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Interviews

Mein Jahr bei Minor Threat: Ein Interview mit Steve Hansgen

Das Ex-Mitglied von Minor Threat spricht mit uns über aggressive Bandmitglieder und Ian MacKayes harte Hand.

Alle Fotos via DoubleCross XX

Die USA sind voll mit Leuten, die das Gefühl haben, dass ihr Platz in der Geschichte des US-Hardcore verkannt wird. Normalerweise sind das Typen, die dich betrunken zureden , wie ihre Band 1983 mal als Vorband von Black Flag gespielt hat, nur damit du ihnen ein Bier kaufst. Aber manchmal triffst du jemanden, der an der ganzen Sache wirklich seinen Anteil hatte und der sich nicht scheut, zu erzählen, wie es wirklich war. So jemand ist Steve Hansgen.

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Hansgen ist im Sommer 1982 bei Minor Threat am Bass eingestiegen. In dem einen Jahr, in dem er in der Band war, hat er bei den Aufnahmen zu Out of Step mitgewirkt, ist durch das Land getourt und hat einen umfangreichen Einblick in das Innenleben einer Band bekommen, die viele für ein großes Mysterium halten.

Ich habe mich schon immer gefragt, warum Hansgen nie erwähnt wurde, wenn es um die Geschichte von Minor Threat ging, also habe ich ihn ausfindig gemacht und mit ihm telefoniert. Er hat darüber gesprochen, wie er in den frühen 80ern in die Hardcore-Szene von D.C. geriet, bei Minor Threat eingestiegen ist und die aggressiven Quelereien innerhalb der Band miterlebte.

Noisey: Wie und wo bist du Teil der D.C.-Punkszene geworden? Wurde es damals noch einfach Punk genannt oder hieß es „Hardcore“-Punk?
Steve Hansgen: Ich bin Teil davon geworden, als sich die D.C.-Punkszene zur D.C.-Hardcorepunk-Szene entwickelte. Es gab definitiv eine Phase des Wandels, als sich die Teen Idles aufgelöst und Minor Threat und S.O.A. gegründet haben; das war so etwas wie die Abgrenzung. Ich bin durch eine ältere Band aus der Gegend da reingeraten, The Slickee Boys. Sie waren zu der Zeit eine große New-Wave-Band aus D.C. und ihr Leadsänger ist mein Cousin, Mark Noone.

Ich lebte in einem Vorort in Virginia, habe dort diese Art von Musik entdeckt und er hat mich mit Informationen über diese wirklich coole Szene im Zentrum von D.C. versorgt, in der Kids in meinem Alter in Clubs Punkrock spielten. Ich war so fasziniert von dem Konzept, weil es mir so fremd erschien. Ich durfte als Roady für The Slickee Boys arbeiten und habe dadurch das erste Mal die Bad Brains und die Teen Idles gesehen. Ich war total fasziniert von dieser aufkeimenden Szene. Ich lebte nur 20 Kilometer davon entfernt, aber es hätten genauso gut 300 Kilometer sein können.

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Im Sommer 1980 habe ich angefangen, sporadisch zu Shows zu gehen und im Herbst 1980 war ich komplett drin; ich war ein Punkrocker. Genau zu der Zeit haben sich die Teen Idles aufgelöst und die D.C.-Punkszene wurde zu Hardcore. Damit haben meine Freunde und ich uns sofort identifiziert. Es waren alles Kids in unserem Alter und wir hatten zum britischen ‘77er-Punk keinen wirklichen Bezug. Also war das zu diesem Zeitpunkt unsere Identität.

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Man liest immer darüber, dass Ian MacKayes erste Band The Teen Idles an der Westküste auf Tour war, dort The Circle Jerks und die Dead Kennedys gesehen hat und dann mit dem ganzen Input aus dieser Szene zurückkam. Man hört immer wieder, dass sie Slam Dancing und Stagediving und den ganzen Vibe mit nach D.C. gebracht haben. Ist es das, was die Szene in D.C. in ihre Hardcore-Phase geführt hat?
Absolut, keine Frage. Das war die Trennlinie zwischen „vor der Bühne auf und ab springen“ und „von der Bühne ineinanderspringen“. Sie kamen mit dieser Sache von der Westküste zurück, die sie aus Huntington Beach hatten. Ian [MacKaye] und Henry [Rollins] haben das definitiv durch ihre eigenen Ideen gefiltert, aber es kam alles von diesem Zeug. Bandanas um deine Stiefel zu binden und Slam Dancing kam von den Teen Idles, die in L.A. unterwegs waren. Keine Frage.

