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Interviews

Pharoahe Monch hat sein Alter Ego begraben, um wütende Mosh-Musik zu machen

Pharoahe Monch gehört nicht umsonst zu den Lieblingsrappern deiner Lieblingsrapper. Jetzt will der „Simon Says-Typ“ neue musikalische Pfade beschreiten.

Pharoahe Monch hat schon vor langer Zeit Rap-Geschichte geschrieben. 1999 veröffentlichte er einen Song, der Leute dazu animieren sollte, verdammt noch mal aufzustehen, während er Frauen dazu einlud, sich an ihren Titten zu reiben—„Simon Says“ hieß jener Song, der ihn weltweit zu einem Rap-Phänomen machte. Zumindest für den Mainstream. Denn HipHop-Connaisseure, die etwas tiefer in der Materie steckten, kannten ihn bereits als eine Hälfte des Underground-Duos Organized Konfusion. Die Crew gründete Pharoahe Monch zusammen mit Prince Po in den späten 80ern in Queens, New York. Nach drei Alben gingen beide Rapper wieder getrennte Weg und Pharoahe konzentrierte sich voll und ganz auf seine Solo-Karriere.

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15 Jahre sind seit seinem Solo-Debüt Internal Affairs vergangen, 15 Jahren in denen er insgesamt vier Alben veröffentlichte, die noch heute von Fans geliebt und von Kritikern hochgelobt werden. Dank seiner unverwechselbaren Stimme und seinen hoch komplexen Reimstrukturen gehört Pharoahe zu den Lieblingsrappern deiner Lieblingsrapper, wie zum Beispiel Eminem, der über Pharoahe sagte, dass er anderen Rappern um einiges voraus sei. Damit lag er gar nicht so falsch: Pharoahe Monch ist nämlich so etwas wie ein Hellseher.

Noisey: Auf dem ersten Organized Konfusion-Album rappst du „In 2010 every man will be subject to global warming“. Das war Anfang der Neunziger und Klimawandel war zu der Zeit nicht viel mehr als eine Theorie. Mittlerweile ist es 2015 und Klimawandel ein ernstzunehmendes Phänomen. Mit deiner Line hast du also die Zukunft vorhergesagt.
Pharoahe Monch: (lacht) Irgendwie schon, ja. Aber das liegt vor allem daran, dass ich Science Fiction-Filme, -Comics und -Bücher liebe und mich schon immer viel mit diesen Dingen beschäftigt habe. Ein guter Science Fiction-Schriftsteller nimmt sich Dinge, die theoretisch existieren könnten und schreibt über diese Sachen so, dass sie in den Köpfen mancher Menschen real werden. Denk mal an Star Trek: In den Sechzigern haben Schriftsteller über Reisen durch’s All oder Laser geschrieben—diese Dinge gibt es heute tatsächlich. Diese Schriftsteller waren anderen damals also um einiges voraus. Das will ich mit meiner Musik auch. Ich mag es einfach, Theorien in meine Songs so einzubauen, dass sie Sinn ergeben und Leute zum Nachdenken oder zum Reden bringen. Ich will, dass die Leute das hören und denken: „Der Typ hatte eine Offenbarung“.

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Du hast gerade erwähnt, dass Science Fiction-Schriftsteller anderen Menschen damals um einiges voraus waren. Das hat Eminem vor knapp zwei Jahren auch über dich und deine Musik gesagt.
Em spiegelt all das dar, was einen perfekten MC ausmacht. Viele hören auf, ihre Skills zu perfektionieren, sobald sie Erfolg haben. Das tut Eminem nicht. Er will immer besser werden. Er ist phänomenal und inspiriert mich bis heute. Daher ist es mir eine Ehre, von ihm anerkannt zu werden. Ich würde gerne mit ihm zusammenarbeiten, allerdings wissen wir beide, dass so eine Zusammenarbeit perfekt sein muss. Es muss einfach alles stimmen. Es muss so eine Zusammenarbeit werden wie die zwischen ihm und Jay-Z auf „Renegade“. Der Track war einfach absolut unfassbar. Da wäre ich auch gerne drauf gewesen.

[Ich blicke kurz auf den Tisch, der hinter Pharoahe Monch steht. Auf ihm liegt ein Notizblocks des Hotels, darauf ist eine Skizze und ein Tag zu sehen.]

Malst du eigentlich noch, bevor du deine Texte auf Papier bringst?
Ab und zu. Manchmal kleine Männchen, manchmal ein paar Tags—jede Menge random Zeug halt. Malen inspiriert mich und ist, wie du bestimmt weißt, ein fester Bestandteil der HipHop-Kultur. Die Dinge, die ich male, können als Inspiration für einen Song dienen, oder mich einfach nur zum Schreiben anregen. Und das kann überall passieren. Selbst wenn ich am Flughafenschalter stehe, frage ich die Dame hinter dem Schalter, ob sie einen Stift für mich hat, falls ich Ideen schnell runtermalen oder aufschreiben muss.

