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Staiger vs das Elend der modernen Welt

Staiger über Beatrix von Storch, GEZ, Kulturkampf und Eko Fresh

„Die AfD bleibt ein nationalistischer Haufen, der seine GEZ-Gebühren nicht bezahlt und Eko Freshs Karriere als Schauspieler verhindern will.“—Ein Kommentar.

Beatrix von Storch bezahlt keine GEZ-Gebühren und bleibt trotz Strafmaßnahmen konsequent. Offensichtlich wurde ihr Konto gepfändet, das ließ sie zumindest vorgestern über ihren Twitterkanal verlauten.

Nun ist es passiert. Die GEZ hat zugeschlagen- und mein Konto gepfändet. Am 1. April, wie ich gerade erfahre…. https://t.co/eImcB14Wio

— Beatrix von Storch (@Beatrix_vStorch) 4. April 2016

Aus ihrer Sicht hat sie damit sicherlich gute Gründe, denn von Seiten der offiziellen Medien hat die Dame gerade wenig Gutes zu erwarten und somit alles Recht der Welt, sich als GEZ-Märtyrerin in Szene zu setzen und sich der Finanzierung des von ihr als „Mit staatlichen Zwangsgebühren finanziertes Propagantainment“ bezeichneten Medienbetriebs zu verweigern. Abgesehen davon, herrscht in ihrer Partei sowieso die Einstellung vor, dass die gesamte Presselandschaft bis auf Compact, Neue Freiheit und Gerhard Wisnewski von Alt 68ern unterwandert ist, weswegen ihr Parteikollege Björn Höcke auch gerne den Kampfbegriff von den linksalternativ-versifften Medien ins Feld führt. Eine Formulierung, mit der sich sicher auch Frau von Stroch anfreunden könnte, kann man sich mit dem Widerstand gegen dieses Alt 68er Establishment doch durchaus als Revoluzzer inszenieren. Schließlich sind es genau diese ehemaligen Hippies, die laut AfD für alle möglichen Missstände in dieser Gesellschaft verantwortlich sind. Homoehe. Doppelte Staatsbürgerschaft. Flüchtlingspolitik. Verwahrlosung der Sitten. Überfremdung. Gutmenschentum und den Euro.

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In diesem Sinne besteht ein Gutteil der AfD Politik in einer Art Kulturrevolution, die mit der heroischen Verweigerung der bei einem Großteil der Bevölkerung verhassten GEZ-Gebühren ihren dankbaren Anfang finden.

Dabei stellt die AfD allerdings weder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch die wirtschaftliche Grundordnung dieser Republik in Frage und beschränkt ihre Kritik an den herrschenden Verhältnissen lediglich darauf, dass da halt die falschen Leute sitzen und nicht sie. Noch nicht; und so forderte dann auch Frauke Petry nach ihrem geplatzten Interviewtermin mit dem ZDF Morgenmagazin: „Es sieht so aus, als würde im Moma dringend frischer Wind gebraucht.“ Petry störte sich am Aktivismus der Moderatorin Dunja Hayali und erklärte, dass diese offenkundig Probleme damit habe, „ihre journalistische Arbeit in einem aus Steuergeldern finanzierten Sender von ihrer politischen Einstellung zu trennen.“

Könnte man jetzt alles unter „Mimimi“ einer Partei verbuchen, die, wenn auch vollkommen zu Recht, tatsächlich von allen möglichen Institutionen dieser Gesellschaft angefeindet wird.

Erstaunlich allerdings ist, dass dieser Kampf gegen diese vermeintlich organisierte Lügenpresse und diese grün-alternativ-links-versifften Medien bei einem Teil der Bevölkerung so wahnsinnig gut ankommt und dass sich in den Kommentarspalten der sozialen Medien die User über das Erbe von 68 so existenziell auskotzen wollen. Dabei handelt es sich wohl um eine der verrücktesten Rechts-Links-Verdrehungen in der jüngeren Politik-Geschichte, die allerdings tatsächlich etwas mit dem Aufstieg der ehemaligen HausbesetzerInnen ins politische Establishment und ihrer Beeinflussung der Gesellschaft zu tun haben—wenn auch anders als Storch, Höcke und Konsorten das glauben.

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Denn während die Joschka Fischers, Gerhard Schröders, Guido Westerwelles, Volker Becks und Claudia Roths dieser Republik tatsächlich gesellschaftliche Fortschritte etablieren konnten und das gesellschaftliche Leben der Bundesrepublik positiv veränderten, legten sie auf der anderen Seite einen neoliberalen Schwenk hin, der sich gewaschen hat. Denkt man an die sogenannte Kießling-Affäre, bei der Anfang der 80er Jahre ein Vier-Sterne-General aus der Bundeswehr entfernt wurde, weil es Gerüchte gab, er könne homosexuell sein, so muss man festhalten, dass sich seit damals dann doch ein bisschen was getan hat in dieser Gesellschaft.

