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You Need to Hear This

eRRdeKa bekommt bei fröhlicher Musik Kopfschmerzen

Der Augsburger hält nichts von bunten Artworks und fröhlicher Musik. Er tendiert zur Düsternis und Musik, die dich so richtig schön runterzieht.

Foto: Gergana Petrova

Es ist kurz vor 10 Uhr morgens. Die Welt ist nass und grau, während ich in Berlin-Friedenau, weit weg von der städtischen Hektik eine ruhige Straße entlanglaufe. Ich stoppe vor einem großzügigen Altbau und klingle bei Keine Liebe Records, dem Label von Prinz Pi. Ein Summen ertönt, ich trete ein. Schon begrüßt mich Raphael aka eRRdeKa und bittet um Entschuldigung, er müsse noch ein paar Minuten etwas machen. Kein Problem, schließlich steht heute die Premiere der ersten Single „Atme ein, atme aus“ seines Debütalbums Paradies an. Um die Wartezeit zu verkürzen, wird mit aus einer riesigen Maschine Kaffee gekocht und allerlei Süßkram vor die Nase gestellt. Nice. Als eRRdeKa dann kommt und sich in der Küche zu mir an den Tisch setzt, bin ich mit Koffein und Zucker vollgepumpt und gespannt, was der Augsburger zu erzählen hat.

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Schließlich steht das Release des Debütalbums kurz bevor. Die Erwartungen sind hoch, setzt doch Prinz Pi große Stücke auf das junge Augsburger Talent. Im Gespräch erfahre ich, wie er eigentlich zu Keine Liebe Records gekommen ist, wie sehr Druck auf ihm lastete und ob er mit dem Release seinem eigenen Paradies ein Stück näher kommen wird.

Noisey: Ich habe auf deiner Facebook-Seite gelesen, dass du früher Slipknot abgefeiert hast. Freust du dich auf die neue Platte?
eRRdeKa: Ich habe mir erst letztens auf iTunes alle Alben geholt, weil ich die CDs irgendwo verlegt habe. So wirklich drin bin ich da nicht mehr. Die neuen Sachen von Limp Bizkit flashen mich auch nicht, aber die alten Tracks sind immer noch super. Damals kamen so viele gute Alben raus, Papa Roach, Korn, war schon geil.

Würde es dich reizen, mal auf fette Metal-Grooves zu rappen?
Weiß ich nicht. Das machen ja schon einige Rapper. Ich finde es schwierig, auf Deutsch zu Rock-Beats zu rappen. Odd Future machen das ja mit Trash Talk… Nee, bei Beats stehe ich eher auf elektronische Sachen.

Ja, das hört man. Durch welche Künstler wurdest du eigentlich mit Deutschrap sozialisiert?
Während der Realschulzeit ist irgendwann ein Typ mit einem Sido-Shirt in meiner Klasse rumgerannt. Dann habe ich mir auch mal so Alles ist die Sekte-Zeug reingezogen und fand das ziemlich krass. Später habe ich King Orgasmus, Bass Sultan Hengzt, Frauenarzt und die ganzen Sachen gehört. Das war so total auf die Fresse, wie bei dem Kram von Limp Bizkit. Wenn etwas richtig „Bam!“ macht, fand ich das schon immer geil.

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Welche Künstler haben dich jetzt während der Arbeiten am Album beeinflusst?
Ich höre so gut wie keinen Deutschrap, weil mir fast gar nichts gefällt. Mein Producer und ich haben uns tausend verschiedene Sachen reingezogen. Ziemlich viel Flume, Indie-Bands wie Other Lives, aber auch unbekanntes Zeug. Es gibt ja so schwedische Producer, die wahrscheinlich erst 15 oder 16 sind, aber so krasse Beats bauen. Beispielsweise der Producer von Yung Lean, Yung Gud. Die machen eben einen speziellen Sound, halt so HipHop-typische 808-Sounds, aber auch flächige Synthies. Wir haben uns echt alles Mögliche reingezogen und dann Beats gebaut. Die fand ich dann geil und habe darauf gerappt.

