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Thump

Bei Chopstick & JohnJon ist immer alles im Groove

Das Berliner Produzentenduo traut sich mit dem ersten Longplayer aus der Deckung—raus aus der Clubwelt, rein in die Welt des Pop und Radiohits.

Foto: Grey Hutton.

Chi-Thien Nguyen und John B. Muder sind Freunden des House schon lange ein Begriff. Inzwischen ist es mehr als zehn Jahre her, dass die beiden sich als Chopstick & JohnJon begannen, einen Namen zu machen: Als DJs, Produzenten und vor allem als Gründer eines der wohl bestkuratierten und einflussreichsten Labels der deutschen Hauptstadt: Suol. Als Heimatlabel von Leuten wie Daniel Bortz, Fritz Kalkbrenner und eben Chopstick & JohnJon ist Suol weltbekannter Trendsetter in Sachen melodischen (Slow-) House mit jeder Menge Groove. Offenbar hat die erfolgreiche Arbeit am Label so viel Zeit der beiden Bosse gefressen, dass sie—obwohl sie schon immer den Plan hatten—bis heute kein Album veröffentlicht haben. Jetzt ist es endlich soweit, das Debüt Twelve steht seit heute in den Plattenläden und bei uns in voller Länge zum Stream bereit. Ein Album tief verwurzelt im Club, aber voller poppiger Melodien und Melancholie. Mit „Pining Moon“ ist sogar ein ausgewachsener Hit auf Twelve zu finden, der jedem Radiosender der Welt gut zu Gesicht stünde.

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Zum Interview treffen wir uns im Studio der beiden, unweit vom Schlesischen Tor in Kreuzberg. Wobei „Studio“ im Grunde schon falsch ist, denn Chopstick & JohnJon haben sich in einem Hinterhof in der Schlesischen Straße gleich fünf Studios aufgebaut, drei für sich, zwei zum Vermieten. Ein Paradies für Musiker, nicht zuletzt, weil es vollgestellt ist mit größtenteils analogem Equipment und echten Instrumenten. Ein paar abgeschrammelte Gitarren stehen neben einer Rhodes (einem E-Piano mit unverwechselbarem Klang, das seit Mitte der 80er nicht mehr hergestellt wird), das Mischpult nimmt mehr als die Hälfte des Raums ein und aufgenommen wird (zumindest teilweise) mit Tonbändern. Ja, Tonbänder. In Zeiten von Ableton Live ist allein der Aufwand fürs Studio äußerst außergewöhnlich. Aber Chopstick & JohnJon sind überzeugt davon, dass all das positive Auswirkungen auf ihren Sound hat, wie sie im Interview erklären.

Thump: Ihr veröffentlicht schon lange Musik und legt auch schon seit langer Zeit auf. Warum habt ihr für euer erstes Album so lange gebraucht?
JohnJon: Wir wollten ein vernünftiges Studio haben, haben dann irgendwann das Label gegründet und festgestellt, dass wir uns nicht einfach zurückziehen können, um unser Album zu machen. Es hat lange gebraucht, um das Studio zu bauen. Es musste alles ready sein, damit wir die Ruhe und die Muße haben, um an einem Album zu arbeiten. Und das hat einfach ein bisschen gedauert. Am Anfang fühlten wir uns nicht ready, oder anders gesagt, wir hatten uns gedacht, dass irgendwann schon die Eingebung kommt. Das war vor fünf Jahren. Da hatten wir aber noch kein Label, kein ordentliches Studio und, und, und…

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Chopstick: Wir wollten erstmal, dass die Basis steht. Wir wollten jetzt auch nicht irgendwie, irgendwo zwischendurch Dance-Tracks machen und zehn davon aneinanderreihen, sondern wir wollten daraus ein Artist-Album machen, auch mit anderen Stilen.

JohnJon: Wir wollten auch anders arbeiten, also vom Prozess her auch anders an die Sache rangehen. Wir wollten uns wirklich sagen „Jetzt machen wir unser Album“, und uns nicht hinsetzen und sagen „Okay, jetzt erst mal nur eine Intro, damit der DJ reinmixen kann“, sondern das einfach mal alles vor der Tür lassen, uns auf das Album konzentrieren und gucken, wo es uns hinträgt.

