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Wie du die Post-Festival-Depression hinter dir lässt

Der Festivalsommer ist so gut wie vorbei, jetzt heißt es: runterkommen. Du darfst unsere Ratschläge gerne befolgen oder dich weiter wie ein Haufen Scheiße fühlen.
Ryan Bassil
London, GB

Das schlimmste Gefühl der Welt ereilt dich an einem Montagnachmittag, wenn du von den freien, weiten Feldern eines Festivals in deine zugemüllte Wohnung mit eigenartigem Geruch und den zwei kaputten Glühbirnen zurückgekehrt bist. Schon bald steigen sie auf: Die düsteren Gedanken, das Selbstmitleid und die Melancholie. Dazu kommt noch, dass dir wahrscheinlich ganz viel komisches Zeug aus dem Hintern schießen wird.

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Und meistens trifft dich das vollkommen unvorbereitet. Du bist die letzten Tage zwischen Modeselektor-DJ Sets und Musikindustrie-Panels hin- und hergerannt, als ob Müdigkeit nur ein erfundenes Konzept und Progressive Electronic-Dub ein annehmbares Genre wären. Auf einem Festival fühlt man sich schnell unverwundbar. Diese neugefundene Lebenskraft ist aber nur vorübergehend. Egal, ob du high auf Drogen oder vom Leben bist, wird sich das Gefühl der Unverwundbarkeit in Luft auflösen, sobald du dich wieder mit einer Realität befassen musst, die den öffentlichen Nahverkehr, schlechtes Fastfood und das unveränderte Katastrophengebiet beinhaltet, das dein tatsächliches Leben darstellt.

Da es jedem mal passieren kann, in einer emotionalen Sickergrube zu landen, haben wir uns überlegt, wie wir dich da wieder rausholen können. Ja, wir sind keine professionellen Dienstleister im Gesundheitsgewerbe, die mit medizinisch bewiesenen Informationen, Merkblättern und Dino-Stickern aufwarten können. Wir sind aber selber schon auf ein paar Festivals gewesen, haben schon so viel Orangensaft getrunken wie das Kind, das sich 1999 sprichwörtlich in Sunny D verwandelte, und trotzdem werden wir diesen Sommer noch schlafen können.

Damit im Hinterkopf haben wir folgenden Guide zusammengestellt, der dir dabei helfen soll, deine Post-Festival-Depression hinter dir zu lassen. Du darfst unsere Ratschläge gerne befolgen oder dich weiter wie ein Haufen Scheiße fühlen.

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Vor dem Festival

Die meisten Dinge im Leben können vermieden oder zumindest eingedämmt werden, indem man ein paar Vorsichtsmaßnahmen trifft. Zum Beispiel kannst du es vermeiden, fett zu werden, indem du nur noch Chiasamen isst, und unerwünschte Konversationen am frühen Morgen lassen sich umgehen, indem man die Arbeitswege der Kollegen auswendig lernt. Das gleiche gilt auch fürs Runterkommen—ein paar Sicherheitsvorkehrungen, die man vor dem Festival trifft, können die große Lebensernüchterung, die sich verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk einstellen wird, wenigstens etwas dimmen.

Am besten fängst du mit deinem Schlafzimmer an. Die Rückkehr in einen Raum, der randvoll mit halbverwesten Mikrowellenmahlzeiten und anderen unappetitlich aussehenden Essensresten ist, wird deine Gesichtsmimik auf der Asberger-Emotionskarte von traurig auf „Der Schrei“ schießen lassen. Sorge also dafür, dass dein Schlafzimmer aufgeräumt ist—nicht nur, weil du den ganzen Nachmittag alles auf den Kopf gestellt hast, um den bescheuerten Zauberumhang zu suchen, den du letztes Jahr beim Secret Garden Party gekauft hast—sondern weil es, ungeachtet dessen, was du während deiner Studienzeit so alles ausprobiert hast, einfach nicht gesund ist, auf einer Matratze aus Chipskrümeln und getrocknetem Auswurf zu schlafen.

