FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Welcher Song ist deine U-Bahn-Linie? München Edition.

Schickeria-Linie oder Bronx-Style?

Die U-Bahn ist der erbarmungslose Spiegel unserer Gesellschaft. Sie transportiert die schamlose Wahrheit von A nach B: Leute, die nach dem Fitnessstudio nicht geduscht haben; Halbstarke, die cool auf den Boden spucken; Leute, die Sexspielzeug (einen sadistischen Schwanzring oder den Anusspreizer) in diesen auffällig/unauffälligen Beuteln unertappt nach Hause bringen wollen. Oder das Schlimmste: Kontrolleure. Aber in jeder Stadt ist die U-Bahn anders, in jeder Stadt sind die Linien Sinnbild für etwas anderes, für Leute, Orte, Jahreszeiten. Berlins U-Bahn-Linien haben wir schon zugeteilt, heute geht es um München.

Anzeige

U1—Die Antwoord: „Rich Bitch“

Wer U1 fährt, kann nichts falsch gemacht haben. Vom realen Giesing über das überhippe Glockenbachviertel bis hoch ins schicke Neuhausen deckt die Linie nicht nur einige der schönsten Viertel Münchens ab, sondern auch die aufwändigsten Designs für U-Bahn-Stationen in München—ach was, auf der ganzen Welt—, wegen denen der MVG-Fahrer wahrscheinlich noch die nächsten 30 Jahre mit monatlichen Ticketpreis-Erhöhungen rechnen muss. Aber wer hat nicht gerne architektonische Meisterleistungen, augenkrebseregende Farbspiele und riesige, als Lampen getarnte Wokpfannen um sich herum, wenn er in den veraltet U-Bahnen sitzt und von einem schicken Viertel ins nächste fährt? Natürlich bedeutet das nicht, dass du als U1-Fahrer immer mit deiner Louis Vuitton-Tasche in die Bahn steigst, du bist ja nicht im Lehel. Aber als Endstation ein „Einkaufszentrum“ zu haben, ist schon eine Ansage.

U2—Blumentopf: „Fenster zum Berg“

Die U2 ist die Linie in München, die sich nicht so recht festlegen kann, wo sie enden soll, und ist zudem die gefühlt längste Linie in der ganzen Stadt—ähnlich wie Blumentopf, es gibt sie schon immer, festlegen wollen sie sich nicht, und als Münchner weißt man auch nicht so recht, wie die Gefühle demgegenüber stehen. Eins ist aber ganz sicher: die U2 hat das Fenster zum Berg, zum Nockherberg. Und allein deswegen ist sie mindestens einmal im Jahr fest im Fahrplan eingeplant.

Anzeige

U3—Schlachthofbronx: „Too high“

Die gute alte U3. Sie ist die treue Seele von München. Gebaut wurde sie, um das Olympiagelände zu erreichen, ist das Nummer Eins-Studenten-Transportmittel, seit das olympische Dorf in eine Studentenwohnanlage umgebaut wurde, fährt an der Universität vorbei, über das Stadtzentrum und rein ins tiefste Sendling. Dabei kreuzt die U3 selbstverständlich auch das Schlachthofviertel, ungerechtfertigter Weise von den Songgebern der Linie als „Bronx“ bezeichnet, denn sind wir mal ehrlich: dieses Viertel ist eher Manhattan, auch wenn dort zwei ganze Wände voll gesprüht wurden. Als Bronx kann eher noch die Endstation Fürstenried West bezeichnet werden. Das weiß jeder, der mal einem Schweizer Platz-Gangsta begegnet ist. Aber eigentlich sind auch die ganz harmlos, so wie alles in München.

U4—Enya: „Only Time“

Die U4 ist schlichtweg ersetzbar, du kannst stattdessen einfach die U5 nehmen. Außer natürlich du musst über den Max-Weber-Platz hinaus fahren, in diesem Falle bist du grundsätzlich ein armes Schwein, denn die letzten vier Stationen der U4 sind an Hässlichkeit kaum zu übertreffen. Die U4 ist wie der lange Weg durch Mittelerde. Im schönen Auenland (Westend) beginnt der Weg, führt über das Schlachtfeld und die „normale Menschenwelt“ Gondor und Rohan (Stachus und Hauptbahnhof), bringt dich durch das Bruchtal, die Residenz der Elben (Lehel), direkt rein nach Mordor (Arabellapark). Steig lieber frühzeitig aus.

