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Verschwörungstheorie: Wer hat Jai Pauls Album geleakt?

Na, wer hat das Album nun geleakt—waren wir das, oder warst du das Wiley?

In der Blogosphäre treibt sich gerade der Geist von Jai Pauls Album um. Nachdem Jai Paul im Zeitraum von zwei Jahren nur die Tracks „BTSTU“ und „Jasmine“ veröffentlicht hatte, die standesgemäß jeweils das Internet zum Druchdrehen brachten, konnte man am Samstag auf einmal ein komplettes Album auf Bandcamp hören und für lächerliche 7 Pfund runterladen. Die besonders kreativen Songnamen „Track 01“ bis „Track 16“ ließen jedoch Zweifel offen und prompt ein Tag später hieß es von Jai Paul:

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To confirm: demos on bandcamp were not uploaded by me, this is not my debut album. Please don't buy. Statement to follow later. Thanks, Jai

— Jai Paul (@jai_paul) 15. April 2013

Geleakt! Jemand hat seinen Laptop gestohlen. Sorry Jai, aber irgendwie stinkt die Story bis zum Himmel. Wir hätten da mal ein paar Fragen an dich.

Wir leben im Jahr 2013. Wenn ein Major Label merkt, dass du einen Clip von einem Olly Murs-Konzert ohne Erlaubnis bei YouTube hochgeladen hast, dann können die Damen und Herren ganz innerhalb von Minuten veranlassen, dass eine Hundertschaft Polizisten vor deiner Wohnung aufkreuzt. Zumindest könnte Jai Pauls Label XL Recordings die gefakte Bandcamp-Seite innerhalb von Minuten offline nehmen lassen und den Typen, der die Songs hochgeladen hat, anhand seiner IP Adresse mindestens genauso schnell ermitteln—wenn sie es denn wollten. XL Recordings sah das aber scheinbar nicht so eng. Der Leiter des A&R Management von XL Recordings, Imran Khan, twitterte nur „Surprise!“. Das ist nicht wirklich die Art von Antwort, die man sich von einer Firma vorstellt, wenn ein Dieb ein Album hochlädt, das Geld in die eigenen Taschen steckt und so die Plattenfirma um mehrere Tausend Pfund prellt.

Die Bandcamp-Seite ist mittlerweile down, vier Tage nachdem das Album zum ersten Mal online ging. Wir denken, dass da irgendwas im Busch ist, das klingt alles ein bisschen verdächtigt—deshalb hier nun sechs Verschwörungstheorien.

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1. Jemand aus einer Mitte der 00er-Jahre existierenden Versager-Indie-Band, sagen wir es wäre einer von Boy Kill Boy, hat aus Versehen verdammt gute Musik gemacht.

Es gibt ein Haufen von talentierten Musikern, die durch Missgeschick, schlechten Geschmack und erbärmliches Auftreten so verdammt uncool geworden sind, dass sie nie wieder Musik veröffentlichen können—nein, dürfen. Selbst wenn sie aus ihren Fehlern lernen würden und das Werk ein geschichtsträchtiges Opus wäre. Keiner von Boy Killed Boy, der Band, die Indie ein für alle Mal ruiniert hat, hat die Erlaubnis, einen zweiten Anlauf auf Ruhm und Ehre zu starten. Jedes erdenkliche Interview würde die immer selben Fragen aufwerfen: „Wie kann jemand, der verantwortlich für so unmenschliche Verbrechen gegen den Gitarren-Pop ist, jemals wieder etwas fabrizieren, das nicht sofort halb-schlecht ist“? Die einzige denkbare Option, die übrig bleiben würde, ist, sich tief in den Underground zu verkrümeln, um von dort aus jemanden zu engagieren, der die eigene Musik unter seinem Namen veröffentlicht, zum Beispiel als Jai Paul (als Anagramm für PA Julia, die Label-Sekretärin, die man damals bei der Weihnachtsfeier gefingert hat).

Der Austauschdarsteller würde aber schnell süchtig nach Ruhm werden und deshalb mehr Geld und mehr kreativen Input verlangen. Das lässt der Typ von Boy Kill Boy natürlich nicht auf sich sitzen und lädt kurzerhand alles, an dem er gearbeitet hat, auf Bandcamp hoch und verkriecht sich danach wieder in die Höhle aus der er gekommen ist.

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Stimmt‘s? Wir haben mal schnell nachgeschaut, was der ominöse Sänger Chris Peck von Boy Kill Boy momentan treibt. Was wir gefunden haben, war, naja, schockierend. Er hat es irgendwie geschafft, wieder Musik zu machen—nur noch schlimmer als Boy Kill Boy, könnt ihr euch das vorstellen? Deshalb glauben wir auch nicht, dass er solch gute Tricks unter dem Alter Ego Jai Paul drauf hat.

2. Jai Paul ist ein Charakter, der von Londoner Studiotechnikern konzipiert wurde.

Das einzige Pressebild von Jai Paul ist eine Kollage vom 90er Jahre BBC Newsround-Moderator Lizo Mzimba und dem britischen Geschäftsmann Sir Alan Sugar. Bisher wurde er nur ein einziges Mal interviewt von Dazed and Confused—das hätte ohne Probleme inszeniert sein können. Wer sagt eigentlich, dass er ein real existierender Popstar ist? Er nimmt doch überhaupt viel zu selten auf, ein Song pro Jahr. Für uns klingt das, als würden ein paar Londoner Tech Heads versuchen die Welt von einem neuen Wunderkind zu überzeugen. Sie haben die Songs einfach komplett betrunken am Samstagabend hochgeladen, aber mussten dafür unterschreiben, dass sie von nichts wissen, falls sie gefeuert werden. Also haben sie einfach dieses elaborierte Laptop-Werk geschaffen, um sich von ihrer Haftung frei zu machen.