Mach dich auf zur nächsten Drogerie und kauf dir einen Raumerfrischer, der dich anspricht. Bezieh dein Bett neu. Entferne die gammeligen Kaffeetassen und jede andere Art von schimmeligem Etwas. Vielleicht verstaust du deine Habseligkeiten auch auf ungewohnt künstlerische Art und Weise. Wie auch immer. Stell einfach sicher, dass du gerne in dein Schlafzimmer zurückkommst und es als selbstverdientes Exil siehst, während du in vier Tagen das kognitive Äquivalent zu einer Achterbahnfahrt absolvierst.

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Wenn du dich um dein Schlafzimmer gekümmert hast, ist dein Job an der Reihe. Du weißt schon, dieser Ort, an dem du dir 300 Tage des Jahres den Rücken krumm machst, wenn du nicht gerade das Empathielevel von drei Pillen erreicht hast und eine starke emotionale Bindung zu Goa-Trance verspürst. Nimm dir die nächsten Tage frei. Da wir mal davon ausgehen, dass wir es bei unserem Job damit leichter haben als du, solltest du deinem Boss lieber sagen, dass du ein Biberrefugium in Kanada besuchen wirst oder irgendetwas in der Art. Dein Arbeitgeber könnte sonst auf die Idee kommen, dass du dein Wochenende wie dieser Typ verbringst.

Die wichtigste Sache, der du dir dabei bewusst sein solltest, ist die, dass du am Montagmorgen um 9 Uhr einfach nicht in der Arbeit erwünscht bist, weil du nicht mal fähig sein wirst, die grundlegendsten motorischen Bewegungen auszuführen, geschweige denn Excel-Formeln zu verstehen. Wenn du die Wahl hast, dir den Donnerstag frei zu nehmen, um noch etwas mehr „in Stimmung“ zu kommen, oder den Montag, dann wähl definitiv den Montag.

Die letzte Sache, die du noch im Vorfeld erledigen musst, ist deinen Kühlschrank mit der Art von Köstlichkeiten aufzustocken, die dazu erfunden wurden, unangenehmes Herunterkommen zu lindern. Das bedeutet: Orangensaft, Cola Light, Manuka Honig und jede Art von Frucht, die sich zu einem Smoothie verarbeiten lässt. Für Letzteres wirst du noch besonders dankbar sein, wenn du merkst, dass deine Kaufunktion fürs Erste erheblich eingeschränkt ist. Außerdem sind Lebensmittel mit hohem Tryptophan-Anteil besonders gut geeignet, deine Stimmungsachterbahn wieder etwas zum Stillstand kommen zu lassen.

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Während des Festivals

Foto von Alex Patterson

Du kannst auf einem Festival die Zeit deines Lebens haben. Du wirst mit Menschen, die du vorher noch nie getroffen hast und nie wieder treffen wirst, abgehen, tanzen und Spaß haben. Wenn du dabei aber nicht etwas auf dich aufpasst, wirst du nicht unbedingt sterben, aber dir mit ziemlicher Sicherheit wünschen, dass du tot wärst.

Foto von Jake Lewis

Hier ist ein vernünftiger Ratschlag aus unserem vielgerühmten Guide für Mittzwanziger auf einem Festival, der dir dabei helfen sollte, deine emotionalen Wehwehchen etwas zu mindern:

Ecstasy ist verständlicherweise die Festivaldroge der Wahl, aber es macht keinen Sinn, sich jeden Abend drei Pillen einzuwerfen. Deinem Körper wird schnell das Serotonin ausgehen, aber du wirst immer noch „draufkommen“. Am Samstag bist du dann nur noch ein verpeilter Haufen Elend mit furchterregenden Gesichtszuckungen. Such dir vielleicht zwei Nächte aus, an denen du MDMA nehmen willst und halte dich in den anderen Nächten an anderes Zeug. Oh, und Finger weg von Lachgas: Das ist was für Oberstufenschüler und die Art von Menschen, die auf das NASS-Festival gehen.

Wenn du Probleme hast, nach einer umtriebigen Nacht wieder einzuschlafen, solltest du dir wahrscheinlich etwas besorgen, das dir dabei behilflich sein könnte. Sei aber vorsichtig—die Dosierungen variieren wirklich stark von Pille zu Pille. Hau dir also nicht wie eine kürzlich Geschiedene eine Handvoll auf einmal rein.

