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Wie man auf einer Hausparty die Anlage in Beschlag nimmt, ohne ein Arschloch zu sein

Nein, du stehst nicht über dem Vibe.
Ryan Bassil
London, GB

Foto von Jake Lewis

Wenn du eine Party in deiner Wohnung oder deinem Haus schmeißt, dann ist es wichtig, ein guter Gastgeber zu sein. Eine nette Begrüßung wäre zum Beispiel: „Hey, schön, dass du gekommen bist. Bitte schnapp dir einen von den Plastikbechern, die ich vorhin im Lidl besorgt habe. Oh, du möchtest heute nicht trinken? Kein Problem. Ich kann dich gerne meinem Cousin vorstellen. Dann zieht ihr einfach zusammen Unmengen Koks von meiner Eiskalte Engel-DVD. Die habe ich schon, seit ich 13 bin.“

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Siehst du, gar nicht so schwer, oder? Tatsächlich ist das Gastgeberdasein eigentlich recht simpel. Solange du für genug Annehmlichkeiten für die unterschiedlichen Typen von Partygängern bereitstellst—zwei Badezimmer, eine ausgewogene Verteilung der Geschlechter, eine Menge glatter Oberflächen—und nicht den ganzen Abend wie ein Gefängnisaufseher durch die Gegend rennst und deine Gäste ermahnst, auch ja die Schuhe auszuziehen, wird alles entspannt laufen.

Es gibt aber eine Sache, die die meisten Gastgeber sträflich vernachlässigen: die Anlage. Im besten Fall wird einfach eine Spotify-Playlist zusammengestellt (natürlich mit einem kostenlosen Account, denn wer möchte nicht gerne um 4 Uhr morgens Panasonic-Werbung hören?). Man weiß aber auch zu gut, dass letzten Endes die selbsternannte Musikexperten, bewaffnet mit ihren iPhones das Kommando übernehmen werden—man kann es also genau so gut sein lassen.

Du weißt schon, welcher Typ Mensch hier gemeint ist. Sie lauern normalerweise in einer dunklen Ecke, bis sie felsenfest davon überzeugt sind, die Party dadurch zu verbessern, dass sie einen Song mittendrinn abbrechen und etwas anmachen, das sie jetzt einfach unbedingt hören müssen. Sollen sich diese Spinner doch ruhig untereinander um die Musik prügeln. Lass sie einfach Songs raussuchen, während der Rest von uns seinen Spaß hat.

Solltest du allerdings einer dieser selbsternannten Musikexperten sein, der sich immer wieder selbstlos aufopfert, um allen anderen eine gute Zeit zu bescheren, dann befolge bitte diese Ratschläge. Das hier ist ein grundlegender Guide dazu, wie du mit deiner himmelschreienden Inkompetenz nicht die Party anderer Menschen versaust.

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Was für Musik soll ich spielen?

Foto von Tim Barber

Zuerst einmal solltest du dir bewusst werden, dass noch niemand zu einer Hausparty gegangen ist, um dort über neue Musik belehrt zu werden. Die ganzen diffizilen Feinheiten deiner umfassenden Plattensammlung sind hier komplett an uns verloren. Geh das Ganze stattdessen besser als Greatest Hits-Set an. Deine Vorbilder: Blur im Hyde Park, die Watch The Throne-Tour oder DJ Koze. Es geht einfach nur darum, dass du die Party in einen endlosen Strom hemmungsloser Ekstase verwandelst.

Angesichts dieser Aufgabe gibt es eigentlich nur drei Genres, die auf Partys gespielt werden sollten:

HipHop: Neben Bierflecken auf dem Hemd und Zurückweisungen, die dein Selbstbewusstsein in einen Scherbenhaufen verwandeln, ist die Konstante einer jeden Hausparty der Moment, in dem ein Rapsong über die Anlage kommt, den wirklich jeder kennt. Es gibt eine Menge Gelegenheiten, in diesem Bereich zu glänzen: Da wäre Snoop Doggs „Drop It Like It's Hot“, mindestens drei unverwüstliche Klassiker von Jay Z oder die richtungsweisende Poesie eines Haftbefehls mit „Chabos wissen wer der Babo ist“. Spielst du einen dieser Songs, bist du der Held des Abends; spielst du alle drei hintereinander wirst du schon fast als Halbgott verehrt. Beschränke dich aber besser auf die Klassiker: Niemand möchte Lil Ugly Manes manischen Flow durch die Boxen kriechen hören, während man gerade seine Mühe damit hat, das gute Ottakringer davon abzuhalten, sich wieder in umgekehrter Richtung durch die Speiseröhre den Weg nach draußen zu bahnen.

