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Interviews

Psaiko.Dino im Interview mit Staiger: „Das ist halt so.“

So ist das eben, wenn man mit Cro plötzlich Bekanntheit erlangt und dann einen Megasampler mit Haftbefehl, Eko und ganz Rap-Deutschland veröffentlicht.

Es gibt Menschen, die sind einfach so. Einfach sympathisch, gut drauf und ein wenig harmlos. Ich treffe Psaiko.Dino an einem sonnigen Vormittag im Hotel Michelberger in Berlin, wo er mich zu einem seiner ersten Interviews empfängt. Er ist ein wenig aufgeregt. Davor galt er zwar schon seit Längerem als das öffentliche Gesicht von Cro, dem sprechenden Panda, aber das hatte sich eher zufällig so ergeben: „Ich saß bei den Cro-Interviews halt immer so dabei und manchmal wenn ihm nichts einfällt, dann ist das Mikrofon bei mir.“

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Nun steht Psaiko.Dino selbst in der Öffentlichkeit, als Produzent eines Megasamplers, auf dem sich das Who is Who der deutschen Rap-Szene die Klinke in die Hand gibt. Doch auch das hat sich halt so ergeben. Man hatte die Idee, hat sich in einer Nacht überlegt, wen man da so alles drauf packen könnte, hat ein bisschen telefoniert und nach einem halben Jahr Produktionszeit war das Ding fertig. Das, wofür andere Produzenten Jahre brauchen, geht den Herrschaften von Chimperator so leicht von der Hand, dass man neidisch werden könnte. „Hat sich halt so ergeben“, wie sich halt alles so ergibt im Leben des jungen Stuttgarters, der eigentlich in Brandenburg geboren wurde und in Aschaffenburg aufgewachsen ist. Aschaffenburg? Kommt da nicht auch Oli Banjo her?

„Ja, und wir hatten in Aschaffenburg auch so eine kleine Rap-Gang und haben immer Cyphers veranstaltet. Da hatten wir dann ab und zu auch was mit Oli Banjo zu tun. Das war dann immer krass aufregend für uns, weil wir da ganz klein waren und Oli Banjo hatte einen Track mit Savas. Aus Aschaffenburg. Was geht?"

Und seid ihr dann auch immer aus Aschaffenburg nach Frankfurt am Main gefahren, um Drogen zu einem schlechten Kurs zu kaufen? Behauptet ja zumindest Haftbefehl auf einem seiner Songs.

„Ich habe mir noch nie im ganzen Leben Drogen gekauft. Ich rauche immer nur mit, wenn’s absolut sein muss. Aber ich kann zum Beispiel auch nicht bauen.“

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Dafür kann Psaiko.Dino Beats bauen. Beats, die von einem Oli Banjo gleichermaßen gepickt werden wie von einem Haftbefehl oder einer Schwesta Ewa oder von Celo und Abdi, wobei sich die Frage stellt, wie die Mittelstandskinder aus dem Süden, mit den vorgeblich harten Frankfurter Jungs zurecht kamen. Schließlich ist das beachtlichste Feature auf dem #Hangster Sampler ja der Song von Haftbefehl featuring Cro, was das Ganze dann auch zu so etwas wie einem klassenübergreifendem Projekt macht. Gab es da Bedenken?

„Bei Celo und Abdi habe ich mir vorher schon gedacht: Oh Gott, die finden uns bestimmt richtig uncool. Die kommen aus einem ganz anderen Umfeld und haben ganz andere Sachen erlebt. Aber die waren alle cool. Die hatten alle richtig Bock drauf. Keine Ahnung, was die hinter unserem Rücken sagen, aber vorne rum waren die immer alle sehr nett. Wenn man cool mit denen ist, dann ist alles cool.“