Wenn man regelmäßig produziert und man schon immer als Hintergedanken hat, ein Album zu machen, tut sich da eine Hürde auf, wenn es endlich soweit ist?
Chopstick: Eine Hürde war es nicht wirklich. Sobald du anfängst, ist die Hürde sofort genommen. Wir haben damit angefangen, einfach wirklich viel aufzunehmen. Wir haben nicht Track für Track das Album produziert. Das erste Halbjahr 2013 haben wir wirklich nur aufgenommen. Rhodes, Gitarren, Schlagzeug, Gesang, und haben das dann erst im zweiten Halbjahr ausgewertet, also mal reingehört, um zu gucken, was wir da überhaupt aufgenommen haben. Dann haben wir angefangen, die Sachen zu arrangieren und auszuproduzieren.

JohnJon: Wenn wir eine EP machen, machen wir den ersten Track fertig, den zweiten Track fertig, den dritten Track fertig. Beim Album war es einfach eine große Ansammlung an Ideen, woraus wir ein Album gebaut haben.

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Ich stelle mir vor, ihr habt eine Festplatte voller Aufnahmen und kleinen Ideen. Einen riesigen Berg. Wie entsteht daraus letztlich ein Song?
JohnJon: Das ist bei uns ganz unterschiedlich. Manchmal hat Thien irgendwie ’ne Idee auf dem Rhodes oder so, hat eine Melodie im Kopf, oder ich habe am Rechner an einer kleinen Idee gebastelt, Samples zerschnibbelt, mit denen es dann losgeht. Das kann wirklich nur ’ne Kickdrum und eine Gitarre sein oder ein Rhodes. Meistens haben wir es dann in der Entstehung dabei auch belassen. Es gab ein ganz leichtes Grundgerüst, wir haben uns nicht um Beats gekümmert oder sonst irgendwas, sondern wussten, das ist das musikalische Gerüst und haben dann unterschiedliche Musiker eingeladen: zum Kontrabass spielen, Hang spielen, Drums einspielen. Das haben wir den Leuten gezeigt, die haben ein bisschen was gespielt und wir haben erst mal nur aufgenommen, und haben es in dem Fall nicht wirklich ausgewertet. Bei der EP hätten wir von dieser kleinen Idee, die am Anfang stand, direkt weitergemacht, bis ein Track daraus wird. Das war hier ein bisschen anders. Wir sind wirklich mit ein bisschen Distanz wieder zurückgekommen und haben uns alles einzeln angehört. Dann war’s auch relativ leicht, fand ich. Wenn man so viel Material hat, geht es ja eigentlich nur noch darum, zu selektieren, auszuwerten und ordentlich zusammenzustellen.

Ihr habt also richtige Instrumente auf dem Album: Kontrabass, Hang, Gitarre…
Chopstick: Alles, was du hörst und was nach einem Instrument klingt, ist auch wirklich das Instrument.

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JohnJon: Wenn’s nach einer Gitarre klingt, dann ist es eine echte Gitarre. Und der Bass in „Pining Moon“ hinten raus ist ein gezupfter Kontrabass, auf einigen Tracks sind gestrichene Kontrabässe drauf, wenn’s nach einem Synthie klingt, ist es natürlich ein Synthie, aber wir haben keine echten Instrumente emuliert, sondern die sind alle aufgenommen.

Macht ihr das schon immer so oder war auch das speziell für dieses Album?
Chopstick: Nee, das machen wir eigentlich schon die letzten Jahre so.

JohnJon: Das Rhodes haben wir auch schon immer aufgenommen. Chopstick: Oder die Gitarre beim Digitalism-Remix, haben wir auch aufgenommen. Das war uns schon seit langer Zeit wichtig, dass die organischen Elemente einfach da sind und wir zum Glück auch die Fähigkeit besitzen, das auch noch zu spielen und aufzunehmen—warum das dann nicht selber machen?

