Vater eine riesige Plattensammlung mit circa 1000 Platten hatte und ich direkt loslegen konnte. Irgendwann ging ich dann in den Plattenladen in der Second-Hand-Abteilung oder auf Flohmärkten. Es hat natürlich sehr lange gedauert rauszufinden, wo man sucht und was man sucht.

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Wie ist das denn so, wenn man jahrelang für die Kumpels Beats macht und dann kommt so eine Golden Schallplatte ins Haus geflogen?
Ich glaube, diese Alben hätten auch ohne mein Zutun Gold oder Platin erreicht, darum ist es auch nicht meine Gold- oder Platinplatte. Du kennst dich doch aus, jeder der ansatzweise irgendwie in so einem Projekt involviert ist, bekommt so eine Platte. Selbst der Bodyguard von Cro hat eine bekommen, dadurch wird der Wert natürlich auch ein bisschen geschmälert. Es ist cool sowas in der Wohnung stehen zu haben, aber mir bedeutet es mehr, wenn DJ Shadow meine Tracks auf seiner Tour spielt. Das sind meine Gänsehautmomente.

Liegt das dann daran, weil du die Leute anders schätzt und vielleicht früher zu ihnen aufgeschaut hast?
Ja, klar. DJ Shadow war für mich einer der krassesten Typen und ich habe ihn bis zum Gehtnichtmehr konsumiert. Aber ich muss sagen, es öffnet mir natürlich auch Türen und die Leute werden jetzt auch mal in mein Album reinhören. Viele werden natürlich überrascht sein, weil es was anderes ist, aber es wird auch Leute geben, die das cool finden. Von daher lohnt sich sowas schon und klar hat sich das auch finanziell gelohnt, aber ich wäre auch nicht traurig, wenn es nicht passiert wäre.

Für dein Album The Trip hast du dich mit Psychedelic Rock auseinandergesetzt, da würde ich gern als erstes wissen, ob du dir eine zeitliche Grenze gesetzt hast. Also hast du gesagt, es dürfen nur Alben aus bestimmten Jahren sein?
Nicht so wirklich streng. Es gab halt diese drei Jahre, in denen der Sound so war. Das war so von 1967 bis 1969 mit kleinen Ausnahmen davor, aber später wurde es von der Ästhetik schon ein bisschen anders. Also kein Zeitfenster, aber der Sound musste wie das klingen, was diese drei Jahre für mich ausgemacht haben. So Psych-Rock-Sachen hatten schon damals ganz viele Einflüsse aus verschiedenen Musikrichtungen. Du wirst auf Platten Jazz-Elemente finden, du wirst irgendwelche Steicher finden, du wirst Effekte, Gitarren, Orgeln, du wirst alles finden. So ein Track aus der Zeit klingt halt auch mal nach einem Western oder was ganz anderem. Das war dann aber okay, weil es einfach aus der Zeit kommt und dazu gehört. Das macht es auch so interessant—die Leute fragen sich, wie soll das gehen? Aber es ist organische Musik und auch sehr soulful. Von diesen Sachen wurde natürlich auch im HipHop schon viel gesamplet. Ich sage ja nicht, dass ich der erste bin, der das jetzt macht. Aber ich habe das als Konzept gesehen und die Essenz der Zeit rausgeholt. Mir macht es Spaß solche Konzeptalben zu machen, die man sich durchhört und denkt, man macht jetzt eine kleine Reise.

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Das letzte Album waren The Jazz-Files, jetzt Psych-Rock. Woher kommt der Sprung ins nächste Genre, liegt ja nicht grade auf der Hand?
Ja das stimmt schon, aber es ist alles Musik aus dieser Zeit. Ob Funk, Jazz, Soul oder Rock—all diese Sachen transportieren die Soundästhetik, die mir am meisten zusagt. Das Organische und das Experimentierfreudige in alle möglichen Richtungen, das gibt so viel her. Bei Jazz ist es ja das Gleiche, es gibt so viel schrottigen Jazz, aber auch so viel geilen Jazz. Für mich ist es das gleiche Konzept mit einem anderen Genre. Damals habe ich einfach mehr Jazz gehört. In den letzten Jahren habe ich mich einfach viel mit Psych-Rock beschäftigt. Die Projekte liefern also auch immer ein Abbild von der Musik, die ich aktuell höre. Das Ganze wird dann halt mit dem Beat- beziehungsweise HipHop-Verständnis von mir aus der Jetztzeit kombiniert.