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Die Alternative: Komm endlich von deinem hohen Ross runter und spiel schon „Hey Ya“, verdammt!

House: Da älterer House eine Lockerheit ausstrahlt, die mit ihrem verlässlichen Four-To-The-Floor-Beat selbst dem schwierigsten Klientel ein Lächeln auf die Lippen zaubern wird und Frankie Knuckles immer noch tausend Mal besser ist als deine missglückte Shuffle-Versuche, bietet dieses Genre die einzige Gelegenheit, tiefer in die Plattenkiste zu greifen. Seien wir mal ehrlich und ich weiß, dass dir nicht gefallen wird, was ich dir jetzt zu sagen habe, aber auf einer Hausparty hört niemand wirklich zu. So lange es 120 BPM hat, kannst du eigentlich spielen, was du willst. Jeder pumpende Beat wird vom Publikum frenetisch abgefeiert werden, wie eine Herde überhitzter Hundewelpen, die sich über eine Schale frisches Wasser hermachen.

Disco: Disco ist super, weil es nostalgisch und voller Liebe ist. Auch wenn du dich nicht daran erinnern kannst, diesen oder jenen Track je gehört zu haben, wird er trotzdem eine familiäre Wärme ausstrahlen—als wärest du wieder im Bauch deiner Mutter. In anderen Worten: „Wenn ich meinen Eltern in die Augen schaue, dann sehe ich die Disko, die mich auf die Welt gebracht hat. Und wenn sie in meine Augen schauen, dann sehen sie eine Disko, an die nur sie sich erinnern können.“

Nostalgisches: Ein praktischer Ratschlag vorweg: Überleg dir, was dieser oder jener Song früher für eine Bedeutung hatte und was er heute für eine Bedeutung haben könnte. Zum Beispiel solltest du niemals „Who Let the Dogs Out“ von Baha Men spielen. Der Song war schon eine verdammte Frechheit, als er rauskam, und das ist er auch noch heute. Suche besser Tracks aus, die für ein ekstatisches Neuronenfeuerwerk sorgen, statt Lieder zu wählen, die lediglich zur Belustigung geschrieben wurden. Songs wie Aaliyah's „Try Again“, Marterias „Verstrahlt“ oder was auch immer von Green Day sind eine sichere Bank. Ein anderes Publikum bevorzugt vielleicht eher Jimmy Eat World oder Bloc Partys „Banquet“, um schöne Teenagererinnerungen Revue passieren zu lassen. Das ist schon OK—glaube ich—aber in jedem Fall gilt: Übertreib es bloß nicht mit solchen Liedern. Wie bei vielen anderen Sachen kann dir auch hier zu viel davon den Abend versauen.

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Ach ja, eine Sache noch: Pass die Zeitspanne ab, in der man einen Smash Hit spielen kann. Musik, die in den letzten drei Monaten erschienen ist? Nur zu. Songs, die vor mehr als vier Jahren rausgekommen sind? Kein Ding. Zwischen diesen beiden Phasen liegt allerdings ein tückischer Bereich, der einem gehörig die Stimmung ruinieren kann. Du verstehst nicht genau, wovon ich gerade rede? Dann stell dir nur mal vor, wie sich jemand deinen iPod schnappt und erst „Get Lucky“, dann „Somebody That I Used To Know“, dann „Call Me Maybe“ und dann „Harlem Shake“ anmacht, nur um das auditive Desaster noch mit „Blurred Lines“ abzurunden. Das ist keine Nostalgie, sondern einfach nur komplett daneben.

Du könntest aber auch einfach das hier anmachen. Die Zusammenstellung hat zwar nur schlappe 5 Minuten gedauert, dafür sind wir uns aber zu 100% sicher, dass wir—ganz objektiv gesehen—die perfekte Hausparty-Playlist generiert haben (die wahrscheinlich schon bald wieder ausgemacht wird. Wenigstens haben wir es versucht):

Wann gebe ich den iPod wieder aus der Hand?

Es gibt Partys, die über ein wohldurchdachtes Set-Up verfügen: Traktor Controller, K2 Boxen und Musik-Ordner, die schon Wochen im Voraus minutiös nach BPM sortiert worden sind. Andere wiederum haben lediglich eine schäbige iPod Dockstation irgendwo in der Ecke stehen, die dann in der Regel auch von einem Rudel hungriger Blutsauger belagert wird, die nur darauf warten, die Akkulaufzeit des kleinen Geräts und die Geduld der anderen Gäste zu strapazieren.