Wie kam es zum Signing mit Prinz Pis Label Keine Liebe?
Ich bin schon lange Prinz Pi-Fan und habe mir sein Album auf Platte gekauft. Dann habe ich ohne Hintergedanken auf seiner Fanseite gepostet, wie geil ich es finde. Das haben aber rund 600 Leute geliked. Da sind die Leute von Keine Liebe natürlich aufmerksam geworden und stießen schließlich auf meine Musik. Eines Tages hatte ich einen Facebook-Nachricht von Prinz Pis Manager im Postfach, der sich mit mir treffen wollte. Ich habe das erstmal überhaupt nicht geglaubt, habe gedacht, dass mich da jemand verarscht. Dann habe ich mich mit denen zum Essen getroffen. Zu der Zeit hatten aber auch noch ein paar andere Leute Interesse an mir gezeigt. Allerdings war mir schon lange klar, dass Keine Liebe das Beste für mich ist.

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Du bleibst aber trotzdem Teil deiner alten Eyeslow-Crew?
Ja. Es gibt mich einmal als Solo-Künstler eRRdeKa, aber ich will auch weiterhin noch diese Eyeslow-Mixtapes machen. Einfach mit meinen Kumpels alles chilliger angehen. Ohne Druck Bock auf Rap haben. Dann sind die Beats und Texte halt nicht überkrass, aber mein Gott, dafür macht es Spaß.

Konntest du viel von Prinz Pi lernen?
Musikalisch hat er sich gar nicht eingebunden. Wir haben das Zeug einfach selber gemacht, so wie wir Bock hatten. Was aber die Artworks angeht, habe ich mich schon mit ihm zusammengesetzt, weil er voll die Ahnung hat. Ich habe mich auf seine Vorschläge eingelassen.

Auch bei dem Albumcover?
Mh.. also ich hätte mich ja gar nicht auf dem Cover gezeigt. Ich stehe mega auf krasse Bilder, sei es etwas Gezeichnetes oder etwas sehr Abstraktes. Dann wurde mir aber gesagt, dass ich der Rapper bin und die Leute mich auf dem Cover sehen wollen. Ich bin ja ein Newcomer und muss deswegen mein Gesicht zeigen. Da kam für mich nur ein schwarz-weißes Cover in Frage. Wir haben auch ein paar megakrasse Bilder im Wald gemacht, aber leider konnten wir die nicht nehmen. Sah zu sehr nach einem anderen Künstler aus. Caspers XOXO hat doch im Booklet diese Wald-Bilder. Die hatte keiner von uns auf dem Schirm. Als wir das bemerkt haben, haben wir gesagt: „Fuck, dann gehen wir ins Fotostudio, machen das in einem schön düsteren Schwarz-Weiß und packen weiße Schrift drüber“. Ich stehe eher auf schlichte Sachen, ich hätte kein buntes Cover machen wollen.

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Dein neues Logo gefällt mir echt gut.
Prinz Pi hat gesagt, dass ich ein Logo brauche, also habe ich es gemacht und schon hatte ich ein Logo (lacht). Beim Cover hat er ja die Fotos geschossen und sich mit eingebunden. Bei der Musik will ich aber meinen eigenen Style fahren. Er sagte zwar mal hier und da, dass ich dies anders schneiden könnte oder jenes anders aufnehmen, aber ich habe dann doch nichts geändert (lacht).

Stört dich Prinz Pi’s „Schatten“, der jetzt unfreiwillig auf dir liegt?
Eigentlich nicht, weil ich weiß, dass er nicht mein Ghostwriter oder sonst was ist. Ich habe alles wie gehabt selbst gemacht. Deswegen ist das für mich kein Stress. Es ist eher cool, mit ihm auf einem Label gesignt zu sein. Das ist für mich eine große Ehre.

Hattest du die Texte schon vorher geschrieben und einen Sound im Kopf, den du jetzt verwirklichen konntest?
Nein, Keine Liebe hatte mir zwar auch Beats von anderen Producern geschickt, die ich zwar geil fand, aber viel zu unterschiedlich klangen. Das hätte wieder so einen Mixtape-Charakter gehabt. Aus dem Nichts hatte mich dann Max Mostley, der im Endeffekt das komplette Album produziert hat, angeschrieben und mir einen Beat geschickt. Ich dachte nur: „Boah, krass.“ Wir haben uns getroffen und angefangen, am Album zu arbeiten. Komplett von Null an. Wenn ich schon ein Debütalbum raushaue, wollte ich auch, dass alles komplett stimmig ist. Die Beats, Die Texte, die Atmosphäre, alles sollte passen.