Es ist ja schon einigermaßen außergewöhnlich im House. Viele sehen den Wert davon nicht, alles selbst einzuspielen. Auch weil das alles viel schwieriger ist, als einfach Midi-Samples zu benutzen.
Chopstick: Klar, es ist einfacher, den Kontrabass-Loop irgendwoher zu samplen und daraus einen House-Track zu bauen. Aber wenn wir das selber machen können, warum nicht?

JohnJon: Das trägt einen dann auch immer ganz woanders hin. Bei Samples bist du halt eingeschränkt, ansonsten ist die Haupteingabemethode an einem Rechner ein Midi-Keyboard, aber wenn du mit dem Keyboard die Gitarre programmierst oder einspielst, da spielst du was anderes, als wenn du die Gitarre in die Hand nimmst und Gitarre spielst. Wenn man das kann, sollte man das auf jeden Fall machen und nutzen. Und es klingt auch einfach ganz anders. Eine eingespielte Gitarre oder der Kontrabass—du hörst dann auch noch dieses leichte Gequietsche der Finger auf den Saiten, das klingt halt geil.

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Analoger, echter Sound.
JohnJon: Ja. Manchmal ist es nicht ganz drauf auf der Note, aber dann ist das halt so.

Das ist ja ein klassisches Argument der Analog-Verfechter: Dass Fehler das Ergebnis lebendiger machen.
Chopstick: Genau. Deswegen machen wir Quantisierung oder so auch nie. Auch wenn wir Drums mit dem Pad einspielen, da ist nur die Kick immer quantisiert, aber der Rest, wenn wir Claps oder Hi-Hats einspielen, dann nehmen wir das einfach auf und suchen uns irgendwann einen Loop raus, der zum Groove passt. Wir schieben da nicht irgendwie alles genau auf den Strich, denn genau da verliert es einfach das Lebendige.

Macht das Ganze aber schwieriger zu mixen.
Chopstick: Das kann sein, ja. Aber solange die Kick straight ist…

JohnJon: Stimmt, solange die Kick straight ist, passt das.

Chopstick: Und so schief sitzt die Clap ja auch nie. Meistens halt ein bisschen vorversetzt und ein bisschen laid-back, aber alles im Groove.

Habt ihr denn schon in der Jugend gelernt, Instrumente zu spielen, oder wo kommt das her?
Chopstick: Ja, ich habe mit vier angefangen, frühmusikalische Erziehung zu genießen, habe mit fünf Klavier angefangen, mit zehn Gitarre gelernt und hatte nebenher noch Musikharmonie- und Theorieunterricht und so. Es wurde mir in die Wiege gelegt. Am Anfang habe ich es geliebt, aber in der Zeit, wo ich nur noch Skateboard fahren wollte, habe ich gar nicht mehr geübt. Mittlerweile habe ich wieder Gitarrenunterricht und frische wieder auf, was ich damals gelernt habe. Das hilft einem natürlich sehr beim Musik machen, weil am Ende des Tages machen wir Musik. Und warum was anderes klauen oder samplen, wenn wir es selber machen können.

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Du wurdest in deiner Jugend musikalisch bestimmt anders geprägt als mit elektronischer Musik.
Chopstick: Jein. Ich habe Anfang der 90er viel HipHop gehört, aber bin gleich '91, oder '92 ins Oz gegangen. Ich bin in Stuttgart aufgewachsen und war zwölf, als ich das erste Mal in einem Techno-Club war. Seitdem war ich jedes Wochenende im Oz. Mich hat Techno und House von Anfang an mitgerissen. Nebenher habe ich aber auch viel HipHop gehört, das waren für mich immer zwei Welten, die völlig miteinander funktionieren können. Das war nicht so, „Hey, du bist HipHopper und kannst jetzt kein Techno hören“. Das gab’s für mich nicht. Und die Faszination hat mich bis heute nicht losgelassen.

JohnJon: Bei mir hat das auch Anfang der 90er mit HipHop angefangen, davor war es eigentlich mehr rockige Geschichten wie Biohazard, so was halt. Da habe ich auch angefangen, Gitarre zu spielen, und relativ schnell festgestellt, dass man mit überschaubaren Fähigkeiten in einer Band spielen kann, aber richtig gut Gitarre spielen kann ich auch nicht mehr. Dann kam HipHop, damit habe ich angefangen aufzulegen. Aber das war mir dann irgendwann zu langweilig. Elektronische Musik auflegen ist da schon geiler, weil du viel längere Geschichten erzählen kannst, und nicht einfach nur Track an Track baust, sondern wirklich mit den Sets mehr aussagen kannst.