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Egal, auf welche der beiden Varianten du bei einer Party triffst, folgende Regeln treffen in jedem Fall zu:

Regel eins: Stille ist verboten. Das bedeutet, dass du immer den nächsten Song bereit haben musst. Niemals, aber auch wirklich unter keinen Umständen, darfst du einen Song in der Mitte abbrechen. Schnapp anderen Menschen nicht den iPod aus der Hand, nur um dann deinen anzuschließen. Nicht vergessen: Niemand steht über dem Vibe—vor allem nicht du.

Regel zwei: Menschen kleben an der Anlage einer Hausparty, wie an einem Jugendschwarm, der einem die prägenden Jahre seiner Pubertät versaut hat, nur um Interesse vorzuheucheln, kurz bevor man zum Studieren in eine andere Stadt zieht. In anderen Worten: Sie werden den iPod nie wieder alleine lassen und wenn er dann mal in ihren Fängen ist, unglaublich einnehmend sein. Du fragst diese Person höflich, ob sie nicht diesen einen Song spielen kann, sie erwidert, „Klar, nach dem hier“, und spielt dann einfach zwischen drei und unendlich viele Songs mehr, bis du zermürbt nach Hause gehst.

Aber hey, das hier ist eine Party in einer kleinen WG-Küche über einer ranzigen Dönerbude, nicht das Berghain. Lass die Leute doch spielen, was sie wollen. Du bist hier nicht der Boss.

Sobald du diese beiden essentiellen Regeln verinnerlicht hast—immer teilen; niemals die Stimmung versauen—ist es Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wer Kontrolle über die Anlage haben sollte und wer besser nicht. Beispiele gefällig? Ein Hobbyproducer, möchte sein Opus Magnum an den unschuldigen Partygästen testen? Besser nicht. Ein blasser Typ mit Mangelerscheinungen fragt nach ordentlichem Breakcore? Ganz bestimmt nicht. Irgendeine übertrieben selbstbewusste Tante will dir ihre Ambient-Sammlung von Discogs zeigen? Vergiss es. Wenn allerdings ein gutgelauntes Trio ankommt, „Roses“ von OutKast spielen und den Abend in einhellige Harmonie tauchen möchte? Na klar! Nur zu! Es sollte eigentlich jeder, der etwas mit zur Party bringt, was dort schmerzlich vermisst wird—Schnaps, Strohalme, Cheryl Lynns „Got To Be Real“—sollte mit offenen Armen empfangen werden.

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Das unterlässt du bitte:

  • „Gleich kommt der Drop.“
  • „Spiel doch mal diesen Song hier von der Band meines Kumpels.“
  • „Bitte, das Geburtstagskind hat sich diesen Song gewünscht.“
  • „Echt? Du hast noch nie das Live Lounge Cover von diesem Song gehört? Kein Problem, ich hab’s dabei.“
  • Die Bezeichnung „DJ“ mit dir in Verbindung bringen
  • Denken, du würdest über dem Vibe stehen. Wir haben eben schon darüber gesprochen, aber, wie wir aus langjähriger Hausparty-Erfahrung wissen, lohnt es sich, diesen Hinweis bis zum Erbrechen zu wiederholen.

Was passiert am Ende der Party?

Natürlich haben wir eben ein kleines bisschen übertrieben, als wir meinten, dass es nur drei Genres gibt, die man auf einer Hausparty spielen kann. Tatsächlich ist nämlich die letzte Phase einer Hausparty eine recht fragile Angelegenheit: Die meisten Menschen sind schon wieder abgehauen und der Rest klammert sich noch an das, was von den Ausschweifungen der letzten Stunden übrig geblieben ist. Langsam dämmert allen Anwesenden die traurige Erkenntnis, dass das Wochenende schon fast wieder vorüber ist. Es ist eine Zeit der Einsamkeit und, wenn du nicht gerade jemanden oder etwas zum festhalten gefunden hast, die Musik ist das einzige, was dich sicher durch diese Phase führen kann.

Mein persönlicher Endorphin-fördernder Abschluss besteht aus der schmeichelnden Dreifaltigkeit von Tourists „Young Girl“, „In Love With You“ von The Paradise und „Can’t Do Without You“ von Caribou. Für dich kann das natürlich ganz anders aussehen—ich bin mir sicher, dass du deine eigene Playlist zum Runterkommen hast. Bitte denke einfach daran: Nicht noch einmal den General Levy Megamix anmachen. Spiel irgendwas Angenehmes, dessen Klänge zumindest entfernt an Gefühle erinnern. Entweder so oder du verpisst dich endlich nach Hause. Die Leute, in deren Wohnung du gerade noch rumhängst, wollen sich für die nächsten vier Tage einfach nur unter der Bettdecke verkriechen und dein Lärm hier hält sie vom Schlafen ab.

Folgt Ryan bei Twitter—@RyanBassil

Übrigens: Wir haben hier auch noch einen Guide für das anschließende Runterkommen.

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