Aber nachdem sie es nach D.C. gebracht hatten, wurde es, glaube ich, zu einer Art Kultur. Dadurch hat Hardcore seine eigene Ästhetik geformt.
Sicher. Die andere Sache war der große Zustrom von neuen Kids aus den Vorstädten im Sommer 1980. Also die Kombination aus dieser neuen Energie und dem, was die Teen Idles mitgebracht haben, sowie dem Konzept, dass sie darüber nachgedacht haben, ihre eigene Platte zu veröffentlichen, hat viel ausgemacht. Wir dachten: „Wow! Ihr werdet eure eigene Platte rausbringen?“ Es war großartig, weil es eine Szene etabliert hat. Wir hatten ein Plattenlabel und eine sichtbare Identität und zu der Zeit ist es zusammengewachsen. Das ist alles im Herbst 1980 passiert und dauerte bis 1981 an.

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War es offensichtlich, dass Minor Threat die Band sein würde, die den Grundstein legen und die Aufmerksamkeit auf D.C. lenken würde?
Oh ja. Das war ab dem ersten Konzert offensichtlich. S.O.A. und Minor Threat haben zur gleichen Zeit angefangen und so sehr ich S.O.A. auch mochte, es war wirklich offensichtlich, dass Minor Threat besonders waren und an ihnen etwas anders war. Henry war schon immer ein großartiger Frontmann—da gibt es keinen Zweifel—aber Ian war faszinierend. Er hat es als Leader vorangebracht.

Wie haben die älteren Leute und Bands der Szene das betrachtet, als in D.C. die Straight-Edge-Sache aufkam? Wie haben es Bands wie Black Market Baby aufgenommen?
Black Market Baby hatten immer einen Freifahrschein, weil sie so eine großartige Band waren und so eine wichtig in der Geschichte von D.C.-Punkrock, sodass es niemanden gekümmert hat. Sie haben einfach großartige Songs geschrieben und waren so, wie sie waren, also hat sich niemand darum geschert. Sie dachten, dass es albern ist, aber sie waren auch 23 und wir waren 16. Sie hielten uns für albern! Punkt. Ich habe in den letzten Jahren mit Mike Dolfi und Boyd Farrell von Black Market Baby in einer Band gespielt und sie haben mir freiheraus gesagt, dass sie uns für einen Witz gehalten haben, ihnen dann aber klar wurde, dass wir das nicht waren.

Ja, der Altersunterschied hat sicher eine Rolle gespielt. Als ich mein erstes Buch Why Be Something That You’re Not geschrieben habe, habe ich gelernt, dass es eine große Kluft im mittleren Westen zwischen einer Band wie The Fix, die älter waren und eher eine Rock’n’Roll-Denkweise hatten, und einer Band wie Necros gab, die Kids waren, die etwas in ihrer Gegend etablieren wollten, das dem ähnlich war, was in D.C. vonstatten ging.
The Fix waren eine tolle Band. Ich schätze, sie waren das, was Black Market Baby für den mittleren Westen waren. Jede Stadt hatte zu der Zeit so eine Band.

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Es gab in den späten 70ern Tonnen an Bands, die in ihren Städten eine Besonderheit waren. Das waren keine Plattensammler oder Leute, die Fanzines gelesen haben, um darüber auf dem Laufenden zu bleiben, was in Kalifornien oder Großbritannien los war, aber sie haben schnell gespielt und waren Weirdos. Bands wie The Fix, Black Market Baby und The Worst von der Jersey Shore. Es war total faszinierend für mich.
Und ich bin sicher, dass diese Bands Kids inspiriert haben, die dann mit dem Hardcore-Zeug richtig durchgestartet sind, ohne es zu wissen. Das waren Bands, die tolle Songs schreiben konnten und gute Musiker. Ich weiß, dass wir gerne so wie Black Market Baby gewesen wären.