Wie tief bist du in die Musik/Zeit eingetaucht? Es gibt ja auch Vocal-Samples aus Filmen auf dem Album. Hast du wie bei den Jazz Files auch wieder viel Bücher über die Künstler gelesen?
Ich habe schon immer Sachen wie The-Doors-Biografien der einzelen Mitglieder oder Wonderland Avenue von Danny Sugerman gelesen. Wonderland Avenue kann ich echt nur jedem empfehlen, auch wenn man sich nicht unbedingt für The Doors interessiert. Zu den Büchern sind dann natürlich auch noch Filme aus der Zeit dazu gekommen. Zum Beispiel den Film The Trip oder Psych Out. Das sind Filme aus dieser Zeit und oft haben die Bands auch den Soundtrack beigesteuert. Das alles spielt schon eine Rolle, aber ich habe jetzt nicht ultraviel Recherche betrieben und die Zeit aufgearbeitet. Das muss man auch nicht unbedingt, man weiß ja, was in der Zeit so passiert ist.

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Brauchst du das denn oder würde es auch reichen, sich einfach nur mit der Musik auseinanderzusetzen?
Ich denke, nur die Musik würde reichen. Aber das ist ein natürlicher Prozess, weil es mich einfach interessiert.

Wie diggt man sich denn zwei Jahre durch psychedelischen Rock ohne LSD?
Das geht auf jeden Fall auch ohne. LSD war vielleicht wichtig für die Leute, die Musik so zu machen, aber ich kann die Musik ohne hören. Vielleicht würde ich sie auf LSD auch noch mal anders wahrnehmen, aber ich würde in meinem Alter jetzt nicht noch auf die Idee kommen, mir einen Trip einzuwerfen.

Wenn du so ein Projekt machst, wie sehr denkst du an die Sample-Problematik?
Beim Machen denke ich dadrüber überhaupt nicht nach. Ich benutze ja auch keine Sachen, auf die man ohne Weiteres kommt. Bei MPM (Melting Pot Music) wird ja viel gesamplet, aber die Auflagen sind so gering—einfach drauf ankommen lassen. Wenn da mal ein Problem entsteht, dann ist es halt so. Bei Cro war das natürlich was anderes, da musste das Sample geklärt werden.

Was steht denn jetzt nach dem Album bei dir an?
Das Betty Ford Boys-Projekt mit Brenk und Suff Daddy soll im Sommer kommen. Das ist dann auch wieder ein ganz anderer Sound, eher so Westcoast-mäßig angehaucht. Das Lustige an der Sache ist, dass wir Beats für das Projekt ausgetauscht haben und alle drei von uns haben, ohne vorher zu sprechen oder was zu hören, Westcoast-mäßige Beats rumgeschickt.

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Werden in Zukunft auch wieder Beats von dir berappt?
Ich mache halt immer viel mit den Leuten von WSP. Wir machen gerade sowas wie einen WSP-Sampler, auf dem werde ich selber auch mal wieder ein bisschen rappen, und die ganzen Leute wie Dennis Da Menace, Jaques Shure, Waldo Da Funk und Maniac von den Demographics werden dabei sein. Es ist mir auch wichtig, dass genau diese Leute, meine Freunde—egal wie bekannt oder nicht bekannt—diejenigen sind, die über meine Sachen rappen. Das sind meistens auch die ersten, die meine Sachen zu hören bekommen. Xatar hat sich einen Beat gepickt, mal gucken, was da passiert. Casper hat auch noch einige Beats von mir und wollte eventuell eine Rap-EP rausbringen, aber der ist ja in der Albumproduktion. Keine Ahnung, ob das überhaupt stattfindet.

Das Album The Trip gibt es als Vinyl hier oder digital hier.


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