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Inwieweit haben dich hohe Erwartungen seitens der Medien und des Labels beeinflusst?
Das habe ich auf jeden Fall gespürt, durch die Erwartungen der ganzen Leute wollte ich abliefern. War schon eine krass harte Zeit. Wir mussten das Album innerhalb einer Woche im Studio einklopfen. Deswegen habe ich aber nicht schnell-schnell gemacht, sondern mir meine Zeit genommen und irgendwann war es fertig. Aber klar ist da ein anderer Druck, als wenn du etwas schreibst und dann zwei Wochen mal nichts machst.

Wie siehst du jetzt dem Release entgegen?
Am Anfang dachten wir schon: „Boah, das klingt so anders als die alten Sachen. Verstehen das die Leute, haben die da Bock drauf, können sie sich drauf einlassen?“ Dann haben wir es an Leute, die auch Ahnung haben, geschickt. Das Feedback war durchweg positiv. Seitdem kamen noch andere Sachen, wie das Juice-Cover-Ding und so. Deswegen bin ich da recht zuversichtlich und zufrieden mit dem Album. Mal gucken, was die anderen sagen. Ein paar Fans werden vielleicht Stress mit den neuen Songs haben, weil sie denken, dass das alles total deep und melancholisch ist und sie die Unbeschwertheit vermissen. Ich habe das jetzt aber so gemacht und deswegen… scheiß drauf (grinst).

Woher kommt die düstere Grundstimmung auf Paradies? Viel Scheiße erlebt in letzter Zeit oder magst du einfach keine fröhliche Musik?
Beides irgendwie. Ich kann keine fröhliche Musik machen, wenn es mir nicht so besonders gut geht. Das Album erzählt von einer Phase in meinem Leben, wo es mir wirklich nicht so gut ging. Ich stehe aber auch auf so düsteres Zeug. Egal welche Musikrichtung, Hauptsache es zieht mich immer schön runter. Das hat immer so eine spezielle Wirkung auf mich und ist von den Beats auch anspruchsvoller. Bei fröhlicher Musik bekomme ich Kopfschmerzen, das langweilt mich. Nein, ich wollte Mucke machen, die ich mir auch so reinziehen würde. Ich würde mir keinen typischen Deutschrap anhören.

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Ein Paradies ist eine idealistische, sehr positive Utopie. Dient die düstere Grundstimmung als Kontrast dazu?
Ich habe mir ewig lange Gedanken über einen Albumnamen gemacht. Da kannst du echt zehn Jahre drüber nachdenken. Ich hatte ja mal einen Track namens „Paradies“ gemacht und der kam auch ganz gut an. Das ist ja auch für sich schon ein megastarker Begriff. Ich finde diesen Kontrast so geil, dass es eben Paradies heißt, aber dann total düster ist. Es geht darum, dass du Mitte zwanzig bist, nicht weißt, was du machen sollst, dich teilweise alles abfuckt und du dein Paradies suchst. Dann gehst du wieder in einen Club und ballerst dich komplett weg. Da bist du für ein paar Stunden unbeschwert und vergisst alle Sorgen. Deswegen soll das Paradies einen Ort darstellen, an dem du sorgenfrei und mit dir selbst im Reinen bist.

ist dein Debüt Teil deines ganz eigenen Paradieses?
Nee eigentlich nicht (lacht). Dass es läuft, ist natürlich cool. Ich bin jetzt aber nicht mit mir selbst cool. Bis es soweit ist, dauert das noch ein bisschen. Wenn du mit dir selbst am Hadern bist, machst du dafür aber auch bessere Musik, als wenn du voll zufrieden bist. Dann hast du noch Hunger.

Paradies erscheint am 24. Oktober. Du kannst es auf Amazon und iTunes kaufen.

Noisey präsentiert eRRdeKa auf Tour:
03.12. Wien - B72
04.12. München - Ampere
05.12. Stuttgart - Schräglage
06.12. Köln - Underground
07.12. Bremen - Tower
08.12. Hamburg - Klubsen
10.12. Kiel - Detail
11.12. Hannover - Lux
12.12. Dresden - Puschkin
13.12. Berlin - Lido
19.12. Augsburg – Kantine

Tickets könnt ihr auch hier kaufen.

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