Wie Gwen Stefani mir beibrachte, was es heißt ein Mädchen zu sein

Die letzten Alben von No Doubt ernteten "hauptsächlich positive Rezensionen" – was im Prinzip nur Wikipedias Umschreibung dafür ist, dass die Alben ziemlich gefloppt ist.

Trotz alledem habe ich noch immer ein gewisses Faible für Gwen Stefani, ja, ich verehre sie sogar. Sie ist, trotz gewisser Frisur-Anpassungen, eine der wenigen großen amerikanischen Popkünstlerinnen, die ihrer schelmischen Punk-Girl-Attitüde treu geblieben ist. Tatsächlich hat sie mir wohl mehr über Girl-Power beigebracht, als Christina Aguileras spärliche Leder-Beinbekleidung es je hätte tun können. Hier kommen also ein paar Weisheiten, die mir Gwen mit auf den Weg gegeben hat:

Gwen trat in mein Leben, als mir das Konzept von einer platonischen Freundschaft zu Männern komplett fremd war. Mit meinen Freundinnen drehten sich die Gespräche immer nur um die gleiche stets rotierende Top-5-Liste von unseren Schwärmen. Meine Mittagspausen verbrachte ich damit meine Federtasche mit dem Wort "Blaize" zu beschmieren, was der Spitzname des Beckham-Iro-tragenden, heißesten Typen auf meiner Schule war. Als ich jung war, waren Jungs für mich einfach nur leere Hüllen, die man mit dreisten Flirtversuchen auffüllen konnte. Gwen brachte mir bei, dass das Wechselspiel zwischen den Geschlechtern nicht einfach nur auf sexuelle Architektur und auf mit Selbstzweifeln und Eis beschmierte Bettlaken zu reduzieren ist. Ganz im Gegenteil, ich lernte, dass man mit Jungs auch befreundet sein kann. Irgendwann lernte ich aber, dass manche Typen einfach nur sagen, dass sie mit dir befreundet sein wollen, damit sie ihren Arm um dich legen können, aber das ist eine andere Story.

Klar, brachte Gwen mir bei, dass Jungs auch Kumpels sein können. Das hielt mich jedoch natürlich nicht davon ab, einen Freund zu haben. Aber als seine Sucht nach ständiger musikalischer Unterhaltung von The Postal Service und seine Besessenheit, die Plattenschutzhüllen als seine alleinigen zu beanspruchen, etwas zu anmaßend wurde, haben wir uns getrennt. Als ich ihn ein paar Wochen später sah, wie er sich mit irgendeiner Schlampe aus der Schule eine Portion Chili-Käse-Pommes teilte, zerbrach es mir mein Herz. Zum Glück hatte Gwen Stefani gerade ihre neue Hit-Single "Cool" rausgebracht, die mir zeigte, dass es, obwohl es nicht besonders nett ist mit jemandem schlusszumachen (und noch weniger nett, dann die neue Flamme zu sehen), Wege gibt, die Sache mit Würde zu verarbeiten. In dem Video bewältigte sie ihre Trennung mit der Klasse einer Jackie Onassis und der platinblonden Attitüde einer Marilyn Monroe. Es war ein heikles Thema, aber sie brachte es rührend rüber, so dass ich sie am liebsten auf ein Glas Rotwein eingeladen hätte. Ich lernte also, wie man als emotional stabiles Mädchen mit solchen Situationen umzugehen hat (und, dass Gwen verdammt schöne Beine hat).

Selbst wenn die Mutterschaft sie ein wenig zurücktreten lassen hat, sieht Gwen Stefani noch immer unverschämt gut aus, so dass man als Mädchen einfach nur neidisch sein kann. Ich wollte meine Haare auch immer wie ihre frisieren, was dazu führte, dass mir Garnier Fructis irgendwann Weihnachtspost schrieb, weil ich so oft irgendwelche fancy Kolorierungen nachkaufte. Gwen ebnete den Weg für pastorale Frisuren und ein Verständnis von Schönheit, das nicht von FHM-Friseuren, oder von Leuten, die mit ihrem Gesicht direkt in den Make-Up-Tresen des örtlichen Drogeriemarktes gefallen sind, modelliert wurde.

Obwohl ich in den meisten Sachen nur in schmerzhafter Mittelmäßigkeit herum tue – mildes Curry, Zumba-Workout, die Suche nach einem sicheren Arbeitsplatz – gibt es Frauen wie Gwen, die sich gleichzeitig auf zwölf verschiedenen Ebenen austoben und trotzdem alle Mitbewerber alt aussehen lassen. Sie ist ein musikalisches Talent (das liegt auf der Hand), sie kann schauspielern (sie spielte im Cast von Martin Scorseses Aviator mit, der für den Screen Actors Guild Award nominiert war), sie designt Klamotten (sie führt das Fashion-Label L.A.M.B. und hat ihr eigenes Parfüm) und kümmert sich ganz nebenbei um all ihre übertrieben gut aussehenden Kids, ohne auch nur ansatzweise in Schweißausbrüche zu verfallen. Sie hat bewiesen, dass Frauen das Level professioneller Polygamie à la James Franco erreichen können und nebenbei die Flagge der Girl-Power hissen können.

Ich hörte den Song "Just A Girl" von No Doubt zum ersten Mal, als ich die 90er-Jahre-Teenie-Komödie Clueless – Was sonst! sah, und er veränderte auf Anhieb mein Leben. Auf einmal war ich nicht mehr nur ein hübsches Mädchen mit einer rosaroten Brille, sondern ein donnernder femininer Behemoth, der bereit dazu war, die Welt zu attackieren und es mit einfach allem aufzunehmen.

Es benötigt einen gewissen Grad an Selbstvertrauen sich stark zu schminken und so bewusst die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken. Das ist so ziemlich der ausschlaggebende Punkt, auf den Gwen ihre Karriere aufgebaut hat. Auf dem Terrain der Lippenstifte versuche ich mich noch immer, aber ich beglückwünsche alle Frauen, die direkt ins kalte Wasser des sinnlichen Schmollmunds gesprungen sind. Aber es geht nicht nur um's Make-Up. Gwen war schon immer eine Vorreiterin und hat für die Sachen, hinter denen sie steht, so laut wie möglich geschrien.

Falls einer von euch den Schlüssel zu ihrer Wohnung hat und mich reinlassen würde, damit ich mich in ihren Klamotten wühlen und mit Bindis einhüllen könnte, dann wäre ich echt dankbar. Wenn du zufällig einen guten Draht zu ihr hast, dann ruf mich bitte an. Oder du wartest einfach auf den Tag an dem ich deine Straße zum Beat von "Hollaback Girl" herunterstolziert komme, mit meiner ausgearbeiteten Choreographie von aufeinander abgestimmten Armbewegungen und Hüftschwüngen.

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