Wie bist du zu Minor Threat gekommen?
Brian Baker und ich waren seit der Kindheit befreundet. Mein Vater war Moderator bei Eyewitness News in D.C. und Brians Vater war der Produzent. Er ist schließlich für ein paar Jahre nach Gross Pointe in Michigan gezogen und wir haben uns aus den Augen verloren. Ein paar Jahre später bin ich ihm zufällig auf einer Punk-Show in D.C. begegnet, als Minor Threat gerade angefangen hatten. Viele Leute waren von Brian und seiner arroganten Einstellung eingeschüchtert, aber ich kannte ihn, seit er neun Jahre alt war, also war es mir egal. Ich bin zu ihm gegangen, habe mit ihm gesprochen und all meine Freunde haben gesagt: „Oh mein Gott! Er spricht mit ihm!“

An einem Nachmittag im August 1982 war ich zufällig in Georgetown und wollte mich mit John Stabb zum Quatschen treffen, dem Sänger von Government Issue. Er hat dort in diesem Plattenladen gearbeitet. Als ich zu ihm wollte, stand Brian vor dem Laden und sprach mit Mike Hampton von The Faith. Sie haben über Gitarren gesprochen und ich habe mich in die Unterhaltung eingeklinkt. Brian hat gefragt: „Spielst du auch?“ und ich sagte „Ja“. Dann fragte er: „Spielst du Bass?“ und ich sagte: „Das ist eigentlich mein Hauptinstrument“ und er sagte: „Ach wirklich?“ und rannte in den Plattenladen.

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Was ich nicht wusste, war, dass John auf Tour war und Ian MacKaye in der Woche für ihn arbeitete. Plötzlich kamen also Ian und Brian raus und haben oben auf der Treppe miteinander gesprochen. Als sie fertig waren, kam Brian zu mir und sagte: „Hey… willst du mit zu mir nach Hause kommen, rumhängen und jammen?“

Wir sind dort hin und das erste, was ich gesagt habe, war: „Schau mal, ich kenne jeden Song von Minor Threat“ und dann haben wir paar Songs gespielt. Am nächsten Tag bin ich zum Dischord-Haus gefahren und habe mit der ganzen Band gespielt und das war es. Sie haben allerdings nicht gesagt: „Du bist in der Band“.

Also habe ich gefragt: „Könnt ihr mir sagen, was los ist, und vor allen Dingen, warum?“

Mir wurde gesagt, dass Brian, Jeff und Ian zunächst die Idee hatten, Lyle [Preslar, Gitarrist] bei Minor Threat rauszuwerfen und eine komplett neue Band mit Brian an der Gitarre und mir am Bass zu gründen. Aber dann haben sie beschlossen, zu fünft weiter zu machen, weil Lyle wahrscheinlich nicht damit hätte umgehen können, wenn sie ihn aus der Band geworfen hätten. Also war ich ab dem Tag im August 1982 für ein Jahr in der Band.

War die berüchtigte Show in der Buff Hall in New Jersey, bei der Minor Threat mit SSD und Agnostic Front gespielt haben, deine erste Show mit der Band außerhalb von D.C.?
Meine erste Show mit Minor Threat war technisch gesehen schon eine Show außerhalb der Stadt, weil sie in Baltimore war, aber die in der Buff Hall war meine erste Show im Norden, die ich mit ihnen gespielt habe. Ich erinnere mich nur daran, mit dem Rücken vor meinem Amp zu stehen und zu denken: „Tja, ich schätze, hier werde ich den Rest des Abends stehen bleiben“. Wenn ich mich ein bisschen davon wegbewegt hätte, hätte ich ein paar abbekommen. Versteh mich nicht falsch, es war spaßig verrückt, aber es war verrückt. Es war mitten in die Fresse; es gab an dem Abend keine Grenze zwischen dem Publikum und der Band. Es war genauso, wie du es auf der DVD siehst. Und Lyle hat sich an dem Abend keine Freunde gemacht.

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Hat er das jemals?
Nein, das hat er nie. Wenn ein Mikrofon in seiner Nähe war, wurde jemandem ans Bein gepisst.

Ich habe eine sehr lebhafte Erinnerung an die dritte oder vierte Hardcore-Show, bei der ich jemals war; es war eine Show von Meatmen im Sommer 1984 in Florence, New Jersey. Lyle und Brian Baker waren gerade bei den Meatmen eingestiegen. Mein Bruder war DJ bei der Show, also war ich eine Stunde vor dem Einlass oder so da und habe gesehen, wie Lyle den Mischer während des Soundchecks zusammengefaltet hat.
Ich weiß genau, über welche Show du sprichst. Ich war bei der Show Roadie für die Meatmen. Lyle hatte einen Wutausbruch gegenüber dem Mischer.