Ihr seid das beste Beispiel für Produzenten, die auch ohne Album Erfolg haben, die trotzdem bekannt sind und gebucht werden. Viele sagen, das Album-Format sei vollkommen überkommen. Warum also ein Album?
Chopstick: Wie wollten immer irgendwann ein Album machen.

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JohnJon: Und das vielleicht schon bevor die Leute gesagt haben, das Format sei alt. Es ist auch die Herausforderung und ich finde, damit fängt es an. Wir merken jetzt, dass wir auch wieder Bock haben, Remixes zu machen. Das ist auch einfach mal ein Tapetenwechsel, auch wenn das blöd klingt. Es fing damit an, dass wir gesagt haben „Okay, EPs machen, geil, Remixes machen, super, was gibt’s noch?“. Und da ist die logische Konsequenz einfach das Album. Und ob es da jetzt einen Markt für gibt, war in dem Moment nicht so wichtig.

Von dem Moment war dann auch klar, dass das Album musikalisch definitiv in eine andere Richtung geht.
Chopstick: Irgendwo ja.

JohnJon: Die „Zwänge“ einer 12-Inch im Club gibt es bei einem Album einfach nicht. Es muss nicht funktionieren. Wir wollten einfach komplett leer anfangen und sagen „mal gucken, was passiert“.

Ihr hättet ja auch einfach über einen Zeitraum von ein, zwei Jahren die Tracks sammeln können, die ihr sowieso produziert, und dann ein Clubalbum raushauen können.
Chopstick: Hätten wir machen können, aber ich finde genau solche Alben total langweilig. Da kann ich für uns beide sprechen. Wenn wir Alben selber kaufen, sind das welche, die wirklich vielseitig sind. Und das sollte auch bei uns der Anspruch sein.

JohnJon: Man muss sich ja auch weiterentwickeln und Risiken eingehen. Kann ja sein, dass wir das überhaupt nicht draufhaben. Weiß ich nicht. Vielleicht haben wir das, was wir hier machen, nicht drauf. Das Clubalbum wäre uns wahrscheinlich sehr, sehr leicht gefallen, aber wir wollen ja auch was Neues ausprobieren.

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Seid ihr mit diesem Ansatz automatisch Richtung Pop und Melodien gegangen?
Chopstick: Melodisch waren wir schon immer. Und Popmusik, klingt zwar immer schlimm, aber es gibt ja auch guten Pop. Und wir sind beide einfach Fans von Vocals.

JohnJon: Gute Songs sind schon immer geil gewesen, egal, von wem. Wir haben uns wirklich nie überlegt, „Hey, das muss jetzt poppiger werden“, sondern irgendwann war es halt so. Wir fanden es super, viele der Instrumente gehen in diese Richtung, der Gesang geht in die Richtung und dann war es irgendwann logisch. Aber es gab nie einen Plan dahinter. Es gab einen groben Plan, wie wir arbeiten wollen, aber was dabei rauskommen würde, war offen.

Und wie geht ihr selbst damit um, wenn ihr merkt, was dabei rauskommt? Irgendwann gibt es ja mal einen Punkt, an dem man relativ tief drin steckt und sich denkt…
JohnJon: „…das ist ja ganz schön poppig geworden?“ (lacht) Nee, es war irgendwie ganz komisch, als Produzenten von Remixes sind wir ziemlich schnell, vor allem, sobald wir den Groove haben. Am Ende haben wir die Distanz zum Album verloren, also wissen wir gar nicht mehr, wie gut es jetzt wirklich ist. Dass wir jetzt wirklich reinhören und sagen „Es ist poppig…“—nein, wir finden es einfach geil. Punkt. Es gibt da kein Links, kein Rechts, wir betiteln das nicht, wir nennen das Album auch nicht poppig. Es ist jetzt so wie es ist und die Leute, die es hören und uns gut kennen, haben zum Glück gesagt, dass es letztlich eine logische Konsequenz von dem ist, was wir in den letzten Jahren gemacht haben.