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Dann solltest du natürlich als der verantwortungsvolle Freizeitdrogenkonsument, der du nun mal bist, auch auf die ganzen anderen, ziemlich offenkundigen Dinge achten: ausreichend nichtalkoholische Flüssigkeiten trinken, im Laufe des Festivals auch etwas Nahrung zu dir nehmen und wenigstens ein paar Stunden schlafen.

Das Nachspiel

Vielleicht dachtest du bis zu diesem Punkt, dass die ganzen Vorbereitungen eine sinnlose Plackerei waren, aber in dem Moment, an dem du die Türschwelle zu deiner Wohnung übertrittst, nachdem du fünf Tage lang warmes Bier runtergekippt und deine Serotoninreserven für die nähere Zukunft erschöpft hast, wirst du unglaublich dankbar für die harte Arbeit sein, die du vorher investiert hast. Herzlichen Glückwunsch—du hast dir jetzt nicht nur ein sauberes und gemütliches Refugium geschaffen, sondern bekommst auch noch die ganzen Gratis-Endorphine, die deine Freude über deine gewissenhaften Vorbereitungsmaßnahmen bei dir ausschütten wird.

Das erste, was du nach deiner Heimkehr machen solltest, ist dein Festivalarmbändchen zu entfernen. Menschen, die die Dinger „wegen der ganzen Erinnerungen“ anbehalten, sind die gleiche Art von Gefühlsdussel, die Gänsehaut kriegen, wenn sie Sam Smith hören, und der Meinung sind, dass Secret Cinema ein cooles Konzept sei. Wenn außerdem deine bessere Hälfte versuchen sollte, bei dir mit dieser portablen Petrischale am Handgelenk „Hand anzulegen“, ist es aus.

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Foto von Jake Lewis

Natürlich solltest du jetzt duschen (oder ein Bad nehmen, falls möglich), dann ins Bett gehen, dich unter der Decke einmummeln und versuchen, schnell einzuschlafen. Es ist auch ratsam, eine Wechselgarnitur Bettzeug und einen zusätzlichen Pyjama griffbereit zu haben, da dein Körper sein Bestes tun wird, über deine Poren die ganze Chemie loszuwerden, die du ihm in den letzten Tagen verabreicht hast.

Außerdem: Mach dir keinen Kopf. Es ist ratsam, sich nicht zu viele Gedanken um diesen komischen Typen zu machen, mit dem du um 4 Uhr morgens in dem Elektrozelt rumgemacht hast—du hattest dich als wollüstiger Teilzeit-Epikureer mit Gesichtsbemalung versucht; er wird dich schon nicht ausfindig machen. Falls du noch mit in sein Zelt gegangen bist, solltest du dich vielleicht um einen Termin bei deinem Hausarzt kümmern. Nichtsdestotrotz gilt die Regel, dass du dich beim Runterkommen mit weniger tiefgründigen und mehr angenehmen Aktivitäten beschäftigen solltest, wie etwa: Ein paar Gramm Gras rauchen und dazu eine Serie schauen, von der du schon weißt, dass sie dir gefällt. Nein, das ist nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt, um endlich mit Treme anzufangen.

Finde etwas zum Kuscheln—Freunde eignen sich dafür besonders gut; dafür sind sie schließlich gemacht. Falls du die Möglichkeit haben solltest, dann besorg dir einen Chinchilla. Die sind schön fellig und fühlen sich richtig flauschig an. Es ist allerdings davon abzuraten, deine bessere Hälfte zu dir einzuladen, wenn diese nicht mit auf dem Festival war. Sie wird für deine Verfassung wenig Verständnis aufbringen und von deiner „ich kann mich nicht wirklich erinnern“-Antwort auf die Frage, was an dem Wochenende so alles passiert ist, nicht besonders angetan sein.

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Wenn du all unsere Ratschläge befolgt hast, bleibt dir nur noch, etwas mehr zu schlafen, etwas mehr Wasser zu trinken und diesen Ablauf immer wieder zu wiederholen, bis dein Körper- und Geisteszustand wieder ein halbwegs normales Level erreicht haben. Dann tauchst du Mittwoch bei der Arbeit auf und erzählst allen, wie schön es in der Provence war.

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