Ja! Oh, mein Gott! Ich kann nicht glauben, dass du da warst!
Alter, ich stand direkt neben ihm, während er das gemacht hat!

Das ist so seltsam, dass du da warst! Ich erinnere mich, dass alles, was ich an Minor Threat so cool fand, direkt vor meinen Augen in sich zusammenfiel.
(Lacht) Fairerweise muss man sagen, dass die Mischer Arschlöcher waren, aber Brian und ich haben versucht, es gut sein zu lassen und es nicht schlimmer zu machen, als es sowieso schon war. Plötzlich habe ich aufgeschaut und gesehen, wie Lyle zum Mikro geht und es war wie in Zeitlupe und ich dachte „Oh nein…“ (lacht) Den Tag werde ich nie vergessen!

Ich erinnere mich daran, dass ich am Ende des Konzerts gesehen habe, wie er London May und die anderen Typen von Samhain angegangen ist wegen einer Sache, die sie in einem Interview in einem Fanzine über ihn gesagt haben. Da habe ich mir gedacht: „Wow, dieser Typ ist wirklich ein Idiot!“
Er hat bei Leuten nie einen guten Eindruck hinterlassen. Wenn ich auf die Zeit bei Minor Threat zurückschaue und darüber nachdenke, dass ich bei zwei langen Touren dabei war, dann kann ich mich an keine Situation erinnern, in der jemand wegging und gesagt hat: „Wow, Lyle Preslar ist ein cooler Typ!“ und das finde ich sehr traurig. Ich wusste, dass Lyle auch eine andere Seite hatte. Ich habe immer meinen Mund gehalten, wenn er jemanden angegangen ist, weil ich ihn für so talentiert hielt. Er kam zur Probe und hat einen Song mit mir gespielt und ich habe nur gefragt: „Jesus Christus! Was ist das?“ und er hat gesagt: „Es ist ein Song namens ‚It Follows‘ und er geht so“. Aber wenn wir auf Tour waren und irgendein Jugendlicher zu ihm kam, habe ich nur zu Lyle gesehen und gedacht: „Bitte fang nicht an zu reden!“, denn er würde sich wahrscheinlich wie ein Arsch benehmen.

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Was kam zuerst? Die Aufnahmen zu Out of Step oder die Tour mit der Band?
Die Aufnahmen. Alle Songs wurden im Herbst 1982 geschrieben. Wir haben im November und Dezember die Pre-Production gemacht und direkt nach Neujahr aufgenommen.

Es war mein erstes Mal in einem richtigen Studio und es war in Don Zientaras Inner Ear-Studio. Das Spielzimmer von seinem Kind war der Aufnahmeraum. Überall lag Spielzeug und es war ein sehr kleiner Raum. Ian hat im Wäschezimmer, nur mit einem Vorhang von uns getrennt, gesungen. Ich glaube, wir haben zwei Takes von „Think Again“ gemacht. Bei allen anderen Sachen war es nur ein Take.

Das erste Mal, dass Ian überhaupt „Look Back and Laugh“ komplett gesungen hat, war beim ersten Take. Wir hatten den Song nur bei der Probe gespielt. Wir hatten ihn nicht einmal live gespielt. Als wir ins Studio sind, um ihn aufzunehmen, war es das erste Mal, dass wir überhaupt den Gesang gehört haben. Ich erinnere mir nur daran, dass ich total geplättet war, ein Teil davon zu sein.

Warum wurdest du gebeten, die Band zu verlassen?
Wir sind auf eine zweieinhalbmonatige Tour gegangen und es war hart. Ich wurde für eine Menge Probleme verantwortlich gemacht, die die Band bereits hatte, lange bevor ich eigestiegen war. Anscheinend hatte ich durch meinen Einstieg zu diesen Problemen beigetragen, anstatt sie zu lösen. Letztendlich wurde ich genauso gestört wie sie, nur um zu überleben. Sie haben mich nach dieser Tour gebeten, die Band zu verlassen und ich war zu dem Zeitpunkt mehr als glücklich, gehen zu können, weil ich durch die Band so sprunghaft geworden war. Nachdem sie mich rausgeschmissen hatten, haben sie noch zwei Monate weitergemacht, bevor sie sich selbst zerfleischt haben. Es war trotzdem eine unglaubliche Erfahrung; das lässt sich nicht anders sagen.