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Hast du auch kleine Skizzen gemalt, bevor den Text zu „Simon Says“ geschrieben hast?
Auf jeden Fall! Was genau ich gemalt habe, weiß ich allerdings nicht mehr, das ist zu lange her. Ich erinnere mich aber noch genau an den Gedanken, dass ich dem Song unbedingt ein Fresstyle-Feeling verpassen wollte. Also habe ich den Text auch relativ improvisiert auf Papier gebracht. Du hast ja vorhin die Line über Klimawandel angesprochen, die auf dem Song „Hypnotical Gases“ zu hören ist. Songs wie dieser hatten ein richtiges Thema, ein Konzept. Bei „Simon Says“ habe ich den Beat gehört und sofort Dinge aufgeschrieben, die den Hörer dazu bewegen sollten verdammt nochmal aufzustehen und durchzudrehen. Daher der Refrain „Get the fuck up“. Ja, und ich habe auch „Titties“ gesagt—scheißegal (lacht). Hauptsache die Leute gehen ab.

Dabei hast du während deiner Solo-Karriere immer sehr viel Wert darauf gelegt, deine Hörer mit Wissen zu versorgen, anstatt nur über Geld und Titten zu rappen. Nach deinem Debut Internal Affairs kam Desire, wo du mit Tracks wie „When The Gun Draws“ Themen wie Krieg und Waffengesetze behandelst. Das wird auf deinem dritten Projekt War: We Are Renegades nochmal deutlicher.
Das sind einfach Themen, mit denen ich in meinem Leben schon immer konfrontiert wurde. Das hat sich bis heute nicht geändert. Krieg hat viele Bedeutungen und muss nicht unbedingt immer als ein mit Waffengewalt ausgeführter Konflikt zwischen Menschen verstanden werden. Ich sehe vor allem in den Vereinigten Staaten, dass die Regierung versucht, die Denkweise der Menschen zu kontrollieren. Wir haben Schwierigkeiten, uns auf unser alltägliches Leben zu konzentrieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen, die für uns wichtig sind. Das liegt einfach daran, dass im Fernsehen sehr viel Werbung läuft, die dazu dienen, Gedanken in unsere Köpfe einzupflanzen. Davon spreche ich auch häufig in meiner Musik, denn ich bin ein großer Sportfanatiker—gucke also viel Sport im Fernsehen und bekomme dementsprechend sehr viel von diesen Werbungen ab. Das ist für mich auch eine Art Krieg, denn Werbungen und Kapitalismus bilden einen Konflikt zwischen dir und einem Produkt: „Solltest du es kaufen, oder nicht? Brauchst du es, oder nicht?“

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Auf deinem vierten Album PTSD: Post Traumatic Stress Disorder löst du dich von diesen zwischenmenschlichen Konflikten und Propaganda-Themen und widmest dich den inneren Konflikten, die man mit sich selbst haben kann.
Ja. PSTD ist in einer sehr dunklen Phase meines Lebens entstanden. Seitdem ich 13 Monate alt bin, habe ich Asthma. Irgendwann wurde es sehr schlimm und absolut nichts half, bis ich Tabletten vom Arzt bekam. Es war erstaunlich, denn eigentlich halfen jegliche Mittel nur eine kurze Zeit, bevor ich wieder rückfällig wurde und ins Krankenhaus musste. Die Tabletten halfen mir aber, endlich wieder richtig zu atmen, obwohl ich merkte, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Was genau wusste ich nicht. Und dann kam der innere Konflikt: Ich konnte zwar wieder atmen, wurde durch die Tabletten aber schwer depressiv.

Wie hast du diese Phase überwunden?
Zwei Monate lang hatte ich Selbstmordgedanken und habe nichts mehr auf die Reihe bekommen. Dann hatte ich irgendwann einen Termin beim Zahnarzt, der mich bat, ihm eine Liste der Medikamente aufzuschreiben, die ich zu der Zeit nahm. Er wies mich sofort darauf hin, dass die Kombination der Tabletten bei manchen Menschen schwere Depressionen auslösen können. Das war natürlich eine Erleichterung, denn ich wusste in dem Moment woher die Depressionen kamen und dass ich unbedingt aufhören musste, diese Tabletten zu nehmen. Und vor allem gab mir das langsam wieder Hoffnung. Ein Gefühl, das ich natürlich auch in meiner Musik einbauen wollte. Deswegen ist PTSD an bestimmten Stellen etwas langsamer und melancholischer.

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In einem Reddit-Q&A hast du Fans geschrieben, dass Pharoahe Monch am Ende von PTSD gestorben ist und dass du nie wieder ein Album unter diesem Künstlernamen veröffentlichen wirst. Ist das weiterhin der Plan?
Ja. Ich arbeite momentan noch daran. Pharoahe Monch stirbt tatsächlich am Ende von PTSD. Deshalb werde ich der Welt bald mein neues Alter Ego,13, und mein neues Album, welches den gleichen Namen tragen wird, vorstellen. Es wird ein komplettes Rockalbum.

Du willst Rap also an den Nagel hängen.
Nein, auf keinen Fall. Ich will meinen Fans einfach einen neuen Charakter vorstellen. Es wird auf jeden Fall Rap geben, aber verbunden mit mehr Gesang. Die Musik soll aber trotzdem düster, hart und wütend klingen. Richtig auf die Fresse. Einfach zum moshen.

Und warum soll die Musik so hart klingen?
Weil ich den Leuten Power und Energie für ihren Alltag geben möchte.

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