Gleichzeitig gingen mit diesen Errungenschaften aber auch spätestens seit dem Ende der 90er Jahre und mit der Regierung von Rot-Grün, massive Einschnitte in die Sozialsysteme einher. Die Renten wurden gekürzt und zugunsten einer privaten Altersvorsorge gleich ganz abgeschafft, die Agenda 2010 aufgelegt mit Minijobs, Ich AGs und Hartz IV.

Die Zukunft sieht auch scheiße aus. 40 Prozent der Bevölkerung sind in absehbarer Zeit von Altersarmut betroffen und all das nur, weil man in Deutschland jetzt Moscheen bauen darf. Obwohl da wirklich „nix mit nix“ zu tun hat, um noch einmal von Storch zu zitieren, schwappen in den Hirnen der Menschen offensichtlich die Gedanken und Erlebnisse derart zusammen, dass da „alles mit allem“ zu tun hat. Verkürzt gesprochen, stellt sich das in den Hirnen der Menschen dann so dar: Jaja, ihr redet von Frauenemanzipation, aber am Ende bedeutet das nur, dass Frauen heute auch arbeiten müssen, weil ein Einkommen alleine halt nicht mehr ausreicht um eine Familie zu ernähren. Offenes Europa ist zwar schön und gut, aber die griechische Schuldenkrise, bei der man den Deutschen eingeredet hat, dass sie alles bezahlen müssten, gab es gleich mit dazu. Gleichstellung von schwulen Lebensbeziehungen bedeutet doch nur, dass da zwei Doppelverdiener finanziell den Familien gleichgestellt werden, obwohl die keine Kinder haben.

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Dass sie Kinder haben können, will man aber natürlich auch nicht. Man will eigentlich nur, dass alles wieder so wird wie früher. Früher als es noch keine Flüchtlinge, dafür aber Arbeitsplätze gab. Damals als die Grenzen noch dicht waren, die D-Mark stark und die Leute noch richtig Deutsch gesprochen haben. Damals, als die Welt noch in Ordnung war und man Ausländer noch Ausländer genannt hat und nicht Menschen mit Migrationshintergrund.

Obwohl die AfD überhaupt kein Interesse hat, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu ändern, surft sie genau auf dieser Welle. Was sich dann auch wiederum in der Reaktion von Beatrix von Storch auf einen Tweet von Eko Fresh zeigt, der sich in Bezug auf die verweigerten GEZ-Zahlungen mit den Worten …

. @Beatrix_vStorch Azizam mach nich diese Vallah ich küss dein Knie. Doo waiss doch ich brauch gez Money für BBustaz. Sag wegen para ich han

— Eko Fresh (@EkoFreezy) 5. April 2016

… in die Diskussion einmischte. Darauf antwortete die Politikerin mit einem Retweet und der Frage, „Kann das bitte jemand für uns übersetzen?“

Dass Frau von Storch dieser Sprache nicht mächtig ist und den Sinn des Postings nicht versteht, ist dabei nicht weiter tragisch. Verräterisch an ihrer Haltung ist allerdings das kleine Wörtchen „uns“, das von ihren Anhägern auch genau als das verstanden wird, wie es gemeint ist: „Kann das jemand für uns Deutsche, für uns, den echten Deutschen übersetzen.“ Und das ist dann auch das eigentliche Problem an dieser Alternative, die keine Alternative ist. Sie zieht die Grenze zwischen „Sich“ und „Den anderen“. Zwischen denen, die aufgrund eines obskuren Blutrechts ein Anrecht darauf haben „hier zu sein“ und „denen“, die hier nur geduldet sind und sich anzupassen haben. Zwischen denen, die qua Blut und Nation eine „Schicksalsgemeinschaft“ zu sein haben und Fremden, die egal was sie machen und wie lange sie schon hier sind, „niemals dazu gehören werden“.

Aus diesem Grund haben für Menschen wie Frau von Storch islamistische Attentäter, die in Europa geboren wurden und hier aufgewachsen sind auch mehr mit dem Flüchtlingsproblem zu tun, als mit einer guten Sozialpolitik, und terroristische Bedrohungen im Inland können locker durch die Schließung der Außengrenzen verhindert werden.

Damit ist und bleibt die AfD das, was sie ist: Ein nationalistischer, identitärer Haufen, der seine GEZ-Gebühren nicht bezahlt und Eko Freshs Karriere als Schauspieler bei Blockbustaz verhindern will. Und das ist wirklich schändlich.

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