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Waren diese Probleme bei Minor Threat nur das normale passiv-aggressive Verhalten, das junge Männer manchmal an den Tag legen?
Nein, das war aggressiv-aggressiv (lacht)! Ian hat mit eiserner Hand regiert. Was er gesagt hat, das galt, dafür hat er gesorgt. Ich habe nie gesehen, dass er irgendjemanden in der Band körperlich angegriffen hat, aber ich habe einen echten Kampf zwischen Jeff und Brian gesehen, als wir in San Francisco waren. Sie haben sich tatsächlich wegen des letztens Stücks Schinken und den letzten zwei Scheiben Brot geschlagen. Das war das erste Mal, dass ich zu Jeff gesehen habe und gesagt habe: „Wow, du bist furchteinflößend!“ Es brauchte viel, um Jeff zu reizen, aber wenn du ihn soweit hattest, rastete er aus.

Lyle war nur verbal ausfällig. Du warst ein Idiot, wenn du die falsche Note gespielt hast und er hat dich auf der Bühne dafür zurechtgewiesen und dich blamiert. Diese Dinge sind täglich passiert und nach einer Weile hat es dich fertiggemacht. Und mich hat es fertiggemacht. Das kann ich nicht anders sagen.

Ein Bandmitglied soll gesagt haben, dass ich mit dem Druck nicht umgehen könne. Der Druck hat mich nie interessiert. Es war der Umgang miteinander, der mich gestört hat. Es war schwer, in diese Band einzutreten, in der sie sich ständig ohne einen Grund miteinander angelegt haben. Ich habe nie verstanden, warum sie das gemacht haben. Es schien einfach ein gewisses Level an Feindseligkeit zu geben, die damit einherging, ein Mitglied in dieser Band zu sein, was ich nicht verstanden habe.

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Irgendwann war es so schlimm, dass ich nur noch während der einen Stunde auf der Bühne Spaß hatte. Der Teil war großartig, aber die fünf- oder achtstündige Fahrt, die ich mit ihnen zum Konzert zurücklegen musste, war meistens nicht so spaßig.

Ich erinnere mich an ein Zitat von einem der Mitglieder, in dem es hieß: „Als Steve in der Band war, fühlte es sich immer so an, als wäre es Minor Threat plus ein weiterer Typ.“ Was denkst du, hat er damit gemeint?
Ich weiß es nicht, weil ich als vollwertiges Mitglied in die Band eingestiegen bin. Ich war Teil der Philosophie und ich habe bei den Songs geholfen und war bei Out of Step dabei. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich zu einhundert Prozent ein Teil davon bin und Brian und Lyle standen hinter mir. Ich denke, das Problem war, dass die Entscheidungen von oben—also von Ian—getroffen und dann mitgetragen werden sollten. Die einzige Entscheidung in der Band, die nicht Ian getroffen hatte, war, mich in die Band zu holen; die kam von Brian. Es war nicht Ians Entscheidung oder Idee und ich denke nicht, dass er jemals wirklich zufrieden damit war. Es war allerdings seine Entscheidung, mich loszuwerden.

Irgendjemand aus dem Umfeld von SST hat mir einmal gesagt, dass es irgendwann einen merkwürdigen Wettbewerb zwischen Minor Threat und Black Flag gab. Erinnerst du dich daran? War da irgendwas zwischen Ian und Henry?
Es gab eine merkwürdige Stimmung zwischen Ian und Henry, weil Henry angefangen hatte, LSD zu nehmen, als er bei Black Flag eingestiegen ist. Er hat Sachen ausprobiert, die außerhalb von dem lagen, wo die beiden philosophisch gesehen herkamen.