Stimmt’s? Wir haben die Nummer von Michael Cragg hervorgekramt, der damals das Interview für Dazed and Confused geführt hat, und haben ihn gefragt, ob er bestätigen kann, dass Jai Paul ein tatsächlich lebendes Wesen ist. „Ja, das kann ich, er trug einen Trainingsanzug“, war seine Antwort. Wir glauben Cragg lügt.

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3. Wir haben es getan.

Neulich haben wir aufgeregt mit unseren Schwänzen gewedelt und euch darauf hingewiesen, dass wir bereits über das Jai Paul-Album Bescheid wissen. Wieso zur Hölle konnten wir das tun? In dem Artikel haben wir ein paar fadenscheinige Fakten aus Wikipedia-Artikeln und BBC Radio 1-Playlisten zusammengeschustert, in Kombination mit ein paar Screenshots, die wir natürlich auch hätten faken können. Aber schaut mal genauer hin und ihr werdet sehen, dass wir offen zugeben, die Songs zu besitzen.

„Ich bin auf das Jai Paul-Mixtape Everlasting gestoßen. Weil ich in den letzten zwei Jahren ziellos auf der Suche nach einer Blutspur durchs Internet geirrt bin, die mich zu neuen MP3s von Jai Paul führen sollte, war ich offensichtlich verdammt nervös. Ich habe auf meine Tastatur eingehämmert, um alle meine Kumpels auf Facebook über meine Entdeckung zu informieren. Ich habe mich wie Jesus gefühlt, der Brot und Fisch an die Armen und Bedürftigen verteilt, nur halt mit MP3s an die blog-rünstigen Hypebiester. Leider sollte ich nicht Recht behalten. Everlasting war gar kein offizielles Mixtape von Jai Paul, sondern nur eine einfache Kollektion von allem, was Jai Paul bisher im Internet veröffentlicht hat.“

Immerhin, ein Mixtape mit 10 Songs von einem Künstler, der bisher offiziell nur zwei Singles veröffentlicht hat, läuft nicht gerade übel. Vielleicht hatten wir ja noch ein paar mehr Songs und haben es einfach nicht durchblicken lassen. Auf jeden Fall ist das ein bisschen suspekt, oder?

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Stimmt’s? Nein, wir haben es natürlich nicht geleakt. Oder doch? Nein!

4. Jai Paul ist ein so ausgefuchster Typ, dass nicht mal die Leute bei XL Recordings wissen, wohin die Reise geht.

Die Kommunikation zwischen Jai und dem Label ist so vertrackt, dass nicht mal der Label-Boss Bescheid weiß, was eigentlich um ihn herum geschieht. „Wie er die Dinge angeht, ist für die meisten wohl verwirrend. Aber so ist das letztlich und so ist das auch richtig, weil es seine ganz eigene Herangehensweise ist. Jai Paul geht so zu Werke, wie Jai Paul nun mal zu Werke geht. Und wer weiß, wohin das führt“, erklärte Richard Russell dem NPR Mitte letzten Jahres. Im Grunde ist das einfach nur eine ziemlich lange Umschreibung für: Ich habe keine verdammte Ahnung.

Also, vielleicht hatte XL Recordings überhaupt keine Ahnung, ob es Jai war oder nicht, als das Ding durch die Decke ging. Entweder hat Jai das Zeug selbst hochgeladen und hat dann einen Rückzieher gemacht, was Sinn machen würde, weil die Bandcamp-Seite zu einem Facebook-Account verlinkt war, der aus dem Jahre 2007 stammt. Oder sein Laptop wurde vor Monaten geklaut und er hat es erst jetzt mitgekriegt. Egal wie man es wendet, nach Mr. Zuverlässig klingt das auf jeden Fall nicht.

Stimmt’s? Man muss einfach nur Jai fragen—aber natürlich geht das nicht, weil keiner seine Telefonnummer hat.

5. Wird das Internet von den Illuminati beherrscht?

Nachdem die Jai Paul Bandcamp-Seite down genommen wurde, hat jemand einen neuen Track auf die Seite hochgeladen und „NOT JAI PAUL“ darunter geschrieben. Sie haben sich beide mit dem gleichen Username und der gleichen E-Mail-Adresse loluminati@gmail.com eingeloggt. Der Song klingt nach Burial, nur ohne eine tiefe Verankerung—genau die Art von Musik, die Leute hören, die all ihr Erspartes in die virtuelle Währung Bitcoin stecken. Ist das die Arbeit von Anonymous, LulzSec, oder der Steinmetze?

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Stimmt’s? Wenn das der Wahrheit entspricht, dann denkt Julian Assange schon längst daran, Wikileaks für die Musikindustrie online gehen zu lassen. Um Himmels willen, lass sie uns bloß nicht unsere iChat-Konversationshistorie enthüllen.

6. Wiley war’s.

Nachdem sich seine Wege mit Warner getrennt haben, fing Wiley an, die jugendliche Begeisterung über das Leaken seines eigenen Materials zu vermissen, die letztlich die Beziehung mit dem Major Label in die Brüche gingen lies. Deshalb hat er jetzt einfach angefangen Alben von anderen Künstlern zu leaken. Sein nächstes Projekt für die nächste Woche: Joe Lean and the Jing Jang Jong.

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