Anzeige

U5—Green Day: „Wake me up, when September ends“

In München führen selbstverständlich alle U-Bahn-Linien mehr oder weniger direkt zum Oktoberfest. Was denkt ihr denn? Aber eine dieser Linien muss natürlich als Aushängeschild für die fünfte Jahreszeit herhalten. Die Wahl ist auf die U5 gefallen, die direkt an der Theresienwiese Halt macht und zudem nicht so einen erschreckenden Weg einschlägt wie die U4. Die meisten Münchner verschlägt es zudem selten nach Neuperlach oder Laim, Stationen, die die U5 abdeckt, aber wenn sich der September dem Ende hin nähert, dann fahren sie alle U5. Und mit ALLE meine ich nicht nur ALLE 1,4 Millionen Münchner, sondern auch ALLE 80 Millionen Touristen. Es ist ein wahres Naturspektakel zu dieser Zeit mit der aufgewachten Linie zu fahren.

U6—Drake: „Started from the Bottom“

Mein alter Geographie-Lehrer würde mich schimpfen, wenn ich sage, dass die U6 von ganz unten (Süden) bis nach ganz oben (Norden) reicht, aber seit ich nicht mehr in der Schule bin, haben meine Erziehung und Weiterbildung eben eher Personen wir Drake übernommen (vor allem die emotionale). Von Hadern über Sendling 70 bis zum ganzen Stolz der Münchner, den Bayern…äh Allianz Arena. Man munkelt, manchmal erleuchtet das immer rote Ding auch blau, aber ich habe das ehrlich gesagt noch nie gesehen.

U7 & U8—Uncle Kracker: „Follow Me“

München kann offensichtlich schneller U-Bahnen einführen, als der Transrapid vom Hauptbahnhof zum Flughafen brauchen würde—solange man in den Hauptbahnhof einsteigt, selbstverständlich. Zwei neue U-Bahn-Linien hat die Stadt in letzter Zeit angeschafft. Beide flüstern dir zu: „Komm mit mir, ich kann zwar nichts Neues, aber ich bringe dich sicher während der Hauptverkehrszeiten von A nach B. Und ich habe lustige Farben. Komm, steig ein.“ Und alle machen mit, ob sie es merken oder nicht.

Anzeige

Stammstrecke—Junior Boys: „Banana Ripple“

Die S-Bahn-Stammstrecke führt von den Westen in den Osten und ist tagsüber mit den Pendlern aus dem S-Bahn-Umland gefüllt und nachts mit feierwütigen, betrunkenen Kids. Die Stammstrecke klappert die wichtigsten Partymeilen der Stadt ab, die Kultfabrik am Ostbahnhof (ja, es ist dort genauso, wie der Name klingt), die Dorfdissen an der Hacker- und Donnersbergerbrücke und die von der Polizei so liebevoll benannte Feierbanane am Stachus, für dessen Benennung die Münchner Cops bestimmt eine kreative Taskforce eingesetzt haben und stundenlang darüber gebrainstromt haben, in welcher Form die Straße verläuft. Gurke oder Banane? Gurke oder Banane?

Stammstrecke 2—Darkside: „Freak, Go Home“

Keiner glaubt mehr an dich, du sprunghaftes Ding! Geh nach Hause.

**

Folgt Noisey bei Twitter und Facebook.


MEHR VON NOISEY

Welcher Song ist deine U-Bahn-Linie? Berlin Edition.

Morgens bringt sie dich zur Arbeit, abends in den Club, früh nach Hause und wenn du Pech hast, fährst du tagelang im Kreis. Also: Ring. Eine musikalische Ode ans Berliner U-Bahnnetz.

Die beschissensten Bandnamen (die unnötig beschissen sind)

Hœrt avf, eure BaNdNaMeN s0 beschissen zu schrbn, b!tt€!

Welche Musik hören eigentlich Polizisten?

Von der Davidwache in Hamburg bis nach Bad Tölz - ich habe mich durch Deutschlands Polizeireviere telefoniert und es herausgefunden.