Was Probleme zwischen den beiden Bands angeht, so kann ich mich an nichts erinnern, aber es war immer merkwürdig, wenn wir mit ihnen zusammen waren und ich weiß nicht warum. Wir waren einen halben Tag lang im Büro von SST, als wir im Frühling 1983 auf unserer Tour nach Los Angeles gekommen sind. Ich erinnere mich daran, dass es wirklich unangenehm und merkwürdig war. Ian hat versucht, mit Chuck [Dukowski] und Henry über die Tour zu sprechen und sie haben einfach über ihn hinweggeredet. Ich habe nie gesehen, dass jemand über Ian hinweggeredet und ihn unterbrochen hat und dafür nicht die Scheiße aus ihm rausgeprügelt wurde. Aber Ian hat es einfach hingenommen und ich erinnere mich daran, gedacht zu haben: „Aha, das ist merkwürdig.“

Ich habe ein paar verrückte Theorien darüber, warum es vielleicht schlechte Vibes zwischen den beiden gegeben hat. Ich denke, dass Black Flag sich irgendwann komisch gefühlt haben, weil all diese Leute, die sie inspiriert hatten, plötzlich auf ihrem Level waren und vielleicht dachte sich Greg Ginn: „Oh Mist! Diese Typen könnten uns verdrängen! Vielleicht hätten wir nicht so ermutigend sein sollen!“
Ich denke, das trifft absolut zu. Auf der ersten Tour haben sie alle ermutigt. Minor Threat haben als Vorband für Black Flag gespielt, als sie das erste Mal in D.C. gespielt haben und sie waren beängstigend gut, also bin ich mir sicher, dass Black Flag sich gedacht haben: „Woah! Wo kommen diese Kids her?“ Aber als ich 1983 mit Minor Threat nach L.A. gekommen bin, waren wir genauso groß wie sie. Wir wollten nicht sie sein. Es war genug, Minor Threat zu sein, und wir hatten unser eigenes Ding und mussten niemand anderes sein.

Würdest du der allgemeinen Auffassung zustimmen, dass die erste Hardcore-Welle 1984 vorbei war?
Ende 1983 und Anfang 1984 war definitiv eine schlechte Zeit, um in D.C. Hardcore zu spielen. Als ich meine zweite Band gegründet habe, Second Wind, hat sich niemand für uns interessiert. Die einzige Band, für die sich Leute interessiert haben, war Marginal Man und ich konnte es ihnen nicht verübeln, denn sie waren eine tolle Band. Scream sind auch in eine neue Richtung gegangen. Government Issue haben den Schritt auch gemacht, aber es war eine sehr deprimierende Zeit. Es hatte sich 1982 ziemlich viel aufgebaut, was in der Out of Step-Tour von ’83 kulminierte und dann den Bach runterging! Als Minor Threat sich aufgelöst haben, hat es sich anders angefühlt.

Nachdem du gebeten wurdest, Minor Threat zu verlassen, gab es da irgendwelche merkwürdigen Gefühle?
Nein. Ich war bei jeder Show, die sie danach in D.C. gespielt haben, in der ersten Reihe. Ich bin im Abschnitt im 9:30 Club der Minor Threat-DVD die ganze Zeit zu sehen. Ich bin auch auf jedem Bild von ihrer letzten Show zu sehen. Bei der Band, die ich nach Minor Threat gegründet habe—Second Wind—war Rich Moore als Sänger dabei, der Roadie von Minor Threat war und im Dischord-Haus gelebt hat. Also war ich zwei Mal die Woche im Dischord-Haus, um dort zu proben, so wie sie. Es gab keine Zeit, zu der ich mir gesagt habe: „Fuck you!“

Danke für das Gespräch und deine Ehrlichkeit. Wenn du sonst mit irgendwelchen Ex-Mitgliedern einer Band sprichst, die so offen sind, dann ist es oft ziemlich offensichtlich, dass sie ein Hühnchen zu rupfen haben. Aber das Gefühl habe ich bei dir überhaupt nicht.
Für mich wird Teil von Minor Threat gewesen zu sein, es immer wert gewesen sein. Ich war ein Fan, der in seiner Lieblingsband gespielt hat. Es war, wie bei den Beatles zwischen Rubber Soul und Revolver einzusteigen. Ich war in der Hochphase der Band dabei. Am Ende ging es immer um die Musik und es war immer großartig, diese Musik spielen zu können.

Steve Hansgen spielt zur Zeit bei Dot Dash und du kannst sie dir hier anhören.
Tony Rettmans Buch NYHC 1980-1990 kannst du hier bestellen.

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