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Chopstick: Vor allem, weil wir durch die Album-Produktion echt betriebsblind waren, immer noch sind, und noch ein, zwei Monate brauchen, um die Distanz zu bekommen. Dann können wir es ruhig wieder in Ruhe hören. Aktuell höre ich es gerade auch nicht. Das ist mir noch zu nah.

Mir ist aufgefallen, dass es einen guten Anteil Melancholie mitträgt.
Chopstick: Ja. Das haben wir hauptsächlich dem Sänger Chris James, seiner Stimme und seinem Songwriting zu verdanken. Die Songs, die er schreibt, haben immer eine gewisse Schwere und sind auch melancholisch, das hat einfach gut zu dem musikalischen Background gepasst, den wir da vorgelegt haben. JohnJon: Die Skizzen haben ihm auch immer ein bisschen den Weg gezeigt—das war jetzt nichts, wo man irgendwie einen Party-Song drauf schreiben konnte. Wir haben ihm das teilweise vorgegeben, und in den Sessions mit ihm festgestellt, dass das was ist, worauf er unglaublich gut klingt. Wenn es ein bisschen traurig wird, ist er halt perfekt. Und dann haben wir natürlich auch angefangen, in diesem Vibe mit ihm zu schreiben.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Chris?
JohnJon: Unser UK-Promoter Adam hat uns mal aus dem Nichts heraus einen Track geschickt und gesagt „Hier, ist kein House, aber findet ihr bestimmt geil“, und wir haben sofort zurückgeschrieben „geiler Track, wer singt denn das?“. Eine Stunde später hatten wir eine Email von Adam mit Chris in Cc, in der es hieß „Chris, meet the guys, guys, meet Chris“ und da hat er direkt geantwortet „Was wollt ihr? Wollt ihr einen Kollaboration?“ und wir so „Äh, ja, vielleicht.“. Wir haben ihm dann Sachen geschickt, die er geil fand.

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Und da war schon klar, dass das fürs Album ist?
Chopstick: Für einen Track vielleicht. Zu der Zeit hatten wir eine Liste mit zehn Vocalists, er war auch auf dieser Liste. Wir haben ihn gleich eingeladen, weil er der Erste war, zu dem wir Kontakt hatten. In der Woche, als er hier war, haben wir sechs Skizzen aufgenommen, die echt super waren. Wir haben sofort gemerkt, dass das Arbeiten mit ihm wie Arsch auf Eimer passt, und wollten das dann mit ihm weitermachen, und zwar nicht nur für ein paar Tracks. Also haben wir alle anderen von der Liste gestrichen. Das war eindeutig.

Hat er die Texte komplett geschrieben?
Chopstick: Ja, alle Texte kommen von ihm.

Und seid ihr da so großzügig, dass er schreiben und singen kann, was er will? Am Ende steht ja euer Name auf dem Albumcover…
JohnJon: Ich finde, derjenige, der singt, muss darüber singen, was er fühlt. Klar gibt es Profisänger, die singen dir was auch immer du ihnen vorlegst emotional hin, aber am Ende des Tages finde ich wichtig, dass er seine eigenen Worte singt. Ich glaube schon, dass es dann einen Unterschied macht, wie es in der Performance rüberkommt, wenn er es jetzt selber geschrieben hat oder wenn du ihm irgendwas hinlegst, was du über deine Ex-Freundin geschrieben hast und er sagt: „Habe ich keine Relation zu, aber ich singe das jetzt mal so“ (lacht).

Zeigt er euch dann die Texte oder kommt er einfach ins Studio und singt euch was vor?
Chopstick: Er hat schon ein kleines Büchlein, in das er Songideen schreibt. Dann machen wir zusammen Musik und kommen dann irgendwann an den Punkt an, wo wir sagen: „Hey, jetzt könnten wir mal ein paar Vocals aufnehmen“. Dann holt er sein schlaues Büchlein raus, guckt da so rum, schreibt vielleicht noch ein paar Dinge dazu und sagt dann, „Ich hab was“.