Und wenn man cool ist, dann ist sowieso alles cool und läuft auch cool. Cool, oder? Schaut man sich die Chimperator Erfolgsgeschichte an, dann kann einem diese unverschämte Lockerheit schon fast auf den Wecker gehen. Diese natürliche Art, absolut und komplett in den Mainstream zu passen. Diese intuitive Art, die neueste Instagram-Optik zu benutzen, diese Leichtigkeit, den neuesten Trend zu fühlen, und die neuen Medien für sich arbeiten zu lassen. Dabei scheint das Ganze auch noch überhaupt nicht kalkuliert zu sein, so dass man Cro und Co noch nicht einmal deswegen böse sein könnte. Psaiko.Dino scheißt zu allem Überfluss auch noch auf Geld. Der Junge aus kleinen Verhältnissen kann materiellem Reichtum nichts abgewinnen, hält sich seinen Broterwerbsjob als Grafikdesigner immer noch warm, weil man ja nicht weiß, was noch passiert, und freut sich ansonsten über die kleinen Dinge im Leben: „Ich muss keine Souljah Boy-Fotos machen, wie er am Strand steht und so tut, als würde er mit Geldbündeln telefonieren. Ich habe jetzt meine eigene Wohnung und muss nicht mehr in einer WG wohnen und ich freu' mich, wenn ich mir ab und zu einen geilen Pulli kaufen kann, auf den ich Bock habe. Das reicht mir.“

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Das alles ist so abgrundtief sympathisch, dass man fast schon brechen möchte. Auf der anderen Seite ist das aber auch genial, weil sich Psaiko.Dino auf diese Art dem Verwertungsdruck der verrückten Musikindustrie entzieht und trotzdem Erfolg hat. Für ihn steht denn auch nicht die Verkaufserwartung an erster Stelle, sondern die Tatsache, dass er ganz Rap-Deutschland in seinem Handy hat und mit fast jedem schon mal telefoniert hat. So etwas findet er nämlich „richtig irre“—oder wenn ihm ein Eko Fresh erklärt, dass es ihm eine Ehre sei, ebenfalls mit auf dem Sampler sein zu dürfen. Hier spricht der HipHop-Fan in ihm. Hier ist Psaiko.Dino immer noch der kleine Junge, der vor Jahren wegen Eko Fresh im Harlem Globetrotters-Shirt in die Schule gegangen ist, nur um dann festzustellen, dass er leider nicht so viel Swag wie sein Vorbild hatte: „Ich stand dann vor dem Klassenraum und habe gemerkt, dass ich vollkommen dumm aussah.“

Es sind Äußerungen wie diese, die einem das Herz aufgehen lassen. Psaiko.Dino ist unprätentiös und bescheiden und erzählt auch, dass er sich beim Bierkaufen öfter ausweisen muss, weil ihm keiner glaubt, dass er schon 28 ist. Die Probleme dieser Welt scheinen an ihm abzuprallen. Die großen gesellschaftlichen Themen bleiben außen vor. Warum, verdammt nochmal, sind die eigentlich immer so gut drauf?

„Wir sehen halt immer die positiven Seiten im Leben. Wir sind eben auch nicht in so einer schlimmen Gegend aufgewachsen. Bei uns war alles behütet. Alles cool. Ich kann mir schon vorstellen, dass diese Gute-Laune-Musik nicht bei jedem so gut ankommt, aber ich bin ja auch nicht für die Texte verantwortlich, die Carlo so rappt.“

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Würdest Du etwas anders machen?

„Ich würde nicht so viele Liebeslieder machen und meine Beats wären rougher. So wie auf dem Sampler jetzt.“

Auf dem Haftbefehl sogar seinen Schwanz lutschen lässt, in einer Limousine, die nur geleast ist. Das war dann doch ein wenig überraschend, so eine Zeile zu hören.

„Ja, das stimmt. Hafti hat mich vorher sogar gefragt, ob er das sagen darf. Aber ich hab‘s ihm einfach mal erlaubt. Ich wollte ihn da künstlerisch jetzt auch nicht einschränken. Ich meine, wenn das zur Story dazu gehört, dann kann man das ja nicht rausnehmen, wenn das ein wichtiges Detail ist.“

#Hangster ist bei Chimperator erschienen. Hol dir das Album bei Amazon und iTunes.

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