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Rihanna, Jay Z und Samsung lassen Apple, Spotify und Amazon traurig im Regen stehen

Bei Apple, Spotify und Amazon dürfte die Laune heute eher nicht so gut sein. Was dir allerdings egal sein kann, genau wie Rihanna, Jay Z und Samsung.

Foto © Universal Music

Die gute Nachricht zuerst: Rihanna verschenkt ihr neues Album ANTI. Ihr könnt es euch hier runterladen und müsst dafür nicht mehr tun, als irgendeine erfundene Emailadresse und einen erfundenen Namen einzugeben (wir haben das Album gerade versuchsweise als Dulli McDullsen geladen) und den kleinen süßen „Get Your Album Now“-Button klicken.

Gift to my navy!!! #ANTI Download with code: ANTI https://t.co/Pa0juya50t @samsungmobileus pic.twitter.com/5ffWm48v39

— Rihanna (@rihanna) 28. Januar 2016

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Es gibt dabei keinen Haken. Zumindest nicht für den dahergelaufenen User.

Aber es stellt sich eine ziemlich offensichtliche Frage: Warum zur Hölle tut Rihanna das?

Spätestens seit Oktober letzten Jahres war klar, dass es im Frühjahr 2016 ein neues Album von Rihanna geben würde. Eine Welttournee wurde angekündigt, der Titel ANTI stand zeitgleich fest, die Zusammenarbeit mit Samsung wurde publik. Ende des Jahres launchten Samsung und Rihanna das ANTIdiaRY, eine von Samsung entwickelte App, die nur über mobile Devices abzurufen war und in der sich alle paar Tage mal wieder ein neuer Raum als interaktiver Videoteaser auf das neue Album öffnete. Letztlich ein nicht wirklich spannendes Promotool, aber es machte mit jedem neuen offenen Raum klar, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis ANTI rauskommen würde.

Die ganze Promo erinnerte von Anfang an stark an Jay Z’s Zusammenarbeit mit Samsung vor Magna Carta Holy Grail. Und damit kommen wir zum Punkt: Während alle damit rechneten, dass das Album an diesem Freitag (morgen!) oder Freitag in einer Woche kommt, wurde es wie schon Magna Carta Holy Grail einfach so mal eben „geleakt“.

Ich setze „geleakt“ in Anführungsstriche, weil jeglicher Hinweis aus dem Umfeld von Rihanna, Universal Music oder Samsung, dass es sich dabei um eine unbeabsichtigte Veröffentlichung handelt, natürlich vollkommener Schwachsinn und absolute Heuchelei sind. Das sagt man dann so, um mögliche künftige oder ehemalige Vertriebspartner zu besänftigen. Natürlich war dieser „Leak“ komplett beabsichtigt.

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Ganz plötzlich war heute Nacht das Album bei Tidal verfügbar, der Streaminplattform von Jay Z (na?), die sich krampfhaft versucht, gegen die Marktgiganten Spotify und Apple Music zu behaupten. Exklusivität hilft bei sowas. Dann twitterte heute Nacht Rihanna selbst den gratis Download-Code mit passendem Link, unterstützt von Samsung US. So viel zum Thema Leak.

Ein paar ziemlich große Player dürften sich jetzt etwas auf den Schlips getreten fühlen. Man muss sich ja nur mal die direkten Konkurrenten von Tidal und Samsung ansehen: Bei Apple Music wird ANTI unter den Rihanna-Alben noch nicht mal aufgelistet, auch nicht als kommende Veröffentlichung. Das passiert bei neuen Alben normalerweise schon Monate vor der Veröffentlichung. Dasselbe gilt für Amazon: kein ANTI weit und breit. Spotify bietet derzeit nicht mal die Single „Work“, die bei iTunes immerhin in 70 Ländern weltweit auf Platz eins der Download-Charts steht. Rihanna verdient also mit Apple Geld und gleichzeitig führt sie die reichste Firma an der Nase durch den Ring.

Die größten Player im Vertrieb digitaler Musik stehen heute da wie die Volldeppen. Das neue Album von einem der größten, wenn nicht des aktuell größten Popstars der Welt ist bei ihnen nicht verfügbar, während Dulli McDullsen sich das Album für lau mit einer Fake-Emailadresse ziehen kann oder es einfach bei Tidal streamt.

Also: Warum zur Hölle machen die das?

Diese Frage ist gar nicht mal so schwer zu beantworten: Samsung pisst Apple aber sowas von ans Bein, dass die Chefetage in Seoul vor Lachen wahrscheinlich eine Woche kaum zum Arbeiten kommt. Das ist entweder Chuzpe oder Überheblichkeit, aber die Bewertung wollen wir einem Wirtschaftsmagazin überlassen. Wir beschäftigten uns mit Musikern.

Was uns zu der Frage bringt, warum Rihanna ihr Album einfach so verschenkt. Ganz einfach: Die Rechnung bezahlt nicht sie, sondern Samsung. Die Südkoreaner sollen RiRi für die ganze Geschichte 25 Millionen Dollar bezahlt haben. 25.000.000 $$$. Das Geld gibt es natürlich für ein größeres Sponsorship-Gesamtpaket, aber das Album ist Teil dieses Pakets. Für so viel Kohle muss eine alte Frau verdammt lange stricken und selbst eine Rihanna würde im Jahr 2016 kaum genug Alben verkaufen, um das Geld ohne einen Werbedeal umzusetzen. Ein solcher Deal funktioniert wie eine Versicherung: In dem Moment, wo Rihanna unterschreibt, kann das neue Album nicht mehr floppen. Beziehungsweise hat sie ihr Einkommen sicher, selbst wenn es floppt. Wirkt nicht besonders selbstbewusst, nimmt aber ordentlich Druck vom Kessel.

Das Modell für einen solchen Deal spielte Jay Z vor Magna Carta Holy Grail durch. Damals verkaufte er Samsung eine Million Copys seines Albums lange vor Veröffentlichung und bekam dafür etwa vier Millionen Dollar Cash. Das ist nicht ganz so viel wie bei Rihanna, aber er verdiente an jedem Album ab dem Einmillionstenundersten weiter. Rihanna geht in diesem Business-Modell jetzt quasi nur einen Schritt weiter. Und sie hört ja damit nicht auf zu verdienen. Das Album ist nur der Startschuss in ein Jahr mit einer riesigen Tour mit Stops auf der ganzen Welt in den größtmöglichen Arenen. Allein in Deutschland spielt RiRi im Sommer innerhalb von vier Wochen in fünf der größten Stadien des Landes. Die Tour geht insgesamt sechs Monate, es dürfte also nochmal die eine oder andere Million regnen. Da kann man doch entspannt vorher das Album verschenken—eventuell werden durch den Free-Download sogar noch ein paar mehr Leute angefixt, die dann zum Konzert gehen.

Ein Absatz noch zu Jay Z: Er ist langjähriger Freund und Förderer von Rihanna. Außerdem Besitzer von Tidal und seit langem enger Partner von Samsung. Er dürfte also seine Fingerchen von Anfang an in diesem ganzen Spiel gehabt haben und nebenbei auch noch ganz gut mitverdienen. Und selbst wenn es dafür keine (ernsthafte) User-Registrierung erfordert, gehen alle Downloads über den Tidal-Server. Es dürften ein paar Millionen sein. Das sind Zahlen, die man bei künftigen Finanzierungsrunden seinen Investoren vorlegen kann. Und damit zeigt auch der Jigga Apple einen doppelten Mittelfinger.