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JohnJon: Dann machen wir das Mikro an und er fängt an zu singen. Und dann sitzen wir beide da, gucken auf den Rechner und uns dann kurz an und denken, „Was ist denn jetzt los?“. Klar, die Stimme ist super, aber sie passt auch einfach gut. Alles, was wir ihm hingelegt haben, alles, was er dann darauf gemacht hat, war auf dem nächsthöheren Level. Einfach geil. Wir fanden nicht immer alles gut, was er gesungen hat, haben auch nicht immer alles von ihm genommen. Aber sehr vieles.

Chopstick: Bestimmt 80 Prozent.

Plant ihr live auch noch was anderes, als nur aufzulegen, jetzt wo ihr ein Album habt, auf dem echte Instrumente zu hören sind?
JohnJon: Wir werden auf jeden Fall ein paar Shows mit Chris live spielen, aber schon im Club-Kontext. Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind, das alles zur offenen Bühne zu transportieren. Wir wollen schon weiter im Club bleiben, um da das neue Album und auch etwas älteres Material live spielen.

Startet ihr mit „Pining Moon“ jetzt groß im Radio durch?
JohnJon: Wissen wir natürlich nicht. „Pining Moon“ haben wir in allen Versionen fertig gemacht, besser gesagt als erstes in der Album-Version und danach sofort in der Akustik-Version, weil wir sofort festgestellt haben „Geil, da ist auf jeden Fall noch Material für mehr Akustik-Versionen“. Und das war auch in der Phase, wo die Frage aufkam, was unsere Single wird. Jeder, der reinkam, fand’s gut. Nicole, unsere Label-Managerin und Geschäftsführerin, meinte auch sofort „Geil, das wird eure Single“ und zack war’s die Single. Wir waren uns am Ende überhaupt nicht mehr sicher, ob das wirklich der stärkste Track auf dem Album ist. Vielleicht ist er das nicht, vielleicht sind wir auch einfach nur betriebsblind, wir haben einfach keine Ahnung. Wir haben am Ende einfach nur das Album gehört und uns gefragt, ob das jetzt wirklich die echte Single und der stärkste Track ist. Aber wir würden uns freuen, wenn’s ein Radio-Hit wird.

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Ich sehe deutliche Parallelen zwischen eurem Album und der neuen Platte Glow von Tensnake: Ihr beide habt diesen Club-Hintergrund, bringt beide in dieser Zeit ein Album raus, das sehr poppig ist. Hat man irgendwann mal das Gefühl, dass man von diesem dumpfen „Leute im Club zum Tanzen bringen“ auch mal eine Abwechslung braucht?
Chopstick: Also, ich schätze Marco (Niemerski aka Tensnake) auch so ein, dass der ähnlich ist, was sein Album-Anspruch angeht. Ich habe das Album nicht gehört, kann mir aber gut vorstellen, dass es songbasiert ist und Song-Strukturen hat.

JohnJon: Bevor wir jede Marktanalyse dieser Welt gemacht haben, haben wir gesagt, wir wollen ein Album machen, wir wollen eine Herausforderung, wir wollen irgendwas Neues ausprobieren, und ich tippe, bei ihm war das genauso. Wir labeln das einfach nicht. Es kommt halt das raus, was rauskommt, und ich glaube auch, das ist bei ihm genauso. Er setzt sich mit verschiedenen Musikern ins Studio und guckt was passiert.

Nur, dass er null einspielt.
Johnjon: Spielt er nicht?

Soweit ich verstanden habe, sitzt er nur am Computer und macht Trial-and-Error.
JohnJon: Krass.
Chopstick: Ja, habe ich auch mal gehört.

Dafür kommen verdammt viele große Melodien bei ihm raus.
JohnJon: Das ist immer wieder krass bei Leuten, von denen man denkt, dass sie auf jeden Fall echte Instrumente benutzen, bis sie sagen, „Nö, ich schieb Blöckchen, bis es ne geile Melodie ist.“

Chopstick & JohnJons Album Twelve ist bei Suol erschienen, kauft es bei Deejay.de, Amazon oder iTunes.

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